Berlin im Frühling – erster Tag re:publica 2013

Dienstag, 7. Mai 2013 um 21:19

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Fast hätte ich ausgerechnet diesmal vergessen, ein Foto von mir normalem Menschen in Oberbekleidung zu veröffentlichen – wo ich doch gerade an diesem Tag möglichst schnell erkannt werden wollte (weil es mir ersparte, die Mengen selbst nach Bekannten und Freundinnen zu scannen). Schnell auf dem Kellerklo der Station nachgeholt.

Erst mal holte ich mir Informationen über den Stand von Open Government in Deutschland.

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Laut Lorenz Matzat und dem Blogger Fukami steht es damit noch schlechter, als ich ohnehin schon dachte. Während ihre Prämisse ist (die auch ich befürworte), dass Daten, die der Staat mit Steuergeldern erhebt, allen Bürgern zur Verfügung stehen sollten, ist es gerade mal das Statistische Bundesamt (destatis mon amour), das das wirklich tut. Weder gibt es eine Ämter- und Länder-einheitliche Definition von Daten noch eine Verpflichtung, diese zu veröffentlichen. Und was veröffentlicht wird, ist meist die Interpretation von Daten, sind nicht die Daten selbst. Die Referenten äußerten die Vermutung, dass damit das Geschäft nicht-staatlicher Rechercheinstitute geschützt wird.

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Deanna Zandt sprach über “Ecstasy and Despair: How Powerful Emotions Trigger Digital Activism”. Sie beschwerte sich, wie sehr das Berater-Bullshit-Bingo inzwischen den Begriff storytelling kaputt gemacht hat, um dann an Beispielen aus der jüngeren Vergangenheit (z.B. #aufschrei) zu zeigen, welche weitreichenden Auswirkungen persönliche Erzählungen auf politische und gesellschaftliche Veränderungen haben: “Stories are the glue that hold together the data in our brains.” Eine weitere ihrer Beobachtungen: Wenn Frauen sich mit persönlichen Geschichten ins Zeug werfen, sollten sie vorher stabile Freundinnennetze haben, die sie in den fast unausweichlich folgenden Anfeindungen und Attacken schützen. Klarer, durchstrukturierter und sympathischer Vortrag.

Deanna hat ihren Vortrag inklusive Transkript hier online gestellt.

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Laurie Penny sprach über Cybersexism. Erst sehr nervös, dann immer freier, mitreißender und leidenschaftlicher bis zu einem stürmischen abschließenden Rap hielt sie ihr Plädoyer für ein Internet, in dem Frauen sich genauso frei äußern können wie Männer, ohne sich nahezu automatisch Beleidigungen und Angriffen auszusetzen. Denn: Nein, es sei keine Option für Frauen, sich dann halt aus den gefährlichen Ecken des Internets fern zu halten und sich eben in den sicheren Ecken mit Blümchen, Bildchen und Bademode zurückzuziehen – das gleiche doch arg den Aufforderungen an Mädchen in früheren Zeiten, lieber daheim zu bleiben und zu nähen. Und es gehe auch nicht darum, einen safe space für Frauen im Internet zu schaffen, sondern zu respektieren, dass das gesamte Internet ein Raum für alle ist. Und: “If your tech conference is 90 % dudes, your tech conference is rubbish.”

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http://youtu.be/ELw3PQOSgd0

Nachtrag: Hier die Aufzeichnung von Lauries Vortrag.

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https://youtube.com/watch?v=doPGYWNT-3s

Vor Kathrin Passigs Vortrag zu “Mass Customization: Da geht noch mehr” erwischte ich noch zehn Minuten des Vorredners Horst Zuse (genau, Sohn von). Er muss dem Publikum durch seine Ausführung sehr sympathisch geworden sein: Als die Moderatorin nach dem Verhältnis seines Vaters zu Alan Turing fragte, meine er, na ja, der Name werde dem Publikum hier nichts sagen – ohne dass ich auch nur ein einziges Murren hörte.

Kathrin sprach amüsant und untermalt von zeilenlangen echt technischen Formeln über ihr Projekt Zufallsshirt, wo Mass Customization gerade steht, was man verbessern könnte und warum sie selbst diese Ratschläge nicht befolgt.

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In eine ganz fremde Welt tauchte ich mit Johnny Häuslers Panel “YouTube macht die Stars von morgen” ein. Dass Die Jungen Leute (TM) heutzutage am ehesten bei YouTube anzutreffen sind, wusste ich zwar theoretisch, aber jetzt habe ich einige besonders erfolgreiche von ihnen auch davon erzählen hören. Simon W. bezauberte das Publikum, indem er erzählte, wie er den Zusammenschnitt für diesen Auftritt auf seinen Kanal gestellt habe, und trotz seiner Erklärung, der sei “für Erwachsene” so viele Dislikes wie noch nie kassiert habe. Auch bei Amy Herzstark werde ich künftig vorbeischauen, sicher auch die poppigen Nachrichten-Kommentare von LeFoid abonnieren.

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Elisabeth Rank trug ihre Gedanken und Fragen zu “Bis dass der Tod uns scheidet – Soziale Medien und der Umgang mit dem Sterben” zusammen – mehr allerdings auch nicht. In Erinnerung wird mir der Vortrag bleiben, weil ich danach zum ersten Mal mündlichen Kommentarspam erlebte: Eine Frau meldete sich zu Wort, machte sich durch routinierte Sprechweise und beruhigenden Tonfall verdächtig und warb dann für eine anstehende Messe zum Thema sowie für zwei Unternehmen, die Dienstleistungen dazu anbieten.

Jesus_Shirt

In der Abendschiene spielte ich selbst ein bisschen mit. Für das “Heilige Abendmahl” waren Jesusse gesucht – und ich konnte mit dem genau passenden T-Shirt punkten. So plauderte ich ein wenig mit zum Thema Twitterhistorie und -phänomenlogie.

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die Kaltmamsell

1 Kommentar zu „Berlin im Frühling – erster Tag re:publica 2013“

  1. Uschi meint:

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    Gerne gelesen

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