Journal Montag/Dienstag, 24./25. April 2017 – Arbeitstage mit Sonnenluft und Regen

Mittwoch, 26. April 2017 um 6:52

Am Montag empfing mich nach Feierabend wundervolle Luft unter blauem Himmel; ich ging besonders langsam nach Hause, der Biergarten am Bavariapark war in etwas milderer Luft umgehend gut gefüllt.

Montagabend The Left Hand of Darkness von Ursula K. Le Guin angefangen. Die Ausgabe beginnt mit einem Vorwort von ihr – das allein ist schon lesenswert. Le Guin schreibt über das Genre Science Fiction und warum es eben nicht prophetisch sein will, sondern Gedankenexperimente durchspielt. Sie erläutert, was Romanautoren eigentlich tun – und warum Erfundenes einen tieferen Blick auf die wirkliche Welt ermöglichen kann.

Dienstagmorgen Langhanteltraining mit viel Schwitzen. Mal sehen, ob das wieder einen tagelangen Muskelkater bewirken wird – ich muss öfter trainieren.

Statt durch köstliche Luft ging ich nach Feierabend durch strömenden Regen nach Hause – der dringend nötig ist, die Isar steht derzeit erschreckend niedrig.

Abends eine herzliche E-Mail vom Orga-Team der re:publica mit Details zu meiner Speaker-Rolle: Dort ist immer noch nicht angekommen, dass sie unsere Einreichung abgelehnt haben und sie deshalb nicht stattfindet. Ich versuchte einen weiteren Hinweis per E-Mail, werde aber wohl telefonieren müssen.

§

Erst letzthin hörte ich ein Gespräch mit über einen gehörlosen Bewerber auf einen Job in der Kommunikationsbranche: Allgemeines Kopfschütteln, wie abwegig das sei, gerade in diesem Feld – damit war das Thema durch. Ich platzte fast vor Protest, weil ich die Bewerbung so spannend fand, weil ich ahnte, wie hart ein Gehörloser auch nur um die fachliche Ausbildung in dieser Branche hatte kämpfen müssen, und wie hoch die Wahrscheinlichkeit war, dass er sein Team in vieler Hinsicht bereichern würde.

Die, die es durch das gedankenlose Kopfschütteln von Nichtbehinderten geschafft haben, sind ja leider immer noch so selten, dass sie fast automatisch ein Zeitungsthema werden:
“‘Ich kann mit Gebärden ein Experiment aufbauen’
Ingo Barth ist Mikrostrukturphysiker und taub. Ein Gebärdengespräch über die Mühen und Chancen von Gehörlosen in den Naturwissenschaften.”

§

Sonst bemühe ich mich ja eher darum, mich weniger aufzuregen, vor allem über Petitessen (wenn man sich das Aufregen nur aussuchen könnte).
In einem Belang aber ermahne ich mich regelmäßig, das Aufregen nicht zu vergessen, mich nicht in ein “Ach egal” gleiten zu lassen: Donald Trump. Sein Verhalten ist nicht normal, und es könnte mir allerhöchstens egal sein, wenn der Mann nicht US-Präsident wäre. Ist er aber. Deshalb ist diese Analyse aus dem New Yorker so wichtig:
“A hundred days of Trump”.

The hundred-day marker is never an entirely reliable indicator of a four-year term, but it’s worth remembering that Franklin Roosevelt and Barack Obama were among those who came to office at a moment of national crisis and had the discipline, the preparation, and the rigor to set an entirely new course. Impulsive, egocentric, and mendacious, Trump has, in the same span, set fire to the integrity of his office.

This is the brand that Trump has created for himself—that of an unprincipled, cocky, value-free con who will insult, stiff, or betray anyone to achieve his gaudiest purposes.

(…)

The clownish veneer of Trumpism conceals its true danger. Trump’s way of lying is not a joke; it is a strategy, a way of clouding our capacity to think, to live in a realm of truth.

via @ankegroener

Das ist das Ziel der ständig wechselnden Lügen Trumps: Nicht etwa, dass die Leute ihm glauben – inzwischen müsste auch dem größten Fan aufgefallen sein, dass sich Trump zur selben Frage ständig widerspricht, gerne mal innerhalb weniger Tage das Gegenteil des vorher gesagten behauptet. Ziel ist, dass die Leute gar nichts mehr glauben, dass sie selbst bei offensichtlichen Fakten die Schultern zucken: Könnte auch ganz anders sein. Das ist sehr, sehr schlimm.

Derzeit hört man nichts von ihm – mich beunruhigt das genau wie bei allen Kleinkindern im Nebenzimmer: Stille erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie gerade etwas besonders Folgenreiches anstellen.

die Kaltmamsell

3 Kommentare zu „Journal Montag/Dienstag, 24./25. April 2017 – Arbeitstage mit Sonnenluft und Regen“

  1. Julia meint:

    Ich kann mich Ihrem Protest bzw. Kopfschütteln nur anschließen und weiß aus der persönlichen Erfahrung im Umgang mit Ingo Barth, dass seine Gehörlosigkeit kein Problem darstellt, sondern nur ein wenig Anpassung meinerseits erfordert.

  2. Kitty Koma meint:

    Ich bin sehr gespannt, was Sie zu “Left Hand in the Darkness” sagen. Ich habe das Buch zum ersten Mal mit 14 gelesen und es hat mich tief geprägt. Gäbe es nicht das Internet, hätte ich Ursula K. LeGuin für eine vergessene Autorin gehalten, die eigentlich keine “richtigen” Sci–Fi-Romane geschrieben hat. Ich bedauere nur, dass mein Englisch nicht für die Originaletexte reicht.

  3. Cecily meint:

    Oh, The Left Hand of Darkness! Eins meiner absoluten Lieblingsbücher. Da ist alles drin: SciFi, Bromance, Romance, Abenteuer, Action, Mystik, Anthropologie, Soziologie. Falls Sie sich in die Welt verlieben: Es gibt noch eine empfehlenswerte Kurzgeschichte von UK LeGuin, “Coming of Age in Karhide”.

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