Essen & Trinken

Journal Donnerstag, 29. Mai 2025 – Berlin, Tag 6: Nochmal Yoko Ono, diesmal mit “Ach so!”-Effekt

Freitag, 30. Mai 2025

Ausgeschlafen, Pläne für die Stunden bis Nachmittagsverabredungen nur ohne Uhrzeit-Etikett zugelassen.

Ganzkörper-Spiegelselfie einer Frau mit kurzen weißen Haaren in gelbem Pulli, darunter dunkelblau-weißes Ringel-Short, an den Füßen beige Socken

Die Bloggerin in Hotelzimmer-Schlumpf.

Erhöhter Blick auf sonnige Großstadt-Straßenkreuzung, darüber Wolken

Das Wetter deutlich freundlicher, nach spätem Abschluss des Blogposts wollte ich raus. Ich ging auf einen Mittagscappuccino in das bereits vertraute Eck-Café, nahm mir ein Sandwich für spätere Brotzeit mit, spazierte ein Stündchen durch Mitte und Prenzlauer Berg.

Während ich beim Verlassen des Hotels noch überrascht über die zapfige Frische gewesen war, wurde es in dieser Spaziergangsstunde steil wärmer, bis ich eigentlich nicht mal mehr eine Jacke brauchte, der Kreislauf sandte Fragezeichen.

Altbau-Hausfront, über dem Ladenlokal im Erdgeschoß Leuchtschrift "Are you sure about this place?"

Sonnige, gepflasterte Straßenecke, darauf ein rostiges, altertümliches Straßenschild "Granseer Straße" und "Swinemünder Straße" im Hintergrund grüner Park

Mural an einer fensterlosen Hauswand: Snoopy sieht nach oben in einen herzförmigen Silberballon, in dem er sich spiegelt

Blick in ein geöffnetes Altbaufenster, man sieht ein Küchenbuffet mit Flaschen darauf

Überlebensgroße Bronzefigur eines Bauarbeiters von der Seite, er zeigt in die Richtung eines Hochhaus-Neubauskeletts im Hintergrund

Meine Gefühlspolizei ahndet ja Trauer über Veränderungen und belehrt mich, dass nichts gleich bleibt und Veränderung Leben ist, doch mir wurde halt doch weh beim Spaziergang durch all die neuen Protzbauten und geschniegelten Renovierungen (nicht abgebildet). Berlin wird in meinen Augen von einer Stadt der Geschichte und der Möglichkeiten zu einer Ansammlung von undiskutierbaren Fakten.

Das Park Inn, in dem ich untergebracht war, bot am Spiegel überm Waschbecken einen eigenen Knopf, mit dem man die Zimmerreinigung für den Folgetag abbestellen konnte (begrüßenswerte Idee). Den hatte ich für gestern gedrückt, weil ich vormittags Ruhe wollte und keine Reinigung nötig war. Doch als ich zurück in mein Zimmer kam, stellte ich fest, dass der abbestellte Zimmerservice doch da war – wo ich doch wegen Abbestellt nicht ordentlich aufgeräumt hatte: Unter anderem trockneten mein gesamtes Milchkaffee-Equipment in Einzelteilen und das Geschirrtuch über die spärlichen Möbel verteilt. Auch die Bad-Ablage räume ich sonst auf. Das tat mir leid.

Frühstück um halb zwei waren ein Apfel und ein Ruccola-Käse-Sandwich – nicht so gut wie das Sprossen-Karotten-Tofu-Sandwich aus derselben Quelle. Ich machte mich so rechtzeitig zu meiner Verabredung auf, dass ich zu Fuß gehen konnte: Im Gropiusbau wollte ich die eigentliche Yoko-Ono-Ausstellung sehen, “Music of the Mind”, nachdem mich der Teil in der Neuen Nationalgallerie enttäuscht hatte. Dafür hatte ich mich mit einer weiteren weit zurückreichenden Blog-Freundin verabredet.

Straße mit zwei Radler*innen von hinten, links hinter einer Mauer ein großer rötlicher klassizistischer Prachtbau

Der Gropiusbau, den ich immer in zeitgenössischer Architektur im Kopf hatte (der Name weckte Assoziationen zu 60er-Beton – können Sie mir erklären, warum?), bis ich ihn Ende 2024 beim Besuch des benachbarten Dokumentationszentrums Topografie des Terrors zum ersten Mal sah.

Begrüßungsschwatz mit Freundin, ab in die Yoko-Ono-Ausstellung.

Erhöhter Blick in einen großen, prächtigen Lichthof, darin ein großes Plakat gespannt: "Peace is Power"

Um es kurz zu machen: Ich war begeistert. Onos Kunstansatz, der das Publikum vor allem in den ersten Jahrzehnten ihres Schaffens immer einschließt, mitdenkt, herausfordert, kommt meiner Grundhaltung als hardcore Rezeptionsäthetikerin entgegen: Kunst erhält durch die Betrachterin Bedeutung , wenn sie sich nicht sogar erst in der Rezeption manifestiert. Weshalb sich ein Kunstwerk auch über die Jahrhunderte verändert: Unterschiedlicher Zeithintergrund in der Rezeption erzeugt unterschiedliche Kunstwerke – da mag die Stofflichkeit durchaus dieselbe bleiben (was sie ja genau betrachtet auch nicht tut) und eine eigene Untersuchung wert sein.

Ist es noch Kunst, wenn niemand hinguckt? Und: Wenn jemand hinguckt, kann dann auch ein besonderer Stein, eine Sandformation Kunst werden?

Yoko Ono macht die Betrachterin sogar zur Kunsterzeugerin, in verschiedensten Variationen über die vielen Jahrzehnte ihres Schaffens.

Am reinsten überfiel mich diese Erkenntnis gleich im ersten Raum der Ausstellung: An den großen, leeren Wänden, auf dem Boden, an der Decke, sogar an den Fenstern stehen kurze, handschriftliche Sätze wie „This room gets as wide as the ocean on the other end.“

Weiße Wand, auf der klein in schwarzer Handschrift steht „This room gets as wide as the ocean on the other end.“

Die Umsetzung bleibt der Vorstellungskraft der Leserin überlassen.

Oder ihre Anleitungen für Kunst:

“Des kannt’ mei 4-jährige Tochter aa!”? Wahrscheinlich, aber sie wäre halt nie auf die Idee gekommen. Yoko Ono hält hier nur die Idee fest – zu einem KunstWERK kann sie jeder und jede machen, dennoch bleibt Yoko Ono die Schöpferin, Künstlerin. Brillant.

Großer Museumsraum, auf enem weißen Teppich-Rechteck auf Holzboden eine unförmige Zwei-Menschen-Große Figur in schwarzem Stoff, dahinter zwei fotografierende Menschen, rechts daneben drei weitere stehend, eine dreht sich gerade lachend zur Skulptur um

Schwarze Umhänge, in die Besucher*innen schlüpfen sollen und Skulpturen formen. (Viel Heiterkeit bei den Betrachterinnen.)

<3
Widmung des Yoko-Ono-Buchs Grapefruit von 1964.

An einer weißen Museumswand ein großes Bild mit vagen, verschiedenen Schatten und Kritzeleien, zwei Frauen fügen gerade weitere hinzu

An diesem Kunstwerk (Shadow Piece) beteiligte ich mich auch und malte wie angewiesen die Silhouette meines Schattens mit einer der bereitgestellten Wachsmalkreiden nach.

Eine Frau in blauer Jeans und hellgrünem Oberteil schlägt gerade einen Nagel in ein weißes Bild voller Nägel

Meine Begleitung wiederum trug zu diesem Nagelstück bei.

Eine Hand hält ein blaues Puzzle-Teil mit der Aufschrift "y.o. Berlin '25", im Hintergrund unscharf schwarze Objekte vor weißer Wand

Und was zum Mitnehmen: Von der Decke hingen Stahlhelme in verschiedener Höhe, alle gefüllt mit Puzzlestücken – die zusammen blauen Himmel ergeben sollen.

Ja, eine sehr textlastige Ausstellung, wie meine Begleitung zurecht mehrfach bemerkte, und eigentlich beharre ich ja bockig darauf, dass Kunst keine Erklärung benötigen müssen darf.1 Doch in diesem ganz speziellen Fall akzeptiere ich die Unerlässlichkeit.

Blick nach oben in einen Türrahmen, der prächtig mit bunter Keramik gestaltet ist, darin lesbar der Markenname "Villeroy&Broch"

Keramik-Sponsoring.

Wir ließen uns im Museumscafé nieder und stürzten uns in den eigentlichen Zweck unseres Treffens: Reden. Das setzten wir Stunden später in einer Pizzeria in Schöneberg fort (dorthin lange Autofahrt, weil meine Begleitung eigentlich ein anderes Lokal ganz woanders ansteuerte – das allerdings mittlerweile geschlossen ist): Nach langen Jahren komplett ohne bekam ich diesmal reichlich Berlin-Ansichten durch Autofenster (unter anderem auf einen fliegenden Kormoran).

Tisch mitzwei Pizzen, dahinter sitzt mit Besteck in der Hand eine demonstrativ strahlende Frau mit kruzen weißen Haaren und orangem Oberteil

Foto: @uteschirmack

Gute Pizza, mehr Reden, nach fast zwanzig gemeinsamen Jahren im Web auch Austausch von Informationen über den Verbleib gemeinsamer Online-Bekannter.

Rückweg zum Hotel nur bis Friedrichstraße mit der S-Bahn: Ich fühlte mich noch unterbewegt und wollte Abschied von Berlin nehmen können. (Nachdem allerdings exakt gestern Verwandtschaft nach Berlin zog, plane ich baldige Rückkehr.)

Es war dann meine Begleitung, die daheim merkte, dass wir es nie zu Influencerinnentum bringen werden: Wir hatten kein gemeinsames Selfie gemacht. Sie hat übrigens auch den Ausstellungsbesuch als instagram-Story gepostet.

  1. Für diese Konstruktion hat Wolf Schneider in der Hölle wahrscheinlich eine eigene Abteilung einrichten lassen. []

Journal Mittwoch, 28. Mai 2025 – Berlin Tag 5: Nasse Füße und re:publica bis Singen

Donnerstag, 29. Mai 2025

Weckerwecken weil Bloggen, trotz der Vorarbeit am Dienstag kam ich unter Zeitdruck.

Erhöhte Perspektive auf große Großstadtkreuzung im Regen

Draußen war es regnerisch und wirklich greislich, fast wäre ich eingeknickt und hätte die U-Bahn zur Station genommen. Doch dank der Berliner Freundin hatte ich ja einen Schirm, bockig bestand ich auf Fußweg zur re:publica.

Und hatte (ich bin jetzt 58 und lerne es wohl nie) auch diesmal vergessen, dass ernsthafter Regen nicht nur Nässe von oben bedeutet: In der Station (Schlange am dritten und letzten Tag vor allem vor der Kofferabgabe: all die Abend-Heimreiser*innen) trocknete ich Turnschuhe und Socken auf dem Klo notdürftig mit Papiertüchern. Doch ich bekam meine Füße bis kurz vor Ende der Veranstaltung nicht trocken und vor allem nicht wirklich warm; zwischendurch sorgte ich mich dann doch, ob ich davon krank werden könnte.

Ganzkörper-Spiegelselfie einer Frau mit Brille, kurzen weißen Haaren, schwarzer Hose, buntem T-Shirt, überm Arm hält sie eine weiße Jacke

Wie schon am Vortag postete ich ein Spiegelselfie meines Outfits, um von denen, die mit mir Kontakt aufnehmen wollten, erkannt zu werden. Nachdem die eine oder andere erwähnt hatten, sie hätten sich nicht getraut mich anzusprechen, lächelte ich gestern jede an, deren Blick meinen irgendwie streifte. (So entstehen “Alle-irre!”-Situationen.)

Einstieg in den Konferenztag:

Blick von links auf eine große Bühne, auf der entfernt zwei Personen sitzen, hinter ihnen auf einer Leinwand "re:publica25", links davon große die Übertragung des Gesichts der Referentin, vor der Bühne die Silhouette von zwei Fotograf*innen

Prof. Hedwig Richter, interviewt von Geraldine de Bastion zu “Das eherne Gehäuse der Geschlechterordnung: Hausfrauen und Krise”. Thema und Autorin (Professorin für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität der Bundeswehr München) kannte ich schon von einem ausführlichen Artikel dazu in der Süddeutschen (€), wollte sie aber mal in Echt sehen (Hedwig Richter war mir nicht nur mit diesem Artikel positiv aufgefallen) und hörte dann auch einige zusätzliche Details über manche kontra-intuitiven Aspekte, zum Beispiel dass die Nachkriegs-Hausfrau die zentrale Figur der sich neu formierenden Konsum-Gesellschaft war und dass diese Familienform kein typisch deutsches Phänomen war, sondern ein gesamt-westliches. Auffallend in dieser Session: Superspannende Zuschauerinnen-Fragen.

Blick von rechts auf eine niedrige Bühne, auf der voert Menschen sitzen, ganz links steht ein Sprecher mit Mikrofon, auf der Leinwand hinter der Bühne "True history: Was, wenn alles ganz anders war?"

Wechsel zu einer anderen Bühne: “True history: Was, wenn alles ganz anders war?” Thema waren zwei unterhaltende Geschichts-Formate: Von arte gibt es demnächst (nur im Web) das Magazin „Stimmt es, dass …?“, Autorin Madeleine Dallmeyer und Produzent Jannis Funk erklärten das Konzept, mit dem sie von scheinbar gesetztem historischen Wissen ausgehend zeigen, dass es nie so einfach ist, Vieles davon schlicht nicht stimmt oder einfach nicht zu verifizieren ist. Klingt hochspannend. An den Erklärungen von Historiker/Journalist Joachim Telgenbüscher zu seinem Podcast “Was bisher geschah” fand ich besonders die Details einer professioniellen Podcast-Produktion und -Vermarktung interessant.

Mittagscappuccino mit einigen meiner kleinen Internet-Freund*innen.

Von links Blick auf mittelgroße Bühne, darauf sitzen vier Personen, auf der Leinwand dahinter Weiß auf Rot "MONITOR"

Vom “MONITOR-Forum: Social Media regiert die Welt – Brauchen wir eine öffentlich-rechtliche Plattform?” erhoffte ich mir genau das: Reflexionen zum künftigen Anspruch der Öffentlich Rechtlichen an sich selbst. Georg Restle (Redaktionsleiter MONITOR) beleuchtete das im Gespräch mit Constanze Kurz (<3), Annika Brockschmidt und Nadia Zaboura von vielen hochspannenden Seiten und durchaus mit verschiedenen Schwerpunkten. Unter anderem wies Constanze Kurz darauf hin, dass das Fediverse (Szenenapplaus bei Erwähnung, dass die Öffentlich Rechlichen verpflichtet sein sollten, auch dort zu posten, “Ich habe schon gemerkt, dass es beim Stichwort ‘Mastodon’ immer Applaus gibt”) nicht das Allheilmittel sei: Zu viele Menschen seien auf die Monetarisierung ihrer Inhalte über die Giganto-Plattformen wie YouTube angewiesen, doch diese müssten gesetzlich von der EU reguliert werden: “Keine Tracking-basierten Geschäftsmodelle”.

Nebengedanken:
1. SO kann eine Podiumsdiskussion aussehen, die die bessere TV-Talkshow wäre. Nein, es waren keineswegs alle einer Meinung, aber alle waren interessiert an Erkenntnisgewinn.
2. Ich kann gar nicht ausdrücken, wie sehr es mein Feministinnenherz zum Leuchten bringt, so viele atemberaubend kluge Frauen auf den Bühnen zu erleben.

Weiße Seitenwand einer riesigen Halle, daran sitzen auf dem Boden mehrere Menschen mit Laptops

Generisches re:publica-Foto.

Zeit für meine Brotzeit auf dem Affenfelsen: Apfel, Hüttenkäse.

Blick von vorn auf eine Bühne, darauf ein Mann, hinter ihm auf blauer Leinwand in Weiß "Share & Conquer"

Überraschendes in Patrick Stegemanns Vortrag “Share & Conquer: Wie Influencer*innen plötzlich Weltpolitik machen”: Nicht nur zeichnete er nach, wie viele Mitglieder des aktuellen Kabinetts von Donald Trump vorher ihr Geld (auch) als Web-Influencer und mit der Persönlichkeits-gebundenen Vermarktung von Zeug im Internet verdienten. Ich wusste auch nicht, dass drei Abgeordnete des aktuellen Europa-Parlaments davor Influencer waren und sich über Web-Kampagnen auf ihren Kanälen durch ihre Web-Follower dorthin haben wählen lassen. Sehr gruslig.

Große Bühne von vorn, rechts am Rednerpult eine Frau, lins große Leinwand, darauf Weiß auf Schwarz "Unterschätze niemals die Macht der Verdrängung!"

“Unterschätze niemals die Macht der Verdrängung!” lautete der Titel des diesjährigen Vortrags von Verschwörungs-Mythen-Forscherin Katharina Nocun aka @kattascha. Unter anderem ein Appell, Faschismus als Faschismus zu benennen und der sachliche, historisch unterfütterte Hinweis: Schweigen ist Zustimmung.

Nochmal eine Pause auf dem Affenfelsen, jetzt lernte ich einige langjährige Online-Kontakte auch persönlich kennen, das war schön.

Blick von rechts auf eine Bühne, links eine Frau am Rednerpult, auf der Leinwand hinter ihr "Unmaking sense: Desinformation als Gegenerzählung"

Von Jeanette Hofmann, Direktorin Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, ließ ich mir in “Unmaking sense: Desinformation als Gegenerzählung” ihre Perspektive auf Mechanismen der Desinformation erklären. Zentrale These: Es geht nicht um Wahrheit, sondern um die Personalisierung vertrauenswürdiger Weltdeutungen (im Gegensatz zu wissenschaftlichen Belegen). Menschen verbreiten Desinformation weiter aus Loyalität und Beleg ihrer Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft – Fact Checking mag also schon für die Akten nützlich sein, wird aber diesen Mechanismus nicht beeinflussen. (Ich notierte mir als Lektüre-Tipp A Social History of Thruth von Steven Shapin.)

Das letzte Panel, das ich mir als interessant notiert hatte, stellte sich als (für mich) langweilig heraus, ich spazierte schonmal zu Stage 1, um mir für die große Abschiedssause einen Platz in der ersten Reihe zu sichern. Was mich als Web-Seniorin entlarvte, ich traf dort einige besonders langjährige Online-Mitmenschen.

Wie immer Zahlen und Fakten zu den vergangenen drei Tagen:

Große Bühne, bunt beleuchtet, rechts ein Mann mit Mikrofon, auf der Leinwand "Programmpunkte auf den Bühnen 663"

Große Bühne, bunt beleuchtet, auf der Leinwand "Sprecher*innen eher weiblich 531, eher männlich 427, non-binär 21, keine Aussage 237"

Große Bühne, bunt beleuchtet, rechts ein Mann mit Mikrofon, auf der Leinwand "Sprecher*innen nach Generationen, Boomer 2%, X 26%, Y 60%, Z 11%"

Große Bühne, bunt beleuchtet, rechts ein Mann mit Mikrofon, auf der Leinwand "App Installatioin auf iPods: 2"

Große Bühne, bunt beleuchtet, rechts ein Mann mit Mikrofon, die Silhouette eines Kameramanns, auf der Leinwand "AfD-Politiker*innen auf der Bühne 0"

Die Gründer*innen auf die Bühne!

Große Bühne, auf der sich stehend vier Personen bewegen, hinter ihnen auf der Leinwand ein QR-Code und "Feedback"

Feiern der Mitarbeiter*innen auf der Bühne, gemeinsames Singen von Queens “Bohemian Rhapsody” (das muss so), aus.

Abschiedsgruß auch heute noch: “Wir lesen uns.” Das hier startete ja mal als Bloggerkonferenz. (Es gibt erste Ideen der Ursuppe, zur 20. re:publica 2027 eine historische Blog-Rückschau auf die Beine zu stellen.)

Ich wusste seit Tagen, wo ich abendessen wollte: Am Samstag hatte ich bei meinem Spaziergang durch Mitte einen Laden gesehen, vor und in dem Menschen asiatische Suppe aus großen gelben Schüsseln aßen, das wollte ich auch. U-Bahn bis Stadtmitte, von dort Marsch im Trockenen und sogar mit ein wenig Sonne bis hoch zu Sanku Maots’ai. Es stellte sich heraus, dass das Lokal ein Baukastensystem wie Subway hatte: Ich holte mir aus einem reichhaltigen Buffet Suppeneinlagen, gab sie an einer Theke ab und wählte eine Brühe, zahlte und bekam einen numerierten Abhol-Dongle, der brummte, als meine Bestellung abholbar war.

Kleiner Restauranttisch mit Schüssel asiatischer Suppe auf Tablett,  dahinter minimalistisches Lokal

Durch ein grobmaschiges Netz fotografiert Leuchtschrift über einem bleuchteten Buffet, davor die Silhouetten von Menschen

Schmeckte genau so erfreulich, wie ich mir das erhofft hatte. UND! Ich stellte fest, dass meine Füße endlich richtig warm und trocken waren.

Blick eine Straße hinunter auf Berliner Fernsehturm vor blauem Himmel

Spaziergang ins Hotel, dort zum Nachtisch Schokolade.

Diesmal hatte ich wegen meiner Teilnahme an einer Digital- und Gesellschaftskonferenz in den drei Tagen fast null vom Weltgeschehen mitbekommen, ein bisschen paradox. Im Hotelzimmer war ich aber zu erledigt für ein Nachholen, las nur ein wenig Internet, genoss den Ausblick.

Hotelzimmerfenster, hinter dem die Sonne über einer Großstadt untergeht

Blick hinunter auf nächtliche Großstadtkreuzung

Journal Dienstag, 27. Mai 2025 – Berlin Tag 4: re:publica-Bereicherung und nahöstlicher Abend

Mittwoch, 28. Mai 2025

Ein drittes Mal deutlich überdurchschnittlich geschlafen, und das, obwohl ich immer noch aufgedreht ins Bett gegangen war und nochmal aufgestanden, um mit einer IBU das Aufdreh-Kopfweh zu besänftigen. Wieder vom Wecker geweckt, das Verbloggen eines re:publica-Tags inklusive Bildern braucht dann doch knapp zwei Stunden.

Zumal ich beschloss, Urlaub zu haben, mich nicht innerlich zu hetzen, mir sogar eine Runde Bewegung in milder Luft und mittelfreundlichem Wetter zu gönnen: Ich ging eine Stunde zu Fuß zur Station Berlin. Das war eine gute Idee und tat sehr gut.

Städtischer Prachtbau mit einer historisierenden Fassade und ums Ecke einer modernen, einziges Graffiti auf einer Mauer zum Ufer "Unsere Geschichte ist eure Beute"

Humboldt Forum mit kritischer Beschriftung (und Deppen Leerzeichen), Besichtigung auf der Liste für nächsten echten Berlin-Urlaub.

Für meine 1up-Graffiti-Sammlung (Anhalter Straße).

Beim Kreuzen des Tempelhofer Ufers wenige Minuten von der re:publica entfernt passierte ich eine Warteschlange, die mich wundern ließ, was es in diesen Gebäuden wohl gab. Bis ich merkte, dass es sich um die 300 Meter lange Schlange zum Einlass mit Taschenkontrolle für die re:publica handelte – ich sah mich bereits die erste geplante Session der Konferenz verpassen. Doch auch das hatten die Veranstalter*innen im Griff: Ich nehme an, dass weitere Taschenkontroll-Stationen eingerichtet wurden, denn die Schlange bewegte sich in echtem Schritttempo, ich gab meine Sorgen auf.

Noch einer für die Sammlung, inklusive Schlange.

Die Podiumsdiskussion, deren Verpassen mich geschmerzt hätte: “Truth Under Fire: Documentary Filmmaking Between Risk, Ethics, and Innovation”. Und ich hätte wirklich etwas verpasst: Die drei Dokumentarfilmer*innen erzählten (vorbildlich kundig moderiert von Anna Ramskogler-Witt) Hintergründe und handwerklichen Details ihrer jüngsten Feature-Dokus.

Die Britin Havana Marking (auf dem Bild in der Mitte) veröffentlichte 2024 Undercover, Exposing the far right, in dem ein investigativer Journalist der Organisation Hope not hate beim Undercover-Aufdecken eines rechtsextremen Netzwerks samt Finanzierungshintergrund begleitet wird. Der Österreicher Friedrich Moser (zweiter von rechts) steht hinter dem Film von 2024 How to build a truth engine, in dem er verschiedene Aspekte der menschlichen Wahrnehmung und Manipulierbarkeit untersucht. Und Franz Böhms Crowdfunding-finanziertes Debüt-Langfilmprojekt Dear Future Children begleitete jeweils vier Monate lang junge politische Aktivist*innen in Hong Kong, Chile und Uganda. Er beleuchtete unter anderem Methoden, seine Protagonist*innen zu schützen, mit zwischenmenschlichen und technischen Mitteln. Ich habe selten in so kurzer Zeit so viel völlig Neues erfahren (was übrigens exakt mein Antrieb für die Teilnahme an der re:publica ist: dass sich mir bislang noch jedes Mal Türen in ganz neue Welten öffneten).

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https://youtu.be/Ps8MlGrtu10?si=hmVjmyrNsHHQ2jPD

Hier die Aufzeichnung der Session.

Ricarda Lang kam auf Stage 1: “Politik, persönlich: Ricarda Lang im Gespräch mit Johnny Haeusler”. Das war ganz reizend, aber zumindest für mich ohne neue Einsichten.

Ich machte Kaffeepause draußen in der Sonne mit einem Internetfreund, genoss Update und Austausch.

Dann wurde es ein bisschen bizarr. Der Titel der Session, “‘It’s a trap’: E-Commerce & Why We Still Consume” hatte mich nicht darauf vorbereitet, dass hier jemand mal wieder die Geschichten von der “Digital-Sucht” verbreiten würde. Ich meldete mich mit der Frage, ob nur das begeisterte Romanlesen auf einem Bildschirm Suchtrisiken berge, oder auch auf Papier, und hörte, doch doch, auch auf Papier gebe es Suchtpotential, wenn man seine Pläne danach ausrichte (schuldig im Sinne der Anklage, ich schaffe mir regelmäßig gezielt Zeit fürs Weiterlesen eines fesselnden Romans), aber beim Bildschirm sei es durch das schädliche blaue Licht (längst widerlegt übrigens) besonders hoch. Eine andere Wortmeldung mahnte zurecht eine wissenschaftlich fundiertere Verwendung des Begriffs “Sucht” an.

Der interesssantere Teil, den mich der Titel eher erwarten hatte lassen, kam von der aus Nigeria zugeschalteten Chiso Ndukwe-Okafor, die von Online-Einkaufsfallen besonders auf dem riesigen nigerianischen Markt berichtete. (Und der ich ihre superschicke Brille neidete.) Auch von Sarah Lange, die über Methoden zur Vermittlung von Mechanismen der Online-Manipulation für Kinder sprach.

Jetzt gab‘s Brotzeit: Ich hatte mir im Laden von Sonntag nochmal ein Sprossen-Karotten-Sandwich besorgt.

Über den nächsten Programmpunkt hatte ich mich bei Sichten des Angebots besonders gefreut: “Behind the scenes: Das Art Department der re:publica”.

re:publica-Mitgründerin Tanja Haeusler – wenn sie schon nicht auf die große Bühne wollte.

Seit vielen Jahren fällt mir die visuelle Gestaltung der Konferenz positiv auf, hinter der so offensichtlich immer ein erstaunliches kreatives Konzept und sehr viel Liebe zum Detail stehen. Die Aussicht, es diesmal auch erklärt zu bekommen, fand ich wunderbar.

Nicht nur ich, wie sich erwies, der Vortragsort war komplett überfüllt. Die Kreativagentur, die seit zehn Jahren hinter der Gestaltung steht, ist fertig design. Norman Palm leitete das Konzept für 2025 und das Motto “Generation XYZ” her – und ließ sich anschließend mit Fragen löchern. Sehr spannend.

Währenddessen beschloss ich eine Planänderung für den Rest meines Tages: Zum Abendessen war ich mit einem Berliner Internet-Kontakt von ganz früher verabredet, wollte vorher aber unbedingt noch den abgefahrenen japanischen Tee einkaufen, den ich am Sonntag kennengelernt hatte, außerdem Brotzeit für den Mittwoch. Ich machte also bereits jetzt Präsenz-Schluss und marschierte zu dem Teeladen in der Nähe meines Hotels.

Tempelhofer Ufer.

Anhalter Bahnhof.

Die letzte Tages-Session der re:publica, die ich wirklich nicht verpassen wollte, fand ja auf der Stage 1 statt, die live ins Internet übertragen wurde: Ich guckte in meinem Hotelzimmer “Poesie gegen Populismus – die schönsten Nebenschauplätze unserer Diskussionskultur” mit Sarah Bosetti. Das war so erfrischend wie ihre Clips “Bosetti will reden”, vielen Dank.

Um am nächsten Morgen nicht wieder zwei Stunden festzuhängen, schrieb ich schonmal am Blogpost, fuhr dann mit der U-Bahn zu meiner Verabredung: Wir trafen uns im Layla zu einem Abendessen mit nahöstlicher Küche.

Hervorragender Cocktail auf Calvados-Basis zum Start.

Einmal rundum Vorspeisen-Köstlichkeiten als Nachtmahl – die Teigtaschen sind libanesische Pfannkuchen, auf die ich besonders gespannt war. Auch Nachtisch gab es noch, unter anderem aus Engelshaar und Kirscheis. Alles schmeckte ganz ausgezeichnet.

Vor allem aber kam ich wieder in Konktakt mit meiner Verabredung, ich hatte sie sehr vermisst.

Problemlose Fahrt zurück.

Journal Sonntag, 25. Mai 2025 – Berlin Tag 2: Heldin vormittags, Freundin nachmittags

Montag, 26. Mai 2025

Sensationell gut und sehr lang geschlafen: Mein Hotelzimmer ist so ruhig, dass ich die Ohrstöpsel weglassen konnte, das Bett offensichtlich genau das richtige für mich.

Als Allererstes Morgenkaffee aus mitgebrachter elektrischer Cafetera und Milchschäumer, das war schön.

Verabredet war ich erst am Nachmittag mit einer in Berlin ansässigen Freundin, das düstere Nieselwetter machte die Entscheidung zwischen Ausflug ins Berliner Umgebungsgrün und Kino-Matinee einfach: Den Film Heldin hatte ich eh sehr gern sehen wollen, wie praktisch, dass er gestern zehn Minuten zu Fuß entfernt um 11 Uhr im Kino Hackesche Höfe gezeigt wurde.

Wand mit vergitterten Altbaufenstern in einem Innenhof, daran unendlich viele Reste von Aufklebern und Plakaten, davor abgenutzte Bierbänke und -tische

Einer der Hackeschen Höfe konserviert ein längst vergangenes Berlin museal, zwischen gruslig und rührend.

Gemauertes Jugendstil-Treppenhaus in Creme-Tönen und schwarzem Metall

In einem weiten Altbau-Treppenhaus Blick auf die niedrigere Halbebene mit großen Sprossenfenstern, durch die man über den Innenhof eine Klinker-Fassade sieht

Erhöhter Blick in Altbau-Innenhof mit verschiedenförmigen großen Fenstern

Große, Blumenstrauß-artige Wandlampe an Holz

Das Kino liegt im 3. Stock eines sehr schönen Gebäudes.

Der Film gefiel mir ganz ausgezeichnet mit seiner Darstellung eines einzigen Spätdienstes einer Schweizer Krankenpflegerin (Leonie Benesch ganz beeindruckend als diese Figur). Meine eigenen fünf Tage als Hüft-TEP-Patientin im Klinikum Garmisch hatten einen tiefen Eindruck von der Bedeutung des Pflegepersonals für das Befinden der Patient*innen hinterlassen: Ja, für die hochmedizinische Seite sind die Ärzt*innen zuständig, aber es waren die Krankenschwestern, die mir Sicherheit gegeben hatten, Zuversicht, die diese existenzielle Hilflosigkeit erträglich machten. Gleich zu Anfang gibt es im Film einen Dialog, der das transportiert: Ein Patient erzählt, dass er hier im Krankenhaus fern seiner Heimat niemanden hat, keine Familie, keine Freunde. Die Hauptfigur, Krankenpflegerin Floria Lind, antwortet ein wenig scherzend: “Aber Sie haben ja mich.” So war es für mich: Ich bin ja nun wirklich gerne allein und für mich. Aber in dieser Situation als Patientin vor und nach einer größeren Operation erleichterte es mich wie selten, dass da jemanden für mich da war.

Sehr gutes Drehbuch, genau die richtige Kamera für den Stoff (fast ununerbrochen am Gesicht der Hauptfigur), der Schnitt sorgte für einen stimmigen Rhythmus. Da alles sehr realistisch gezeigt wurde, half die durchgehende (immer leicht aufgeregte, aber nie dramatisierende) Musik, den Spielfilmcharakter präsent zu halten.

Theke vor Ladenfenster, darauf ein Sandwich und ein Glas Cappuccino, vorm Fenster nasse Großstadtstraße

Für mein Frühstück setzte ich mich um eins in ein Stehcafé auf einen Barhocker, es gab ein Sandwich mit Sprossen, Karotten, Tofu und einen Cappuccino. Es regnete. Die Zeit bis zur Verabredung an der Neuen Nationalgalerie verbrachte ich im Hotel.

Auf diesem Berlin-Urlaub fühle ich mich schlecht vorbereitet. Nicht nur konnte mich der Fußball-Tsunami kalt erwischen: Ich habe auch keinen Schirm dabei. Gestern regnete es ganz normal, so dass man davon halt nass wird. Mit Schirm wäre ich dennoch zu Fuß zu meiner Verabredung gegangen, hätte Bewegung und Frischluft bekommen. Doch ohne wäre ich nach einer Stunde nass eingetroffen, ich musste die U-Bahn nehmen.

Regennasse Pflasteroberfläche, darauf spiegeln sich zwei große dunkle Skulpturen, im Hintergrund Großstadtsilhouette und düsterwolkiger Himmel

Eigentlich hatten wir uns rechtzeitig für eine der Inszenierungen von Fujiko Nakayas Nebelskulpturen verabredet, doch nach herzlichen Begrüßungsumarmungen und Bekanntmachen mit Begleitung erfuhren wir: Fiel gestern wegen technischer Probleme aus. Na gut, schritten wir gleich zum zweiten Programmpunkt: Die Yoko-Ono-Ausstellung “Dream Together”.

Die war dann recht kompakt in einem Raum, mir gefiel die notwendige Beteiligung der (vielen) Besucher*innen – die meiner Überzeugung nach immer ein Teil von Kunst ist (existiert Kunst ohne Rezeption überhaupt?), in diesem Fall aber auch physisch von ihr gestaltet wird.

Auf einer weißen Tischoberfläche liegen weiße Keramikscherben, Paketschnur, Tesafilm, drei Menschen sitzen daran

An weißen Regalbrettern hängen zwei Klumpen aus Keramikfragmenten, Schnur und These, man sieht den Schatten der Fotografin

Mein Anteil mal wieder das fotografische Festhalten inklusive meiner selbst.

Blick durch Menschen auf einen langen weißen Tisch, auf dem Schachbretter mit nur weißen Figuren stehen, daran Menschen sitzen, die Schach spielen

Wir waren schnell durch, die paareinhalb Exponate hinterließen mich eher ratlos. Plan: Am Donnerstag der andere Teil der Yoko-Ono-Ausstellung im Gropiusbau.

Beim Verlassen des Raums begegnete ich einem meiner ältesten Blogkontakte, @ruhepuls. Auch Berlin ist ein Dorf, ich freute mich sehr.

Nach Hause zu meiner Freundin fuhren wir im Auto – so kenne ich Berlin überhaupt nicht, wahrscheinlich habe die Stadt zuletzt vor über zwölf Jahren durch ein Autofenster gesehen.

Es folgten wundervolle Stunden mit Freundin, Partner, ihren fast erwachsenen Kindern (die sich an mich nicht mehr erinnern konnten, aber ich verfolge sie zwischen den wenigen Begegnungen seit ihren Kindertagen halt auch über vereinzelte Urlaubsfotos ihrer Mutter), Hund. Auf der regnerischen Terrasse wurde gegrillt, ich bekam unter anderem herrliche ausgelöste Hühnerschenkel, abgefahrenen Gurkensalat, Kartoffelsalat. Und zu all dem Kontakt und Gespräche (unter anderem die nachgeholte Erzählung eines Japan-Urlaubs im Vorjahr), wohliges Menschenkuscheln.

Kulinarische Entdeckung war ein Tee, den die Freundin in einem japanischen Mitte-Laden bekommen hatte.

Stehende helle Verpackungstüte, darauf groß

Der Laden liegt nicht weit entfernt vom Hotel, mal sehen, ob ich diese Woche zu Öffnungszeiten hinkomme.

Abschied im letzten Abendlicht, meine Schirm-Lücke wurde durch einen geschenkten aus dem Freundinnen-Haushalt geschlossen. Den brauchte ich dann zwar auf dem Heimweg zu Fuß nicht (keine halbe Stunde – Berlin wird immer kleiner), aber jetzt fühle ich mich besser für die kommenden Tage gerüstet.

Im Bett Start neuer Lektüre: Chloe Dalton, Raising Hare.

Journal Samstag, 24. Mai 2025 – Berlin Tag 1: Reise in den Fußball

Sonntag, 25. Mai 2025

Mittelguter Schlaf, es begann ein Reisetag mit mittelgutem Funktionieren.

Erstmal steckte die Zeitung im Briefkasten und ich hatte keinen Zugriff auf die Digitalausgabe: Meine Urlaubsabbestellung hatte nicht geklappt. (Ich checkte die schriftliche Bestätigung: Doch, ich hatte die richtigen Daten angegeben.)

Gehweg einer Ladenzeile links, von hinten sieht man eine Persin in schwarzen engen Hosen und schwarzen Stiefeln mit Absatz, die um die Schultern einen dünnen Plastikumhang trägt, in den Haaren unzählige kleine Alufetzen

Ich liebe den Anblick von Frauen vor Friseursalons mit Färbe-Alu im Haar, meist ja eher auf Sitzgelegenheiten und mit Getränk und/oder Zigarette in der Hand.

Gut funktionierte die pünktliche Abfahrt des Zugs am späten Vormittag (Zugbindung schon vor Wochen aufgehoben, da die Fahrt eine halbe Stunde länger als gebucht dauern würde, machte mir ohne Umstieg nichts aus). Doch sie begann in Gesellschaft eines Männergesangvereins, der die Weise „Mir holn de Pokal“ intoniert, dabei alle Vokale als O aussprach. Ich musste für meine komplette Fußball-Ignoranz büßen, denn Nachfrage auf Mastodon ergab: Ja, die Herren würden mich sehr wohl bis Berlin begleiten, dort fand gestern ein sogenanntes “Pokalfinale” zweier deutscher Männerfußballvereinsmannschaften statt. Eine kundige re:publica-Teilnehmerin würde genau deswegen erst am Sonntag anreisen.

Dann wieder: Umwerfend charmantes Personal im Bordbistro, das die Fußballfans mit deutlich schwäbischem Zungenschlag sowie deren Bierdurst gut im Griff hatte und mir in meinen Mittagscappuccino zum Ausgleich einen Extra-Shot spendierte. Mir fiel auf, dass die Fußballfans in Kleingruppen über viele Wagen verteilt waren: Das bremste Massendynamik, und unterm Strich waren sie auch nicht schlimm, sangen oder lärmten nur punktuell, waren lediglich beim Durchgehen zum Klo ein unverrückbares Hindernis mit Biertragl/Brotzeittaschen im Gang, über die ich halt kletterte.

Als Brotzeit gab es um zwei einen Apfel von daheim und ein Antipasti-Sandwich, das ich am Münchner Bahngleisende beim Rischart gekauft hatte – sehr glücklich, dass dieser Liebling (gebratenes Sommergemüse als Brotbelag!) nach langer Pause wieder im Sortiment war.

Eine Zugfahrt durch Robinienblüte, zwischen Bitterfeld und Berlin gar durch blühende Robinienwälder, am Himmel wechselten Sonne und Wolken.

Von Berlin Hauptbahnhof U-Bahn zum Alexanderplatz – wo die Göttinnen des Fußballs mir mein konsequentes Wegschauen so richtig in die Fresse hauten: Der Platz stand voller Menschen in blauen Leibchen, die das Fußballspiel ihrer Mannschaft wohl auf den vielen Leinwänden angucken wollten, ich kam mit meinem großen Koffer nur langsam und schwierig durch. Und mein Hotel war komplett geflutet von Menschen in dieser Kleidung und laut Rezeption ausgebucht.

Rezeption, denn mein Self Check-in hatte nicht funktioniert. Ich hatte das Check-in-Formular am Vortag online ausgefüllt (weil mich eine E-Mail darum bat, aber gerne!), doch im Hotel forderte der Check-in-Bildschirm nochmal den bereits gezahlten Betrag für sechs Nächte und akzeptierte meine Bankkarte nicht. Die menschliche Angestellte war aber sehr freundlich (und gestand, dass der Maschinen-Check-in eigentlich nicht funktionierte).

Sehr erhöhter Blick auf eine Großstadt, erkennbar eher unscheinbare Gebäude, im Vordergrund breite Straßen, der Himmel darüber voller Wolken

Zimmer mit der erhofften Aussicht (Alexanderplatz auf der Rückseite).

Erstmal ging ich auf Lebensmitteleinkäufe zu einem nahen Supermarkt, schlug einen großen Bogen um die wogende blaue Masse Fußballfans. Dann ging ich gleich nochmal los (Treppensteigen leider nicht möglich, da die Treppen nur als Fluchtweg nach unten gedacht sind und sich die Türen vom Treppenhaus aus nicht in die oberen Stockwerke öffnen lassen – klar habe ich das getestet, als ich Treppentraining witterte): Ich sehnte mich nach Bewegung und spazierte durch Berlin Mitte, wo ich schon lang nicht mehr unterwegs gewesen war.

Vor blauem Himmel ein prächtiger sakraler Gründerzeitbau, im Vordergrund städtischer Fluss mit Besichtigungsschiff

Aus vielen Gegenden, die ich nur als Baustelle kannte, waren Gebäude geworden, ich musste mal wieder von besonders gemochten Aspekten meines inneren Berlin-Bilds Abschied nehmen. Und voller Menschen war es natürlich, an einem Samstag in der Hauptreisesaison kommt man hier auf den Wegen nicht schneller voran als in der Münchner Innenstadt.

Zurück im Hotel freute ich mich über die mitgebrachte Yoga-Ausstattung.

Kleines Hotelzimmer mit links Einzelbett, rechts an der Wand einem schmalen Schreibtisch, dazwischen auf Laminatboden einer Yoga-Matte, gegenüber Fenster

Ja, das Zimmer ist klein. Aber wo sich eine Yoga-Matte ausfalten lässt, ist doch nicht zu klein? (Mal sehen, ob ich das Angebot der Rezeption annehme, für die weiteren fünf Übernachtungen in ein Doppelbettzimmer umzuziehen, für nur fünf Euro mehr pro Nacht.) Ich turnte auch darauf, eine Dehn-Einheit. Mit den Armen seitlich ausholen hätte ich allerdings nicht können.

Als Abendessen gab es griechischen und spanischen Käse von daheim mit roter und gelber Paprika aus dem Supermarkt. Ich hatte lang vorher gewusst, dass ich am ersten Abend keine Lust auf Suche nach Einkehrmöglichkeit haben würde, und die wäre mir im Slalom um Fußballfans eh vergangen. Nachtisch Schokolade. Irgendwie war ich davon ausgegangen, dass die Eigenmarken der Supermärkte alle vom selben Hersteller kommen, doch die Rahm-Mandel-Schokolade von Kaufland schmeckte deutlich süßer und weniger schmelzend als die von Aldi Süd – erstaunlich.

Sehr erhöhter Blick auf eine große Großstadt-Straßenkreuzung im letzten Abendlicht, umgeben von hohen, sachlichen Gebäuden

Ich hätte großartige Fotos vom dramatischen Abendhimmel aufnehmen können, doch das Zimmerfenster spiegelte und ließ sich nachvollziehbarereweise nicht ganz öffnen.

Im Bett (Zimmer so ruhig, dass ich kein Bedürfnis nach Ohrstöpseln hatte) Lena Christs Die Rumplhanni ausgelesen, war in der zweiten Hälfte nochmal anders geworden (Hanni zieht nach München, viele interessante Alltagsdetails der Au vor hundert Jahren) und hatte mir gut gefallen.

§

Ein Artikel in der Wochenend-Süddeutschen geht den Fragen nach, die ich mir kürzlich so ähnlich gestellte hatte: Wie gehen Eltern, die selbst als Kinder/Jugendliche sehr Schlimmes erlebt haben, damit gegenüber ihren Kindern um? Hier wird eine Sorte besonders Schlimmes herausgegriffen: Sexuelle Gewalt. (€)
“‘Es passiert nicht einfach so'”.

Wer als Kind sexuelle Gewalt erlebt hat, fürchtet sich oft vor der eigenen Elternschaft. Wird man Grenzen achten und den Nachwuchs schützen können – auch vor sich selbst?

Ausgangspunkt des Artikels ist eine systematische Untersuchung “Elternschaft nach sexueller Gewalt in Kindheit und Jugend”.

„Viele Betroffene stellen sich grundlegende Fragen“, erklärt Pädagoge Claas Löppmann, der Teil des Forschungsbeirats der Studie war. Schon die Vorstellung, eigene Kinder zu bekommen, löse teils große Zweifel aus. „Kann ich mit meinen Erfahrungen überhaupt ein guter Elternteil sein? Kann ich Verantwortung für einen anderen Menschen übernehmen? Schaffe ich es mein Kind davor zu schützen, dass ihm Ähnliches passiert wie mir?“

Journal Freitag, 23. Mai 2025 – Voller Freitag vor Urlaub

Samstag, 24. Mai 2025

Immer noch Grundgestresstheit, gefühlt brachte ich das alles (ALLES) nicht mehr unter vor Abreise nach Berlin am Samstag.

Ausgesprochen kühler Marsch in die Arbeit, aber ich sah ein wenig Sonne.

Prächtige Gründerzeitvilla mit Bäumen vor knallblauem Himmel hinter breiter Straße

Sonnenbeschienene Schotterfläche, gesäumt von Bäumen, links ein Container mit Graffiti, im Hintergrund rechts ein großes altes Kirchengebäude

Die Theresienwiese wird mal wieder aufgerissen, seit Ende Frühlingsfest: Große Stücke Asphalt werden abgenommen (ich lernte eine beeindruckende Asphalt-Wegfräs-Aufschlürf-mit-Transportband-in-Behälter-bring-Maschine kennen), Gräben gegraben, Leitungen verlegt. Unter der Theresienwiese steckt ja die Infrastruktur fürs Oktoberfest.

Organisiertes Abarbeiten am Schreibtisch. Mittagscappuccino im Westend, es war immer noch Janker-kalt. Danach wieder ein Regenduscher, aber nichts Nachhaltiges.

Zu Mittag gab es Apfel und Linsensalat vom Vorabend. Über den Rest des Arbeitstags konnte ich gut aufräumen, meine drei echten Abwesenheitstage (dann Feiertag, dann St. Brück) nächste Woche sollten wirklich keine Lücke reißen.

Mein re:publica-Programm war jetzt fertig zusammengestellt. Falls Sie interessiert, wie das aussieht: Ich habe es auch auf Google Docs gestellt (don’t @ me, ich bin noch nicht so weit, Google ganz aufzugeben – am einfachsten macht es mir ausgerechnet die immer weniger brauchbare Such-Funktion). Dass sich wieder in manchen Slots bis zu sechs Programmpunkte ballen, die mich interessieren, dann eine Stunde lang gar nichts, nehme ich schon lang gelassen.

Drei querformatige Blätter, Text in Tabellenform, aufgefächert auf dunkler Tischplatte

Ich bin halt Generation A4, auf Papier oder Laptop-Bildschirm, auch wenn ich übe, mich auf den Handy-Bildschirm umzugewöhnen.

Nach Feierabend nahm ich eine U-Bahn zum Odeonsplatz: Ich nutzte die letzte Gelegenheit, meine Theaterabo-Vorstellung nächsten Mittwoch umzubuchen. Das klappte, ich bekomme Mephisto doch noch zu sehen.

Auf dem Heimweg durch die geschäftige Fußgängerzone Erdbeeren zum Naschtisch gekauft. Zu Hause Blumengießen (Übergabe an Herrn Kaltmamsell), Wäscheverräumen, Yoga-Gymnastik, Pulliflicken, Erdbeerenschnippeln – dann war wirklich Feierabend.

Eine weite blaue Schüssel, darin kleingeschnittene Erdbeeren, auf den Rand der Schüssel ist rot geschrieben "Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose"

Antritt des saisonalen Geschirrs.

Auf einem Holztisch stehen zwei gefüllte Weißweingläser, rechts dabene eine Bügelverschlussflasche mit der Aufschrift "Vin d'orange 2025" und eine Proseccoflasche, dahinter sitzt ein Mann mit Brille und dunklem Sweatshirt, hinter ihm über die Balkonbrüstung sieht man schemenhaft Park-Bäume und einen modernen Kirchturm

Aperitif-Foto auf dem (sauberen!) Küchenbalkon: Herr Kaltmamsell hatte eine Flasche selbst angesetzten Vin d’orange geschenkt bekommen, den gossen wir mit Prosecco auf – schmeckte hervorragend herb und aromatisch.

Gedeckter Tisch, in der Mitte eine weite Kasserolle mit einer dunklen Mischung aus kleinen Nudeln und kleinen Fleischstücken, davor und dahinter gefüllte tiefe Teller, rechts daneben eine Weinflasche und gefüllte Rotweingläser

Nachtmahl wie bestellt Giouvetsi. Schmeckte sehr gut, hätte für mich vielleicht etwas mehr Sauce vertragen. Dazu thrakischer Rotwein (mei, bei “thrakisch” habe ich halt sofort einen Gladiator mit Flügelhelm vor Augen, Asterix schlägt humanistische Bildung) – ich fand ihn durchaus interessant: Dieser Avdiros Vourvoukeli von 2019, so lernte ich, ist das Ergebnis gemeinsamer Vinifizierung der ältesten griechischen Sorte Limnio (50 %) mit rotem Syrah (30 %) und Pamidi (20 %). Ein runder trockener Roter, dessen 12 Monate im Holz nicht vorschmeckten, der überraschend lang nachschmeckte.

Nachtisch Erdbeeren mit Sahne, außerdem griechische Waffelröllchen mit Tahinicreme gefüllt.

Auf Phoenix ließen wir eine Doku über Kreuzritter laufen (Belagerung von Akkon 12. Jahrhundert), und ich dachte ständig: HATTEN DIE ECHT KEINE ANDEREN PROBLEME?! Ständig kamen neue europäische Adels mit Truppen an, die es daheim echt schöner hätten haben können!

Eltern-Meldungen aus ihrem Asturien-Urlaub, schöne Fotos.

Meine Kleidungspläne für die Berlin-Woche musste ich dann doch anpassen: Es sind zu niedrige Temperaturen vorgesagt für die meisten der schönen Stücke, die ich ausführen wollte.

Journal Donnerstag, 22. Mai 1025 – Handwerker-Homeoffice, eine Einkaufsentdeckung

Freitag, 23. Mai 2025

Mittelunruhiger Schlaf, kein Wunder nach dem Alkohol vom Rosentagfeiern. Die Wecker-Verlängerung nutzte ich nur zur Hälfte, stand dann wach und durchaus frisch auf. Nachts musste es ein bisschen geregnet haben: Ich blickte auf nasse Straße, aber mit trockenen Flecken unter den Bäumen.

Gestern musste ich erstmal daheim arbeiten, da vormittags Handwerker angekündigt waren. Herr Kaltmamsell brach später als sonst auf, weil er an einer Fortbildung teilnahm. Er half mir noch, mich besser arbeitsfähig zu machen, verband mich an seinem Schreibtisch mit Bildschirm, Tastatur, Mouse.

Der Vormittag war ereignisreich, fühlte sich dennoch unproduktiv an, weil in der ungewohnten Arbeitsumgebung (sowohl Soft- als auch Hardware) jeder Handgriff doppelt so viel Aufmerksamkeit wie sonst benötigte.

Die Handwerker (Glasfaserleitungsverlegung im ganzen Haus) klingelten während des einzigen Telefonats am Vormittag, nämlich als der immer hilfreiche IT-Support meine Einstellungprobleme (höhö) im neuen Betriebssystem löste. Es schwirrte ein ganzer Trupp Handwerker durchs Haus, alle jung, sehr professionell wirkend, Kommunikation mit uns Bewohner*innen auf Englisch mit osteuropäischem Akzent.

Den Handwerker in unserer Wohnung musste ich von dem vorgegebenen Vorgehen abhalten: Er wollte die Glasfaserleitung aus dem Ausgang in der Wand über einen Türrahmen zur nächstgelegenen Steckdose führen. Mit Herrn Kaltmamsell hatte ich aber bereits eine Version vereinbart, in der wir umgekehrt den Strom zu den Internetgeräten führen: Vor dem Glasfaserausgang steht ein tiefes Regal, in dem die ästhetisch eher störenden Geräte ihren perfekt unauffälligen neuen Platz bekommen sollen. Mr. Hand Werk ließ sich sofort darauf ein, bat mich lediglich, das bei der Bauleitung (es gab eine Bauleitung!) zu hinterlegen und zu unterschreiben. Das tat ich dann abschließend.

Mittagscappuccino machte ich mir noch daheim, dann nutzte ich wieder die Mittagspause, um in mein Büro zu marschieren. Weinend küsste ich beim Eintreffen meinen ergonomisch perfekten und rundum wohl eingerichteten Schreibtisch.

Jetzt konnte ich endlich beherzt und ohne größere Hindernisse Dinge wegarbeiten und -besprechen, nebenher aß ich zu Mittag einen Apfel, Hüttenkäse und den letzten Bissen abgelaufenen Haferriegel. Wie schon in der Nacht schlug mein Herz immer wieder phasenweise so heftig, als hätte ich einen dreifachen Espresso intravenös bekommen.

Draußen regnete es immer wieder so richtig, allerdings nie länger als zehn Minuten am Stück, das wird die tiefe Bodentrockenheit nicht beseitigen.

Den ganzen Tag Spaß mit der Lendenwirbelsäule: Irgendwas hatte sich so verhakt, dass die Nerven Schmerzblitze in die rechte Hüfte, Oberschenkel, Knie schickten.

Nach Feierabend machte ich eine erfreuliche Entdeckung. Für Freitag hatte ich mir nämlich als Nachtmahl von Herrn Kaltmamsell einen Klassiker mit Kritharaki-Nudeln gewünscht: Giouvetsi. Auf die Einkaufsliste dafür hatte er unter anderem richtigen griechischen Käse geschrieben: Kefalotyri. Hatte ich noch nie irgendwo gesehen, aber – war ich nicht vor Wochen auf dem Weg zu einem beruflichen Termin an einem Hinweisschild zu einem Mittelmeerproduktladen vorbeigekommen, der mir irgendwie griechisch orientiert erschien? Dorthin spazierte ich also.

Ich hatte mich korrekt erinnert und folgte dem Schild “Omilos” in einen Hinterhof an der Elsenheimerstraße.

Überdachter Eingang zu einem Flachbau, an dem "Omilos" steht

Von außen bereitete mich nichts auf die Wunderhöhle vor, die ich durch den Eingang betrat: Am Gang nach innen auf beiden Seiten reich bestückte Tortentheken, dann öffnete sich ein riesiger Raum mit ALLEM aus Griechenland. Kühlschränke mit Molkereiprodukten (Kefalotyri sogar in drei Sorten), Gefriertruhen, Schränke unter anderem mit Hülsenfrüchten, Gebäck, Nudeln, und nach hinten Meter um Meter Regale mit griechischen Weinen. Ich sah mich gar nicht wirklich genau um, weil ich dafür keine Zeit einkalkuliert hatte, sondern stellte mich schon bald (mit Käse, einer Flasche Rotwein und einer Schachtel Kekse) unter sonst durchwegs Griechisch sprechende Menschen in die Kassenschlange. Ich muss bald wiederkommen.

Auf dem Heimweg noch ein paar Lebensmitteleinkäufe im Vollcorner. Daheim machte ich mir nach einer Einheit Yoga-Gymnastik Linsensalat mit Gurke, roter Paprika, Schnittlauch (gut!) – Herr Kaltmamsell verbrachte den Abend aushäusig. Nachtisch Schokolade.

§

Mich beim ersten Zusammenklicken meines re:publica-Programms beobachtet: Winzel-Veranstaltungsorte schrecken mich ab, Minster*innen interessieren mich deutlich weniger als Speaker*innen aus den hinteren Reihen von Ämtern, Behörden, Ministerien (“wissenschaftliche Mitarbeiterin”/”Referent” – super), und je grünschnabliger aussehend, desto mehr will ich wissen, was sie zu sagen haben. Sofortiges Erlahmen von Interesse bei “CEO” oder “Founder”, der New-Economy-Rausch kurz nach der Jahrtausendwende hat mich gründlich für den Typus verdorben – leider, den darunter gibt es ganz sicher Menschen, die nicht lediglich was verkaufen wollen.

§

Vergesst die Ever Given im Suezkanal. Jetzt gibt es ein Containerschiff im Vorgarten. (Na gut, blockiert einen signifikant geringeren Teil der Welthandelsflotte.) Auch die Drukos sind Zucker.