Reisetagebuch Brighton 2005 (Donnerstag)

Freitag, 20. Mai 2005 um 13:57

Im Grunde haben wir gleich am Ankunftstag das Programm von vier Urlaubstagen abgehakt. Das lag am Wetter: Zum ersten Mal empfing mich Brighton mit Regen.

Die Abflugzeit am Morgen zwang meinen Reisebgleiter und mich, um 4.30 Uhr aufzustehen. Das lag aber auch daran, dass wir es von der Muenchener Stadtmitte aus recht weit zum Flughafen haben. Und dass mein Reisebegleiter sehr gerne sehr rechtzeitig eincheckt (Businessfrauen wie ich sind natuerlich gewohnt, 30 Minuten vor Abflug mit fliegender Laptop-Tasche am Quick-Checkin einzubuchen…).

Dafuer stiegen wir aber schon um 10 Uhr am Bahnhof Brighton aus dem Zug – und in den heftig spruehenden Regen. Unser Hotelzimmer konnten wir so frueh nicht beziehen, also liessen wir lediglich unser Gepaeck dort und stuerzten uns zurueck in den jetzt flutenden Regen.

In einem Cafe in den North Laines stillte ich meinen Hunger mit den ersten Eggs Benedict meines Lebens (gut!). Danach regnete es immer noch. Nun gut: Sowohl mein Reisebegleiter als auch ich hatten den jeweils dringend noetigen Friseurbesuch auf diesen Urlaub geschoben (danger and exitement!). Fuer den Herrn fanden wir einen schlichten Laden eine Stufe unter ebenerdig mit der Aufschrift “Men’s Haircuts”. Ich wiederum blieb an einem fast ebenso schlichten Laden haengen, in dem junge Maenner mit kahlgeschorenen Koepfen und Sackhuepf-Hosen sowie eine dicke junge Frau mit einem sehr sauberen Schnitt im dunklen, sehr verschieden langen Haar arbeiteten.

Einer der Herren, Bill, nahm sich meiner an, in gelbem American-Football-T-Shirt, moderater Sackhuepf-Hose, Baseball-Kappe. Ich liess ihm alle kuenstlerische Freiheit (“except colour!”). Bill fragte mich nach meinem Woher und Wohin, ich erzaehlte unter anderem, dass es doch schoen sei, endlich in England einen Haarschnitt zu bekommen, wo doch mein geschaetzter Stammfriseur gerne unterstreicht, er arbeite nach der englischen Methode. Ja, meinte Bill, England sei tatsachlich das internationale Haarschneide-Mekka. Nur dass er selbst Australier sei, Spross einer alten Friseurfamilie (in der die Maenner sich schon immer die Koepfe rasierten).

Er schnitt sehr sorgfaeltig und ausgiebig, so dass ich als Ergebnis wieder wie frisch durch einen hysterischen Rasenmaeher gedreht aussehe. Sehr gut. Waehrend der langen Schneiderei hatte ich die Gelegenheit, im Spiegel einen Lehrling beim Ausgebildetwerden zu beobachten: Ein grosser Mann (kahlkoepfig, Sackhuephose, aber Vollbart) schnitt das lange Haar einer Frau und erklaerte, was er tat, einem jungen Mann. Der war ebenso kahl rasiert (ein englisches Friseurgeluebte?), sehr hellhaeutig, stiernackig, mit fetter Goldkette versehen und faszinierte mich, weil ich ihn sehr viel eher in der Poebelecke eines Fussballstadions vermutet haette als ausgesucht hoeflich nachfragend in einem Friseursalon.

Ein Half Pint of Bitter in einem unschicken Pub, ein wenig Getraenkekauf, dann wichen wir dem jetzt wieder spruehenden Regen durch einen Kinobesuch aus: The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy. Mir ist nicht so recht klar, an wen sich der Film richtet – an die eingefleischten Fans nicht, dafuer nimmt er sich zu viel Freiheit; doch welcher Nicht-Fan wuerde da rein gehen? Ich habe mich gut unterhalten, freute mich allein schon daran, einige spektakulaere Settings und Passagen der Buecher / Hoerspiele mal tatsaechlich und aufwendig umgesetzt zu sehen. Zum Beispiel die Heart of Gold in vielen Einzelheiten, oder Earth II fast fertig gebaut. Und Zaphod war genial besetzt. Plot? Welcher Plot?
Beim Rausgehen begegneten wir dann noch einer Reihe junger Leute, die sich fuer die neueste Star-Wars-Folge im Nebenkino kostuemiert hatten. Bizarr.

Nun war es spaet genug, unser Hotelzimmer zu beziehen, ein neu dekoriertes im Pelirocco (zu diesem meinem Lieblingshotel mehr nach Urlaubsende): The Pinup Parlour, “dedicated to Britain’s homebred blonde bombshell Diana Dors” (1931-1984). Ein grosses Zimmer mit dominantem Bett, ueppig dekoriert in Schilfgruen, Puderrosa, Beige und Gold (dazwischen ein wenig Schwarz, das es meiner Meinung nach nicht braeuchte). Viele Cheesecake-Bilder von Diana Dors an den Waenden, viele Spiegel, ein stoffueberzogener Schminktisch – einfach traumhaft. Noch dazu hat das Zimmer eine Chaiselongue im Bay Window, das nicht nur einen vollen Blick aufs Meer ermoeglicht, sondern auch auf eine grosse Hundewiese geht. Fast immer sind dort mindestens zwei Menschchen, die jeder mindestens einen Hund zum Spielen bringen: Kino!

Abends noch die erste Runde Fish and Chips, allerdings in einem Restaurant. Ich hatte Sea Bass, lecker.

die Kaltmamsell

2 Kommentare zu „Reisetagebuch Brighton 2005 (Donnerstag)“

  1. Arztgatte meint:

    Eggs Benedict? Ich dacht immer die Engländer sind eher Calvinisten

  2. zorra meint:

    Danke für diesen schönen Bericht. Muss auch wieder mal nach Brighton.

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