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Journal Samstag, 8. November 2025 – Novembernebel, kognitive Dissonanz bei Urlaubsreisen

Sonntag, 9. November 2025

Etwas unruhige Nacht mit zu häufigem Aufwachen, doch ich konnte ja ausschlafen.

Morgens war Absprache der Küchennutzung nötig, vor allem des Backofens: Herr Kaltmamsell verarbeitete einen ganzen Schweinekopf, ich wollte Kuchen backen – was ich ohnehin von Freitagabend auf Samstagmorgen verschoben hatte, als mir einfiel, dass der Backofen ja fürs Freitagabendessen benötigt wurde. Mein Plan war nämlich, die jahreszeitlich adäquate Wohnungsbeduftung durch Gewürzkuchen zu produzieren.

Links die Milchkaffeetasse, in der ich die Schokolade geschmolzen hatte: Darin würde ich mir am Sonntagmorgen den Milchkaffee aufgießen.

Das Wetter war neblig, kalt und unwirtlich, doch es regnete nicht – das war für einen Isarlauf schon mal einladender als am Wochenende zuvor.

Das erste Mal in voller Winterlaufausstattung; die Lufttemperatur schaffte es gestern nicht über 4 Grad.

Ich fuhr mit der U-Bahn nach Thalkirchen und lief von dort an der Isar nach Süden.

Das Lauferlebnis war lediglich ok, ich fühlte mich schonmal fitter. Und dann stürzte ich auch noch nach vielen Jahren wieder auf dem letzten Stück: Stolpern, Erkenntnis “oh, ich falle”, Abrollen aber erst nach kurzem Bremsen mit den Händen möglich. Zwar war ich nicht böse gefallen, spürte aber doch später die linken unteren Rippen und den rechten Ellbogen.

Frühstück um halb zwei: Birne, reichlich Gewürzkuchen.

Ich sorgte mich ein wenig um meinen Körper, denn beim Frühstück und anschließendem Zeitunglesen wollte mir einfach nicht warm werden, auch nicht bei zwei hochgedrehten Heizkörpern, in dicken Socken über der Strumpfhose, Strickjacke über Wollkleid über Thermorolli – ich hatte mir doch hoffentlich nicht einen der zahlreichen Erkältungsinfekte in meiner Umgebung eingefangen, zum Beispiel den im eigenen Haushalt? Also erhöhte ich auf eine große Tasse Ingwertee. Der reichte dann bis in die Füße, vertrieb das Kränklichkeitsgefühl aber nicht komplett.

Nachmittag mit Zeitunglesen, dazwischen kurze Siesta.

Erste Schritte an einem Krautsalat aus Ernteanteil-Spitzkohl fürs Sonntagabendessen – für das Herr Kaltmamsell den ganzen Tag über mit seinem Schweinskopf in der Küche zugange war.

Die gestrige Yoga-Einheit war schmerzhaft: Gestern war ausgerechnet eine Runde Übungen für die seitlichen Bauchmuskeln dran, die linken davon reagierten nach dem Sturz beim Laufen ausgesprochen beleidigt auf die Belastung.

Zum Nachtmahl verarbeitete Herr Kaltmamsell den Rosenkohl aus Ernteanteil zu einem Pastagericht mit Zitrone (echte Sahne, echter Frischkäse statt der Ersatz-Produkte im Rezept, keine Pistazien).

Schmeckte ganz ausgezeichnet. Zum Nachtisch gab es Vanille-Eis mit den Armagnac-Zwetschgen, die Herr Kaltmamsell mit einem Teil der Ernte aus meiner Eltern Garten angesetzt hatte, wunderbar. Dann Schokolade.

§

Sonja Salzburger schreibt in der Süddeutschen über kognitive Dissonanz am Beispiel Reisen (€):
“Ego statt öko: Hauptsache, weg, egal wie”.

Die Tourismusindustrie hat eigentlich ein besonders großes Interesse, dass der Klimawandel eingedämmt wird. Ihre Geschäftsgrundlage beruht in weiten Teilen auf einer intakten Natur und einer möglichst sicheren Umgebung. Gleichzeitig aber heizt die Branche die globale Erwärmung an. Wissenschaftler der australischen University of Queensland haben ausgerechnet, dass der globale Tourismus pro Jahr mittlerweile mehr als 5,2 Milliarden Tonnen CO₂ verursacht, das entspricht 8,8 Prozent des globalen Treibhausgasausstoßes. Besonders beunruhigend: Die Emissionen des Reisesektors legten seit 2009 um durchschnittlich 3,5 Prozent jährlich zu – eine Wachstumsrate, die doppelt so hoch ist wie die der weltweiten Emissionen insgesamt.

(…)

Aber 18 Prozent aller Befragten gaben an, mittlerweile das Risiko möglicher Naturkatastrophen wie Waldbrände, Überschwemmungen oder andere Wetterextreme bei der Urlaubsplanung zu berücksichtigen, heißt es in der Mitteilung. Verschmutze Strände? Schwitzen bei 40 Grad Plus im Schatten? Vom Hotelzimmerfenster auf verbrannte Bäume blicken? Bloß nicht. Man versucht nicht, den Klimawandel zu bekämpfen, sondern will einfach möglichst wenig davon mitbekommen. Der Trend zum nachhaltigen Reisen ist tot, bevor er überhaupt begonnen hat.

§

Von wegen Kosten des Klimaschutzes.
“Wetterextreme in Industrieländern
Naturkatastrophen kosten immer mehr Wohlstand”.

Seit 1980 haben sich die Kosten für Unwetterschäden in den großen Industrienationen vervielfacht. Besonders deutlich ist der Anstieg in den USA und Deutschland, berichtet der Rückversicherer Munich Re. Positiv sei der Trend in China.

(…)

Deutschland zählt mit einem Anstieg um etwa das Fünffache zu den am schwersten getroffenen Nationen, schreiben die Geowissenschaftler des Versicherers. Die von Unwettern und Fluten verursachten Gesamtschäden in Deutschland von 1980 bis 2024 beziffert das Unternehmen auf 210 Milliarden Dollar (aktuell etwa 182 Milliarden Euro), gleichauf mit Indien auf Rang drei.

(Aber gefühlt ist es ja die Klimaschutzpolitik, die nervt, denn Naturkatastrophen hat es schon immer gegeben und Windkraftwerke sind hässlich.)

Journal Dienstag, 4. Oktober 2025 – Dantebad-Magie

Mittwoch, 5. November 2025

Beim Fensterschließen nach guter Nacht und Aufwachen kurz vor Wecker sah ich den Morgenstern am wolkenlosen Himmel leuchten.

Auf dem Weg in die Arbeit sah ich Reif auf Autodächern und hoffte dass die Kiste Granatäpfel auf unserem Küchenbalkon geschützt genug vor Frost war.

Ich revidiere meine Prognose der Theresienwiesenbefreiung: 2024 war erst in der letzten Novemberwoche beim ersten Schneefall ein Querkreuzen möglich, das wird dieses Jahr wohl auch wieder so sein.

Beim Einbiegen ins Tor des Firmenhauses hörte ich lauten und wiederholten Falkenruf: Ich sah auf und entdeckte, dass er im Flug gegen die Attacken einer Krähe protestierte.

In einer Online-Besprechung startete ich vormittags ein neues Buch für meine Besprechungsmitschriften.

Mittagscappuccino in der hauseigenen Cafeteria zwischen zwei Terminen, doch das Wetter war so herrlich, dass ich mir zusätzlich Zeit nahm für eine sonnige Spazierrunde um den Block – die ich sehr genoss.

Mittagessen Granatapfelkerne (SAUER! AUA! so schlimm war das noch nie), Äpfelchen, Avocado.

Ich hatte Schwimmzeug dabei, auch diese Woche wollte ich einmal Nacharbeitsschwimmen im Dantebad. Wieder dehnte ich ab Mittag sooft ich daran dachte Beinrückseiten und Füße.

Pünktlicher Feierabend, U-Bahnen (überraschend voll) zum Westfriedhof, Spaziergang zum Dantebad.

Wieder bekam ich eine wundervolle Schwimmrunde geschenkt, komplett krampffreie 3.000 Meter gefühlt elegantes Gleiten, zunächst in Dämmerung, dann mit Vollmond über dem einem Ende des Beckens und Abendpink über dem anderen Ende. Die Bahnen waren gut beschwommen, aber man vertrug sich gut. Und das alles in einem beleuchteten 50-Meter-Becken mit Unterwasserlicht und Leuchten von oben unter Sternenhimmel, magisch und luxuriös (ich hatte mich darauf verlassen, dass ich ein Foto zum Verlinken finden würde – das kommt dem ein wenig nahe).

Mit den wundervollen Herbstansichten der vergangenen Schwümme im Dantebad und den Eindrücken von @Schwimmbadtourist kann ich mir immer konkreter einen Spielfilm vorstellen, der nur in Schwimmbädern spielt. Handlung müsste, wie bei meinen Romanideen, halt jemand zuliefern.

Daheim wirbelte ich ein wenig Häuslichkeiten, dann servierte Herr Kaltmamsell mein Wunsch-Abendessen:

(Ernteanteil-)Kürbis-Polenta. Köstlich.
Nachtisch Weihnachtsgebäck und Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen (nach wieder schmerzhaftem Zähneputzen, und dazu konstant leicht salziger Geschmack im Mund, was soll das?).

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Claus von Wagner anlässlich des Bayerischen Kabarettpreises über die Vergeblichkeit von politischer Satire (mit sehr schönem Abschluss für unpolitische Menschen):

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https://www.youtube.com/watch?v=slZU40d6VXo

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Stimmungsaufheller mit Emma Thompson in der Graham Norton Show (und Hugh Grant, beide erzählen unter anderem, wie sie ihn in Sense and Sensibility in der berühmten Heiratsantragsszene an die Wand gespielt hat).

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https://www.youtube.com/watch?v=whG_fH2MRRg

Journal Sonntag, 2. November 2025 – Manche Fotomotive gibt’s nur im Regen

Montag, 3. November 2025

Lang geschlafen – das war schön, denn nachts war ich oft aufgewacht, allerdings immer gleich wieder eingeschlafen.

Draußen hörte ich Regen, wie angekündigt.

Gemütliches Bloggen, Kaffeetrinken, Wäschewaschen. Ich plante eine Laufrunde: Laut Vorhersage würde es eh den ganzen Tag durchregnen, es war also egal, wann ich dazu das Haus verließ – ich würde nass werden.

Ich kleidete mich Regenlauf-tauglich und nahm eine U-Bahn zum Odeonsplatz.

Manche schöne Fotomotive gibt’s halt nur mit Regen.

Diesmal kein Pfützenspringen: Nach einem Fehltritt gleich am Anfang (Pfütze versteckt unter Laub) waren Schuhe, Socken, Füße nass – jetzt war’s wurscht, ich konnte durch die nächsten einfach quer durch patschen. Versuchte allerdings, Wassertiefen über Knöchel zu vermeiden.

Es regnete mal mehr, mal weniger, aber nie so stark, dass der Schutz meiner Brille durch den Schirm der Mütze überwunden wurde und ich nichts mehr sah.

Dreimal Menschliches:

1) Vor mir joggte langsam ein Frau, die immer wieder anhielt, sich die Seite hielt. Sogar langsamer als ich (zur Erinnerung: ich bin die langsamste Joggerin an der Isar und sorge mich immer, wenn ich jemanden überholen muss). Nach blitzschnellem inneren Hin und Her (Scheu vor Übergriffigkeit versus Hilfsbereitschaft) sprach ich sie beim Passieren vorsichtig an: “Alles ok?” Sie wehrte glaubhaft ab und machte nicht den Eindruck, sich belästigt zu fühlen

2) Der barhäuptige, patschnass geregnete Jogger, der mir mit strahlendem Lächeln entgegenkam, beide Daumen reckte: “Großartig!”

3) Die Frau in kompletter Regenkleidung, die ich schon von Weitem mit dem Rücken zu mir auf dem Weg kauern sah, die Arme ausgebreitet. Beim Näherkommen sah ich, dass ihr Blick und wohl auch die Arme einem mittelgroßen Hund galten, der etwa 20 Meter vor ihr stand und sie regungslos anblickte. Als ich an ihr vorbeilief, erhob sie sich gerade und erklärte: “Der hat heute wirklich keinen Bock. Das hat er mir sehr klar gemacht.” Ich lachte auf. (Bedürfnisorientierte Hundehaltung?)

Der Körper machte super mit (ich behalte das mit dem vorbereitenden Faszienrollen mal bei, vielleicht gibt es einen Zusammenhang), ich gönnte mir zwei Stunden Lauf.

Heimfahrt mit der Tram, ich begann zu frösteln. Daheim ausgiebige heiße Dusche.

Zum Frühstück gab es um zwei ein Äpfelchen, dann restlichen Zuckerhut in Joghurtdressing mit reichlich Granatapfelkernen, abschließend ein Honigbrot.

Nach einem komplexeren Lochzunähen (für das ich inzwischen nicht mehr die richtige Brille habe – ich dachte an meine polnische Oma mit Näh-Brille auf der Nasenspitze, die mich bat, mit meinen “jungen Augen” Faden für sie in die Nadel zu fädeln), machte ich mich an die geplante Erledigung Bügeln, dabei hörte ich Holger Kleins Interview mit Sepp Stückl, dem Gründer der Münchner Schwuhplattler an (vielen Dank für den Tipp in den Kommentaren!): Unter anderem ein Stück Zeitgeschichte über das Coming Out auf dem Land in den 1990ern (Stückl kommt aus Uffing am Staffelsee):
“Sepp Stückl: Ein Schwuhplattler über Toleranz und Tradition”.

Es wurde früh dunkel bei immer noch pritschelndem Regen.

Eine Folge Yoga (ich merkte den Zwei-Stunden-Lauf an sehr mangelnder Geschmeidigkeit), zum Abendessen machte ich mir restliche Pasta e lenticchie warm, mit Gemüsebrühe verlängert. Nachtisch Schokolade.

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Vielleicht gibt es neben Introvertierten und Extrovertierten noch eine Menschengruppe, die keiner dieser Neigungen zuzurechnen ist:
“Oft ist in der Psychologie von Introvertierten und Extrovertierten die Rede. Psychiater Rami Kaminski will einen dritten Typus identifiziert haben.”

Man könnte diese Leute als freiwillige Außenseiter bezeichnen: Sie hegen eine tiefe Skepsis gegen Gruppenbildungen jeglicher Art und halten sich davon fern.

Auch wenn ich erstmal skeptisch war und Kaminski vor allem mediale Aufmerksamkeit als Ziel unterstellte, lasen sich die konkreten Menschen, deren Verhalten er beschreibt, tatsächlich zuordenbar.

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“Manfred Rebhandl über das leere Haus seiner Eltern. Eine Erinnerung”.

Zwar gibt es kein Haus, zu dem ich solch einen Bezug habe (in dem eisern erarbeiteten Eigenheim meiner Eltern, das sie fast so wie beschrieben pflegen und versorgen, lebte ich nur drei Jahre vor meinem Auszug in die eigene Wohnung), doch ich kann alles nachfühlen.

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Margaret Atwoof geht es gut, sie ist streitbar wie eh und je – ein schönes Interview mit ihr im Guardian:
“‘It is the scariest of times’: Margaret Atwood on defying Trump, banned books – and her score-settling memoir”.

Journal Samstag, 1. November 2025 – Abschluss der Wandersaison in neuen Stiefeln von Starnberg über Andechs nach Herrsching

Sonntag, 2. November 2025

Nach guter Nacht von heller werdendem Himmel geweckt, das war besonders schön.

Die drei Zehen junger Knoblauch vom Abendessen brachten sich mit einem Geschmack in Erinnerung, der auf tödlichen Atem hinwies.

Herbstlicher Küchenblick.

Reichlich Zeit für Wäschewaschen und Bloggen vor Aufbruch zur Wanderung. Die Anreise nach Starnberg (ich wollte von dort über Andechs nach Herrsching am Ammersee gehen), soviel hatte ich bereits recherchiert, würde durch Bauarbeiten kompliziert, aber wann sollen sie das machen, wenn nicht an einem Feiertagswochenende.

Nach dem Umsteigen in Pasing hatte ich einen bequemen Sitz, mit genügend Lesestoff bekümmerte mich die verspätete Abfahrt nicht.

In Starnberg hatte ich einen Cappuccino am netten italienischen Kiosk rechts geplant, doch bei Ankunft war mir überhaupt nicht danach. Schade. Steuerte ich also gleich die Masinger Schlucht an.

Neben Abschluss der Wandersaison (und Vergnügen) war ja Zweck der längeren Strecke, die neue Wanderschuhe in den Praxiseinsatz zu bringen. Das war dann seltsam: Schon beim Reinschlüpfen fühlten sich die Stiefel zu klein an, die linke kleine Zehe drückte, bis ins erste Viertel meiner Route mehrmaliges Ausziehen, Sockenrichten, Anziehen, Umschnüren, weil sich immer irgendwas nicht richtig anfühlte – dabei war ich doch schon einen Tag lang in den Stiefeln herumgelaufen. Ich kam zu dem Schluss, dass ich gestern einfach keine Wanderfüße hatte. Und als ich abends schmerzende Stellen untersuchte, nahm ich mir fürs nächste Mal eine andere Verteilung der Schnürfestigkeiten vor (z.B. Schaft lockerer).

Dazu litt ich unter Schwindel – ich hatte die drei mächtigen Zehen Knoblauch vom Vorabend im Verdacht, große Mengen Knoblauch senken meinen Blutdruck massiv. Doch die abwechslungsreiche Strecke bot so viele schöne Ansichten, nach dem Maisinger See auch nur wenig gestört von Mountainbiker*innen, dass ich die Wanderung genießen konnte.

Es blieb sonnig und so mild, dass ich über Mittag eine Stunde lang nur in T-Shirt unterwegs war. Erst auf dem letzten Drittel zog der Himmel zu, am Ammersee wurde es schwül.

Landmarke an dem Wegstück in Starnberg, auf die ich mich immer freue (und auf den Zustand gespannt bin).

Werden und Vergehen – mit Überraschung bei Letzterem.

Masinger Schlucht.

Maisinger See.

Hinter Aschering Richtung Andechs.

Mittagspause nach knapp drei Stunden: Es gab Äpfel und Roggenvollkornbrot vom Bäcker Wimmer.

Kloster Andechs wie erwartet am Feiertag gut besucht (aber kein Vergleich zu einem Feiertag im Sommer). Von dort stocherte ich in verschiedene Wege: Ich wollte nicht über die kürzeste Strecke durchs Kiental nach Herrsching, sondern noch eine schöne Stunde am Seeufer entlangwandern. Die gewohnte Route fand ich nicht (ich war so überheblich gewesen, keinen GPS-Track runterzuladen – das würde ich doch wohl sehen), kam aber auf einem anderen schönen Weg ans Seeufer.

Und bekam bei einem vergeblichen Versuch einen neuen Blick auf den Turm der Klosterkirche.

Am Ammersee wurde mit Alpenblick gechillt.

In Herrsching dito, aber mit einem Aperitif in der Hand, angeboten von einigen urigen Strandbars.

Am Bahnhof Herrsching hatte der Bewegungs-Tracker meines Handys 22 Kilometer in sechs Stunden gemessen. Und ich hatte gut daran getan, früh aufzubrechen: Um halb fünf wurde es bereits grenzwertig dämmrig zum Wandern.

Die Rückfahrt ebenfalls mit Umsteigen in Pasing und Verzögerungen. Auf dem Weg vom Bahnhof nach Hause wurde ich angetröpfelt.

Zum Abendessen kochte ich mir Pasta e lenticchie (Linsen!) aus der Lameng, der Ernteanteil lieferte dafür ein paar Karotten und eine halbe Zwiebel.

Während das garte, entkernte ich vier Granatäpfel: Erst hatte Crowdfarming von meinem adoptierten Granatapfelbaum gemeldet, die Ernte davon sei dieses Jahr zu schlecht, ein anderer Landwirt übernehme die Lieferung (sowas passiert in echter Landwirtschaft, und im Gegensatz zu einem Supermarkt bin ich flexibel). Dann war mein Versuch gescheitert, die Lieferung zu terminieren: Hinter dem Link stand die Information, es gebe dieses Jahr gar nichts, ich bekäme den bereits bezahlten Betrag gutgeschrieben. Doch vor zehn Tagen wurde ich nochmal aufgefordert, meine Granatapfellieferung festzulegen – und jetzt gab es nur noch einen Termin für beide 2,5-Kilo-Kisten. Die kamen am Freitag, und nun muss ich fünf Kilo Granatäpfel wegbekommen. Da ich gleichzeitig erstmals sehr viel Crowdfarming-Werbung auf instagram sehe, vermute ich eine grundlegende Änderung im Hintergrund, die ziemlich viel durcheinanderbringt – und das Wohlwollen selbst überzeugter Kundinnen wie mir ganz schön belastet. (Die ich weiterhin bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf Crowdfarming als Quelle hinweise, erst kürzlich jemanden, die Mangos liebt, aber Bedenken wegen der langen Transportwege äußerte. Und die genausowenig wie ich seinerzeit wusste, dass Mangos auch in Europa angebaut werden, gerade Saison haben, und unter anderem wegen billiger Konkurrenz aus Südamerika nicht in unseren Supermärkten auftauchen.)

Sehr gutes Abendessen, ich kann’s doch noch. So gut, dass ich mich nur durch dringliche Ermahnung (du willst doch noch Granatapfel und Schokolade, und dann geht’s dir nicht mehr gut!) von einem dritten Teller voll abhalten konnte. Der Rest war als Sonntagabendessen geplant, darauf freute ich mich schon.

Früh ins Bett zum Lesen.

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Vielleicht nur interessant für Menschen, die so positiv phasziniert sind von Hazel Brugger wie ich (umschrieb sie ihr Fangirltum): In seiner Show “Missverstehen Sie mich richtig” spricht Gregor Gysi mit ihr auf der Bühne.

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https://www.youtube.com/watch?v=cLjpUvSb3hE

Journal Mittwoch, 29. Oktober 2025 – Der goldenste Oktober aller Zeiten

Donnerstag, 30. Oktober 2025

Ich stand zum Funkeln des Morgensterns am wolkenlosen Himmel auf: Es brach ein herrlich sonniger Tag an, ich beneidete Herrn Kaltmamsell um seinen Arbeitsweg mit dem Rad im Englischem Garten.

Mein Arbeitsweg war aber auch nicht schlecht, ich kam nach vielen schönen Ansichten ins Büro.

Nach einem mittelemsigen Vormittag war Zeit für einen Sonnenspaziergang zu Mittagscappuccino im Westend.

Heimeranstraße

Gollierstraße

Mein Mittagessen bestand aus Ernteanteil-Äpfelchen, Hüttenkäse, Banänchen.

Wieder hatte ich Schwimmsachen eingesteckt, ich hoffte auf ein erneutes Schwimmerlebniss im Dantebad. Abergläubig wiederholte ich das stundenlage Vordehnen meiner Beine und Füße rundum bei hochgestelltem Schreibtisch, um nochmal um Krämpfe rumzukommen.

Und beides klappte! Nach der Zeitumstellung war der Himmel bereits dämmrig, als ich gegen fünf ins Wasser glitt, und Blätter schwebten diesmal nur spärlich im Becken. Doch die Unterwasserbeleuchtung war eingeschaltet, bald strahlten auch die riesigen, quadratischen Lampen am Rand, beim Luftholen sah ich etwas Dampf überm Wasser, zwischen den Ästen der jetzt fast kahlen Bäumen die Mondsichel. Der Körper spielte hervorragend mit, ich genoss meine 3.000 Meter sehr.

Am Dantebad. Das ist definitiv der goldenste Oktober, an den ich mich erinnern kann – so lange dauerte die schönste Phase des Herbsts nie.

Daheim ließ ich mich von Herrn Kaltmamsell füttern, er reichte Pasta mit Brokkoli und Pilzen an. Sehr erfreulich. Nachtisch Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen.

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Andrea Diener fotografiert ja seit vielen Jahren ihre Heimat Frankfurt. In ihrem Newsletter erzählt sie, wie dadurch zufällig über Jahre eine Bilderreise entstand, die einen Artikel über die Schließung eines legendären Kiosks am Main illustriert:
“StreetLetter #26
Festhalten, was es irgendwann einmal nicht mehr gibt”.

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Seit kurzem habe ich dieses Format als interessant entdeckt: Stars, die in Filmchen für irgendwelche Magazine ihre Kleidung bei öffentlichen Auftritten ihrer Vergangenheit oder die Styles ihrer Filmkarriere kommentieren (z.b. die Vogue-Serie “Life in Looks”). Ich war überrascht, wie viel Einblick man dabei in die Persönlichkeit bekommt, auch wenn sie sich natürlich alle hochprofessionell verhalten: Freundlich, aber intellektuell übersichtlich / stachlich und mit Vorsicht zu genießen / souverän und selbsironisch / schreckhafte Künstlernatur.

Vor einem Jahr klickte sich Meg Ryan durch ihre Filme (abschließende Zusammenfassung: “I have a lot of hair to account for.”):

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https://youtu.be/UfzN42Rdg_8?si=rSMUjPwKwTMSPmuA

Journal Sonntag, 26. Oktober 2025 – Oktobergold erlaufen, jüdisches Neujahrskonzert

Montag, 27. Oktober 2025

Um sechs (alte Zeit) aufgewacht und extra nochmal umgedreht, eine wohlige weitere Stunde geschlafen.

Auch dieses Jahr musste ich vier Uhren von Hand stellen (Badezimmer, Mikrowelle, Backofen, Analog-Wecker für Orientierung im Schlafzimmer), aber so vergaß ich den Umstand wenigstens nicht, dass die Sommerzeit zu Ende ist.

Wäschewaschen, Mutter-Telefonat, draußen gemischtes Herbstwetter inklusive Regenphasen. Egal, ich hatte Zeit und Körper für einen Isarlauf, wie schon am Samstag bereitete ich ihn mit Aufwärmen und Faszienrolle vor.

Den aufgewärmten und rollierten Körper brachte ich aber erstmal mit Herrn Kaltmamsell in unser Wahllokal im nahen Theresiengymnasium, Abstimmung über eine Bewerbung Münchens zur Austragung von Olympischen Spielen – zum ersten Mal seit Beginn meiner Wahlhilfe ohne meine Wahlhilfe, weil ich für den Nachmittag Konzertkarten hatte.

Dann spazierte ich zur nächstgelegenen U-Bahn-Station Goethestraße und ließ mich zum Odeonsplatz fahren. Auf dem ersten Viertel meiner Laufrunde regnete es immer wieder, doch dann bekam ich knallblauen Himmel und Oktobergold. Der Körper spielte gut mit, selbst die beim Rollen aufjaulenden knotigen Waden machten keinerlei Probleme – ich konnte mir gut 90 Minuten gönnen.

Es war viel Pfützenspringens.

Tram zurück nach Hause, die Route ums Maxmonument wird nach Bauarbeiten wieder bedient. Unterwegs Semmelkauf.

Daheim Körperpflege rundum, den Friseurtermin in zehn Tagen ersehne ich bereits seit zwei Wochen – ich werde den Zwei-Monats-Abstand fürs Schneiden verkürzen müssen.

Frühstück war ein Ernteanteilapfel, dann gab es zwei Körnersemmeln mit Frischkäse, Marmelade, Käse.

Am frühen Nachmittag brach ich mit Herrn Kaltmamsell bereits zum Konzertbesuch auf: Das jüdische Neujahrskonzert begann dieses Jahr schon um 15:30 Uhr und fand an einem Sonntag statt – für mich persönlich eine ideale Kombination, so käme ich viel häufiger in Konzerte.

Am Prinzregententheater trafen wir uns diesmal mit Freunden, denen wie mir vergangenes Jahr für Interesse die Information genügt hatte, dass es in München ein jüdisches Neujahrskonzert gibt. Und auch dieses Jahr wurde es zu einem ungewöhnlichen und bereichernden Erlebnis: Wieder begrüßte Daniel Grossmann, Dirigent und Gründer des Jewish Chamber Orchestra Munich, zahlreiche Ehrengäste – mit besonders innigem Applaus für Charlotte Knobloch, National Treasure. Grossmann führte wieder durch den Abend, erklärte Hintergründe und Details der Musik und ihrer Funktion in der Synagoge. Und wieder hörten wir wunderbare Musik, die mir nirgendwo anders begegnet. Ich kann mir gut vorstellen, daraus eine alljährliche Sache zu machen.

Durch diese ungemein praktische Konzertzeit kamen wir zum Abendessen zurück nach Hause. Herr Kaltmamsell hatte morgens Ochsenschwanz nach diesem Rezept auf mexikanische Art geschmort, um ihn abends mit Weizentortillas zu servieren.

Ausgesprochen köstlich. Nachtisch italienische Kekse. Früh ins Bett zum Lesen, draußen toste Sturm.

Journal Freitag, 24. Oktober 2025 – Doppelimpf mit Anstrengung

Samstag, 25. Oktober 2025

Unruhige Nacht wegen des Herbstturms – mich weckte aber nicht direkt der Wind draußen, sondern das laute Knarzen der Kunststoffrahmen meiner Schlafzimmerfenster.

Nach dem Aufstehen pflegte ich erstmal Freundschaften und Familienkontakte, bevor ich den Blogpost finalisierte – und schon wurde die Zeit knapp. Ein Glück, dass die Morgentoilette schnell ging, da ich ja am Vorabend nach dem Schwimmen geduscht hatte (und nachts nicht geschwitzt).

Marsch in die Arbeit in deutlicher Herbstkälte, aber mit schönen Anblicken.

Abarbeiten in gutem Rhythmus, zumal ich einen festen Endpunkt hatte: Mein Feierabend wurde von dem Impftermin in einer Apotheke bestimmt. Aber erstmal ging draußen mit heftigem Regen ein bisschen die Welt unter – um kurz darauf in Sonnenschein zu erstrahlen.

Innere Stimmung, warum auch immer: ungnädig.

Zu Mittagscappuccino-Zeit waren wir wieder bei blauem Himmel, ich ging hinaus ins Westend.

Hagelschauer zum Mittagessen (Apfel, Rest Ofengemüse mit ein paar Nüssen).

Mehr Weihnachtsgeschenke bestellt, ich weiß auch nicht, was dieses Jahr mit mir los ist.

Pünktlicher Feierabend für meinen Impf-Termin in der Ludwigsapotheke, Neuhauser Straße. Herr Kaltmamsell wartete dort auf mich, war selbst aber schon durch mit seinem Impf. Wenn ich schonmal da war, bat ich auch um Grippe-Impfung: Die Termine der Impf-Aktion bei meinem Arbeitsgeber wurden diesmal vergeben, während ich im Urlaub war – nichts mehr zu holen.

An den Termin und die Impfung waren wir nur über einen Tipp gekommen – ich kann mir die Weigerung der meisten Hausarztpraxen und Apotheken nicht erklären, und es macht mich wütend, dass auch dieses Jahr ordentlich Anstrengung dazu gehört, an eine Corona-Impfung zu kommen: Selbst wenn die Empfehlung der Stiko erst für Menschen über 60 lautet (so das Verweigerungsargument), gibt es keine Kontraindikation für (nahezu) den gesamten Rest. Und selbst wenn die Krankenkassen die Impfung nur gemäß Stiko zahlen (was ich sogar nachvollziehen könnte), wünsche ich mir zumindest das Angebot, selbst dafür aufzukommen – sonst sind sie doch auch mit IGeL (Individuelle Gesundheitsleistungen) für Selbstzahlende schnell bei der Hand. Außerdem wird der Corona-Impfstoff vom Bund weiterhin kostenlos zur Verfügung gestellt!

Daheim noch schnell Yoga, bevor der Corona-Impfarm zu schmerzen beginnen könnte (die einzige Impf-Nebenwirkung, die ich bislang hatte – und wer bisher die Corona-Impfung problemlos vertrug, wird nachgewiesenermaßen sehr, sehr wahrscheinlich auch bei den folgenden Impfungen keine Nebenwirkungen spüren). Außerdem hatte Herr Kaltmamsell recherchiert, dass Yoga nicht unter das Sportverbot nach Impf fällt – bei dem ich ohnehin beschlossen hatte, dass es bei keinen Nebenwirkungen nur für 12 Stunden gilt. Was die empfohlene Alkohol-Abstinenz betrifft: We are risk takers, auf meinen Freitagabend-Alkohol hatte ich mich arg gefreut.

Es gab zum ersten Glas Rotwein Nüsschen und Oliven, während Herr Kaltmamsell zum klassischen, aber schon seit Monaten nicht mehr stattgefundenen Freitagsabendessen T-Bone-Steak briet, Ernteanteil-Spinat garte, aus Ernteanteil-Kartoffeln Gratin zubereitete. Hervorragendes Abendessen, die Aroma-Bombe auf dem Teller war der Spinat. Nachtisch Schokolade und Kekse.

Früh ins Bett, dort las ich Hertha Hurnaus, Gabriele Kaiser, Maik Nowotny (Hrsg.), Maschinenräume. Hinter der Kulisse der Wiener Ringstraße aus.

Eine großartige Idee, die nicht-öffentlichten Räume hinter den berühmtesten Gebäuden zu zeigen, unter den Bildern besonders atemberaubend die riesigen Säle unter den Dächern, und zu erklären, wie sie konstruiert und betrieben wurde. Die Aufsätze dazu berichten die Geschichte der Bebauung an der Ringstraße und erklären die Ingenieurskunst der Betriebsräume: Ich hatte mir tatsächlich noch nie Gedanken über die Belüftung eines Museums, Parlaments oder Theaters gemacht und lernte wundervolle Begriffe wie “Luftbrunnen”. Allen ans Herz gelegt, die sich für Wien, europäische Baukunst des 19. Jahrhunderts oder auch nur ungewöhnliche Architekturfotografie interessieren.

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Das bekam sogar ich als junge Frau ab, die sonst glücklich unbelästigt blieb, und war schwerstens genervt: Catcalling. Einmal drehte ich mich in Spanien sogar zum “Tschtsch!”-absendenden Mann um und blaffte ihn an, von welcher Wirkung er eigentlich ausgehe?! Dass ich ihm um den Hals falle?! In meiner Erinnerung grinste er verdutzt und schief, antwortete, dass doch bloß als Kompliment gemeint sei! Ich fluchte ihn kurz an und zog ab.

Doch die Frage bleibt und ist durchaus eine systematische Untersuchung wert: Warum machen Männer das?1 Das hat die Uni Salzburg getan, hier ein Bericht im Standard über die Ergebnisse:
“Studie zu Catcalling: Was Männer gemeinsam haben, die Frauen belästigen”.

„Lächel doch mal für mich“: Eine neue Studie zeigt, dass Empathielosigkeit und Gefühlskälte entscheidende Merkmale bei Männern sind, die Catcalling betreiben

§

Dass echte Individualität und Unabhängigkeit extrem schwierig sind, wussten wir eh. Für netzpolitik.org dröselt Carla Siepmann auf, worin die Illusion auf Social-Media-Plattformen besteht:
“Individuell uniform”.

Wer in sozialen Medien unterwegs ist, der kann sich jeden Tag eine neue Box aussuchen, in die er hineinpasst oder von der er sich abgrenzen möchte: Kleidungstrends werden aufs Genaueste benannt, Verhaltensweisen und Charaktereigenschaften werden kategorisiert, klassifiziert und anderen zur Schau gestellt, damit sie es bewerten. So sollen wir etwa „clean Girls“ oder „messy Girls“, Person „Type A“ oder „Type B“ sein. Deine Kategorie darfst du dir selbst aussuchen – solange du dich jener Kästen bedienst, die bereits existieren.

Diese Kategorien klingen nach Selbstverwirklichung, nach der Möglichkeit, sich neu zu erfinden. Tatsächlich aber sind sie Schablonen. Und wer eine Schablone wählt, landet zwangsläufig in der Masse derjenigen, die dieselbe gewählt haben.

(…)

Wer einen Trend bricht, riskiert Unsichtbarkeit. Der Algorithmus bevorzugt, was schon funktioniert. Also belohnt er Wiederholung, Konformität, Kopie. Und so scrollen wir durch Feeds, in denen dieselben Songs, dieselben Outfits, dieselben Typisierungen endlos variieren, wie ein digitales Déjà-vu.

  1. Wer schon wieder mit not all men kommt, darf zum Beispiel hier klicken. []