Jedem Jahrzehnt sein Holmes
Montag, 1. Februar 2010Der Film begann mich zu interessieren, als ich erfuhr, dass Jude Law nicht etwa Holmes spielt, sondern Watson; das überraschte mich.
Und dann begann er schon mal mit schönen titles (in nassem nächtlichen Pflaster und Gusseisen) – außer bei Bond-Verfilmung mag sich ja sonst niemand mehr die Mühe machen. Er endete mit schönen end titles (aus Stills werden Tuschezeichnungen).
Dazwischen fühlte ich mich ausgezeichnet unterhalten. Diese Sherlock-Holmes-Verfilmung baut auf einer gründlichen Kenntnis des Holmes-Kanons auf, doch auch jemand, der keine einzige der Geschichten je gelesen hat, kann sich amüsieren. Sie beginnt mit dem Show-down des letzten Falls, den Holmes und Watson gemeinsam lösen: Watson wird aus den gemeinsamen Räumen in Baker Street ausziehen und heiraten. Am Ende des Filmes sieht es endlich so aus, als könne er all dieses auch tatsächlich tun – ein schöner Kunstgriff des Drehbuchs, der einen zweiten Spannungsbogen neben den eigentlichen Abenteuern aufbaut.
London ist zwar spätviktorianisch düster, aber nicht so morbide, dass ich das Einsetzen von Danny-Elfman-Musik erwartet hätte. Es kracht und wummst, es wird in hohem Tempo verfolgt, kaputtgemacht und geprügelt. Die Wahrnehmungs- und Analysefähigkeiten von Sherlock Holmes, für die die Bezeichnung „messerscharf“ eigens erfunden wurde, zeigen die Dialoge meist explizit: Robert Downing Jr. (der seinen Job sehr gut macht) beschreibt, was er sieht und welche Schlüsse er daraus zieht. Einen schönen erzähltechnischen Kniff fand ich die Szene, die wir erst als Kurzfassung aus der Perspektive von Irene Adler sehen, die Holmes besucht – und dann auf Nachfrage von Watson nochmal aus der Perspektive von Holmes, die alles ändert.
Der tatsächliche Show-down ist allerdings nur beeindruckend, wenn man noch nie in London war. Auch nur die geringste Ortskenntnis erfordert eine schier übermenschliche suspension of disbelief.
Sehr gut gefallen hat mir Kelly Reilly als Mary Morstan: Sie lässt durchscheinen, dass sie in den Abenteuern durchaus brauchbar eingesetzt werden könnte. Zu meiner großen Erleichterung gefiel mir auch die Musik: Hans Zimmer bringt mich eigentlich zum Weglaufen (hätte er doch einfach nach Driving Miss Daisy und Green Card aufgehört, dieser Mann, der es fertigbringt, ein ganzes Orchester wie einen mittelmäßig programmierten Synthesizer klingen zu lassen). Doch diesmal findet sich nicht mal eine Spur von pseudo-afrikanischen Trommeln im Soundtrack, statt dessen mischt er Hackbrett und Banjo.