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Journal Mittwoch, 6. November 2024 – Ich verstehe Menschen nicht

Donnerstag, 7. November 2024

Recht gute Nacht, es wurde mit klarem Himmel hell.

Im Büro kippte aus dem E-Mail-Postfach gleich mal ein Schwung Aufgaben. Und schon rächte sich, dass ich am Vorabend den Schreibtisch nicht gründlich leergearbeitet hatte.
Beim ersten Luftholen erreichte mich die niederschmetternde Nachricht, dass die US-Wahlen weitere vier Jahre tägliches “What’s he done now?” ergeben hatten, und zwar ganz deutlich. Ich verstehe Menschen nicht. Ich verstehe Menschen wirklich, wirklich nicht. Aber es war mir ein Bedürfnis, Beileidsnachrichten, auf allen Kanälen an Freund*innen und Verwandschaft in USA zu senden – mit Tränen entgegengenommen.

Flucht ins Korrekturlesen eines Texts über Quantentechnologien, Eskapismus kann auch so aussehen. (Inklusive Anstrengung, die Grammatik der völlig verquasten Sätze darin auch nur bis Verständnis aufzudröseln, um die Casus-Verwendung überprüfen zu können – ich habe seinerzeit im Lateinunterricht mit der Auflösung von Lektüresätzen nach Subjekt-Prädikat-Objekt tatsächlich was fürs Leben gelernt.)

Für einen Mittagscappuccino riss ich mich los ins Westend, blauer Himmel, Sonnenschein. Die Bewegung tat sehr gut, die innere Weltuntergangsstimmung blieb.

Am Schreibtisch später Mittagessen: Apfel, eingeweichtes Muesli mit Joghurt.

Auch nachmittags hatte ich sehr viel zu tun, was Konzentration erforderte – ich war dankbar dafür, denn so konnte ich nicht an anderes denken.

Den Heimweg legte ich über einen Trödelladen in der Gollierstraße, in dessen Schaufenster ich seit Wochen eine schöne Vase gesehen hatte, wohl aus den 1950ern. Ich brauchte dringend etwas Erfreuliches und kaufte sie.

Auf einem Holztisch eine helle Hortensienblüte und eine flaschenförmige Vase mit sehr schmaler Öffnung, schlicht dunkelrot und golden auf Creme glasiert

Jawohl, schöne Vase.

Boden der Vase, darauf glasiert die Schrift "Bavaria Johann Seltmann Vohenstrauß Qualitätsporzellan"

Jawohl, 1950er (wir haben ja alle bei “Bares für Rares” Porzellanherkunftrecherchieren gelernt).

Fürs Abendessen war ich mit Herrn Kaltmamsell zum Pizzaessen verabredet, ich erhoffte mir im Ca’D’oro beim nicht vorhandenen Hauptbahnhof verlässlich gute Pizza. Davor hatte ich noch Zeit für eine halbe Stunde Pilates, fühlte sich gesund an.

Zwei Teller mit frischer Pizza mit besonders dickem Rand

Im Ca’D’oro bekamen wir dann auch ohne Reservierung einen Tisch, sehr freundlichen Service – und Pizza, wie ich sie mag, mit wunderbarem fluffigen Teig: Capricciosa für Herrn Kaltmamsell, Amatriciana für mich. Wir beschlossen, erst mal gar keine Nachrichten zu gucken, ließen uns auf dem Heimweg Zeit und sahen den Nebel dichter werden. Die Katastrophe wird auch ohne unseren Blick darauf ihren Lauf nehmen.

Daheim Blumengießen, Brotzeitvorbereitung, Schokolade als Nachtisch.

Im Bett Percival Everett, James ausgelesen, bis zuletzt nicht wirklich überzeugt.

Journal Montag, 4. November 2024 – Arbeitswochenstart mit Tempo

Dienstag, 5. November 2024

Wieder fühlte sich nachts das Federbett zu warm an, auch wenn das Schlafzimmer bei geöffnetem Fenster wirklich kühl war (gemessene 12 Grad). Ich konnte mich nicht mehr erinnern, wie das noch vor wenigen Monaten im vergangenen Nicht-Sommer anders gewesen sein sollte und nahm mir vor, in unserem Bestand nach einer Alternative zu suchen.

Das Wetter Hochnebel-grau und kühl, ich schlüpfte zum ersten Mal in Handschuhe für den Weg in die Arbeit.

Bis Mittag herrschte im Büro erwartete und selbstbestimmte Emsigkeit, dazu einige verzauberte Augenblicke, als ein Doppel-V aus mindestens zwei Dutzend Kanadagänsen wenig über meinem Fenster vorbei flog.

Unerwartet guter Mittagscappuccino auf der Theresienhöhe (aber auch hier wird mit 3,90 Euro für einen selbstgeholten kleinen Cappuccino wohl bald die 4-Euro-Marke gerissen, Berliner Verhältnisse).

Vor einem Fenster zu Straße mit Herbstbäumen eine dunkle Tasse mit Cappuccino

Bei Rückkehr ins Büro Überfall eines aufwändigen Jobs: Ich ackerte die nächsten Stunden durch, stopfte irgendwann nebenher eine Körnersemmel sowie Mango mit Sojajoghurt in mich (hatte aber genug Aufmerksamketi, die Mango besonders gut zu finden, diesmal hatte ich den perfekten Nachreifegrad erwischt). Aus dem Augenwinkel sah ich, dass der Himmel blau wurde und die Sonne schien.

Nach einer kurzen Phase strukturierter Arbeit kam kurz vor Feierabend noch etwas reingeflogen, was mich eine ungeplante halbe Stunde festhielt – hätte auch bis zum nächsten Tag Zeit gehabt, aber ich wusste ja nicht, was mich am Dienstagmorgen überfallen würde.

Heimweg über ein paar Einkäufe beim Vollcorner: Großer Jubel, denn die diesjährigen Meyer-Zitronen waren endlich eingetroffen. Ich brachte die Disziplin auf, erstmal nur zwei mitzunehmen.

Daheim wuselte ich Häuslichkeiten – und ließ alle Gymnastikpläne fahren: Ich hätte mich eilen müssen, außerdem zwickte es weiterhin übel in meinem Kreuz. Statt dessen suchte ich eine mittelwarme Bettdecke, fand sie im Bestand für Gäste. Geruhsame Brotzeit-Vorbereitung, dann wurde eine Meyer-Zitrone Basis des Dressings für eben gekauften Radicchio (Schale und Saft, darin Haselnussmus).

Herr Kaltmamsell verwandelte den mächtigen Ernteanteil-Sellerie in Sellerieschnitzel.

Auf einem Glasteller panierte und gebratene Scheiben Sellerie

Dazu Majo und Salat. Nachtisch Schokolade.

§

Mastodon-Empfehlung für meine Art kindlichen Gemüts: @ChuckNorrisDe

Journal Sonntag, 3. November 2024 – Noch so ein Sonntag mit Isarlauf

Montag, 4. November 2024

Mittelgute Nacht, vielleicht war das Federbett doch verfrüht: Trotz offenem Fenster erschien es mir zu warm. Vielleicht aber ist ein Federbett insgesamt nicht ideal für mich.

Ruhiger Morgen mit Fensterblick in November-Grau. Schwierige Nasenatmung, auch diesmal hatte ich mir vom Schwimmen einen Chlorschnupfen geholt. Ich vertraute darauf, dass das kühle Draußen bei einem Isarlauf Abhilfe schaffen würde.

Ein Ticket für die re:publica 2025 gekauft, ich möchte sehr gern wieder hin.

Für meinen Isarlauf hatte ich mir gestern eine Extra-Variante überlegt (die ich aber nicht zum ersten Mal lief): U-Bahn bis Fraunhoferstraße, dann jenseits der Reichenbachbrücke nach Norden. Es war Zeit für leichte Mütze und Handschuhe.

Gleich am Deutschen Museum musste ich einen Umweg nehmen: Die unendliche Baustelle Ludwigsbrücke (aktuelle Fertigstell-Prognose Ende 2025) ist gerade beim Umbau der Fußgänger-/Radlunterführung, ich konnte erst am Gasteig über die Rosenheimer Straße und zur Muffathalle.

Schöner Lauf, ich kam wunderbar ins leichte Traben und Denken. Blöderweise musste mir mein Körper unter die Nase reiben,1 dass 75 Minuten die maximal-ideale Lauflänge wären: Danach schmerzte mein linker Fußballen immer heftiger.

Draußen Treppe abwärts, am Ende an einer Mauer ein Graffiti-Gesicht

An der Reichenbachbrücke.

Auf einer Mauer krachbuntes Buchstaben-Graffiti in 80er-Farben

An der Muffathalle.

Verkehrsspiegel vor Herbstbunten Bäumen, darin Selfie von Lauferin

Steg mit Mauerbegrenzung entlang einem Fluss, im Hintergrund eine steinerne Brücke und grauer Himmel

Asphaltierter Weg, an dessen Ende Mäuerchen mit Graffiti, rechts ein Kanal, links im Hintergrund fast kahle Bäume und ein wenig Altstadt

Mauersteg.

Drei mächtige Buchen mit restlichem Herbstlauf, rechts und links davon Furßwege

Parkanlage, im Zentrum ein riesiger Baum, dessen Fuß rundum angenagt ist

Samma, Biber!

Nahaufnahme des angenagten Baumfußes

Kleines Haus vor Wasser, auf Mauer zum Wasser gemalter Fisch

Föhringer Wehr.

Weg durch lichten Laubwald, links ein Weiher

Auf einer Wiese im Park unter Bäumen eine Schafherde

Noch nie so spät im Jahr gesehen: Die Schafherde im Englischen Garten.

Die Heimfahrt verlief anders als geplant: Die Tram ab Tivoli kam wegen “Verkehrsunfall” nicht (Danke für die Echtzeitanzeige), ich nahm den Bus bis Giselastraße. Dort gab es den erinnerten Bäcker Wimmer nicht mehr, die Auslage eines anderen Bäckers war nahezu leer: Ich nahm ohne Semmeln die U-Bahn zum Sendlinger Tor, holte mein Frühstück beim Rischart im Untergeschoß.

Mittlerweile hatte mich eine Nachricht des rollenspielenden Herrn Kaltmamsell erreicht: Sie seien früher fertig geworden. Ich traf ihn statt spät abends schon jetzt daheim an. Nun, es hatte zu zwei vollen Tagen Strohsingle-Zeit gereicht.

Frühstück um halb zwei: Viel Kimchi, zwei Semmeln mit Butter und Pflaumenmus / mit Nocilla.

Haselnüsse von Elterns Strauch fertig geknackt.

Aufsicht auf eine Schüssel mit Haselnüssen auf einer Waage, die 537 Gramm anzeigt

Ich röstete sie gleich mal. Während dessen recherchierte ich Haselnuss-Schälmaschinen: Knacki F30 gäbe es schon für 400 Euro. (Allerdings entnehme ich der Beschreibung, dass die Nüsse wirklich nur geknackt werden, den Kern muss man immer noch manuell von der Schale trennen.)

Bahnfahrt in die Schweiz zu einer Geburtstagsfeier Anfang Dezember gebucht (wieder ein TFU TFU TFU, dass uns diesmal das Wetter nicht dazwischenkommt): Hinfahrt bei SBB, wo eigenartigerweise die Rückfahrt absurd teuer angeboten wurde. Diese also bei Deutscher Bahn um die Hälfte gebucht.

Häuslicher Nachmittag mit Datei-Umschichtungen an meinem Rechner, Miete abwohnen, u.a. Meisen beim Baden in dem Wasserschälchen auf unserem Balkonsims zugesehen. Gehen konnt ich nur in Schleichtempo weil Fußweh.

Eine Runde Yoga-Gymnastik, aus meiner kommentierten Liste suchte ich eine mit Dehnen rundum bei Adriene aus. Verlief nur mäßig erfreulich, mein schmerzender Fuß bereitete mir Sorgen.

Das schlichte Nachtmahl servierte ich: Kürbisschnitze (Hokaido aus Ernteanteil) aus dem Ofen mit viel Käse. Nachtisch viel Schokolade.

Mit hängenden Flügeln ins Bett: Aussicht auf sieben volle unerbittliche Fünf-Tage-Wochen bis zu den Weihnachtsferien.

§

Das ist lustig: Kamala in Saturday Night Live.

via @CucinaCasalinga

  1. Doch, das geht. Ist wahrscheinlich sogar ein Yoga-Asana. []

Journal Freitag, 1. November 2024 – Sonniges Allerheiligen mit Wanderung zwischen Kirchseeon und Ebersberg

Samstag, 2. November 2024

Vorab: Hallo! Wenn Sie über den Krautreporter-Newsletter von Christian Fahrenbach – danke schön, ich bin immer noch verlegen – neu hier gelandet sind: Herzlich willkommen! Sie sollten von vorneherein wissen: Das hier ist wirklich völlig irrelevant, lediglich ein Überbleibsel aus frühen Internet-Zeiten, als Technik- und Mitteilungs-freudige Menschen sich auf die neue Möglichkeit stürzten, ihre Entdeckungen zu teilen (“Da! Guckt mal!”) und Kontakte zu knüpfen.

Ausschlafen war wundervoll, ich schlug die Augen zwar noch vor sieben auf, doch vorm Fenster wurde es schon hell. Und ich fühlte mich ausgeruht.

Den gestrigen geschenkten freien Tag wollte ich für eine Wanderung verwenden, seit Mallorca war ich ja nicht mehr unterwegs gewesen. Zu meiner großen Freude startete der Tag richtig sonnig.

Dafür hatte ich mir die bereits mehrfach gegangene Strecke Kirchseeon – Egglburger See – Ebersberg ausgesucht; weil die aber recht kurz ist, wollte ich sie hin und dann wieder zurück gehen. Da ich die Gesamtdauer nicht genau wusste, mich nicht hetzen wollte und das Tageslicht doch bereits arg begrenzt ist, startete ich früh – um dann die gewüschte S-Bahn unterm Hauptbahnhof ausfallen zu sehen. Nun gut, ich hatte genug Lesestoff, wartete ich also auf die nächste.

Das erwies sich dann sogar als Glücksfall: Ich kam in der Bahn in Hörweite von vier alten Bayerinnen zu sitzen, ihrer Ausstattung nach ebenfalls auf dem Weg zum Wandern, genoss ihren Dialekt (u.a. „narrisch“ für wütend, “Sog i zu ihra, sog i”) und ihre Geschichten, am liebsten hätte ich alles mitgeschrieben.

Auch in Kirchseeon schien die Sonne, ich wanderte zügig los. Bis St. Michael überm Eggelburger See begegnete ich nur vereinzelten Hundebesitzer*innen und E-Radler*innen, sonst war ich schön bei mir. Dann wurden die Wege schnell bevölkerter. (Kind auf Parkplatz beim Aussteigen aus Auto, Handy in der Hand: “Haben wir ‘ne Steckdose in der Natur?” – Ich mache mich wirklich nicht lustig, Kinder wissen halt sehr viel noch nicht. Heute andere Sachen nicht als ich vor 50 Jahren.)

Mit langer Wander-Leggins und warmem Lauf-Oberteil war ich genau richtig fürs Wetter gekleidet, die Sonne wärmte angenehm. Es waren durchaus auch Leute im T-Shirt unterwegs. Am 1. November, in Zeiten des Klimawandels.

Ankunft in Ebersberg schon nach gut zwei Stunden. Kein Mittagscappuccino, weil das angepeilte Eiscafé geschlossen war und mir der Aufwand zu groß war, mich in einem richtigen Café niederzulassen. Ich kam auf die Idee, endlich mal auf den reichlich ausgeschilderten Ebersberger Aussichtsturm zu steigen – was mich dann auf einer ganz anderen Schleife zurück zum Egglburger See brachte, sehr willkommen.

Vögel sah ich reichlich: Am Himmel zweimal Falken, außerdem eine Hand voll Milane auf einer Termik, sein Ruf machte mich auf einen fliegenden Bussard aufmerksam. Und zum Abschluss kurz vor Kirchseeon standen vier Graureiher auf einer Wiese.

Kurz vor elf startete ich am S-Bahnhof Kirchseeon (die vier Bayerinnen fuhren noch weiter).

Terrassen-Wohnblock in der Sonne, der nur aus begrünten Balkonen zu bestehen scheint

Mein Lieblings-Wohnblock in Kirchseeon.

Kleine, weiße, freistehende Dorfkirche im Gegenlicht mit Zwiebelturm und Ziegeldach

St. Colomann

Hohe Bäume mit letztem gelben Laub, durch das Sonnenlicht scheint

Steiler, laubbedeckter Weg nach oben, wo man zwischen Ästen und vor blauem Himmel einen weißen Kirchturm erahnt

Hoch zu St. Michael.

Steiler, laubbedeckter Weg nach unten

Und wieder runter.

Leicht erhöhter Blick auf einen Weiher im Sonnenlicht, dahinter Wiesen und Wald, im Vordergrund drei Menschen, die von diesem Weiher kommen

Egglburger See

Feldweg, rechts von riesigen alten Bäumen gesäumt, im Hintergrund sonnenbeschienene Wiesen

Sonnenbeschienener Weiher, von Bäumen umgeben, die sich im Wasser spiegeln

Ebersberger Weiherkette.

Altes, zweistöckiges Stadthaus mit spitzem Gieben, auf einem Erker steht "Fleisch u. Wurstwaren"

Ebersberg – dieses Haus muss ich jedesmal fotografieren (erinnere ich auch als Pókemon-Arena).

Sonnige, schmale Allee, rechts im Hintgrund sieht man einen aus Treppen bestehenden Turm

Ebersberger Aussichtsturm rechts. An allen Bäumen der Alleen Gedenktafeln für Männer, die im Ersten Weltkrieg umkamen, hier nur ein paar Beispiele (bringt mich persönlich mehr zum Gedenken als die meist fürchterlichen “Kriegerdenkmäler” in Dörfern).

Weiße geschwungene Metalltafel an einem großen Baum, darauf die Lebensdaten von „Landsturmmann Anderl Josef“

Weiße geschwungene Metalltafel an einem großen Baum, darauf die Lebensdaten von „Artilerist Eibl Benno“

Weiße geschwungene Metalltafel an einem großen Baum, darauf die Lebensdaten von „Infanterist Oswald Alois“

Blick hinaus einen Aussichtsturm ganz aus Treppen, drumrum herbstbunte Bäume, dahinter blauer Himmel

Turm von unten (erbaut 1914).

Weite Aussicht auf - von hinten: Dunstige Alpenkette, Städtchen mit Zwiebelturm, Wiese, Gehöft

Aussicht von oben.

Kurz vor zwei machte ich auf einer sonnigen Bank Brotzeitpause: Apfel, Nusschnecke vom Rischart (herrlich buttrig).

Lichte Allee aus Mistel-überwachsenen Obstbäumen

Feldweg, in dessen Mitte ein Streifen Falläpfel liegt

Im Sonnenlicht links riesige alte Bäume mit letztem Herbstlaub, rechts daneben Feldweg und Wiese, im Hintergrund auf dem Weg eine Gruppe Menschen

Im Sonnenlicht zwischen kahlen Obstbäumenn eine kleine weiße Kirche mit Zwiebelturm

St. Michael von der anderen Seite.

Die S-Bahn zurück zum Ausgleich wie Limousinen-Service: Sie fuhr eine Minute nach meiner Ankunft am S-Bahnhof ein. Das waren dann etwa 24 Kilometer in knapp fünf Stunden mit einer Pause. Ich fühlte mich überraschend erledigt, meine Füße schmerzten (sie hatten bereits vormittags beim Warten auf die S-Bahn im Stehen weh getan), ich spürte auch Kreuz und Hüften, die Stunde, die man am Ende einer Wanderung noch schaffen können soll, hätte mich große Anstrengung und Zusammennehmen gekostet.

Auf der Rückfahrt Irritation am Bahnhof Haar beim Blick aus dem S-Bahn-Fenster.

An Schallschutzwand Schild mit Silhouette einer Eidechse und Pfeil nach unten zu einem kleinen Durchgang unter der Wand

Kapieren die Eidechsen das?

Trotz schwerer Beine stieg ich schon am Marienplatz aus, ich wollte die Sendlinger Straße bei schräger Abendsonne sehen.

Einkaufsstraße voller Menschen, in die von vorn die schräge Abendsonne leuchtet

Genau so nämlich.

Meine Einschätzung traf zu: Nach vier wurde es ganz schnell düster, zu düster für entspanntes Wandern. Was ich vernünftigerweise bleiben ließ: Jegliche Gymnastik, das war genug Körperlichkeit für einen Tag.

Herr Kaltmamsell ist ja noch bis Sonntagabend Monstertöten, mein Ehrgeiz: Ernteanteil bis dahin weitgehend wegessen (die Sellerieknolle wünsche ich mir dann abschließend von ihm als Sellerieschnitzel). Die Karotten aus Ernteanteil wurden mein gestriges Abendessen, als Ofenkarottenfritten.

Backblech mit gebackenen Karottenstiften

So hatte Herr Kaltmamsell sie mir schon mehrfach serviert (mit viel mehr Hingabe länger und dünner geschnitten), ich ließ mir das Rezept geben (entdeckte erst da, dass der Hintergedanke “gesund” und “fettarm” ist), gestern gab es sie alle für mich und mit einem Joghurt-Senf-Dip. Nachtisch Apfelkompott und Schokolade.

Früh ins Bett, wegen großer Müdigkeit nicht mal gelesen vor Lichtaus.

§

Klein-Bloggersdorf aus dem Häuschen:
Kännchen-Bloggerin Vanessa Giese ist Bürgermeisterkandidatin für Haltern am See.

Ich wünsche ihr von Herzen Erfolg, bin sicher, dass sie sich hervorragend zur Bürgermeisterin eignet (sehen Sie sich allein schon ihren beruflichen Hintergrund an und wie schnell sie sich Entschiedungs-tief in Themen einarbeiten kann) – und hoffe, dass sie möglichst wenig Energie auf die Abwehr unsachlicher Angriffe verwenden muss.

§

Bent Freiwald schreibt bei Krautreporter vor allem über Kinder, Jugendliche, Bildung. Ihm ist aufgefallen, dass seit einigen Jahren in den Medien immer wieder von einer Krise der mentalen Gesundheit bei jungen Menschen die Rede ist. Er wollte wissen, was genau dahinter steckt und hat sich das Material vorgenommen, auf denen diese Aussagen basieren. Das fand ich sehr erhellend, auch was Ableitungsmöglichkeiten aus Daten überhaupt betrifft, deshalb schenke ich Ihnen den Artikel:
“Analyse: Sind wirklich immer mehr Kinder psychisch krank?”

Für meine Recherche habe ich nochmal bei Null angefangen: Wie sicher sind wir uns überhaupt, dass es diesen heftigen Anstieg gibt? Ich wollte mich nicht leiten lassen von dem, was bereits geschrieben wurde. Sondern überprüfen, was die Forschung weiß – und was nicht. Ich will wissen: Gibt es wirklich eine Krise? Wo haben die Schlagzeilen recht? Wo übertreiben sie? Welche Erkenntnisse liefert die Wissenschaft – und wo sind Forschungslücken? Welche meiner Meinungen muss ich revidieren?

Journal Mittwoch, 30. Oktober 2024 – Blumengeschenk und Großstadt-Deko

Donnerstag, 31. Oktober 2024

Der Wecker riss mich aus tiefem Schlaf, ich stand sehr ungern auf (anscheinend brauche ich derzeit besonders viel Schlaf).

Das Draußen war zu dicken Nebel zurückgekehrt, mein Büroblick hätte eine Star-Rolle in einer Edgar-Wallace-Verfilmung übernehmen können.

Modernes Bürogebäude im Nebel

Bis Mittag verflog der Nebel aber, nach einem Arbeitsvormittag mit viel Wuseln (wie es doch die Bürobewegung erhöhen kann, wenn man merhfach zum Drucker eilt, ohne aufs finale “Drucken” geklickt zu haben!) ging ich zu meinem Mittagscappuccino im Westend durch Sonnenschein.

Spätes Mittagessen, weil so viel SOFOCHT wegzuschaffen war (meine Perspektive, weil für nachmittags etwas Größeres anstand und ich dafür Zeit freimachen wollte): Roggenvollkornbrot, Granatapfelkerne mit Sojajoghurt – jetzt ist die erste Kiste Granatäpfel von Crowdfarming durch (Herrn Kaltmamsell zweige ich immer einen kleinen Anteil der rausgeprokelten Kerne ab). Und ich habe dieses Jahr wieder nicht übers Herz gebracht, die “Adoption” des Crowdfarming-Orangenbaums abzubrechen, werde also wieder drei Riesenkisten Orangen wegkriegen müssen.

Die Sonne hielt sich auch über den wusligen Nachmittag, ab 16 Uhr konnte ich etwas geordneter arbeiten.

Heimweg mit Abstecher in einem Blumenladen: Über das anstehende lange Wochenende wollte ich was Schönes anzusehen haben und schenkte mir einen Blumenstrauß.

In einer schmalen, hohen Glasvase verschiedene Blumen in Weiß- und Rosatönen

Heimweg aber auch mit sauschlechter und gereizter Laune, ich möchte bitte ein Medikament dagegen.

Zu Hause Pilates, Brotzeitvorbereitung (nicht mehr so langwierig wie Granatapfelpulen).

Zum Nachtmahl brauchte Herr Kaltmamsell den Ernteanteil auf und erstellte aus Weißkraut und Kartoffeln Colcannon (Kartoffelbrei mit gebratenem Weißkraut). Wärmend und gut. Nachtisch adventliche Süßigkeiten, Schokolade.

Die Ellbogenlöcher in Herrn Kaltmamsells Haus-Strickjacke habe ich wohl das eine oder andere Jahr zu lang angesehen, ihr Durchmesser lässt sie mittlerweile wie Design und Laufsteg-tauglich wirken. Gestern bestellte ich ihm (nach Einholen von Einverständnis, nur Ja heißt Ja) einen irischen Nachfolger, um einen erfreulicheren Anblick zu bekommen (schönes Zeug da).

Früh ins Bett zum Lesen, neue Lektüre ist Percival Everett, James: Mark Twains kanonische Geschichte Adventures of Huckleberry Finn aus der Perspektive des Sklaven Jim erzählt, das hatte mich sofort gereizt (erinnert man sich eigentlich noch an Christine Brückners Wenn du geredet hättest, Desdemona?).

§

Maximilian Buddenbohm erweist sich als pflichtbewusster Hamburger und besucht den Fischmarkt, damit sich jederzeit ausreichend dekorative Einheimische unter den Touristen bewegen:
“Maritime Stimmungsfragen”.

München ist in puncto Stadt-Deko schon auch rührig. Zwar ignoriere ich die jährlichen Aufforderungen, in anständigem Dirndl das Oktoberfest zu authentifizieren, erfülle meine Münchnerinnen-Pflicht aber durch Biergarten-Sitzen, Janker-Tragen und vor allem öffentliches Bayrisch-Sprechen bei jeder sich bietenden Gelegenheit. (Die Auswärtigen wissen ja nicht, dass gebürtige Münchner*innen ihr Bayrisch fast alle verlernt haben und man am Dialekt treffsicher die zugezogene Provinzlerin oder vom Land identifiziert.)
Manchmal scheitert mein Auftritt allerdings: Wenn ich in der Rolle der “Ich wohne fei hier!” mit Einkäufen oder in Eile durch Besuchergruppen navigiere und darauf hoffe, dass ich vielleicht bestaunt werde (“guck, hier kaufen die Leute auch Frühstücksbrötchen!”), mir vor allem aber Platz gemacht wird.

Journal Dienstag, 29. Oktober 2024 – Raphaela Edelbauer, Die Inkommensurablen

Mittwoch, 30. Oktober 2024

Guter Nachtschlaf, allerdings Verwirrung, als ich um 5:42 Uhr aufwachte, überzeugt war, dass ich noch eine Stunde schlafen konnte und mich nach dem Klogang wieder hinlegte: Der Wecker klingelte planmäßig in dem Moment, in dem mein Kopf auf das Kissen traf um 5:45 Uhr.

Morgenhimmel mit erster Helligkeit, die Silhouette eines Kirchturms, darunter Park eine Straße

Zu meiner Überraschung und Freude gab es zum Hellwerden klaren Himmel mit Mondsichel und Sternen.

Der Bürovormittag war mit reichlich Arbeit und Bewegung gefüllt, wie an den meisten Dienstagen waren die Büros gut besetzt. Mittagscappuccino bei Nachbars, dann spazierte ich weiter zu Discounter-Einkäufen. Die sonnige Luft roch kalt, war aber mild, ich genoss jeden Atemzug.

Spätes Mittagessen, weil Querschüsse: Roggenvollkornbrot, Granatapfelkerne mit Soja-Joghurt.

Emsiger Nachmittag, ohne dass ich mich hetzen musste. Feierabend in letzter Abenddämmerung, auf meinem Heimweg roch die Luft wunderbar.

Unterwegs weitere Lebensmitteleinkäufe unter anderem fürs Abendessen: Herr Kaltmamsell war aushäusig, ich musste mich selbst versorgen.

Leider hatte ich enorm schlechte Laune inklusive Bereitschaft, alles, jede und jeden schlecht und blöd zu finden.

Zu Hause Häuslichkeiten, nach Pilates und Brotzeitvorbereitung machte ich mir als Abendessen Nudeln mit frischen Tomaten und Paprika in Joghurtsauce – da keine kurzen Nudeln im Haus waren (Orecchiette zählen meiner Ansicht nach nicht, zu speziell), bediente ich mich an dem Berg Spaghetti, der sich durch Einkaufslisten-App-Fehlfunktion angehäuft hatte. Ein wenig Gelbe-Bete-Salat war auch noch da, Nachtisch Schokolade. Schon wieder aß ich insgesamt zu viel und wurde mit Bauchdrücken bestraft.

Früh ins Bett zum Lesen, ich wollte Raphaela Edelbauer, Die Inkommensurablen wegbekommen, das mir auf die Dauer dann doch zu abgedreht saturnalisch war. Ich las es dann auch aus.

Die Romanhandlung umfasst 48 Stunden um die Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien Ende Juli 1914 in Wien und dreht sich um vier sehr außergewöhnliche Personen:
– Der 17-jährige Hans, mit dem die Handlung einsetzt, ist gerade von dem Bauernhof in Tirol geflohen, auf dem er nach dem frühen Tod seines bürgerlichen Vaters seit Jahren schuften musste. Warum er trotz diesem Hintergrund fast ohne Dialekt sprechen kann und soviel gelesen hat, wird über die weitere Handlung hin erzählt.
– Klara, die gerade in Mathematik promoviert wird – aus bitterarmem Lumpenproletariat stammend. Dieser Widerspruch klärt sich auf den nächtlichen Streifzügen durch Wien, sie macht mit ihren Freunden Station an den wichtigsten Orten ihrer Vergangenheit. Hans trifft sie im Stiegenhaus von
– Helene, der resolute Psychoanalytikerin, wegen der er unbedingt nach Wien wollte. Ihre Geschichte wird in einem eigenen Kapitel erzählt.
– Adam, junger Sohn einer adligen Militärfamilie, mit Klara befreundet und Patient von Helene, der von Kleinkindbeinen an brutal auf eine Offizierskarriere gedrillt wurde. Auch seine Geschichte wird in eigenen Kapiteln erzählt.

Um sie herum tobt Kriegsbegeisterung, ganz Wien ist im Taumel. Die drei absolvieren ein Abendessen bei Adams Familie, auf dem alte, hohe Offizielle die Kriegslage diskutieren. Dann ziehen sie los durch die Wiener Zwischenwelt von Homosexuellen und Drogen. Dazwischen diskutieren sie ausführlich Klassenfrage und Weltlage. Was sie verbindet, sind übersinnliche Wahrnehmungen.

Das alles ist rauschhaft mit vielen Details erzählt, politische Diskussionen wechseln sich ab mit tumultartigen Schlägereien, Orgien, Wahn, am Ende wird Klaras Rigorosums-Vortrag über die Inkommensurablen seitenlang wörtlich wiedergegeben. Mir wurde schon klar, dass die Erzählweise das Durcheinander direkt vor Kriegsausbruch spiegelte, die Gleichzeitigkeit von allem Nicht-Alltäglichen, den irrationalen Kriegsrausch. Doch mir war das insgesamt einfach zu viel, zu konstruiert: Ich kam keiner Figur, keinem Ort und keinem Thema (eingebaut sind auch Suffragetten und Zwölftonmusik) nahe.

§

Entdeckung auf instagram (Beifang aus dem beruflichen Pressespiegel: Der Tagesspiegel hatte “Vermittlungskünstler” aus der Forschung vorgestellt.):
robinga_schnoegelroegel, Plantfluencer, informiert zu Biodiversität.
Hier sein Rant zu Zuchtsorte aus dem Supermarkt und ihre ökologische Auswirkung auf den heimischen Garten.

Journal Montag, 28. Oktober 2024 – Ausflug nach Neuperlach

Dienstag, 29. Oktober 2024

Eher unruhige Nacht, verkraftbar nach all dem guten Schlaf.

Nebel über einem herbstbunten Park, schemenhaft ein Kirchturm

Das Draußen war zurückgekehrt zur Nebelsuppe. Bei der Morgentoilette hörte ich über den Innenhof unseres Wohnhauses einen Nachbarn deutlich übler husten als den gebeutelten Herrn Kaltmamsell, aber bei diesem Nachbarn handelte es sich mutmaßlich um den Herrn, der mit starkem Rauchen nachhilft.

In der Arbeit schaffte ich schnell so viel weg wie möglich, stimmte mich mit relevanten Team-Mitgliedern ab, nahm am ersten Teil einer wöchentlichen Online-Runde teil – dann brach ich auf zu meinem Termin Myom-Sprechstunde in der Klinik Neuperlach.

Lange U-Bahn-Fahrt, das letzte Stück ging ich lieber zu Fuß, als mich vom Bus fahren zu lassen, ich wollte ein wenig Neuperlach sehen.

Der Termin involvierte doch einiges an Warterei, aber darauf war ich im Klinik-Betrieb vorbereitet. Die Fachärztin nahm sich viel Zeit fürs vorbereitende Gespräch, dann auch für die Untersuchung, ebenso fürs anschließende Besprechen der Untersuchung und möglicher Konsequenzen. Es stellte sich heraus, dass meine Gebärmutter mittlerweile von meinem (seit vielen Jahren bekannten) Riesenmyom und einigen kleineren Gefährten komplett vereinnahmt wurde, auf dem Ultraschall-Bildschirm war nichts zu sehen außer MYOM, Myome und Gebärmutterhals. Das bedeutet laut der Gynaäkologin: Entfernung der Wucherungen selbst unmöglich, doch auch die Entfernung mitsamt Wirts-Organ ist mit für mich überraschenden Risiken behaftet (Frau Dr. hatte tatsächlich Zahlen dazu im Kopf, ich war beeindruckt). Ich werde nachdenken müssen.

Erst nach eins stand ich wieder draußen – und freute mich über einen weiteren Sonnentag, der es durch den Nebel geschafft hatte.

In der Sonne gehen Menschen über eine Brücke, im Hintergrund Wohnhochhäuser und blauer Himmel mit weißen Wolken

Der Himmel über Neuperlach, für mich ein sehr selten besuchtes und deshalb exotisches Stadtviertel Münchens. Doch mir war die lebendige Atmosphäre mit vielen bunten Menschen sofort sympathisch, das viele Grün half ebenfalls, architektonisch fand ich die verschiedenen Wohnblock-Epochen interessant.

Zurück im Büro stürzte ich mich kurz vor zwei exterm hungrig auf meine Brotzeit: Roggenvollkornbrot, Granatapfelkerne.

Dann schaffte ich ordentlich was weg, kam gut durch bis zum Feierabend, musste allerdings selbst an diesem sonnigen Tag die letzte halbe Stunde das Licht im Büro einschalten.

Herr Kaltmamsell muss diese Woche nicht in die Schule und kann seine Zeit frei einteilen: Er hatte die Einkaufsliste leergekauft, ich ging direkt nach Hause. Dort Blumengießen, Wäscheaufhängen, eine halbe Stunde Pilates, Brotzeitvorbereitung.

Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell aufgewärmt die zweite Runde Gänsebraten mit Semmelknödelfüllung, wieder sehr gut. Auch Gelbe-Bete-Salat war noch da. Nachtisch Nusskuchen und Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen.