Journal Samstag, 11. Mai 2024 – Wahlhilfegeschult in neuer Rolle

Sonntag, 12. Mai 2024 um 7:41

Früh aufgewacht, aber erfrischt, und überhaupt kam mir das sehr entgegen.

Unter anderem kam ich so kurz nach neun los auf meine Laufrunde durch einen herrlichen Frühlingstag, wundervolle klare Luft, mit leichten Beinen. Ich nahm dieselbe Runde wie schon am Donnerstag: Alter Südfriedhof, Westermühlbach, Flaucher, Maria Einsiedel und zurück.

Spielplatz in einem Park mit alten Bäumen, kleinsieht man darin zwei Kinder und eine Erwachsene

Der Nußbaumpark wurde bereits bespielt.

Park-ähnlicher Friedhof im Sonnenschein mit wenigen alten Grabsteinen

Kleineres viereckiges Graffiti an Brückenpfelier, darauf eine Kloschüssel und die Wörter "Dead" und "shit"

Unter der Braunauer Eisenbahnbrücke.

Blick durch Bäume auf sonnenbeschienenen Fluss

Blick auf FLusslandschaft unter einer Eisenbahnbrücke durch, die mit Graffiti bemalt ist, dahinter am Horizont zwei Türme eine Kirche

Ich bog auf dem Rückweg wieder zum Bäcker ab und stellte fest, dass das Glockenbachviertel wuselte: Tag der Hofflohmärkte, das Angebot bordete über und wurde rege angenommen.

Frühstück schon um zwölf: Apfel, Körnersemmel. Die frühe Uhrzeit war meinem Nachmittagstermin geschuldet: Wahlhilfeschulung für die Europawahl am 6. Juni, ich absolvierte zum ersten Mal die Schulung zur Wahlvorsteherin (werde als stellvertretende solche fungieren). Nachdem mich der letzte Einsatz bei der Landtagswahl sehr gestresst hatte, wollte ich mir das ja eigentlich nicht mehr antun. Doch Europawahl ist wirklich die einfachste Wahlhilfe (mit der war ich seinerzeit auch eingestiegen), das ging nochmal.

Die Schulung fand im Gebäudekomplex des KVR statt, ich mäanderte durch den wundervollen Frühlingstag im Schlachthofviertel hin.

In einem Seminarraum Blick auf Leinwand, auf der steht "Herzlich willkommen zur Schulung für Vorstehende im Wahlraum"

Blick aus einem modernen verglasten Treppenaus auf eine alte Häuserzeile

Die Schulung war spannend (auch wenn ich gerne nochmal Schriftführung übernommen hätte: es gibt neue Wahlkoffer, neue Software), ich lernte einiges auf vielen Ebenen, auch auf der menschlichen. Und ich erfuhr, dass die Landtagswahlhilfe vergangenes Jahr nicht nur mich besonders anstrengend war, aus denselben Gründen.

Auf dem Rückweg schlenderte ich und nahm mir die Zeit für Fotos.

Altmodische Ladenfront in Altbau, darüber ates Schild "Obst Lebensmittel Gemüse", davor steht ein Hollandrad

Altmodische Ladenfront in Altbau mit altem Schild "Waschmittel", rechts neben Laden ein roter Kaugummiautomat

Moderne Kirchentür in schlichter Mauer, Schrift "St. Andreas"

Blick in sonnige Stadtstraßenkreuzung mit Radler und weißem Auto, ganz im Hintergrund einer Straße sieht man die Bavaria

Im Nußbaumpark begegnete ich mehr als einer Sorte… ähm… Hörnchen in Bäumen.

Baumstamm mit Eichhörnchen

Baumkuhle mit Ratte

Das untere war nur eines einer Dreier-Gruppe.

Daheim gleich mal Brotteig geknetet – da der Buttermilchbecher nicht mehr voll war, ergänzte ich mehr Wasser.

Während der Brotteig sein Ding machte, also Gehen, setzte ich mich auf den genau richtig temperierten Balkon. Auf dem Weg zur Schulung hatte ich am Volkstheater Werbung für die aktuelle Inszenierung von Dürrenmatts Besuch der alten Dame gesehen – Check ergab einen sehr spannenden Ansatz. Da Herr Kaltmamsell sich in letzter Zeit etwas offener für Theaterbesuche zeigte, fragte ich ihn, ob er mich begleiten würde – und kaufte uns dann gleich zwei Tickets (die allerletzten für die Vorstellung, läuft für’s Volkstheater, was?).

Und weil mich die Empanada so gefreut hatte, schrieb ich das Rezept auf meine Rezeptseite.

Fürs Nachtmahl sorgte Herr Kaltmamsell: Es gab persisches Rhabarberlamm, Rhabarber aus Ernteanteil.

Gedeckter Tisch mit weißem, gefüllte Teller - Reis und Ragout, darüber große Pfanne mit Ragout, kleiner Topf mit Reis

Rhabarber, Lamm und Minze passten gut zusammen, insgesamt ist das aber nicht mein Lieblingsgeschmack. Nachtisch Schokolade.

Das Brot gelang gut:

Aufsicht auf einen schwarzen, eisernen Topf, darin ein beim Backen aufgerissener Brotlaib

Im Fernsehen stolperte ich in den Disney-Trickfilm Vaiana (englischer Originaltitel Moana. Why.). Er gefiel mir so gut, dass ich den Rechner zuklappte und ihn mit ganzer Aufmerksamkeit ansah: Ein pures Märchen mit einigen wunderschönen Ideen – allein die erzählenden Tatöwierungen! Und was die Animation mit dem Protagonisten Wasser gemacht hat, ist atemberaubend.

§

Margaret Atwood ist einem Alter (84), das mich sofort besorgt macht, wenn ich länger nichts von ihr höre. Zu meiner Beruhigung stellt sie sich in dem Interview mit Lisa Allardice im Guardian als quicklebendig heraus:
“‘I can say things other people are afraid to’: Margaret Atwood on censorship, literary feuds and Trump”.

“I’m a kind of walking opinion poll,” she says. “I can tell by the questions that people ask me what’s on their minds. What is the thing they’re obsessing about at the moment.” The backwards turn of women’s rights, with the ruling just this month that the 1864 total ban on abortion be enforced in Arizona, for example, is high on the list. But as always she is careful to stress that there is no one answer to questions about the future for women. “I have to ask which women? How old? What country? There are many different variations of women.”

§

In der vergangenen Zeit berichten Medien immer wieder über “Trends”, von denen ich vorher nichts wusste – und verstehen darunter Themen, die besonders viel durch Social Media gereicht werden. Fachmann Jens Scholz erklärt den Denkfehler des Mechanismus’ in einem Mastodon-Thread.

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 10. Mai 2024 – St. Brück mit Schwimmen, Balkon, Pediküre

Samstag, 11. Mai 2024 um 7:31

Gut geschlafen, wäre auch über Weckerklingeln um sechs so gewesen, doch ich wollte ja gerne Herrn Kaltmamsell Milchkaffee machen.

Hell wurde es zu einem sonnigen Tag, das freute mich. Für meine geplante Schwimmrunde konnte ich dennoch nicht ins Dantebad, das wird noch bis nächsten Dienstag überholt.

Ich kam recht früh los, ließ mich aber leider durch das Hoppeln von roter Ampel zu roter Ampel auf der Schleißheimer Straße nerven, auch durch Leute, die zu zweit ratschend nebeneinander radelten und Überholen ohne Lebensgefahr unmöglich machten.

ABER! Die Bahnen im Olympiabad waren eher leer, das Schwimmen lief leicht und nahezu schmerzfrei (ein bisschen Schulter und Kreuz ist immer).

Auf dem Heimweg machte ich einen Umweg für Einkäufe auf der Schwanthalerhöhe. Sherry-Essig scheint ganz aus der Mode gekommen zu sein: Die drei (!) Regale mit Essig im dortigen Edeka waren zur Hälfte von schier unendlichen Varianten Aceto balsamico und “Condimento” belegt – aber kein Sherry-Essig.

Bei Ankunft zu Hause packte ich Einkäufe aus – und war erstmal beschäftigt: Ein Becher Buttermilch war zur Hälfte ausgelaufen (ins Badetuch, mir ist ein komplettes Rätsel, wie er sich daran hatte aufpieksen können).

Es war mild genug für Aufenthalt draußen geworden, ich befreite den Balkon mit dem Staubsauger von den gröbsten Spuren der Unwetter an den Tagen zuvor.

An sich hatte ich für den Nachmittag vor meinem Pediküre-Termin noch einen Museumsbesuch unterbringen wollen, entschied mich dann aber gegen potenzielle Hetzerei und für Gammeln. Frühstück um halb zwei: Apfel, Empanada vom Vorabend – der Teig ist wirklich super, schmeckt auch am nächsten Tag noch und ist saftig.

Blick über eine Balkonmauer hinweg, im Vordergrund ein Stück Zeitung auf Tisch, auf dem Balkon grüne Pflanzen, im Hintergrund die Wipfel von sonnenbeschienenen Bäumen.

Ausführliche Zeitungslektüre statt Kunstfoyer der Versicherungskammer (was ich aber hoffentlich noch nachhole).

Irgendwann kam Herr Kaltmamsell aus der Arbeit, erzählte ein wenig, ging an seinen Schreibtisch zum Weiterarbeiten. Ich wiederum spazierte ins Westend zu meiner Kosmetikerin und ließ mir endlich mal wieder die Füße richtig schön machen. Es war mild genug für Jackenlosigkeit – und Sandalen, damit der frische Lack auf den Fußnägeln auf dem Rückweg keinen Schaden nahm. Ich hatte meinen glitzernden Disco-Lack dabei, weil der einfach so viel länger hält als konventionelle Farblacke (und weil er Spaß macht).

Zurück daheim turnte ich eine Runde Yoga-Gymnastik mit viel Dehnung für den durchschwommenen Oberkörper.

Aufs Wochenende wollten wir mit Maibowle anstoßen, seit dem Besuch bei meinen Eltern am Donnerstag hatte ein Sträußchen Waldmeister vor sich in gewelkt. Erst nach gut 24 Stunden hatte er leisen Waldmeisterduft abgesondert – der Waldmeister aus dem Töpferl, den wir in den vergangenen Jahren mehrfach besorgt hatten, war da deutlich schneller und intensiver gewesen.

Herr Kaltmamsell hatte das Sträußchen für anderthalb Stunden in trockenen Weißwein gesteckt, jetzt kam es raus, der Weißwein wurde mit Pizzolato Moscato Spumante Dolce aufgegossen.

Zwei lächelnde Gesichter prosten mit Sektschalen in die Kamera, im Hintergrund sonnige Bäume

Im Alkohol schmeckte man den Waldmeister dann aber deutlich.

Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell die Radieserln aus Ernteanteil verarbeitet. Weil sie mir roh inzwischen nicht mehr bekommen (wie nach dem Essen von Radi muss ich anschließend aufs Unangenehmste Rülpsen und nein, Einsalzen hilft nicht), hatte er Radieschensuppe gekocht.

Gedeckter Tisch, im Vordergrund ein weißer Suppenteller mit einer hellrose Suppe, dahinter eine Glasschüssel mit grünem Salat.

Schmeckte ok, Suppe mit Sauerrahm immer gut. Den restlichen Ernteanteil-Salat hatte ich mit Zitronensaft-Dressing angemacht, dazu gab es je ein weiteres Stück Empanada vom Vorabend. Nachtisch ein wenig Erdbeeren, viel Schokolade.

Herr Kaltmamsell guckte die Promi-Tanzshow auf RTL, ich ließ mich statt davon lieber von Didier Eribons Ausführungen über alte Menschen deprimieren, die am Ende ihres Lebens durch Übersiedlung in ein Pflegeheim endgültig gebrochen werden.

die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 9. Mai 2024 – Christi Himmelfahrt mit Empanada-Erfolg

Freitag, 10. Mai 2024 um 7:12

Gut geschlafen, einmal von einem einparkenden alten Dieselauto geweckt worden. Draußen waren die Straßen noch nass, doch der Regen hatte aufgehört.

Abends wollte ich Thunfisch-Empanada machen, noch ein Versuch, diesmal mit diesem Teig aus den Kommenteren. Da ich wahrscheinlich nicht rechtzeitig für Start am Nachmittag daheim sein würde, knetete ich den Teig morgens (Hefe mit etwas Zucker und Wasser einzeln anspringen lassen) und stellte ihn zum Gehen in den Kühlschrank. Ich brauchte schonmal deutlich mehr Wasser als im Rezept angegeben, um zu einer überhaupt knetbaren Konsistenz zu kommen.

Kurz nach Mittag wollte ich zu meinen Eltern nach Ingolstadt fahren, also machte ich mich schon kurz nach neun fertig zu einem Isarlauf; dieser nicht ganz so lang wie sonst, damit ich am Samstag für einen weiteren fit bin.

Es war kühl, also kehrte ich zurück zu langen Laufhosen. Ich lief direkt ab Haustür über den Alten Südfriedhof nach Thalkirchen. Fitness ok, aber das ganz große Vergnügen stellte sich nicht ein.

Parkrand mit blühenden Bäumen, im Hintergrund Straße

Die Robinien blühten, waren aber noch zu regennass für Duft.

Park-artiger Friedhof mit wenigen alten Grabsteinen zwischen hohem Gras und Bäumen

Ausgang eines Fußgängertunnels, aus dem man in eine Grünanlage sieht

Auf einem langen, breiten Fußgänger-Holzsteg mit verschiedenfarbigen Planken, der vor der Fotografin liegt und in Bäume führt

Grüne Flussaue mit Pfaden, blühenden Büschen, rechts der Fluss

Flusslandschaft mit Pfaden, darauf von hinten eine Gruppe Männer in Funktionskleidung, Kappen und Rucksäcken mit zwei Bollerwagen, jeder hate eine Bierflasche in der Hand

Überraschende Begegnung: Bollerwagenmännergruppe mit Bierflaschen in der Hand, noch in der stummen Phase, es ertönte das Gewummer von Oktoberfestmusik aus einem Lautsprecher. (In Bayern eigentlich unüblich.)

Blick auf FLusslandschaft unter einer Eisenbahnbrücke durch, die mit Graffiti bemalt ist, dahinter am Horizont zwei Türme eine Kirche

Blick von Brücke auf Fluss mit trübem Wasser, links am Ufer Bäume, im Hintergrund Türme

Blick von der Wittelsbacherbrücke Richtung Deutsches Museum, man sah der Isar die Regenfälle der Vortage an.

Auf dem Rückweg Semmelkauf. Dabei kämpfte ich mit der Bezahl-App auf meinem Handy, die plötzlich eine PIN haben wollte (zum Glück nach Semmelzahlen), von der ich nichts wusste, dann eine Zwei-Wege-Identifikation, auf die ich mich einließ, doch die angeblich abgeschickte TAN (an die korrekte Handy-Nummer) kam bei mehreren Versuchen in einer Stunde nicht an. Ich gab auf und werde halt vorerst wieder die Maestro-Karte zum Zahlen mitnehmen.

Zum Frühstück schon um zwölf gab es Apfel, zwei weiche Eier, eine Breze – leider hatte die Bäckerei gerade keinerlei Körndlsemmeln gehabt.

Mit einer Regionalbahn fuhr ich nach Ingolstadt (Storchsichtung am Himmel bei Baar-Ebenhausen): Ich brachte meiner Mutter ausgemusterte Sommerkleidung, im Gegenzug wollte ich von dem reichlichen Waldmeister im elterlichen Garten mitnehmen.

Hopfengarten in sonniger Landschaft

Unterwegs Hopfencheck in der Holledau: Er rankt bereits die Drähte hinauf.

Hopfengarten von näher

Das Wetter wurde auf der Fahrt nach Norden immer schöner und sonniger. Beim meinen Eltern ließ es sich im schattigen Garten frierfrei sitzen.

Während meine Mutter meine Sommerkleidung durchprobierte, zu unserer beider Freude passten einige Kleider, die ihr auch gefielen, testete ich das zweiteilige Kleid, dass sie mir 1984 für meinen Abschlussball genäht hatte: Ein Kandidat für die Jahrhunderthochzeit im August. Es ließ sich sogar schließen, saß allerdings ausgesprochen prall. Ich bin halt wirklich keine 16 mehr – und unter anderem einige Zentimeter größer.

Nahaufnahme winziger Früchte an einem Baum, im Hintergrund die Terrasse eines Reihenhauses

Der vor zwei Jahren gepflanzte Mirabellenbaum trägt bereits Früchte.

Plaudern mit Mutter im Garten, Besichtigung der Ländereien mit Vater – der Zwetschgenbaum mit den köstlichsten Zwetschgen der Welt sieht leider sehr ungesund aus. Schon nach zwei Stunden spazierte ich zurück zum Bahnhof. Diesmal dauerte die Fahrt deutlich länger als geplant, “Grund dafür sind unbefugte Personen auf der Strecke”, was mir durchaus Gewaltfantasien bereitet.

In München war es immer noch deutlich kühler als in Ingolstadt. Dass das Wetter sich in diesen nur 80 Kilometer voneinander entfernten Städten oft deutlich unterscheidet, ist immer wieder spannend, sie gehören zu verschiedenen Wetterzonen: München ist Alpenrand, Ingolstadt Donaugebiet.

Daheim machte ich mich an die Empanada. Die Füllung aus der Lameng: Ernteanteil-Zwiebeln und Knoblauch in reichlich Olivenöl weich gegart, dazu ein wenig eingelegte geröstete Paprika (waren übrig), gewürzt mit Pimentón de la vera (süß und scharf) und Safran, dazu kamen Dosenthunfisch und Ernteanteil-Spinat (vorgegart und kleingeschnitten).

Der Hefeteig war eine Stunde vorher aus dem Kühlschrank gekommen, war darin schön aufs Doppelte aufgegangen und ließ sich gut handhaben (klebte nicht, war nur mittelmühsam auszurollen).

Zu meiner großen Erleichterung bekamen wir ein sehr gutes Abendessen, und ich habe nach all den Fehlversuchen wieder ein brauchbares Empanada-Rezept (ich weiß einfach nicht mehr, wie ich sie zu Studienzeiten immer wieder mühelos hinkriegte). Jetzt kann ich bei der Füllung nach Herzenslust variieren, Konstante ist eigentlich nur Pimentón de la vera. Nachtisch Schokolade.

Ins Bett mit Freude auf den freien Brückentag.

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Mit großem Unwohlsein beobachte ich, wie die Einschätzung des aktuellen Nahost-Koflikts auch in informierten und reflektierten Kreisen immer parteiischer wird, in die eine oder andere Richtung. In manchen Social-Media-Accounts sah ich in den vergangenen Wochen live immer engere Filter für Informationen, immer krassere Scharz-Weiß-Zeichnung, bis mich wütende sprachliche Entgleisungen zum Stummschalten brachten.

Avner Ofrath versucht sich in Merkur an einer besonnenen Einordnung und Analyse:
“Anatomie der Gewalt”.

Noch nie in der Geschichte des Israel/Palästina-Konflikts wurden Menschenleben so gleichgültig, so rücksichtslos behandelt wie in den letzten Monaten.

§

Kurze Erinnerung, dass die Forschung zu Transsexualität keine aktuelle Erfindung ist und 1933 erstmal duch Nazis unterbrochen wurde: Am 6. Mai jährte sich die Nazi-Razzia im Institut für Sexualwissenschaft in Berlin, inklusive Vernichtung der Bibliothek:
“Nazis raid Sexology Institute”.

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Das British Museum nutzt auf instagram die Met Gala für einen Abgleich
“Who wore it better: A-listers versus art history!”

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 8. Mai 2024 – Drei Arbeitstage in einem

Donnerstag, 9. Mai 2024 um 7:47

Endlich wieder ein gute Nacht, diesmal wachte ich kurz vorm Weckerklingeln erfrischt auf.

Draußen kühle, regnerische Trübe, ich marschierte unterm Schirm in friedlichem Landregen in die Arbeit. Ankunft mit nur zu einem Drittel nassen Turnschuhen, Papiertücher saugten das meiste auf.

In den Büros um mich herum Return of the Rollkragenpulli, bei mir lediglich Winterkleid und dicke Strumpfhose.

Noch bevor ich mit meiner ersten Kanne Tee durch war, brach an meinem Schreibtisch die Hölle los. Massiver Kanonenquerschuss (in meiner internen Branche praktisch nie wegen mangelnder Planung um mich rum, sondern definitorisch), fast gleichzeitig viele, viele andere Querschüsse, alle voneinander unabhängig und mit Menschen. Es kostete mich einige Konzentration, nicht schrill und überschlagend zu werden, sondern freundlich und ruhig zu bleiben, mich mit Fingerschnipsen erst dem einen Sachverhalt zuzuwenden, dann dem anderen, während per Telefon ein drittes und viertes Anliegen an mich herangetragen wurde.

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https://youtu.be/MDgH_Z8438w?si=nKFxswbrADXdJLLd&t=34

Bisschen so: Hintergrundtänzer wahre Stimmung, Vordergrund mein äußeres Ziel.

Als ich wieder dazu kam, mich an meinen Namen zu erinnern, war es kurz vor fünf. Ich hatte wohl dazwischen irgendwann meine Brotzeit gelöffelt (Mango mit Sojajoghurt), denn das Glas steckte leer in meiner Arbeitstasche und mir war nicht vor Hunger schwindlig.

Jetzt war ich aber wirklich alle – und empfand einen ausgesprochen seltenen Anflug von Stolz, weil ich neben all dem Ungeplanten auch die Jobs auf meiner Liste für gestern erledigt hatte.

Der Regen hatte kontinuierlich durchgehalten, ich ging wieder unterm Schirm nach Hause, jetzt in Sprühregen. Ein paar Dinge waren noch einzukaufen, das machte ich im Vollcorner. Ich war fürs Abendessen zuständig, nahm mir dennoch die Zeit für Blumengießen, Maniküre (gna), eine Einheit australisches Pilates.

Mit einer Viertelstunde Verspätung zum täglich angepeilten halb acht servierte ich Salat aus Ernteanteil (wegen Christi Himmelfahrt schon am Mittwoch ausgeliefert) mit gebratenem grünem Spargel, das Dressing aus der Marinade eingelegter Kartoffelkombinat-Zucchini und Sonnenblumenöl.

Weiße Salatschüssel von oben, darin grüner Blattsalat und grüner Spargel in Stücken

Der Geschmack erwies sich als überraschen rund, unter anderem machten sich die aromatischen und knusprigen Korianderkörndln aus der Marinade hervorragend. Und der Salat sättigte so gut, dass wir den bereitgestellten Käse ungegessen zurück in den Kühlschrank stellten.

Nachtisch Erdbeeren, die erste heimische Bio-Waren, auch sehr gut. Danach noch Schokolade.

Im Bett las ich Didier Eribons Buch über seine Mutter – ich hatte schon wieder zu Literatur über den letzten Lebensabschnitt des Menschen gegriffen, das scheint das Leitmotiv dieses Jahr zu sein. Er zitiert “Mors certa, hora incerta” – und schon habe ich meinen Lateinlehrer Graßl im Ohr, wie er die Bildungsdad-Joke-Übersetzung trompetet: “Die Uhr geht todsicher falsch!” Gefolgt von Prusten.

die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 7. Mai 2024 – Nele Pollatschek, Dear Oxbridge: Liebesbrief an England

Mittwoch, 8. Mai 2024 um 6:27

Nachtschlaf in Etappen, nach halb fünf schlief ich nicht mehr richtig ein.

Draußen hatte sich die Trübe des Vorabends gehalten, es war kühl.

Begrünter Platz, im Vordergrund ein Haufen ausgerissener Pflanzen, im Hintergrund ein Reiterdenkmal

Schichtwechsel in den Blumenrabatten des Kaiser-Ludwig-Platzes.

Wieder ein sehr emsiger Vormittag. Doch auch im Trüben zog es mich mittags hinaus auf einen Cappuccino im Westend. Große Freude: Mauersegler am Himmel auch hier.

Das Mittagessen wurde wegen Querschläger wieder spät:

Selbst gefärbtes Osterei von der griechisch-orthodoxen Kollegin, eingeweichtes Muesli mit Joghurt.

Arbeitsreicher Nachmittag, der Feierabend wegen eines kurzfristigen Anliegens wieder später. Aber langsam halte ich es für möglich, dass mein System sich in absehbarer Zeit an die neuen Büroumstände gewöhnt und ich nicht mehr 24/7 an die Arbeit denken muss.

Der Tag war düster und kühl geblieben, ich mochte meinen Fußmarsch nach Hause dennoch. Beim Vollcorner holte ich die Einkäufe vom Montag nach.

Daheim eine Einheit Pilates “Move with Nicole” für Anfänger, nochmal die erste Folge, die mir dieses Mal einfacher fiel und richtig gut tat.

Brotzeitvorbereitung, als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell gefüllte Kartoffeltaschen (Kombination aus mehreren Rezepten, Füllung aus Salsicce und Frühlingszwiebeln) mit Sauerrahm.

Eine flache Kartoffeltasche, aufgeschnitten, auf Glasteller

Schmeckte sehr gut. Nachtisch Schokolade.

Sehr früh ins Bett zum Lesen, ich war gespannt auf meine nächste Lektüre (die Vormerkung in der Stadtbibliothek war wieder punktgenau eingetroffen): Didier Eribon, Sonja Finck (Übers.), Eine Arbeiterin.

§

Bereits Montagabend hatte ich Nele Pollatschek, Dear Oxbridge: Liebesbrief an England ausgelesen. Das Sachbuch erschien 2020, und Nele Pollatschek berichtet darin von ihrer eigenen Studienzeit in Oxford und Cambridge, wie sie sich da hingekämpft hat, und was sie daraus über Großbritannien lernte. Das fand ich spannend, interessant und gut geschrieben, und selbst wenn ich einigen ihrer Argumente nicht folge (zum Beispiel ihrer Begründung, warum sie immer im männlichen Genus von sich schreibt, Schriftsteller, Student – das hatte sie auch mal in einem SZ-Artikel erläutert), mochte ich sie gerne lesen. Die britische Art der Gedankendarlegung und Argumentation ist sehr wahrscheinlich ohnehin, warum ich Pollatscheks Texte immer schon gern las. Wie sie das System Oxbridge als Schlüssel für die Analyse der britischen Gesellschaft verwendet und daraus die Schwierigkeit ableitet, die inhärente Ungerechtigkeit zu bekämpfen, fand ich nachvollziehbar.

Und viele ihrer Studienerlebnisse hatte ich auch gehabt, wenn auch an der im Vergleich unendlich popligeren Swansea University in Wales: Zum Beispiel set text courses, die aus einer Hand voll Studierender plus Dozent bestanden und für die wir jede Woche einen Roman lasen – der im Kurs 18th-century British novels auch mal über 1000 Seiten haben konnte (siehe Camilla von Fanny Burney). DAS FAND ICH SO SUPER! Endlich wurde in Literaturwissenschaft auch mal so richtig gelesen, deshalb studierte ich das doch, um endlich hemmungslos und ohne Entschuldigung lesen zu können! Vorher in Augsburg waren in Seminaren drei übersichtliche Romane pro Semester das Höchstmaß gewesen. Allerdings musste ich, anders als Pollatschek in Cambridge, nicht über jeden dieser Romane pro Woche zusätzlich einen Aufsatz schreiben. Das hätte meinen Spaß möglicherweise getrübt.

Worüber ich stolperte: Pollatschek berichtet, Studiengebühren seien in Großbritannien erst 1998 eingeführt worden. Das bestätigt die Website studying-in-uk.org. Mich überraschte das, denn schon meine einheimischen Kommilitoninnen in Swansea (working class) hatten 1991/92 Kredite für ihr Studium aufgenommen, erzählten von regelmäßigen Terminen mit ihrem Bankberater, schlossen ihr Studium mit einem Berg Schulden ab – ich war deshalb immer von Studiengebühren ausgegangen, doch offensichtlich hatten sie schlicht für ihren Lebensunterhalt während des Studiums Kredite aufgenommen, die sie mit ihrem späteren Gehalt abstotterten.

§

Gabriel Yoran erzählt bei Krautreporter:
“Wie ich versuchte, mich vom Konsum freizukaufen”.

Waschmaschinen aus den 1970ern funktionieren klaglos 30 Jahre lang, bei den Nachfolgegeräten aber gibt nach zehn Jahren die Pumpe auf. Die neuen Maschinen sind leiser und sehen eher nach Unterhaltungselektronik als nach Militärtechnik aus, vor allem aber verbrauchen sie viel weniger Strom und Wasser, was für ihre Nachhaltigkeitsbilanz spricht. Dafür gehen sie oft früher kaputt. Das ergab eine Langzeitstudie des Umweltbundesamtes. Der Anteil der untersuchten Elektrogeräte, die schon in den ersten fünf Jahren kaputtgehen, hat sich zwischen den Jahren 2004 und 2012 mehr als verdoppelt (von 3,5 auf 8,3 Prozent). Und während viele Geräte in der Benutzung immer sparsamer werden, sieht die Studie praktisch keine Fortschritte bei der trivialsten Nachhaltigkeitsmaßnahme: der schieren Lebensdauer eines Produkts. Die nimmt nämlich nicht zu.

Wir erleben eine merkwürdige Scheinnachhaltigkeit.

Den Begriff werde ich mir merken.

die Kaltmamsell

Journal Montag, 6. Mai 2024 – Von Sonnenschein bis Regenfluten

Dienstag, 7. Mai 2024 um 6:12

Diesmal eine ruhigere Nacht. Es wurde hell zu einem schönen Maientag.

Blumen in einem gemauerten Beet vor einer Mauer

Wenige Meter vor der Haustür wunderschöne Blumenbeete.

Große sonnige freie Fläche hinter Baumreihe, ganz am Ende die Bavaria mit Ruhmenshalle

Treppe hinaus aus einem U-Bahnhof, oben blauer Himmel, links eine rot blühende Kastanie

In der Arbeit Turbo-Start ab Sekunde 1, doch ich konnte zielgerichtet und konstruktiv arbeiten. Besprechung 1, Besprechung 2, währenddessen Mails beantwortet, Infos weitergeleitet. Vor dem Weiterarbeiten tauchten plötzlich die eingetippten Buchstaben nur zum Teil auf dem Bildschirm auf, diesmal wusste ich sofort: Batterie der Funktastatur alle (bis ich das beim ersten Mal rausgefunden hatte!). War in diesem Arbeitsdruck ein ganz schlechter Zeitpunkt, aber half ja nichts: Ich schoss los und holte Ersatz im Haus.

Kurz darauf weiteres Losschießen auf einen Mittagscappuccino bei Nachbars.

An diesem turbulösen Arbeitstag wurde das Mittagessen spät und hastig: Apfel, Joghurt mit Quark.

Aber: Ich hörte Bulgarisch! Allerdings zu Buchhaltungsthemen, ich hatte auf vielen Ebenen keine Chance zu Verständnis.

Kurz vor eh spätem Feierabend begann es zu regnen. Na gut, machte ich noch etwas fertig.
Doch aus dem Regen wurde ein dunkelgraues Gewitter mit Sturzregen, ich sah vom Büro aus in der Gewitterdunkelheit die Sheets of rain, wie es das Englische so passend beschreibt.

Ich dachte sofort an die gestern auf den Balkon gestellten Pflanzen: “Und ich sach noch: DAS IST SCHEISSE HIER DRAUSSEN!”

Rausgehen war erstmal außer Diskussion, der Regen drückte sogar ins Gebäude. Meine Helden: Die beiden Tauben, die ich vorm Büro durch die Fluten fliegen sah. Ich gab Herrn Kaltmamsell telefonisch durch, dass ich die angekündigten Einkäufe fürs Abendbrot nicht würde tätigen können.

Als der Wasserguss zu normalem heftigen Regen nachließ, wagte ich den Weg mit Schirm zur U-Bahn. Am Stachus ging ich in den Edeka, kaufte wenigstens ein paar Dinge von der Einkaufsliste. Nach Hause kam ich dann schon in unauffälligem Regen. Herr Kaltmamsell hatte die Pflanzen in den überdachten Teil des Balkons gezogen, sie sahen nur wenig lädiert aus. Der Putzeimer, den der gestrige Putzmann mit den Lappen auf den Küchenbalkon zum Trocknen gestellt hatte, stand zu einem Drittel voll Wasser.

Ich hatte noch Zeit für eine Runde Pilates mit Nicole und lernte, dass das Australische Triphtonge enthält, wie ich sie sonst nur aus dem Oberpfälzischen kenne: “Mäoument.” Die Gymnastik tat sehr gut.

Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell das restliche Thai-Curry vom Sonntag, verlängert mit Garnelen (den geplanten Tofu hatte ich nicht bekommen), und Reis. Nachtisch Schokolade.

Im Bett las ich Nele Pollatschek, Dear Oxbridge: Liebesbrief an England aus.

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 5. Mai 2024 – #WMDEDGT

Montag, 6. Mai 2024 um 6:22

An jedem 5. des Monats fragt Frau Brüllen: “Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?” und sammelt die Antworten unter #WMDEDGT, zum Mai hier.

Das war eine sehr zerhackte Nacht mit viel Aufwachen, vor allem der Unruhe vor meinem Schlafzimmerfenster geschuldet (Abbau der Kulturtage Ludwigvorstadt Isarvorstadt, viel Autoverkehr). Aber ich hielt bis sieben im Bett aus.

Ein zunächst freundlicher Morgen, der sich aber immer weiter verdüsterte: Diesmal stimmte die Wettervorhersage. Ich trug im Wohnzimmer Socken und Strickjacke, ließ die Fenster nach dem morgendlichen Lüften zu.

Für den gestrigen Blogpost musste ich nur noch die Bilder bearbeiten und einstellen – was mich inzwischen noch mehr Zeit kostet, da ich den Ehrgeiz habe, zu jedem Foto einen Alt-Text zu hinterlegen, um die Barriere für Sehbehinderte zu senken. Ich rede mir ein, das sei Hirntraining, da ich für diese Alt-Texte (erscheinen bei entsprechender Browser-Einstellung statt des Fotos und können maschinell vorgelesen werden) möglichst schnell erfassen und formulieren muss, worum es bei dem Bild geht.

Gegen zehn machte ich mir für eine Schwimmrunde im Olympiabad fertig. In angenehmer Luft radelte ich von roter Ampel zu roter Ampel bis zum Olympiabad.

Die Bahnen waren überraschend dicht beschwommen, doch ich kam zu erfreulichen 3.000 Metern – mal wieder als eine der wenigen Unplugged-Schwimmerinnen unter Geräteschwimmer*innen. Unter der Dusche nutzte ich meinen Peeling-Handschuh: Nach dem Schwimmen ist die Haut so schön aufgeweicht, dass ich mir gesteigerte Wirksamkeit einbilde.

Als ich heimradeln wollte, stellte ich fest, dass ich eingesperrt war: Im Olympiapark war eine Laufveranstaltung ausgebrochen, die man mit eisernen Gittern eingegrenzt hatte. Eine Bewacherin vertrieb mich von der menschenleeren Strecke, als ich um Durchfahrt bat, ich musste sie mehrfach fragen, wie ich denn rauskommen könne, bevor sie vage antwortete: “Ganz außen rum.” Doch in alle Richtungen von Olympiabad und Olympiahalle aus stoppte mich früher oder später die abgesperrte Laufstrecke. Richtung U-Bahn war ein (menschenleeres) Stück lediglich mit Plastikband abgesperrt, unter dem schob ich schnell mein Fahrrad durch – eigentlich hätte man das Olympiabad gestern schließen müssen.

Zu meinem (allerdings nur leichten) Ärger darüber setzte auch noch Regen ein, ich wurde mittelfeucht.

Daheim dennoch erstmal zur Nasendusche gegriffen: Nach den letzten Schwimmrunden hatte mich der Chlorschnupfen nachts geplagt, ich hatte jedesmal Nasenspray gebraucht. Vielleicht konnte ich das diesmal durch ordentliches Durchspülen der Nasenschleimhäute verhindern. (Wirkte leider nicht.)

Vor dem Verräumen des Sportsack-Inhalts holte ich Kisten mit Sommerschuhen (zum Wechseln gegen Winterschuhe) und abgelegter Sommerkleidung (zur erbetenen Weitergabe an meine Mutter) aus dem Keller.

Frühstück gegen halb zwei: Selbstgebackenes Brot mit Butter und Honig, eine Orange.

Dann las ich die Wochenend-Zeitung aus, außerdem eine liegendgebliebene Ausgabe der Woche. Wechsel der Schuhe, Aussortieren von Kleidung, ich brachte die Kisten zurück in den Keller.

Ein knappes Stündchen Bügeln vor dem jetzt wieder sonnigen Balkon mit dem SWR4-Interview:
“Vincent Klink: ‘Ein trauriger Koch kocht nicht gut'”.

Für meinen Geschmack (haha) hätte es ein bissl mehr ums Essen und Kochen gehen dürfen – vielleicht handelt er das erschöpfend in seinen Fernsehsendungen ab, die ich nicht kenne. Doch wie Herr Klink ausführlich erklärte, ist das für ihn halt nicht das Wichtigste beim feinen Essengehen. Schad eigentlich; wenn ich fein Essen gehe, unterhalte ich mich mit dem Service am liebsten übers Essen, das mir serviert wird. Für mich ist das Verhältnis umgekehrt wie für Vincent Klink: Von schönen Räumlichkeiten und aufmerksamem Service gehe ich aus, und jetzt möchte ich was über Geschmack lernen.

Mit Herrn Kaltmamsell holte ich die Balkonpflanzen aus ihrem Winterquartier in der Bibliothek und stellte sie hinaus auf den Balkon.

Balkon mit Blick in Bäume, auf dem Balkon drei große Topfpflanzen

Ich hoffe, sie reagieren dieses Jahr nicht wieder so angepisst wie im Vorjahr darauf, “Iiiih, frische Luft! Echte Sonne! UND WIND!”, und machen sich nicht gleich wieder ans dramatische Sterben mit gelben Blättern und Wasserverweigerung. Ich setzte mich ein wenig zu ihnen und wies sie auf das wunderschöne spätnachmittägliche Licht zwischen den Lindenblättern hin.

Plötzlich hatte ich nach Jahren mal wieder Lust auf einen Wasserkakao: Backkakaopulver mit einem Teel. Zucker vermischen, mit etwas Milch glattrühren, mit heißem Wasser aufgießen, nach Belieben süßen. Volle Kanne Schokolade und heiß, ohne resultierendes Völlegfühl.

Lesen von Nele Pollatschek, Dear Oxbridge: Liebesbrief an England auf dem Balkon. Nachdem mir die ersten Kapitel lediglich Bekanntes erzählt hatten, fand ich die nächsten wirklich spannend: Jetzt ging es ganz konkret um Oxbridge und wie man als Deutsche reinkommt (und wie als Brite).

Ich fühlte mich müde und hatte keine Lust auf Gymnastik. Aber ich guckte kurz in mein Arbeits-E-Mail-Postfach, weil ich auf einige Informationen wartete und der Montag sehr früh mit einem Termin beginnt.

Aufsicht auf Esstisch, darauf links eine Pfanne mit Gemüse, rechts ein Topf mit Reis

Herr Kaltmamsell servierte als Nachtmahl ein rotes Thaicurry aus Ernteanteil-Karotten, -Pakchoi, -Koriander mit Reis (tse, schon wieder vegan), sehr gut. Nachtisch Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen.

die Kaltmamsell