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26.6.2004 9:20 PM CET
Pein

Event1

- Der Veranstaltungsort in den österreichischen Alpen. Den wir perfekt gewählt hatten, denn seine Exotik begeisterte die fast durchgehend männlichen Gäste aus aller Welt sichtlich. Dessen detaillierte Geschmacklosigkeit (zum abgebildeten Lampenstil gab es Zirbelholz und Eiche) meine Verkrampfung sekündlich steigerte.

- Der externe Moderator der Podiumsdiskussion, der unseren Unternehmensnamen falsch aussprach.

- Die mitgebrachte, verzweifelt jung gebliebene Ehefrau eines betagten Podiums-Diskutanten, die unablässig Banalitäten schwallte. Außer wenn sie sich mit den Erlebnissen ihres Ehemannes brüstete: "Wir haben ja jetzt am Lehrstuhl auch zwei Frauen."

- Die Fachjournalistin, die jeden Programmpunkt erst mal hinterfragte: „Warum müssen wir das Gepäck schon um neun zum Bus bringen? Es geht doch erst um halb zehn weiter!“

- Der hysterische und unterbelichtete Subalterne, der schon während der Vorbereitungsstunden alle mit seinen Sorgen kirre machte, am Event selbst durch die Gänge rannte und dabei „Ich hab’s gewusst! Ich hab’s gewusst!“ vor sich hin zischte.

- Das Personal, das während der Veranstaltung auf der Hotelterasse begann, Rasen zu mähen.

- Mein Menstruationszyklus, der mich genau an diesen beiden Veranstaltungstagen mit einer Jahrhundertflut überraschte.

- Die unvermutet anwesende Familie eines Dienstleisters, die sich erst mal über das Buffet her machte.

- Der Kollege aus dem Schwesterunternehmen, der während der Präsentation die Gäste ständig durch Schwätzen ablenkte.

- Der englische Journalist, der mir beim spätnächtlichen Absacker auseinander setzte, dass Margaret Thatcher ein Glücksfall für Großbritannien gewesen sei: Die habe wenigstens getan, was sie sagte, und sich nicht um die Medien geschert.

- Der launige bayerische Busfahrer mit Hang zum Zwangsduzen. Der in Zeitungsberichten über Vereinsfahrten garantiert als „echtes Original“ auftaucht.

- Der Kollege einer ausländischen Niederlassung, der versuchte, mir Respekt zu bekunden, indem er meine Schnaps-Empfehlung (Vogelbeere) lobte: „Ah, this is for real men!“

- Nachdem meine ungehobelten Tischgenossen beim Abendessen sich für Cabernet Sauvignon statt Zweigelt entschieden hatten: „Give me the hard stuff.“

- Das Tischgespräch, das den Umständen entsprechend irgendwann auf Mehrsprachigkeit kam. Fremdsprachen, hihi, lerne man ja auch am besten im Bett, kicher, glucks. Woraufhin der Alkohol mit mir durchging und ich in meinen Fisch-Gang murmelte, ich wolle ja nicht indiskret sein, aber da habe ja jemand ein wenig seltsame Bettgewohnheiten, wenn dabei genug zum Fremdsprachenlernen gesprochen werde. Schallendes Gelächter und Gepruste aus fünf Ingenieurskehlen.


An sich gelten solche großen Marketing-Events in meinem Berufsstand als Highlights. Ich habe mit ihrem Nutzen auch schon die besten Erfahrungen gemacht. Dennoch: Tut mir leid, mir sind sie eine Qual. Ich altere jedes Mal um Jahre. Selbst wenn ich, wie diesmal, nicht die Hauptverantwortliche bin.

Eine weitere solche Veranstaltung steht mir im August bevor. Dann bin ich auch noch als Gastgeberin ganz auf mich allein gestellt. Ich behalte den verspannten Nacken am besten gleich.


Kommentare: 1 Kommentar

Unvorbereitete Moderatoren sind ein Graus. Frag doch das nächste Mal einen Profi. Ich bin so selten in den österreichischen Alpen. :-)

btw: Der Typ hat doch Recht - und du bist die erste Frau, die mir begegnet, die offenbar Vogelbeere nicht nur erträgt, sondern liebt. Wobei ich den Verdacht habe, dass auch viele Männer nur zu feige sind, zuzugeben, dass der ihnen eine Nummer zu hart ist. Aber an der Auswahl erkennt man den wahren und erfahrenen Schnapskenner (äh und die die kennerin, logo.