Journal Montag/Dienstag, 9./10. Januar 2017 – Tante Migräne und J.L. Carr, A Month in the Country

Mittwoch, 11. Januar 2017 um 9:47

Montagmorgen klappte endlich der Download des Soundtracks von La La Land (ich hole mir nur drei bis vier Mal pro Jahr Musik und stelle mich dabei jedes Mal an, als säße ich zum ersten Mal am Internet): Die Musik ist wirklich, wirklich schön. Das hier habe ich seither als Ohrwurm:

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https://youtu.be/cZAw8qxn0ZE

Etwas verdutzt war ich ja schon über die sieben Golden Globes für den Film, ich muss eine Menge übersehen haben. Und dann nannte die geschätzte Susan Vahabzadeh in der Süddeutschen ihn auch noch ein “Wunder”. Vielleicht nochmal gucken?

Angesetzt hatte ich sie schon am klirrend kalten Samstag: Eine Eislaterne für den Balkon. Am Montagabend durfte sie dann auch leuchten.

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Wenn mein Bett morgens so aussieht, habe ich sicher nicht gut geschlafen.

Ich war am gestrigen Dienstag einerseits froh, als der Wecker die unruhige Nacht beendete, andererseits fühlte ich mich so elend, dass ich nicht zu dem Sport gehen wollte, wegen dem er so früh geklingelt hatte. Einiges an diesem Elend legte zudem den Verdacht nahe, dass mal wieder Tante Migräne zu Besuch war. Also meldete ich mich in der Arbeit krank, regelte das eine und andere von daheim aus, ging zurück ins Bett.

Mittags war ich fit genug fürs Aufstehen, kochte mir Porridge zum Frühstück. Draußen leuchteten Schnee und Sonne um die Wette, ein kleiner Spaziergang dortselbst tat mir erfahrungsgemäß an Migränetagen gut.

Nur dass ich diesmal vergeblich auf Erleichterung und Entspannung wartete, mein Körper signalisierte lediglich, dass Spazierengehen für ihn verdammt anstrengend war.
Daheim schlief ich nochmal eine Runde, dann fühlte ich mich halbwegs zurück auf normal Null. Zur abendlichen Leserunde fuhr ich lieber mit der Straßenbahn.

Wir unterhielten uns über J.L. Carr, A month in the country. Der dünne Roman von 1980 erzählt mit der Stimme der Hauptfigur Tom Birkin von einem Restaurator, der kurz nach dem 1. Weltkrieg in der Kirche des englischen Dorfs Oxgodby ein Jahrhunderte altes Wandgemälde freilegen soll. Tom ist von schrecklichen Kriegserlebnissen traumatisiert, außerdem hat ihn gerade (mal wieder) seine Frau sitzen gelassen. Vor der Kirche sucht ein Archäologe für die selbe Auftraggeberin nach einem Grab, auch er ist frisch aus dem Militärdienst entlassen. Mit wenigen Informationen eröffnet Carr immer wieder Welten, einen Sommer lang lernen wir die Leute im Dorf kennen, die Landschaft, die Kirchengemeinde und sehr indirekt auch den Hintergrund der Protagonisten. Den Spannungsbogen der Geschichte spannt die Freilegung des Wandgemäldes: Die Erzählerstimme lässt uns teilhaben an Toms Analysen von Farben und Werkstoffen und an den Schlüssen, die er anhand der Ergebnisse über die Entstehung des Gemäldes zieht. Uns allen gefiel der Roman sehr gut – und ich war erstaunt, wie viel in gerade mal 130 Seiten passt.

Jetzt erst stelle ich fest, dass das Buch 1987 als Verfilmung rauskam – mit einem vor lauter Jugend schier nicht erkennbaren Colin Firth und mit Kenneth Branagh in den Hauptrollen.

die Kaltmamsell

7 Kommentare zu „Journal Montag/Dienstag, 9./10. Januar 2017 – Tante Migräne und J.L. Carr, A Month in the Country

  1. Elisabeth meint:

    A month in the country – danke für die Zusammenfassung! Ein unheimlich schönes kleines Buch mit sooo vielen Facetten. Ich habs sehr gern gelesen. Grüsse aus Frankreich

  2. Julia meint:

    Mich verblüfft immer wieder, wie viel Roman/Krimi/Erzählung “früher” auf unter 200 Seiten passte. Die dicken Wälzer der letzten Jahre, wo jeder Krimi ab 600 S. aufwärts hat, sind meines Erachtens darin begründet, dass weniger und weniger intensiv lektoriert wird. Wie oft habe ich in letzter Zeit Bücher gelesen, die eigentlich gut waren, aber einfach 200-300 Seiten zu lang. Danke für diese Leseempfehlung…

    Über Lalaland bin ich immer noch nicht einig: Gucken oder lassen? Wenn dem Kino keine andere Antwort auf das aktuelle Geschehen einfällt als eine Rückbesinnung auf die 40er/50er Jahre, stimmt mich das eher traurig. Dann lieber die Originale gucken und hoffen, dass die Sequel/Prequel-Manie irgendwann vorbei sein mag.

  3. wortschnittchen meint:

    Colin Firth sah ein wenig so aus wie die Vokuhila-Landjugend in meinem 80er-Jahre-Umfeld. Manchen Männern steht Alter einfach besser.

  4. Isa meint:

    Das Buch habe ich auch gerade gestern ausgelesen. Ich fand es wunderbar und freute mich insbesondere an der feinen Art des Humors, der liebevoll ironisch, manchmal auch bittersüss immer wieder durchklang.

    Danke für den Filmtipp und dann auch noch mit Colin Firth. Hachz!

  5. Ulrike meint:

    Die kleine Eislaterne finde ich rührend. Wie hast Du das gemacht? Gugelhupfform mit Wasser gefüllt, durchfrieren lassen und das Ergebnis dann mit LED oder einer Kerze von innen beleuchtet?

  6. die Kaltmamsell meint:

    Exakt, Ulrike, geleuchtet hat bei mir ein Teelicht.

  7. Judith meint:

    Danke für das Verlinken des Videos, es hat mir den Morgen versüßt.

    Kleiner Schwenk weg vom Film und der Literatur zum Medizinischen: schon mal ein anderes Kopfkissen ausprobiert? Als Migränikerin in der Stillzeit und damit ja auch leider ohne Triptane profitiere ich momentan sehr von einem Memoryschaumkissen, dadurch muss ich immer seltener – man höre und staune – Ibuprofen bei nur ganz leichten Anzeichen morgens einnehmen. Und ich hatte die sonst immer richtig fiesen Besuche von der so liebevoll tiulierten “Tante Migräne”…
    Die Schlaftiefe durch die richtige Entspannung im Nacken-Hals-Bereich ist also nicht zu verachten…

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