Archiv für Mai 2010

Mein wichtigstes Kochbuch

Sonntag, 30. Mai 2010

Ich stelle mir vor, dass jeder, der gerne kocht, von einem seiner Kochbücher am stärksten geprägt wurde. Ausnahmen mögen die Menschen sein, die noch nie nach Buch gekocht haben (bei denen würde mich dann aber interessieren, wo sie Techniken und Zusammenstellungen gelernt haben – oder gibt es tatsächlich Leute, die jeden Kochkniff durch Versuch und Irrtum herausbringen?). Nun würde ich gerne wissen, welches Kochbuch das bei meinen Lesern und Leserinnnen ist. Mögen Sie mir das in Ihrem Blog oder hier in den Kommentaren erzählen? Am besten mit Foto des Buches.

Mein prägendes Kochbuch war Delia Smith‘s Complete Illustrated Cookery Course, 1992 erschienen und im selben Jahr während meines Auslandsjahres in Wales von mir erworben.

Mag schon sein, dass ich mich vor allem deshalb intensiv damit befasste, weil ich so viele Wörter nachschlagen musste: Küchenvokabular war weder in meinem gymnasialen Englisch-Leistungskurs vorgekommen noch in meinen Uni-Seminaren über englische Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts. Die britischen Freundinnen, die ich während meines Auslandsjahres in UK gewonnen hatte, hatten meine Frage nach dem heimischen Standardkochbuch mit Verweis auf genau dieses beantwortet. Delia Smith hatte die damals berühmteste Kochsendung im Fernsehen. Und so sparte ich eisern auf dieses Buch (meine Herrn, ich hatte wirklich verdammt wenig Geld zur Verfügung während dieses Jahres, selbst als ich durch einen Pub-Job mein mageres, ach was: klapperdürres Stipendium ein wenig aufpolsterte).

Delia‘s, wie es unter Freunden genannt wird, enthält alle Basics, von Ausstattung und Warenkunde über Techniken bis zu Grundrezepten inklusive häufigster Fehler. Die Kapitel:
– Conversion tables – vor der Verbreitung des Internets meine wichtigste Quelle für die Umrechnung von englischen Temperaturen, Gewichten, Volumen.
– Introduction
– Equipment – viel implizite Landeskunde – Dämpfer und Muffinbleche waren vor 20 Jahren in Deutschland nicht üblich.
– Eggs
– Bread and yeast – darunter dieses schöne Haferbrot.

– Stocks and soup
– Pâtés and starters – sehr handfeste Rezepte, die gerade der Mitbewohner oft für Gäste zubereitet.

– Fish
– Meat: roasting and pot roasting
– Meat: casseroles and braised dishes
– Poultry – dieses Hähnchen mit indischen Gewürzen ist einer der Standards im Haus geworden.

– Offal (also Innereien) – daraus habe ich mit dem Mitbewohner viel durchprobiert. Und unter anderem herausgefunden, dass uns die mühsam beschafften Lammnierchen nicht munden.
– Vegetables – viel Warenkunde mit leidenschaftlichem Plädoyer für saisonale Gemüse aus lokalem Anbau.
– Rice and other grains
– Vegetarian cooking
– Pulses (also Hülsenfrüchte)
– Pasta and pancakes – in diesem Kapitel das erste Gericht, das ich nachkochte: Pancake cannelloni für meine englischen Freundinnen.

– Herbs
– Spices and flavourings
– Sauces
– Cheese
– Salads and dressings
– Barbecues and picnics
– Cream, ice cream and yoghurt
– Pastry: Ganz wichtig für die englische Küche und als hohe Kunst erachtet (ich dachte lange, „mei, ein Mürbteig halt“, doch die verschiedenen Techniken resultieren tatsächlich in unterschiedlichen Ergebnissen, blättriger oder weniger, lockerer oder dichter etc.). Weswegen dieses Kapitel einen Abschnitt „pastry psychology“ enthält. Hier finden sich auch die Rezepte für die britischen Standards Steak and kidney pie sowie Steak and kidney pudding – oft nachgekocht.

– Cakes – beim Blättern habe ich gemerkt, dass ich davon noch lange nicht genug ausprobiert habe.
– Scones and biscuits – auch hier viele englische Standards.
– Fruits and puddings
– Preserving
– Left-overs

Inzwischen greife ich nicht mehr so häufig zu Delia‘s, doch das Buch ist immer noch meine erste Adresse, wenn es um Grundsätzliches geht.

Die kleinen Freuden der Menschen mit absonderlichen Interessen

Samstag, 29. Mai 2010

Weil ich frei hatte, konnte ich gestern an einer vormittäglichen Stepaerobicstunde teilnehmen, die ein Herr vorturnte.
Und dieser Herr integrierte in seine (insgesamt mittelschwere) Choreographie den Schritt „Spider“. Nachdem dieser Block klappte, schlug er auch eine Arm-Choreo zu „Spider“ vor. Ich brauchte zwei Durchgänge, bis ich begriff, dass er tatsächlich dieses machte.
Es freute mich sehr.

Ich fürchte: Diese Art von Albernheit wäre keiner der weiblichen Vorturnerin zuzutrauen, die ich bislang kennengelernt habe.

Hamburg ist schön

Freitag, 28. Mai 2010

Es war ja nicht mein erstes Mal in Hamburg. Diesmal aber hatte ich den Mitbewohner dabei, und wir wollten auch die touristischere Seite der Stadt erkunden. Mein Hauptanliegen war allerdings wieder Menschen zu sehen, die ich aus dem Internet kenne. Durch einen wunderbaren Zufall ergab es sich, dass darunter auch ein paar waren, mit denen mein Internet socialising überhaupt begonnen hatte: Mitdiskutanten der brandeins-Mailingliste ganz vom Anfang des Jahrtausends.

Ich hatte mir wieder eine Unterkunft in St. Georg ausgesucht, unter anderem, damit ich ich nicht weit zur Außenalster hatte und diese morgens entlangtraben konnte.

Eine besondere Bloggerzusammenkunft war die im Restaurant Trific – einer der Blogger war nämlich der überraschte Wirt. Dass sich ein Essen in diesem Lokal ausgesprochen lohnt, hat Anke Gröner beschrieben.

Auch am nächsten Morgen bezauberte mich die Außenalster. Unter anderem durch zwei Kormorane mit Sinn für malerische Ausgucke.

Da mir in München gerade der Kaffee ausgegangen war (weiterhin und hoch zufrieden von Del Mocca bezogen), bummelte ich in der Speicherstadt zur dortigen Kaffeerösterei und besorgte frischen.

Kein Foto, dennoch eine herzliche Empfehlung an Hamburgbesucher: Frühstücken Sie mal im Literaturhaus. Der Kaffeehausraum ist ein früherer Ballsaal, das Frühstück ausgezeichnet, die Zeitungen sind reichlich, die Fenster werden vom umliegenden Garten verwachsen. Ein weiterer möglicher Veranstaltungsort für den Bloggerball, von dem ich seit Jahren träume (der andere wäre das Obergeschoss des Münchner Lenbach). Wenn wir gerade bei Empfehlungen sind: An der Langen Reihe in St. Georg war ich besonders bezaubert vom Café Gnosa mit seinem französisch wirkenden Vorderraum, dem sehenswert eingerichteten Hinterzimmer (Blick auf die Blumen im Hinterhofgarten), der wilden Mischung an Gästen allen Alters und einem glaubwürdigen Kuchen- und Tortenbuffet. Kaffeebohnen habe ich auch in der Rösterei / Kaffeebar Peaberries gekauft: Sie hatten mich beim Vorbeilaufen angeduftet und als Cappuccino hervorragend geschmeckt.

Wir ließen uns mit dem Touristendoppeldecker durch Teile Hamburgs fahren, spazierten durch verschiedene Stadtviertel (ich mag ganz besonders das britische Flair). Auch die Binnenalster hat versteckte Reize.

Nachdem es das erklärte Lieblingsrestaurant des Herrn Paulsen ist, verbrachten wir einen Abend im Nil (an dem Tisch rechts auf der Galerie). Ich kann Herrn Paulsens Faible in jeder Hinsicht nachvollziehen.

Offene Antwort auf Werbung von My Sportlady

Donnerstag, 27. Mai 2010

Sehr geehrte Damen und Herren,

„Empowering Women“ schreiben Sie sich auf die Fahnen, auf den Werbebrief an mich und meinen damit: Gewichtsreduzierung. Sie irren massiv – dass Sie als erwachsene Menschen mich erwachsene Frau einfach duzen, ist nur ein Indiz.

– Frauen zu suggerieren, sie müssten abnehmen, verhilft ihnen keineswegs zu Kraft und Stärke.

– Frauen einzureden, sie müssten sich mit ihrem jetzigen Aussehen Sorgen machen, sie dürften sich nicht öffentlich sehen lassen und schon gar nicht in einem Badeanzug oder in kurzen Hosen, verhilft ihnen nicht zu Kraft und Stärke.

– Frauen den Spaß am Sommer nur zuzugestehen, wenn sie anders werden, verhilft ihnen nicht zu Kraft und Stärke.

– Frauen zu überreden, sie mögen ihre Energie in Gewichtsreduktion stecken, verhilft ihnen nicht zu Kraft und Stärke.

„Empowering Women“ hieße:
– Frauen darin zu bestärken, dass sie sich in ihrem Äußeren wohlfühlen,
– weibliche Vielfalt zu feiern,
– Sportangebote für jeden Typ zu erstellen,
– den weiblichen Selbsthass zu bekämpfen, der von jeder Diätwerbung geschürt wird.

Kopfschüttelnde Grüße
die Kaltmamsell

Pfingstsonntag 2010

Sonntag, 23. Mai 2010

Das Wetter hat sich richtig ins Zeug gelegt: Nachdem es gestern bei viel Wolken wenigstens schon mal wärmer geworden war, gab es heute Sonne und blauen Himmel dazu. Hätte ich also den Stapel am Freitagabend eingetroffener Unterlagen, den ich vor dem Urlaubsverreisen am Montag abarbeiten musste, gestern erledigt, hätte ich heute einen Tag auf dem Balkon verbringen können (selber schuld). Zumindest kam ich zu meinem Isarlauf.

Inklusive dörflicher Mittagsidylle am Isarkanal.

Apropos Esther Williams und Formationsschwimmen:

Die Touristen waren glücklich.

Ab morgen wär’ ich dann ein paar Tage in Hamburg (bayrischer Potenzialis – wir legen uns ungern grammatikalisch fest).

Schwimmen wie Esther Williams

Sonntag, 23. Mai 2010

Frau Indica schwärmt von klassischen Hollywood-Pools und schätzt ganz richtig, dass ich in sowas meinen Lebensabend beschließen könnte (als Alternative zu dem Lebensabend in Monteursoverall, der Schwimmen in wilden Gewässern enthielte).

Zum Bahnenziehen im Pool gehört natürlich das richtige Outfit. Sie wissen nicht zufällig, wo ich die stereotype Badehaube herkriege, die idealerweise neben ringsum Gummiblumen auch einen Kinnriemen hat?

Auf der Suche nach diesem oft besungenen, aber wohl nicht mehr erhältlichen Stück Bademode stieß ich auf folgende Website: Esther Williams Swimwear. Oh mein Gott! Das gibt es wirklich!

Und nun will ich dringend folgende Kleidungsstücke haben:
1. Diesen Badeanzug in diesem Material
2. Diesen züchtigen Bikini in diesem Material

Überwältigend sind allerdings auch die Portokosten. Sonst noch jemand da draußen, die seit Kindertagen Esther Williams sein wollte? Sammelbestellung?

Heute ist wieder Rosentag

Freitag, 21. Mai 2010

Oder: Wie ich den Mitbewohner kennen und lieben lernte

Oh, ich war sehr gerne Single, damals, mitten im Studium, und das erzählte ich oft. Beziehungen bedeuteten meiner Erfahrung nach und nach dem, was ich so um mich herum beobachtete, in erster Linie Einschränkungen und Komplikationen, kurz: eine deutliche Verschlechterung der durchschnittlichen Lebensqualität. Seit gut vier Jahren hatte es keinen Partner in meinem Leben gegeben, dafür hatte ich einige sehr gute Freunde und Freundinnen. Kleinere Verliebtheiten waren ohne Folgen an mir vorüber gegangen. Eben hatte ich mich mal wieder auf eine Affäre eingelassen, mit einem sympathischen Herrn. Doch entgegen seiner ursprünglichen Unabhängigkeitsbeteuerungen war er zum einen offensichtlich getroffen, als ich auf seine mit tiefem Blick in meine Augen gestellte Frage „Und was wird jetzt aus uns?“ fröhlich antwortete: „Was soll denn werden?“ Zum anderen musste ich mich schließlich doch mit Befindlichkeiten, Verletzungen und Eitelkeiten beschäftigen, die ich nicht mit der Leichtigkeit einer Affäre in Verbindung brachte.

Dennoch gab es eine Lücke in meinem entspannten Singleleben, damals im Herbst und Winter 1991/92, nach meinem Auslandsjahr in Wales: Ein Freund mit angenehm merkwürdigen Interessen, mit dem ich meine Zeit ganz besonders gern verbrachte, war für wiederum sein Auslandsstudienjahr abwesend. Allerdings schien eine Art Ersatz aufzutauchen: Der M., den ich als Mit-Hiwi am Lehrstuhl für Englische Literaturwissenschaft kennengelernt hatte und mit dem ich hin und wieder eine rauchen ging, kannte sich mit alten Hollywoodfilmen und MGM-Musicals aus und besaß auch sonst seltsames Fachwissen, unter anderem zu Superheldencomics. Vielleicht würde ich ja auch mit ihm tiefe Gespräche führen können, die nahezu ausschließlich aus Asterix-Zitaten bestanden.

Als ich im Frühjahr mal wieder zu einem Sonntagsfrühstück zu mir lud, fiel mir ein, dass M. doch ganz gut in meine Freundesrunde passen könnte. Ich rief ihn an und lud ihn dazu – nur um bei diesem Frühstück festzustellen, dass ich mit meiner Einschätzung wohl falsch gelegen hatte: M. frühstückte zwar mit und guckte aufmerksam, sprach aber praktisch kein Wort, beteiligte sich nicht mal durch Lachen an der regen Unterhaltung. Ich vergaß das Ganze schnell. Zumal der vermisste Freund inzwischen von seinem Auslandsjahr zurückgekehrt war.

Einige Wochen später fragte M. mich während unseres gemeinsamen Hiwi-Dienstes, ob ich wohl Lust hätte, Pokern zu lernen. Ein Doktorand vom Nachbarlehrstuhl, den ich vom Sehen kannte, sei Experte darin und habe sich erboten, Interessenten eine Einführung zu geben. An einem Donnerstagabend bei ihm, M., zu Hause. Obwohl ich mir weder aus Karten etwas machte noch aus Glückspiel, klang Pokern faszinierend – eben nach alten Hollywoodfilmen. Ich sagte sofort zu. Eingeladen waren neben mir der vermisste Freund sowie eine Hiwi-Kollegin, wir fuhren gemeinsam im Auto des Freundes hinaus in den Vorort.

M. wohnte noch bei seinen Eltern, so pokerten wir am großen Familienesstisch. Der Gastgeber trug pokergemäß Weste und hatte ein abwechslungsreiches und wohlschmeckendes Buffet bereitgestellt. Pokern zu lernen und zu spielen war sehr aufregend. Der einweisende Doktorand hatte schöne Jetons mitgebracht, so lag stilgerecht kein Geld auf dem Tisch herum. Und er baggerte mich den ganzen Abend und die ganze Nacht an, dieser einweisende Doktorand, unverhohlen. Ich wusste nicht recht damit umzugehen: Angebaggertwerden war und ist für mich sehr ungewöhnlich. Wir spielten bis ins Morgengrauen, ich erinnere mich aber nicht mehr daran, wer mit dem größten Gewinn heimging.

§

Freitage hielt ich mir während meiner gesamten Studienzeit von Veranstaltungen frei. An diesem Tag kaufte ich ausführlich ein, las, räumte herum, verabredete mich. Am Freitag nach der Pokernacht schlief ich zudem sehr lange aus.

Nachmittags klingelte es überraschend an der Tür meiner 200 Jahre alten, krummen, schiefen Altbauwohnung. Davor stand M., anscheinende Einkäufe in der Hand. In meinem Hirn machte etwas sehr deutlich: „Oh oh.“ Ich bat M. herein – er trug das grüne Hemd, das so gut zu seinen Augen passte – und kochte uns Tee. An meinem einzigen Tisch sitzend plauderten wir über dieses und jenes, bis M. sagte: „Wir können uns gleich weiterunterhalten,“ zu seinen Einkäufen ging, die größte rote Rose daraus hervorholte, die ich je gesehen hatte, mir diese überreichte und sagte: „Solltest du jemals des Single-Daseins überdrüssig werden – denk an mich.“

Welch furchtbar peinliche Situation! Ich hastete in die Küche, „Vase!“, versorgte die Rose, versuchte tief durchzuatmen und kehrte, den Blick fest auf die Vase in meinen Händen geheftet, zum Tisch zurück. Wo M. die Unterhaltung an genau dem Punkt wiederaufnahm, an der er sie unterbrochen hatte. Bald verabschiedete er sich, meiner Erinnerung nach völlig gelassen.

Ich war für den frühen Abend mit einer Freundin in einer Bar verabredet, hielt es dort aber nicht lange aus: Ich musste dringend mit dem vermissten Freund über den ungeheuren Vorfall sprechen und lief durch die Altstadtgassen zu seiner winzigen Wohnung. „Ich habe heute Nachmittag einen Antrag bekommen,“ platzte ich heraus, gleich nachdem er mich hereingebeten hatte. Der Freund äußerte sich überrascht, dass es M. gewesen war, der seine Aufwartung gemacht hatte und nicht der baggernde Doktorand. Nun bat ich ihn um Hilfe: Irgendwie musste ich ja wohl auf diesen Antrag reagieren (ich kannte M. nicht mal gut genug um einschätzen zu können, ob er sowas nicht alle Monate machte) – doch sollte die Form der Absage zumindest Stil haben. Noch dazu eilte eine Reaktion: Ich würde wenige Tage später eine Reise nach England antreten. Der Freund besaß eine umfangreiche Sammlung Filmmusik: Ob es vielleicht eine schöne Musicalnummer „Thanks, but no thanks“ gab? Wir hörten eine Weile alles mögliche durch und kamen zu dem Ergebnis: Diese Art der höflichen, freundschaftlichen Zurückweisung war in Musicals nicht vorgesehen.

Erst am nächsten Tag am Bügelbrett kam mir eine Idee, die meinen Anspruch an eine Reaktion auf M.s Erklärung erfüllte: ein goldener Korb. Ich besorgte in einem Bastelladen ein schlichtes Körbchen sowie ein goldenes Lackspray. Um die Absage zu versüßen, stellte ich als Füllung Erdbeerkonfekt her (Erdbeeren mit Grün in Kuvertüre getunkt und kaltgestellt) – es war schließlich Mai und damit Erdbeersaison. Dazu schrieb ich ein Kärtchen – an dem Text schraubte ich endlos herum. Ich glaube, das Ergebnis war: „Bei einer solch stilvollen Geste muss der Korb zumindest golden sein.“ Das Ganze verpackte ich. Und wunderte mich tatsächlich keine Sekunde lang darüber, dass mich die ganze Sache derart mitnahm.

Nun galt es noch, die extrem peinliche Situation der nächsten Begegnung mit M. und die Übergabe des Päckchens zu meistern. Ich wusste, dass wir beide am Montag Hiwi-Dienst hatten, also nahm ich das Körbchen mit. Als wir einander im Hiwi-Büro begegneten – M. war auch an diesem Montag die Gelassenheit und Ruhe selbst -, gab ich ihm das Paket und wies ihn lediglich darauf hin, er möge es nicht in der Sonne stehenlassen. Puh, überstanden.

In England aber hatte ich M. so konstant im Kopf, als wäre er mitgefahren: Ich wühlte in Antiquariaten nach Büchern, von denen er über den gemeinsamen Zigaretten erzählt hatte. Ich erzählte meinen Freundinnen von ihm. Er war praktisch ständig in meinem Kopf. Doch erst nach meiner Rückkehr, als ich den Korridor zum Hiwi-Büro entlang ging und ihn in der Raucherecke sitzen sah, traf mich wie ein Hammerschlag die Erkenntnis, dass ich mich verliebt hatte.

Das brachte mich in eine dumme Situation: Schließlich hatte ich dem Herrn einen Korb gegeben. Wie sollte ich ihm nun bedeuten, dass die Lage sich verändert hatte? Zumal M. im Umgang mit mir die Unbefangenheit selbst war, als wäre nie etwas gewesen? Ich bat M. um Verabredungen, ging mit ihm ins Kino, in Kneipen, ich versuchte zu flirten (auf der Liste der Dinge, in denen ich schlecht bin, ganz oben), machte Andeutungen – er sprang auf nichts davon an.

Nach einem literaturwissenschaftlichen Abendseminar, das wir beide besuchten, ließ ich mich von ihm im Auto nach Hause bringen und fasste mir ein Herz. Im Aussteigen, wir hatten uns schon verabschiedet, wandte ich mich kurz zu ihm um und sagte: „Dir ist schon klar, dass ich mich in dich verliebt habe?“ M. lehnte über dem Lenkrad und antwortete: „Ich hatte es gehofft.“ Ich lächelte ihn an und ging von hinnendannen.

Am nächsten Tag trafen wir in der Uni-Cafete wieder aufeinander. Und verabredeten uns zu unserem ersten richtigen Date.

Letztes Jahr hat der Mitbewohner seine Version der Ereignisse notiert. Und heute bekam er von mir 17 Rosen.