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RSS-Futter

24.8.2004 9:19 AM CET
Umzug

Weil das Blogheinzelmännchen gesagt hat, das soll ich, und weil ich dem Blogheinzelmännchen meist vertraue, habe ich mich umziehen lassen zu WordPress. Die Auswirkungen ahne ich lediglich, das Blogheinzelmännchen hat folgende Anweisung hinterlassen:

"Den RSS-Link habe ich nicht geändert. Ich weiß zu wenig über die
verschiedenen RSS-Formate, als dass ich die beiden einfach austauschen
möchte. Also solltest du einen Eintrag publizieren, in dem du den Umzug bekannt gibst, und ihnen sagst,
wie der neue RSS-Link lautet:
http://www.vorspeisenplatte.de/speisen/feed/rss2/)
Und wie die neue Adresse lautet:
http://www.vorspeisenplatte.de
Den Eintrag kann außer den RSS-Reader allerdings keiner lesen, nicht mal du."

O.k.?


23.8.2004 8:28 PM CET
Danke schön

22082004_Ballons

Vielen Dank für die Glückwünsche zum Geburtstag! Und die Hommage! Ich habe mich wirklich gefreut.


23.8.2004 9:39 AM CET
Spirit-children

Es war, als wäre dieses Ertragen der äußeren Umstände, mit versteinerter Miene und zusammengebissenen Zähnen, für ihn nichts Ungewöhnliches, sondern seine persönliche, vielleicht einzige Strategie, dem Leben zu begegnen.(Lesebefehl)

Ich glaube, es gibt Menschen, die sind nur aus Versehen da. Auf diese Idee kam ich durch Ben Okris The Famished Road*. Er schreibt darin über „spirit-children“, Kinder, die normalerweise nicht lange am Leben bleiben, weil es sie in die Welt des Nicht-Seins zurückzieht. Nur Menschen mit besonderen Fähigkeiten erkennen sie und können die Eltern warnen. „It is more difficult to love than to die", sagt der Vater eines dieser Geist-Kinder in The Famished Road.

Für Menschen, die eigentlich in die Welt des Nicht-Sein gehören, wird das Leben immer nur etwas sein, durch was sie halt durchmüssen. Es wäre unfair ihnen vorzuwerfen, dass sie „nie richtig gelebt“ haben. Sie verdienen Mitleid und vielleicht ein klein wenig Bewunderung, dass sie trotzdem durchhalten.


*Lektüre-Empfehlung afrikanische / postkoloniale Literatur. Bekam 1991 den Booker Prize und gehört zu den eigenwilligsten Bücher, die ich kenne - auch wenn sein magic realism nicht neu ist. Am besten anstatt der derzeitigen Mode Tochter der Sahara / Sandblume / Ich war eine Massai etc. lesen.


22.8.2004 8:30 AM CET
45

Wenn man trotz allem dann vielleicht doch so alt ist, wie man sich fühlt – dann hätte ich gerne die 45 bitte. Ganz eindeutig auf einem anderen Planeten als Jugendliche und junge Eltern, aber noch weit genug von der Rente weg, um nie auf die Idee zu kommen, irgendwelche Vorhaben auf „wenn ich dann mal nicht mehr arbeite“ zu verschieben.

Zudem: Ich sah schon immer älter aus als ich bin. Mit 15 wurde ich bereits für die Frau meines Vaters gehalten. Wenn ich auch nur einmal auf das Nennen meines Alters hören will „Also, ich hätte Sie viel jünger geschätzt!“, dann gibt es nur einen Weg: Ich muss mich älter machen. Und mit meinen vielen weißen Haaren, den schönen Falten vor allem um die Augen (ich bin gerade dabei, die Oberlippenfalten auszubauen, in die dann der Lippenstift zu schön reinfransen kann) und der Kleidergröße 46 müsste ich locker als 45 durchgehen.

Leider habe ich in den letzten Jahren eine Geburtstagsempfindlichkeit entwickelt, die so gar nicht zu meiner früheren Begeisterung passen will, mit der ich rauschende Geburtstagsfeste feierte (zum 27. organisierte ich eine große Stadt-Ralley, oho!). Auch dieses Jahr hieß es auf Anfragen nur: Entfällt. Vielleicht feiere ich ja meinen Fünfzigsten. Nächstes Jahr.


20.8.2004 10:04 PM CET
Bewegung!

Olympics

via Jens


20.8.2004 8:55 AM CET
Old Economy ist...

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20.8.2004 8:52 AM CET
Hoppla Herr Freud, da habe ich mich wohl vertan

Manche Sachen lösen sich ganz unvermutet. Zum Beispiel die gefürchtete Familienhochzeit Ende August. Ich war ohne großes Nachschauen davon ausgegangen, dass sie an einem Samstag stattfindet. Doch gestern ergab ein Gespräch mit dem Mitbewohner, dass der 27. August ein Freitag ist. Da ich an diesem Tag die einzige Besetzung der Abteilung bin, kann ich unmöglich Urlaub nehmen. Meine Teilnahme an der Show wird sich auf den Abend beschränken müssen. Och.

Gestern fiel mir auch ein vorläufiger Arbeitsvergleich für meine überdurchschnittliche Aversion gegen Hochzeiten ein: Faschingsmuffel.
Es gibt Leute, die hassen Fasching und Karneval mit Inbrunst, manche schreiben sogar Hetzlieder dagegen. So geht es mir mit Hochzeiten.


19.8.2004 2:24 PM CET
Spuren

Der Espresso-Stand am Münchener Hauptbahnhof, an dem ich mir morgens meinen erwähnenswert guten Cappuccino abhole (nein, Meike, auch der kommt nicht aus Togo), kennt meine Bestellung inzwischen auswendig. Und schon schrecke ich auf, fühle meine heimelige Distanz verletzt.

Nein, ich hatte noch nie ein Stammlokal. Mit 20 sah ich das als Mangel und versuchte, mir eines zu schaffen. So ging ich nach der Radio-Frühschicht absichtlich immer in dasselbe Café - auch wenn ich eigentlich keine Lust darauf hatte -, bestellte bewusst immer einen Milchkaffee - auch wenn mir ein anderes Getränk lieber gewesen wäre. Und nach wenigen Wochen musste ich nur zur Tür hereinkommen, schon schaltete die Thekenfrau die Kaffeemaschine ein. Doch um auf natürlichem Wege zu einem Stammlokal zu kommen, gehe ich zu wenig aus und bin ich zu neugierig auf Neues.

Es ist gerade die Anonymität, die mich in Großstädte zieht. Ich bin gerne für mich, allein fühle ich mich am daheimsten. Die Vetrautheit meiner Geburtstadt fühlt sich klebrig an und verursacht mir Überdruss. Es ist mir unangenehm, dass man mich dort kennt. Ich bin gerne „wo nur fremde Geschichten in der Luft herumhängen und keine einzige von mir“. Es ist mir unangenehm, Spuren zu hinterlassen.

Als ich vor Monaten ankündigte, dass ich einmal mehr in Brighton Urlaub machen würde, frotzelte ein Arbeitskollege: „Aber da kennen’s dich doch schon.“ In Brighton verging mir das Lachen, als sich nicht nur das Hotelpersonal an mich erinnerte, sondern auch der Kellner eines indischen Restaurants, in dem ich in den beiden Jahren davor je ein Mal gegessen hatte. Also nie wieder Brighton - oder das nächste Mal verkleidet?

Vielleicht werde ich einfach nur immer verschrobener.


19.8.2004 11:15 AM CET
Bahnsprech heute - Fallensteller

Die Bahn-Texter haben sich was Neues ausgedacht: Am dritten Morgen hintereinander versichert der Zugchef in seiner Begrüßungsdurchsage, sein Team erfülle gerne unsere „Servicewünsche“.
Die vielen Möglichkeiten, im Deutschen Hauptwörter zusammen zu setzen, entziehen sich der logischen Entschlüsselung (Erbeerkuchen/Hundekuchen, Feuerwehr/Bürgerwehr).

Sind „Servicewünsche“ also
a) Wünsche, die an das Service-Personal gerichtet werden („Alles Gute!“)
b) Wünsche des Service-Personals („Hoffentlich fährt nicht wieder ein Kegelclub mit!“)
c) Wünsche um Service-Leistungen („Wären Sie so nett, mir den Nacken zu massieren?“)?


18.8.2004 4:19 PM CET
Gewissen

Nu habe ich tatsächlich ein schlechtes Gewissen, weil ich nichts Frisches auf der Vorspeisenplatte anrichte. Was natürlich Blödsinn ist.

Dabei hätte ich wahnsinnig Vieles und Tolles zu erzählen über die Arbeit, die mich derzeit in Beschlag nimmt. Was aber aus Diskretionsgründen nicht geht.

Ihr müsst halt schaun, dass Ihr mir mal übern Weg lauft, mich kennenlernt und mein Vertrauen erwerbt. Dann gibt’s aufregende Geschichten aus der großen weiten Welt. Solange sie nicht kursrelevant sind.


17.8.2004 9:44 AM CET
Entschuldigung, Herr Freud, da habe ich mich wohl vertippt.

Veröffentlichkeit


15.8.2004 10:07 AM CET
Samstag Sieben

Auch diesmal betreffen die Samstag Sieben ein Thema, zu dem ich keine Meinung habe - den anstrengenden Prozess, mir eine Meinung zu bilden, hebe ich mir für wichtige Lebensbereiche auf, also Pizzabelag (NIEMALS Salami), idealer Sitzplatz im Kino (kommt natürlich sehr aufs Kino an, in den meisten wirklich großen empfehle ich Reihe 7/8 Mitte), Texteinstiege (völlig verboten: "Es ist wieder so weit").
Allerdings habe ich mir vorgenommen, mich mal ein bisschen umzutun, also unter Leute zu gehen, Neues auszuprobieren, wenn es mir angeboten wird.

1. Die spannenste/interessanteste Sportart, die es gibt, ist ...?
Tennis fand ich mal spannend, als ich zwischen 15 und 25 war. Im Alter zwischen 13 und 16 bin ich auch regelmäßig zu den Eishockey-Spielen meiner Heimatmannschaft gegangen. Aber heute? Interessant finde ich Sportarten, in denen die Sportler auf ihrem Körper spielen wie Pianisten auf einem Klavier, also Turmspringen, Turnen, Eiskunstlauf oder (jawoll, ich bin das) Synchronschwimmen. Alles, was Tanz und Artistik nahe kommt.

2. Die seltsamste Sportart, die es gibt, ist ...?
Cricket. Mittlerweile kann ich aber die Ästhetik und das Flair dieser Turniere genießen, zu denen die Seltsamheit der Sportart entscheidend beiträgt.

3. Welche Wettkämpfe bei den Olympischen Spielen wirst Du Dir anschauen?
Ich werde mir sicher nichts gezielt anschauen, aber ich bleibe gerne mal an Leichtathletik hängen, oder am Turnen.

4. Die Olympischen Spiele der Antike waren eine Veranstaltung, mit der die griechischen Götter geehrt wurden. Was bedeutet Olympia heute; für Dich?
Olympia ist ein Ort, bitteschön. Und der bedeutet eine schöne Erinnerung an die Klassenfahrt mit dem Griechisch-Leistungskurs. Dieser Kurs kommt mir auch beim Verständnis anderer Begriffe um die olympischen Spiele herum in die Quere. Ich musste wirklich um eine Ecke denken um zu verstehen, dass mit "Olympionike" nicht etwa ein Medaillengewinner gemeint ist, sondern ein Teilnehmer. Manchmal WILL ich nämlich gar nicht pingelig sein; so benutze ich "Olympiade" brav wie alle anderen als Synonym für die olympischen Spiele und nicht, altphilologisch korrekt, für den Zeitraum zwischen zwei Spielen.
Ansonsten halte ich die Spiele für die größte Sportveranstaltung der Welt, mehr nicht. Ich erinnere mich an Zeiten mit lustigen und bigotten Diskussionen um den Amateurstatus der Sportler oder an das Teilnahmeverbot für Nationen, die gerade Krieg führten. Das waren für mich tatsächlich noch Kriterien, die die olypischen Spiele zu etwas Besonderem machten. Heute bleibt die schiere Größe.

5. Golf war einmal Olympische Disziplin. Welche (evt. verrückte) Sportart willst Du 2008 in Peking unbedingt (wieder) sehen?
Zu den antiken olympischen Spielen gehörte ein künstlerischer Wettbewerb. Ich plädiere also dafür, den Grand Prix de la Eurovision zu einem Global Song Contest zu machen und die olympischen Spiele damit zu ergänzen.

6. In welcher Disziplin - wäre sie olympisch - wärst Du ein Medaillen-Anwärter?
Wettkampfsport hat mir selbst nie Spaß gemacht. Und es gibt keine Tätigkeit, in der ich zu einer Weltelite gehöre.
(On second thought: vielleicht Humorlosigkeit?)

7. ... und ein Tipp: Wieviele Medaillen werden die deutschen Sportler aus Athen mit nach Hause bringen?
Achtunddrölfzehn. Wenn sie sich anstrengen.


14.8.2004 7:04 PM CET
pepa blogt!

Juhu, sie tut es!
Blogsitterin pepa hat vor wenigen Tagen ihre eigene Hütte bezogen. Und mich gleich mit einem hinreißenden Foto zum Lachen gebracht.

Großen Dank an Herrn typ.o (gestern festgestellt: den gibt's fei wirklich!), dass er die Frau pepa ins Boot geholt hat.


13.8.2004 2:44 PM CET
Blow Dry

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Strictly Ballroom gesehen? Gemocht? Stellen Sie sich sowas Ähnliches in Nordengland vor, nur mit Friseuren statt mit Turniertänzern - dann haben Sie fast schon Blow Dry. Den Sie damals nicht im Kino gesehen haben, weil er den idiotischen deutschen Verleihtitel Über kurz oder lang trug. (Kapiert? Weil es doch ums Haareschneiden geht, gell, und dann sind die Haare mal kürzer und mal länger. Und dann ist das ja auch ein Wortspiel, weil es doch diese Redensart „über kurz oder lang“ gibt, was sich ja eigentlich auf eine Zeitspanne bezieht. Ach das war klar?)
Ich gebe gerne zu, dass ich mir den damals auch nur wegen Alan Rickman angeschaut habe - dann aber sehr froh darüber war. Deshalb habe ich mir bei meinem letzten Englandbesuch auch die DVD mitgebracht.

In Blow Dry kommt der alljährliche “British Hairdressing Championship” ins gottverlassene Keighley, wo Phil (Rickman) und sein Sohn Brian (Josh Hartnett) einen kleinen Herren-Friseurladen haben. Phils Ex-Frau Shelley (Natasha Richardson) und ihre Lebensgefährtin Sandra (Rachel Griffiths) haben im selben Ort einen Damen-Salon. Phil hat seit zehn Jahren nicht mehr mit Shelley gesprochen - seit der Nacht, in der sie mit seinem Friseur-Modell Sandra durchgebrannt ist. Shelley hat gerade erfahren, dass ihre Krebserkrankung unheilbar ist.
Zum großen Wettbewerb reist auch Ray Roberts (Bill Nighy) an, der seit Jahren ungeschlagene Friseur-Champion. Er schaut bei seinem ehemaligen Erzrivalen Phil vorbei und macht sich über seinen Niedergang lustig. Außerdem bringt er seine Tochter Christina (Rachael Leigh Cook) mit, die sich noch gut an ihre Kindertage mit Brian erinnert.

Klar ist Blow Dry ein Wohlfühlfilm zum Weinen und Lachen, doch die vielen liebevoll schrägen Details machen ihn überdurchschnittlich: Brian, der an den Kunden eines Bestattungsunternehmens übt; Heidi Klum als Modell-Ziege Jasmine; die Bevölkerung der Kleinstadt, die Runde für Runde mehr mit dem seltsamen Wettbewerb mitfiebert. Oder Shelley, die ihrem Arzt das Überbringen der schlechten Diagnose abnimmt, indem sie sie selbst aufsagt. Und dann natürlich der gesamte überkanditelte Friseur-Zirkus um den Wettbewerb, der mich eben so sehr an Strictly Ballroom erinnert.

das ist die Frau Klum bevor sie zur Gummibärchen- und Gesundheitsschuh-Königin aufstieg


13.8.2004 10:18 AM CET
Höchstsommer

Wenn Pfirsiche endlich in einem Aggregatzustand zu kaufen sind, dass man sie nur über ein Waschbecken gebeugt oder auf der Wiese am See essen kann.


12.8.2004 3:43 PM CET
Ziel-Ego

I'm great, and really cute and dead clever.

Wenn ich groß bin, lege ich mir auch so ein Ego zu.


10.8.2004 9:33 PM CET
Eben in der Fernsehwerbung

Als Sie heute morgen Durchfall hatten, hatten Sie die Wahl.

Jaja, Frau Gröner, ich weiß schon: Es ist immer der Kunde.


9.8.2004 10:21 AM CET
Bosheit

Ich habe mich mal wieder in einen festgezurrten Knoten Bosheit verwandelt.

Dem leutseligen Pförtner, der mich anpredigt mit seiner Theorie, der Bundeskanzler sei schließlich der Geschäftsführer des Unternehmens Deutschland, stimme ich sarkastisch zu, um mit einem Schulterklopfer draufzusetzen, dass es deshalb auch Zeit werde, die Bürger, die nichts bringen, aus dem Land zu werfen. Kinder und Alte zuerst.

Ich begegne dem verursachenden Pärchen der anstehenden Familienhochzeit auf ihrem Weg zum Hochzeits-Tanzkurs. Verweise darauf, dass zur Ehe-Vorbereitung ein Besuch im nahe gelegenen Sex-Shop erheblich sinnvoller wäre. Mache ihnen nochmal klar, dass sie jederzeit aus dem Wahnsinn aussteigen können. Und dass es für Leute, die sich nicht einmal eine Reise leisten können und deshalb die Hochzeitsgäste um Geldgeschenke bitten, ziemlich unklug ist, sich eine Hochzeit zu leisten.

Als die drittschwangere Schwägerin das bereits zweimal gegrillte Lammfleisch schon wieder zerschnippelt und in zwei Zentimeter Augenabstand nach rohen Stellen sucht, mich auch noch als Komplizin gewinnen will („Jetzt sag selbst: Da ist es doch noch rot!“) - zische ich nur noch „Dann iss es halt nicht.“ und werfe das Fleisch über den Gartenzaun. Ihr großäugiges „Ich will halt kein Risiko eingehen“ kontere ich mit der Warnung vor dem Risiko, von mir erwürgt zu werden. Habe mich allerdings noch gut genug im Griff, sie nicht mit „Brutkasten“ zu titulieren. Täte es aber wahnsinnig gerne.

Der ICE-Zugchef hat wohl gerade einen Kundenorientierungs-Kurs in Kalifornien absolviert. Nicht nur zwitschert und jodelt er seinen Begrüßungstext ins Mikrophon, als wollte er Marika Rökk selig in der Hormocenta-Werbung beerben. Er bringt es auch fertig, während der Fahrscheinkontrolle jedem, aber wirklich jedem Passagier „Guten Morgen!“ entgegen zu jubeln, sich bei jedem für den Fahrschein zu bedanken (wahlweise mit „vielen Dank“, „herzlichen Dank“, „ganz herzlichen Dank“, „dann danke ich Ihnen recht herzlich“ oder „danke schön“) und ihm „noch eine schöne Reise“ zu wünschen. Meine Rache-Ideen entwickeln sich wegen Verschlafens zu langsam, so dass ich ihm weder meine Aktentasche zwischen die stämmigen Beine werfe, noch sein „Guten Morgen“ mit „Wie kommen Sie darauf?“ gegenzicke, sondern nur einsilbig knurre.

Und ich habe nicht die geringste Lust nachzubohren, welche frühkindliche Verletzung den Knoten dieses Mal bedingt hat.


8.8.2004 9:32 PM CET
München, August 2004

August2004


8.8.2004 10:44 AM CET
Homöopathie

"Eine Revolution der Physik?
Die Unterstützung der Homöopathie und ähnlicher Therapierichtungen durch die Krankenkassen"

(via Instant Nirvana)

Konsequenterweise müsste ich mich bei meiner Krankenkasse erkundigen, ob sie für homöopathische oder anthroposophische Therapien aufkommt. Und wenn sie es tut, die Kasse wechseln.

(Der Mitbewohner hatte die Vision einer neuen Superheldin
SCIENCE-GIRL!
Tagsüber ist sie die einfache Redaktionssekretärin einer billigen Frauenzeitschrift, doch nach Feierabend zieht sie sich die gelben Superheldinnen-Stiefel über, um einzugreifen, wenn mal wieder eine Schwiegermutter über der Handfläche einer Schwangeren das Geschlecht des Kindes auspendeln will, oder eine Familie ihre gesamte Wohnung wegen "Wasseradern" umstülpt...)


7.8.2004 10:08 AM CET
Vaterlandslose Gesellin

Das Wort „Gebietsanspruch“ versetzt mir jedes Mal einen Rempler. Weil ich es nur theoretisch verstehe. Jemand oder eine Gruppe von Menschen beansprucht also ein Stück Boden als ihr Eigentum, weil jemand früher darauf wohnte oder es im Besitz hatte, den etwas mit den Beanspruchern verbindet: Verwandtschaft, Volksstamm, Religion.

„Reparationsforderungen“ löst ein ähnliches Zucken bei mir aus, wenn es aus dem Mund eines Menschen kommt, dessen Urgroßmutter ihren Bausparer halt woanders investierte.

Ich gebe ja zu, dass ich sogar mit dem Konzept des Erbens Schwierigkeiten habe. Meine Eltern haben sehr hart gearbeitet, um aus bitterer Armut zu Haus- und Grundbesitzern aufzusteigen. Aber habe ich irgendein Recht auf dieses Eigentum, nur weil sie mich auf die Welt gebracht haben? Ich habe zu ihrem Wohlstand absolut nichts beigetragen.

Dieser Wurzelmangel ist natürlich durch meine Abstammung zu erklären. Spanischer Papa, Immigrant der ersten Generation; polnische Mama, in Deutschland geborenes Kind einer Zwangsarbeiterin und eines Soldaten. Wenn es jemand auf Blutlinien abgesehen hat, und die deutsche Einwanderungspolitik hatte das bis vor kurzem – siehe Spätaussiedler -, habe ich keinen Tropfen deutschen Blutes in meinen Adern. Wenn mir nur einfallen würde, was deutsches Blut noch mal genau ist.

Mein Vater ist weg gegangen, um sein Glück zu machen. Hat also genau die Initiative gezeigt, deren Mangel in der deutschen Wirtschaft heute gern beklagt wird. Ich weiß nicht, wie meine Gefühlslage wäre, wenn er nicht freiwillig gegangen, sondern vertrieben worden wäre. Andererseits: Meine polnische Oma ging ganz und gar nicht freiwillig. Ihre ebenso verschleppte Schwester kehrte nach dem Krieg zurück nach Südpolen und kümmerte sich um die Schmiede und die Ländereien des Vaters. Wie, bitteschön, käme ich denn dazu, auch nur einen Kieselstein davon als meinen anzusehen?

Nahe liegend, dass ich mit Begriffen wie „Vaterland“ gleich doppelt Probleme habe. Ich habe ein Zuhause, ich bin Deutsche – aber was soll jetzt bitte mein Vaterland sein? Wörtlich genommen Spanien? Dort habe ich nie mehr als fünf Wochen am Stück verbracht, der letzte längere Festlandsaufenthalt ist sechs Jahre her. Oder ganz Deutschland? Um das behaupten zu können, sähe ich mich erst mal verpflichtet, mehr davon kennen zu lernen.

Sollte also Migration als Mittel gegen National-Chauvinismus empfohlen werden? Nicht so einfach, denn gleichzeitig profitiere ich von Menschen und Familien, die sich seit Generationen nicht aus ihrem Geburtsort wegbewegt haben. Nur sie kennen wirklich jeden Stein des Landstriches, wissen die Geschichte jedes Hauses, geben die Lebensgeschichten ihrer Vorfahren und Nachbarn weiter.

Habe ich mir vielleicht ein Recht auf Mitsprache verwirkt, weil ich keine Nachkommen haben werde? Und damit nicht beurteilen kann, wie Blutsbeziehungen sich auf die Einstellung zu Landbesitz auswirken?

August04


6.8.2004 1:06 PM CET
Kindergarten

Spiegel und Axel Springer machen gemeinsame Sache und kehren zur alten Rechtschreibung zurück. Die neuen Kampfgefährten nennen sie ab sofort "klassisch".

Die Vorspeisenplatte behält die dpa-Variante der neuen Rechtschreibung bei.

Nachtrag: TITANICK kehrt zurück zur ganz, ganz alten Rechtschreybung


5.8.2004 2:51 PM CET
Fotos

Ausführlich bei MAGNUM durch die Bilder von Henri Cartier-Bresson geklickt. Atemberaubend. Granta veröffentlicht immer wieder Strecken von MAGNUM-Fotografen, und jede ruft in mir die schmerzhafte Sehnsucht hervor, so fotographieren zu können. Ging mir bei Fotografen wie Helmut Newton nie so, obwohl ich seine Arbeit sehr mag.
Aber ich will sowas können, und sowas und sowas und sowas und sowas und sowas und sowas und sowas und sowas und sowas - Fotos machen, die Dutzende Geschichten erzählen, die so viel Information transportieren, dass ich selbst die Gerüche der Szenerie zu kennen glaube.

Neben dem mannigfaltigen Handwerk fehlt mir dazu die Selbstvergessenheit. Immer wenn ich eine Szene mit Menschen fotografieren möchte, bemerke ich mich selbst. Ich müsste mich sichtbar machen und in den Vordergrund schieben. Aus Verlegenheit unterdrücke ich dann den Wunsch.

Wie machen das Berufsfotografen? Heben sie einfach die lächelnd die Kamera: „Darf ich?“ Nein, die meisten Menschen auf Henri Cartier-Bressons Bilder sehen aus, als bemerkten sie gar nicht, dass sie fotografiert werden. Schaffen es die Profis, sich selbst so wenig wichtig zu nehmen, dass sie einfach nicht verlegen werden?


Nachtrag: Möglicherweise liegt’s an anderen Umständen.

Cartier-Bresson was fortunate to make his reputation at what might be called photography's decisive moment. The development before the war of the 35mm Leica camera freed photographers from the large-format cameras and tripods that had previously hampered their movement. He was able to take his camera on to the streets where, on the whole, he was welcomed.

This was photography's age of innocence. The camera was not yet seen as political. If I did now what he used to do, roving the streets taking pictures, I would be arrested. When he pointed the camera at people, they were willing to be photographed. Now they would want to know what you were taking it for and where it was going to be used. Taking photographs then was seen as positive.

(Eamonn McCabe im gestrigen Guardian, via elektrosmog)


5.8.2004 10:34 AM CET
You are: Jean-Luc Picard

Which Fantasy/SciFi Character Are You?

Which Fantasy/SciFi Character Are You?

An accomplished diplomat who can virtually do no wrong, you sometimes know it is best to rely on the council of others while holding the reins.
There are some words which I have known since I was a schoolboy. "With the first link, the chain is forged. The first speech censored, the first thought forbidden, the first freedom denied, chains us all irrevocably." These words were uttered by Judge Aaron Satie -- as a wisdom, and warning. The first time any man's freedom is trodden on, we're all damaged.

Oh ja! Aber leider ganz daneben.
(via Jens)


4.8.2004 9:02 AM CET
Blog-Regel

Bislang habe ich mich ja nicht eingemischt. Nachdem ich allerdings hier und hier schwere Kommentar-Unfälle beobachtet habe, stelle ich erstmals eine Blog-Regel auf:
Kommentiere nie in einem Blog, das du zum ersten Mal liest.


4.8.2004 8:36 AM CET
Und wenn ich groß bin...

... werde ich Lebenszyklusmanager.

(Fundort Mitarbeiterzeitschrift: "Dipl.-Ing. (FH) Peter Faltner (33) übernahm zum 1. April 2004 die Verantwortung für das Lebenszyklusmanagement im Produktbereich XY-Maschinen.")

Und jetzt lass ich meine Phantasie von der Leine, auf dass sie mir den ganzen Tag Bilder vom Alltag eines solchen Berufsstandes liefere.


3.8.2004 5:21 PM CET
Feminismus lateral

Der gestrige Independent schreibt über eine Folge der Benachteiligung von Frauen, auf die ich nie von selbst gekommen wäre:
The medical timebomb: 'too many women doctors'

Eine Professor Carol Black, Präsidentin des Royal College of Physicians („Britain's most influential royal medical college”) warnt darin: “The medical profession is in danger of losing its power and influence because too many women are scaling its ranks.”

Die Argumentation: Über 60 Prozent der jungen Mediziner sind bereits Frauen, bald wird es auch insgesamt mehr weibliche Ärzte geben als männliche. Jede Branche, die von Frauen dominiert wird, hat geringes gesellschaftiches Ansehen und damit geringen Einfluss. Das drohe dann auch der Medizin: "Years ago, teaching was a male dominated profession - and look what happened to teaching. I don't think they feel they are a powerful profession any more. Look at nursing, too."

Dabei betont Professor Black, die Kompetenz und die Fertigkeiten von Frauen würden keineswegs in Frage gestellt. Sie beobachte lediglich: "In Russia, medicine is an almost entirely female profession. They are paid less and they are almost ignored by government. They have lost influence as a body that had competency, skills and a professional ethic. They have become just another part of the workforce. It is a case of downgrading professionalism."

Hm, darüber muss ich erst mal nachdenken.


3.8.2004 2:56 PM CET
Granta und Film

granta86_film

Als im Juli die aktuelle Ausgabe Granta („A Paperback Magazine of New Writing”) eintraf, freute ich mich zunächst über das Thema: Film. Leider stellte sich dieses Heft als eines der schwächeren heraus. Das Tagebuch von John Fowles zur Verfilmung von The French Lieutenant’s Woman - ach, das hatte ich von John Irving besser (My Movie Business). Gaby Wood, die beschreibt, wie sie sich als Biografin von Lana Turner fühlt - Schauspieler-Leben haben doch eh kaum was mit der Kunstform Film zu tun. Schon interessanter: Thomas Keneally, der erzählt, wie ihn die Geschichte zu Schindler’s List gefunden hat („The Handbag Studio“, steht auch online). Oder Andrew O'Hagan, der die Hölle schildert, durch die er zwei Jahre lang als Filmkritiker gegangen ist.

Ein Essay aber hat mir so richtig gut gefallen, netterweise ist es online nachzulesen: Adam Mars-Jones, „Quiet, Please“. Er beginnt:

I miss silence in the movies. Not silent movies—the films so called were anything but, since they relied on live music from a piano pit or an orchestra to convey mood, momentum and sound effects. What I miss in films is silence, not only as a neutral medium, or even for its powers of contrast, but for the things from which music is debarred. There are things that only silence can express.
Music in films can be as carefully chosen from sequence to sequence as wines to match the courses of a banquet—or it can be sloshed about as casually as syrup or custard over institutional pudding. Film music can be stained glass or wallpaper. The classic directors in the past who are most associated with appreciating the power of music also had a complementary understanding of silence. Music best retains its power by being rationed.


2.8.2004 5:04 PM CET
Consenting adults

Montags mit einem Knutschfleck über dem linken Trapezmuskel in der Arbeit auftauchen. Von der 19-jährigen Praktikantin darob immer wieder seltsam angesehen werden. Sich bei jedem dieser Blicke daran erinnern, wie man am Vortag daheim einen nackten Mann gesehen hat, nur noch „JAMMMM!!!“ denken konnte, und es war der eigene. Schwanken zwischen den Gefühlen, unglaublich langweilig zu sein oder extrem beneidenswert.


1.8.2004 12:18 PM CET
Biologische Unterschiede

Der Popst (oder Pipst) hat also seine Einstellung zu Frauen klar gemacht.
Der Chef der Männer mit den lustigen Hüten kann ja auch gar nicht anders. Schließlich bezieht der klerikale Planet seine Weltsicht aus der Bibel, in der als größter Unterschied zwischen den Menschen das angeborene Geschlecht aufgeführt wird: Gott erschafft den Menschen als Mann und Frau (1 Moses 2, 21 ff). Und so heißt es auch in diesem Schreiben an die katholischen Bischöfe*: „Diese Überlegungen sind inspiriert von den Lehraussagen der biblischen Anthropologie.“
Damit ist der Popst (oder Pipst) lediglich konsequent. Ich empfehle die Lektüre des Original-Schreibens, der Text ist innerhalb des katholischen Systems sauber argumentiert.

Erstaunlich finde ich allerdings, wie viele Nichtgläubige sich dieser alttestamentarischen Sicht anschließen. Deshalb verfolge ich den erstarkenden Biologismus der letzten 15 Jahre mit Sorge. Die Erforschung biologischer Faktoren und Prozesse finde ich ja höchst interessant; Sorgen bereiten mir die Schlüsse, die daraus gezogen werden.

Wird Rassismusgegnern vorgeworfen, sie leugneten die Unterschiede zwischen Menschen? Bestreiten sie, dass es hellhäutige und dunkelhäutige Menschen gibt? Nein, denn sie fordern lediglich, dass aus diesen Unterschieden keine Gebote, Verbote oder eine Hierarchie der angeborenen Eigenschaften abgeleitet werden. Der radikale Feminismus argumentiert genauso.

Es ist rassistisch, aus dunkler Hautfarbe zu folgern, sie prädestiniere für physische Arbeit unter freiem Himmel. Es ist meiner Meinung nach geschlechterrassistisch, aus dem Vorhandensein einer Gebärmutter zu folgern, sie verpflichte zur alleinigen Versorgung von Nachkommen. Der neue Biologismus arbeitet sogar subtiler: Er leitet aus Stoffwechsel-Vorgängen geschlechtsspezifische Verhaltensmuster ab. Abweichungen von diesem Muster sind dann unweiblich oder unmännlich. Bestseller wie Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus stellen den Menschen als völlig biologisch determiniert dar. Ich wundere mich, dass es die menschliche Art unter diesen Voraussetzungen überhaupt jemals aus den Höhlen rausgeschafft hat.

Der Haken: Eine streng wissenschaftliche Untersuchung der Verteilung von angeborenen Eigenschaften und gesellschaftlicher Prägung ist indiskutabel und unmöglich. Selbst unmenschliche Kaspar-Hauser-Experimente fänden nicht in gesellschaftsfreiem Raum statt.

Die Basis für die Argumentation zum Geschlechterverhältnis wird also weiterhin vor allem Ideologie sein.


*Nebenbei: Die ohnehin schwer zu vermittelnde Unfehlbarkeit des Papstes gilt nur für Dogmen, nicht für diese Art vom Publikationen.


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