Eine persönliche Hüsch-Geschichte

Dienstag, 6. Dezember 2005 um 17:16

Bei mir war es nämlich der hessische Woidler* Frank, der mir Hüsch beibrachte. Schon die erste der vielen Audiokassetten, die er mir im Lauf unserer Freundschaft zusammenstellte, enthielt ein Stück Hüsch: „Kino“. Er fütterte mich regelmäßig mit Hüsch-Schnippseln (“Als seine Bewusstlosigkeit, der Herzog von Braunschweig…”, “Hagenbuch hat jetzt zugegeben…”), bis ich anfing, selbst zu suchen und zu kaufen.

Einmal nahm mich der Frank mit in seinen hessischen Heimatort. Ich musste zu einer Tagung nach Bonn, da fuhr ich einfach einen Tag früher und mit Frank, damit ich die Gegend besichtigen konnte, in der das R angeblich englisch ausgesprochen wurde (es stellte sich heraus: Die tun das da wirklich.). Auf dem Weg dorthin füllte Frank mich mit Hüschs „Schwarzem Schaf vom Niederrhein“, rauf und runter, als Einstimmung. Ich lachte sehr, zumal bei der Beschreibung des typischen Niederrheiners, der nach Jahrzehnte langer Abwesenheit im Ausland zurück kommt, die Wohnungstür öffnet, und dem als erstes von der Verwandtschaft die Frage entgegen schallt: „Weißt du, wer gestorben ist? Das rätst du nie!“

Am Ende der Fahrt machte Frank erstmal am örtlichen Krankenhaus Halt: Franks Oma war nämlich gefallen und hatte sich verletzt, weswegen sie dort drin lag. Wir öffneten die Tür zum Krankenzimmer und blickten auf eine schöne und stattliche alte Frau, Franks Oma. Ohne auch nur „Hallo“ zu sagen, fragte sie ihn: „Weißt du wer gestorben ist? Das rätst du nie!“ Den schlechten ersten Eindruck, den sie von mir bekommen haben muss, als ich lachend zusammenbrach, hatte ich nie Gelegenheit, wieder grade zu biegen.

*Ein bayrischer Woidler kommt aus dem Bayrischen Wald, ein hessischer also – aus dem Westerwald.

die Kaltmamsell

11 Kommentare zu „Eine persönliche Hüsch-Geschichte“

  1. arboretum meint:

    *Ein bayrischer Woidler kommt aus dem Bayrischen Wald, ein hessischer also – aus dem Westerwald.

    Sind Sie sicher, dass jener Herr wirklich Hesse ist und kein Rheinland-Pfälzer?

  2. die Kaltmamsell meint:

    Ich lass mich ja gern verunsichern und habe nochmal nachgeschaut: Der Ort ist verbriefterweise Bundesland Hessen und liegt in meinem Schulatlas nur Millimeter unter dem L von “WESTERWALD”. Echt ehrlich.

  3. croco meint:

    Genau das wollte ich auch sagen, der Westerwald ist ganz und gar rheinland-pfälzisch.Und das R wird in Rennerod gerrrrollt, ganz proffesionell.
    Auf der schwäbischen Alb gibt es dieses RRRR auch.

  4. pepa meint:

    Egal wie und wo der Woidler was auch immer rollt:
    Die Geschichte ist einfach sowas von großartig!
    (Vor allem, weil ich mir so genau und bildlich vorstellen kann, wie Du in dieser Situation nicht an Dich halten konntest.)

  5. arboretum meint:

    Croco, ein kleiner Zipfel vom Westerwald liegt tatsächlich in Hessen, das “A L D”, um genau zu sein, aber weil dieser Zipfel so klein ist, sind Hessen aus dem Westerwald eher selten, und deshalb habe ich gefragt.

  6. arboretum meint:

    Und das Gesicht der Großmutter angesichts Ihres Lachanfalls hätte ich auch gern gesehen.

  7. Jörg meint:

    An sich liegt der Westerwald in Rheinland-Pfalz und hat nur kleinere Teile in Hessen bzw. Nordrhein-Westfalen.

    “Feuerroter Ferrari” – ausgesprochen von einem Westerwälder ist ein Erlebnis.

  8. varzil meint:

    @croco:
    Das mit dem “rollenden R” ist missverständlich – ich würde damit das Zungen-R, wie es in Italien usw. üblich ist, meinen.

    das “englische R” hingegen mit der nach hinten gebogenen Zungenspitze rollt eigentlich nicht wirklich, gurrgelt vielleicht eher. Und ob in RRRRenneRRRod nu gerollt oder gegurgelt wird, weiß ich auch nicht…

  9. croco meint:

    Ja, so differenziert habe 9ich das noch nicht gesehen.
    Auf der Alb ist es eher das italienische R, in Rrrrennerrrrod das englische R.
    Dann ist das ostfriesische R aber eher ein italienisches?Das landet vorne an der Zunge, das Westerwälderische R kippt die Zungenkanten nach oben.
    Im übrigen liebe ich alles, was mit Dialekt zu tun hat, höre unheimlich gerne die Sprache, in der jemand aufgewachsen ist.Ich mag sie ALLE :-)

  10. Stephan meint:

    Rubbt in Rennerod auch die Rrrode-Rrrroiwwe-Rrrrubbmaschin die rrrode Rrroiwwe rraa? In der Wetterau (Wedderrruaa), dem hessischen Texas, wo beim R-Sprechen die komplette Zungenunterseite am Gaumen liegt, ist das nämlich das Standardbeispiel zum Dialekt-Vorführen.

    Apropos Dialektik, darf ich kurz anmerken, daß mir Hüsch’ wohlfeile Selbststilisierung zum “schwarzen Schaf” als Grundmotiv seines politischen Kabaretts gehörig auf die Nerven gegangen ist und ich deshalb sein Spätwerk gerne missen werde?. Aber ich fand/finde ja auch an Max Schmeling so gar nichts Bewundernswertes.

  11. die Kaltmamsell meint:

    Stephan, darf ich als Synthese kurz anmerken, dass es mir scheißegal ist, ob und in welcher Weise Hüsch Sie genervt hat?

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