“Manche Frauen sind eben gleicher” – diesen Artikel habe ich seit letzter Woche als Tab offen, um meine Gedanken dazu in einem Blogpost zu formulieren. Doch die Gedanken wollen sich nicht recht aneinanderreihen, deshalb weise ich lediglich auf den Text hin. Es geht um den blinden Fleck, den der westeuropäische Feminismus für Frauen mit niedrigem bis sehr niedrigem Einkommen hat. Die Ökonomin Alison Wolf, die auch Arbeitsmarktberichte im Auftrag der britischen Regierung verfasst, hat sich mit der großen Kluft unter den Frauen beschäftigt: Zwischen denen, die den gesellschaftlichen Diskurs bestimmen und denen, die “nach wie vor arbeiten, um zu leben, und nicht leben, um zu arbeiten”:
Die Berufsmütter und Frauen in den Medien sprechen nie über Vereinbarkeit von Beruf und Familie der Frauen, die morgens um vier ihr Baby wecken müssen, weil sie in der Fabrik Frühschicht arbeiten. Niemand denkt an die Supermarktkassiererin, die erst abends um zehn zu ihren Kindern zurückkehren kann und ihren Mann, der Nachtwache schiebt, nur vom kurzen Hallosagen kennt.
«Während unter den Eliten zwei Berufskarrieren zur Rückkehr der Bedienstetenklasse geführt haben, machen weniger privilegierte Eltern Wechselteam-Babysitting», schreibt Alison Wolf in «The XX Factor»: «Sie arbeiten Schicht und stimmen diese aufeinander ab.» Diese Eltern seien repräsentativ für das moderne Familienleben und nicht jene mit hoch bezahlten Nannys.
Zwar verraten einige Formulierungen der Berichterstatterin Birgit Schmid mannigfaltige Vorurteile gegenüber dem Feminismus, das tut dem eigentlichen Missstand aber keinen Abbruch.
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Die Musik von Driving Miss Daisy fanden wir wirklich schön, die von Green Card noch nett – wir konnten ja nicht ahnen, dass die synthetischen Buschtrommeln daraus viele Jahre nicht mehr weggehen würden. Doch dann wurden die Filmmusiken von Hans Zimmer schnell zur Pest. Warum genau das so schlimm ist, hat Moritz Eggert ausführlich begründet – und gibt damit einen bedrückenden Einblick in den Stand der Filmkomponisition: Ich hasse Hans Zimmer. Eine Tirade.
Du stehst stellvertretend für ein System, dass es geschafft hat, das Genre Filmmusik – einst ein lebendiges und faszinierendes Genre voller großer Künstler wie Morricone, Rota, Hermann und Goldsmith – komplett zu veröden, es abzuroden und ihm jeglichen Hauch von Qualität für immer auszutreiben.
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Das Schlimme ist ja, dass jemand, der so erfolgreich wie Du ist, das System verändern könnte. Das könnte schon damit beginnen, dass Du einfach mal nein sagst, wenn jemand mal wieder eine typische “Hans Zimmer” – Musik will. Du könntest zum Beispiel dann einfach mal sagen, dass es vielleicht schön wäre, mal einen Film ganz ohne Musik zu haben. Oder zumindest mal die erste Stunde (wie in “Coma” von Jerry Goldsmith, danach wirkte die Musik schon mal ganz anders). Oder mal nicht mit diesem schwurbelnden Einheitssound alles zuzuscheißen, den Du so erfolgreich produzierst, Du weisst schon, immer diese repetierte Mollakkord, keinerlei nennenswerte melodische Einfälle, einfach nur Sound, Sound, Sound, bis es einem zu den Ohren und zum Mund und zum Arsch rauskommt, immer nur dieser FASCHISTOIDE Einheitssound, zugekleistert mit der typischen Audiospur eines heutigen Films, wo alles bis zum Limit komprimiert und geboostet ist, damit es im Kino so richtig schön kracht und man vergisst, dass man ein Hirn hat.
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Ich möchte, dass man Dich in einen Raum einsperrt, in dem auf Endlosschleife die Musik von MAN OF SHIT, äh STEEL läuft, immer wieder aufs Neue, von vorne, JEDER EINZELNE NICHTSWÜRDIGE TON. Das ganze falsche Pathos, dieser erbärmliche Versuch einer Melodie oder eines, wie sagt ihr Filmkompomnisten: “Themas”, das gerade durch die scheinbar ambitionierte Verwendung einer großen Septe (Du weißt, welche Stelle ich meine, oder vielleicht auch nicht, weil Du es schon wieder vergessen hast und schon an der nächsten Filmmusiksoße sitzt) seine absolute Verachtungswürdigkeit, Nichtigkeit und vor allem Abgefucktheit nur noch mehr zur Schau stellt.
Auch die meisten Kommentare zu diesem Ausbruch sind lesenswert.
via Martin Hufner
(Und wir merken uns das Wort “Tirade” für den Fall, dass wir rant auf Deutsch sagen wollen.)
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“Liliputaner” sind Romanfiguren, damit bezeichnet hoffentlich niemand mehr einen Menschen. Doch Ninia La Grande hat gute Argumente, warum auch die Bezeichnung “kleinwüchsig” verfehlt ist: “Wo die kleinen Menschen wohnen. Oder: Ich bin keine Märchenfigur.”
(Übrigens nach Langem wieder der Fall, dass ich eine Bloggerin in Echt kennenlernte, diesmal auf der re:publica, und erst dadurch begeisterte Leserin ihres Blogs wurde.)
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Die große Gaga Nielsen hat sich ein ganzes Jahr lang täglich gezielt und ausführlich fotografiert, diese Bilder dann in ihrem Blog sorgfältig aufbereitet. Jetzt ist sie durch mit allen Bilder und blickt auf die Aktion zurück.
Selbstverliebtheit ist eben genau nicht der Antrieb für solch eine Aktion, ganz im Gegenteil fordert sie:
dieses tägliche auf-sich-draufhalten, einen state of mind zu erreichen, der sich gut genug, angemessen genug anfühlt, um gebannt zu werden – das ist so ähnlich, als ob man eine tägliche Übung für die Muskulatur macht. In diesem Fall die psychische Muskulatur. Ich bin mir jeden Tag mindestens einmal sehr nah gekommen, Auge in Auge. Vielleicht auch, wie man von einem Geliebten wahrgenommen werden will. Ist keiner da, muss man sich selbst lieben. Liebend betrachten. Erkennen. Das Liebenswerte realisieren.
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Am Montag lag meiner Süddeutschen Zeitung wieder das Kundenmagazin der Evangelischen Kirche bei, chrismon – ein ohnehin ganz ausgezeichnetes Blatt (ich habe ja schon länger den Verdacht, dass derzeit diejenigen Magazine, die sich nicht verkaufen müssen, immer wieder besonders hochwertigen Journalismus schaffen – zum Beispiel sehr Marketing-ferne Kundenzeitschriften). Großartig fand ich diesmal die Titelgeschichte über Männer in der häuslichen Pflege: “Mit Listen, Stundenplan und Liebe.”
Auch ich trage natürlich Geschlechterstereotype mit mir herum. So konnte mich diese Information überraschen:
„Männliche Pflege ist überwiegend eine Partnerinnenpflege“, schreibt Manfred Langehennig. Und sie ist mittlerweile keine Ausnahme mehr. Der Anteil pflegender Männer ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Er liegt heute bei gut 35 Prozent, bei den über Sechzigjährigen sogar bei über 50 Prozent