Journal Dienstag, 20. Februar 2018 – Feudales Nachtmahl

Mittwoch, 21. Februar 2018 um 6:43

Den ganzen Tag spazierten gelangweilte Schneeflocken an meinem Bürofenster vorbei. Dabei soll es laut Vorhersage jetzt erst so richtig kalt werden.

Das Abendessen hatte ich mal wieder Herrn Kaltmamsell überlassen – der anscheinend den ganzen Nachmittag in der Küche verbrachte: Es duftete bereits hinter der Wohnungstür mundwässernd.

Als Hauptspeise gab es Enchiladas aus dem Ofen mit einer Füllung aus gekochtem Hühnchenfleisch, Tomaten, grünen Paprika, Sauerrahm, scharf – köstlich und besser als alles, was ich je in einem TexMex-Laden bekommen habe. (Mit den Glasteller kommen Sie zurecht?)

Doch Herr Kaltmamsell wies mich auf den Dämpfer hin, der seit drei Stunden auf dem Herd köchelte: Er hatte Sussex Pond Pudding ausprobiert. Von dem Pudding hatte ich noch nie gehört, doch an Dew Ponds war ich beim Wandern in Südengland immer wieder vorbei gekommen. Jetzt erfuhr ich, dass sie einem sehr altmodischen (Erstbeleg 1672) britischen Nachtisch Pate gestanden hatten.

Außen suet crust, innen eine ganze Zitrone, Butter und brauner Zucker.

Schmeckte sehr exotisch, aber durchaus gut. (Herr Kaltmamsell hat dieses Rezept verwendet.)

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Es hat sich herausgestellt, dass Mitglieder der Hilfsorganisation Oxfam im Haiti Hilfebedürftige sexuell missbraucht haben – und das ist nur der aktuellste solche Skandal. Mademoiselle Read on kennt aus eigenen Projekten die menschliche und gesellschaftliche Konstellation, die solchen Missbrauch erleichtert und nennt das Gegenmittel:
“Die Suche nach dem Korrektiv”.

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Eine schöne Vermietergeschichte:
“Stiftung statt ErbschaftDer Fair-Mieter”.

In dem Moment, indem ein Unternehmen Vermieter an Privatpersonen ist, kann man die Hoffnung auf solch eine Haltung natürlich vergessen.

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Das frage ich mich ja schon lang: Meine Generation, die mit Videospielen groß geworden ist (fragen Sie mal Herr Kaltmamsell nach seiner Jugend vorm Fernseher, am C64 und beim Rollenspielen), die das Web wenn nicht erfunden hat, dann aber gleich nach Erfindung intensiv genutzt: Wie handhaben die den Computer- und Netz-Umgang ihrer Kinder?
Eine Antwort findet man im immer noch guten Buch von Tanja und Johnny Häusler: Netzgemüse.
Weitere Antworten hat der Spiegel gesammelt:
“Wenn Eltern mit den Kindern zocken”.

via @dasnuf

die Kaltmamsell

3 Kommentare zu „Journal Dienstag, 20. Februar 2018 – Feudales Nachtmahl“

  1. Sabine meint:

    Völlig off-topic, aber zum Thema historische Kleidung möchte ich die neue BBC-Serie “A Stitch in Time” (auf Youtube zu finden) dringend empfehlen. Zuerst habe ich bei Suschna darüber gelesen, aber inzwischen schleift sie ihre Samtschleppen durch mein ganzes Internet. Eine sehr vergnüglich und immer thematisch passend aufgebrezelte Modehistorikerin macht sich mit Hilfe einer Kostümschneiderin (diese Werkstatt! Diese Mitarbeiterinnen!) daran, berühmte und weniger berühmte Kleidungsstücke der Vergangenheit nachzuschneidern und auszuprobieren – von Marie Antoinettes skandalumwitterter Chemise de la Reine bis zu dem vielfach geflickten Lederwams eines Gärtners.

    In der Folge über den Waffenrock des Schwarzen Prinzen kann man mal wieder allem Ärger über die lästige Angewohnheit der Briten, in Begeisterung über sehr zweifelhafte historische Figuren zu verfallen, nur weil sie irgendwie dashing waren und für die Größe der Nation vereinnahmt werden können. Hallo, der Schwarze Prinz? Ein abscheulicher Warlord und Kriegsverbrecher? Aber egal, der Waffenrock ist wirklich cool und das noch vorhandene Original (!!!) hing bis ins späte 19. Jahrhundert über seinem Grabmal in Canterbury. So wie die Waffen Henry V’s über den aufgebahrten Mumien jenes Königs und seiner Frau hingen, so lange immerhin, dass Samuel Pepys noch prahlen konnte, die Königin geküsst zu haben. Igitt. Die spinnen, die Briten.

    Aber sie haben die BBC, die für hunderte Stunden Stickarbeit für so eine Sendung bezahlt.

  2. die Kaltmamsell meint:

    Au ja, Sabine, da hatte ich auf Empfehlunge einer Kommentatorin schon die Folgen zu Charles II und zum Arnolfini-Kleid gesehen: Hammer! Die Modehistorikerin Amber Butchart selbst ist ja schon eine Schau.

  3. Sabine meint:

    Die Folge über den Hedge Cutter und sein Lederwams (an dieser Stelle wäre ein Exkurs über die Bedeutung von Hecken im allgemeinen und über ihren Schnitt denkbar, wollte man ein wenig Nerd-tum Beweise) ist auch der Hammer. Da kommt eine alte Sammlung von Textilien drin vor die, ach nein, ich weine doch gar nicht, man kann es gar nicht sagen…

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