Journal Mittwoch, 13. April 2011, Berlin-Ausgabe

Donnerstag, 14. April 2011 um 9:24

Große Erleichterung, dass der Cappuccino in meiner Unterkunft annehmbar schmeckte. Denn vermurkste Espresso-haltige Getränke verärgern mich überdurchschnittlich: Ich reagiere auf Koffein empfindlich und kann mir deshalb nicht mehr als zwei solcher Getränke am Tag leisten, will ich nicht verzweifelt hibbelig werden und mich selbst noch weniger als sonst ertragen.

Und in dieser Unterkunft konnte ich auch ohne Frühstück buchen! Das ist inzwischen ja wohl die große Ausnahme: Im sehr schönen Anschlusshotel ging das nicht (werde es allerdings beim Einchecken nochmal versuchen). Mit mir als Nichtfrühstückerin machen Hoteliers ein gutes Geschäft, zumal zugleich der Milchkaffee / Cappuccino, also das Einzige, was mir neben einem Glas Wasser morgens wirklich Genuss bereitet, meist nicht im Frühstück enthalten ist und ich den eh extra zahlen muss.

§

Im Friedrichstadtpalast lief ich glücklicherweise bereits bei der Anmeldung zur re:publica einer lange nicht gesehenen und hochverehrten Bloggerin in die Arme. Schon waren wir im eifrigen Austausch über Kommunikationskulturen und Mädchen in der Pubertät. Im Laufe des Tages ergaben sich Gespräche mit anderen Bloggern und Bloggerinnen unter anderem über Haare, Paarformen und Volkszählung, Präsentationscoaching, Sternerestaurants, Abgrenzung oder Vermischung von Online- und Offlineexistenz, wissenschaftliches Niveau im internationalen Vergleich, Unternehmenskommunikation und Internetkultur, Agenturen, Schnaps, nationale Bedingtheiten vom Unternehmensumgang mit Social Media.

Am späten Nachmittag nahm ich mir ein Stündchen Auszeit und stillte meinen Hunger in einer Trattoria um die Ecke – das erste Mal, dass ich völlig entspannt allein ein Restaurant aufsuchte. Salat mit gebratenem Schafskäse, Orangen und Walnüssen als Vorspeise, danach Spaghetti mit Muschelfleisch, Knoblauch, Kirschtomaten und Weißweinsoße, dazu ein Glas Vermentino, der mich sehr freundlich an den letztjährigen Sardinienurlaub erinnerte.

Besuchte re:publica-Veranstaltungen am ersten Tag:

– Eingangsrede: Design Thinking – eine lustlose Unternehmenpräsentation.

– „Geek Politics and Anonymous“ von der NYU-Anthropologin Gabriella Coleman – großartig in fachlicher Tiefe, Kenntnis der Materie, interessanten Beobachtungen sowie Schlussfolgerungen. Ich fand es aufregend, eine weitere Internetkultur kennenzulernen.

– „Von Lolcats bis Eisner-Award“ von Johannes Kretzschmar – ich mochte die Geschichte der Comics schon vorher gekannt haben (niemand ist unbeschadet 17 Jahre Partnerin eines Comic-Geeks), doch Jojo illustrierte sie mit eigenen Zeichnungen – und die sind hinreißend.

– „Latin America. Más internet, menos dictatura“ von Rosana Hermann und Vanina Berghella – ein sehr aufschlussreicher Überblick, wie das Internet in welchen lateinamerikanischen Staat zur Information und für Politik genutzt wird, von zwei Web-Vorreiterinnen (und ich genoss das Überlegenheitsgefühl, sowohl die englischen als auch die spanischen Ausführungen zu verstehen).

– „Jüngste Erkenntnisse der Trollforschung“ von Sascha Lobo – nettes Gepöbel am Anfang (wir Publikum seien doch eigentlich die echten und die wichtigsten Internetleute in Deutschland, aber so unfähig und so wenig sichtbar, dass den deutschen „erwachsenen Medien“ fast immer nur er, Sascha Lobo einfalle, wenn sie ein Statement brauchten), dann, aufgehängt an einem mittelbrauchbaren Modell, einige sehr schöne Beispiele, wie sich Trolle bekämpfen lassen.

– Powerpoint Karaoke – doch nachdem auch meine Sitznachbarin vor Müdigkeit umgekippt war, strich ich die Segel und fuhr nach zwei Präsentationen ins Hotel. Zumindest weiß ich jetzt genug über dieses Spiel, dass ich es mir zutraue.

Die Organsation der Veranstaltung beeindruckte mich wirklich – ich habe doch sehr im Hinterkopf, dass das hier fast ausschließlich auf persönlichem Engagement und Freiwilligkeit beruht. Danke! (Ja mei, dann wackelte das WLAN halt.)

die Kaltmamsell

6 Kommentare zu „Journal Mittwoch, 13. April 2011, Berlin-Ausgabe“

  1. generator meint:

    Sie müssen aber nicht allein zu Mittag essen. Ich geh zwar nicht auf diese Konferenz, doch wohne nahebei. Melden Sie sich einfach. Wäre erfreut.

  2. Frau-Irgendwas-ist-immer meint:

    Wow, das hört sich sehr interessant an – obwohl – Powerpoint Karaoke???
    Kann man die Beiträge irgendwo nachlesen, gerade der Beitrag über Lateinamerika ist sicher spannend.
    Und, wie gefällt der ‘olle Kasten’ Friedrichstadtpalast?

  3. Sebastian Dickhaut meint:

    Alleine Mittagessen mit Freude ist großes Zen – Glückwunsch. Auch zum guten Kaffee. Und sie lassen einen wirklich den Cappuccino zahlen, wenn man sonst nichts vom Inklusivfrühstück nimmt?

  4. martl meint:

    hi kaltmamsell,

    ich bin auch auf der konferenz und würde dich gerne mal kennenlernen, bin ein großer fan deines blogs :) auf twitter unter @heartbeaz unterwegs.

    lg
    martina

  5. Tine meint:

    klingt alles sehr gut und interessant. Ob man nächstes Jahr vielleicht doch…?

    Aber was hat es nun mit den Farben auf sich?

  6. die Kaltmamsell meint:

    Bei Power Point Karaoke muss man eine Präsentation mit echten Folien halten, die man vorher nicht kennt: Gerne mal abstruse Themen und PPT-Worst-Practice.

    Ich halte Ausschau, martl!

    Wenn’s irgendwie geht, generator!

    Ja, Sebastian, wenn’s nicht zum Inklusivfrühstück gehört, musste ich bislang zahlen.

Sie möchten gerne einen Kommentar hinterlassen, scheuen aber die Mühe einer Formulierung? Dann nutzen Sie doch den KOMMENTAROMAT! Ein Klick auf einen der Buttons unten trägt automatisch die gewählte Reaktion in das Kommentarfeld ein, Sternchen darüber und darunter kennzeichnen den Text als KOMMENTAROMAT-generiert. Sie müssen nur noch die Pflichtfelder "Name" und "E-Mail" ausfüllen und den Kommentar abschicken.