Journal Mittwoch, 20. September 2017 – Beifang aus dem Internet

Donnerstag, 21. September 2017 um 6:52

Grau, kalt, durchsetzt von Regengüssen und -schauern – das mit herbstlichem Spätsommer werden wir vergessen müssen. Lichtblick am Tag: Die feierabendliche Verabredung, deren Gespräch mich nach Tiflis und Armenien führte, die Mahlzeit dazu auf den Himalaya. Und morgens hatte ich es endlich mal wieder geschafft, früh genug für eine Runde Bauch- und Rückenkräftigung aufzustehen.

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Den Wahlkampf nehmen Medien im In- und Ausland zum Anlass, sich bestimmte heiße Themen in Deutschland genauer anzusehen – und welche davon überhaupt zur Sprache kommen. Zum Beispiel die derzeitige Ruhe um Maßnahmen gegen die Erderwärmung. In der Zeit schreiben Maximilian Probst und Daniel Pelletier:

“Wir schweigen uns zu Tode”.

Schon heute sind Umweltkatastrophen der wichtigste Faktor hinter den weltweiten Migrationsbewegungen. Gegen den Klimawandel zu kämpfen hieße deshalb auch Fluchtursachen zu bekämpfen.

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Der Guardian hat sich Angela Merkels Umweltpolitik angesehen – über ihre gesamte politische Karriere. Und sie kommt dabei schlecht weg, sehr schlecht.
“Who’s the world’s leading eco-vandal? It’s Angela Merkel”.

Unlike Trump, she has no malicious intent. She did not set out to destroy the agreements she helped to create. But the Earth’s systems do not respond to mission statements or speeches or targets. They respond to hard fact. What counts, and should be judged, as she seeks a fourth term as German chancellor in the elections on Sunday, is what is done, not what is said. On this metric, her performance has been a planetary disaster.

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In 2014, the European commission wrote to the German government, warning that the air pollution caused by diesel engines was far higher than its manufacturers were claiming. The government ignored the warning. Even now, two years after the dieselgate scandal broke, Merkel has continued to defend diesel engines, announcing that “we will use all our power to prevent” German cities from banning them, and stifling the transition to electric cars. The “mistake” made by the diesel manufacturers, she insists, “doesn’t give us the right to deprive the entire industry of its future”.

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Ich meckere ja schon lange, dass im Wahlkampf die EU- und Weltpolitik fast nicht zu hören sind. Interessiert sich die Wählerschaft wirklich nur für ihr eigenes kleines Leben? Auch hierzu einige interessante Anmerkungen vom Guardian:
“Germany won’t lead the free world. It barely looks beyond its own borders”.

One of the most fascinating developments in Germany is that, contrary to many predictions, the 2015 refugee crisis has not upended the nation’s politics entirely. How come? In Britain, it contributed to producing Brexit. In France, it helped Le Pen collect 10m votes. In 2015 the world’s huddled, desperate masses came to Germany – and yet, two years on, the country hardly seems to worry about the state of the world, or wants to even discuss it.

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An inward-looking Germany (here I mean the population, not the team in the chancellery or the foreign policy establishment) presents risks for Europe. The public mood will make it harder to agree a collective European strategy for dealing with the dual calamities of Brexit and Trump, as well as formulate sustainable, smart policies on Russia, Turkey, the Balkans, China, Africa, climate change, migration – you name it.

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To be sure, all politics is local. But the Germans will choose Merkel yet again because they believe she will protect them from external pressures, not help transform the world, or Europe, for the better. Most just want to keep things the way they are: an apparently placid, content country that likes rules to be strictly respected and doesn’t want to be troubled much by what’s going on beyond its realm.

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Ein wenig fundamentaler, dafür unabhängig von Bundestagswahlen: Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Spektrum der Wissenschaft recherchiert, ob sich seit der 2005 veröffentlichten Analyse von Metaanalysen zum Thema neue Erkenntnisse ergeben haben, die den damaligen Schluss “Ja, gibt es, aber bis zu unter statistischer Relevanz, und die Unterschiede innerhalb der Gruppe sind erheblich größer” widerlegen.
“Kleiner Unterschied, große Ähnlichkeit”.

“Männer und Frauen sind sich ähnlicher, als dass sie verschieden sind”, sagt (…) der Neurowissenschaftler Marco Hirnstein von der Universität Bergen in Norwegen. “Beim ganz überwiegenden Teil der kognitiven Leistungen und bei der allgemeinen Intelligenz gibt es keinen Unterschied – oder nur einen so kleinen, dass er praktisch überhaupt keine Bedeutung haben dürfte.”

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Zudem steht fest: Männer und Frauen unterscheiden sich zwar im Mittelwert, doch der Überlappungsbereich ist sehr groß. Die Spannbreite der Leistungen ist innerhalb der Geschlechter viel größer als der mittlere Unterschied. Sprich, bei ihren Leistungen in der mentalen Rotation oder in der sprachlichen Kreativität unterscheiden sich zwei Männer oft stärker voneinander als der Durchschnittsmann von der Durchschnittsfrau. Das ist Forschern deshalb wichtig zu betonen, weil sich fast alle Klischees über Männer und Frauen als weit übertrieben herausstellen, wenn man die Größe der Differenzen nüchtern betrachtet.

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Woher allerdings kommen die kleinen Differenzen, die sich finden lassen, sowohl kognitiv als auch hirnanatomisch? Viele Menschen denken: Wenn es nachweisbare Unterschiede im Gehirn gibt, dann müssen diese angeboren sein. Doch das ist falsch, wie Hirnstein bekräftigt. Denn alles, was wir erleben und lernen, verändert das Gehirn. Genau für diese Flexibilität ist es gemacht.

“Das Gehirn ist eine denkbar schlechte Stelle, um nach angeborenen Unterschieden zwischen Männern und Frauen zu suchen”, sagt auch die Psychologin Marlies Pinnow von der Ruhr-Universität Bochum. “Denn die Hirnentwicklung ist erst im frühen Erwachsenenalter abgeschlossen, manche synaptische Verbindungen organisieren sich ein Leben lang neu.” Einflüsse wie die Kultur und die elterliche Erziehung hinterlassen demnach tiefe Spuren im Aufbau und in der Funktionsweise des Gehirns. Und diese mit 100-prozentiger Sicherheit vom Wirken der Erbanlagen und der Geschlechtshormone zu trennen, ist bislang unmöglich – vielleicht wird es nie gelingen.

(…)

Insgesamt beobachten Psychologen und Genderforscher, dass Eltern in der Kindererziehung immer noch sehr stark zwischen Jungen und Mädchen differenzieren. Wenn es um Spielzeug, Kleidung oder Ähnliches geht, heutzutage sogar viel stärker als noch vor 30 Jahren.

via @miriam_vollmer

die Kaltmamsell

4 Kommentare zu „Journal Mittwoch, 20. September 2017 – Beifang aus dem Internet“

  1. Nina meint:

    Ich habe irgendwo als Reaktion auf den oben zitierten Guardian Artikel gelesen, dass außenpolitische Themen traditionellerweise nie eine Rolle bei Bundestagswahlen spielen. Ich habe allerdings keine Begründung dafür gefunden, also ist das einfach nur “war halt schon immer so” oder gibt es da eine begründete Verabredung, warum man sich auf Innenpolitik beschränkt? Ich bin vermutlich auch zu jung, um verifizieren zu können, ob das tatsächlich immer bei Bundestagswahlen der Fall ist. Darüber nachdenken tue ich allerdings auch, seitdem ich den Guardian Artikel vor ein paar Tagen gelesen habe.

  2. Kiki meint:

    Vielleicht ist die Auenlandisierung Deutschlands, wie ich das mal nennen möchte – wir ham’s schön hier und gucken nicht unnötig übern Tellerrand – auch eine Folge zweier verlorener Weltkriege. Finger weg vom Rest der Welt, konzentrieren wir uns auf uns selbst, damit haben wir genug zu tun. Leben im kleinen, gallischen Dorf.
    (Andererseits beißt sich das irgendwie damit, dass wir Reiseweltmeister sind und notorisch dafür, das eigene Land schlechtzureden und davon zu schwärmen, wie schön es doch in [$JeweiligesLieblingsland] ist. Ich weiß es nicht.)

  3. Sarah meint:

    Wieso sind Brexit und Le Pen angebliche Ursachen von Außenpolitik – sie sind genauso Resultate von Ländern, die nur auf sich selber schauen.

    So ungewöhnlich finde ich das nicht und ist sicher kein Alleinstellungsmerkmal von Deutschland.

  4. adelhaid meint:

    Ich meine mich auch daran erinnern zu können, dass Außenpolitik kein Wahlkampfthema ist – ever. Gleichzeitig hat aber doch das Nein zum Irakkrieg mal eine BTW entschieden. Vielleicht ist es eher etwas, was man Programm nennen könnte? /ganz weit aus dem Fenster gelehnt/

    Ansonsten: Hirnstein. Hihi.

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