Archiv für Dezember 2003

Spracherwerb

Montag, 8. Dezember 2003

Bei manchen Wörtern weiß ich noch ganz genau, wie und wo ich sie gelernt habe.
Als ich mich mit meinem Mitbewohner (mit dem mich übrigens neben Wohnung und Bibliothek unter vielem anderen auch ein Trauschein verbindet) kürzlich über die Weihnachtsbastelei unserer Kindheit unterhielt, fielen uns diese Scherenschnitt-Häuser ein. Schwarzes Karton-Papier, aus dem man Häuser mit Fenstern schnitt. Die Fenster wurden dann mit buntem durchsichtigen Papier hinterlegt. Das ganze klebte Mama als Häuserzeile ins adventliche Kinderzimmer-Fenster.
Wie diese Papiersorten heißen, fällt mir gerade auf, habe ich mir ganz offensichtlich NICHT gemerkt. Aber ich wusste sofort wieder, dass ich anlässlich dieser Bastelei das Wort „Giebel“ gelernt habe.

Radio

Sonntag, 7. Dezember 2003

Gestern während einer langen Bahnfahrt hatte ich Bayern 3 auf den Kopfhörern. Hatte ich schon ewig nicht mehr gehört, weil ich es weder in meiner Augsburger noch in meiner Münchener Wohnung ordentlich reinkriege. Die Musik ist immer noch komplett nix, wie ich es vom letzten Zuhören in Erinnerung hatte. Aber die professionelle Moderation genieße ich wie bei allen öffentlich-rechtlichen Sendern sehr. Zumal ich am Tag davor beim Kochen den Münchener Sender Radio Charivari eingeschaltet hatte, und dort der Nachrichtensprecher die aktuellen Unglücke mit einem Verve verkündete, das ich sonst nur bei den Sonderangebots-Ansagen im Edeka kenne: “Die Zahl der Todesopfer stieg nach Angaben des Geheimdienstes auf VIERZIG!”

Beim Bayern-3-Hören musste ich dann auch sehr schmunzeln: Deren Adventskalender scheint darin zu bestehen, dass jeden Tag ein anderer Moderator ein Weihnachtslied singt, so richtig mit Musik und ordentlich abgemischt. Finde ich angenehm rührend.

Radiowerbung hingegen ist auf allen Frequenzen gleich erbärmlich. Ich bin versucht, alle Hersteller, Marken und Geschäfte zu boykottieren, die mir ihre Werbung im Radio antun.

Unterm Strich trauere ich immer noch gutem journalistischen Radio hinterher, wie ich es noch Ende der 80er kannte. Bayern 3, Morgentelegramm fällt mir da zum Beispiel ein. Wie da regelmäßig Politiker und Behördenchefs aus dem Bett geholt wurden, um ihnen nach allen Regeln der Kunst auf den Zahn zu fühlen… Ich fürchte, irgendwann steht auf der Vorspeisenplatte ein breit angelegter und detaillierter Jammerer über das deutsche Radio heutzutage an. Unter Berücksichtigung meiner persönlichen Beiteiligung daran.

Im Geiste Robert Gernhardts

Samstag, 6. Dezember 2003

Ich schreib sowas nicht leichtfertig: Aber hier und hier sieht es aus, als hätte Robert Gernhardt einen Ziehsohn. Grenzt an gruslig, ich freue mich aber trotzdem sehr.

Perry Mason

Freitag, 5. Dezember 2003

BIGAMOUSSPOUSE (30k image)

Eigentlich waren wir damals zu Angies Haferl marschiert, um Bücher loszuwerden. Die gemeinsame Bibliothek quoll über, und ich hatte mich mit Mitbewohner gegen den Kauf eines neuen Regals entschieden, statt dessen für Ausmisten. Kriterien für die Deklaration als Unkraut waren:
– Habe ich noch nie gesehen, oder
– kann mich nicht im Geringsten an den Inhalt erinnern, oder
– fand ich vergessenswert.

Die so gejäteten Bücher füllten zwei große Rucksäcke, mit denen wir zu unserer liebsten Buch- und Möbeltandlerin wanderten. Wir wollten nicht mal Geld für die Bücher, Angie sollte sie nach Belieben weiterverkaufen. Vor dem kleinen Trödelladen in der Augsburger Jakobervorstadt aber wartete eine Falle: Mehrere Körbe voller alter englischer Taschenbücher. Ich weiß nicht mehr genau, ob wir die ausgemisteten Bücher bereits losgeworden waren oder ob wir mit noch gefüllten Rücksäcken an diesen Körben hängenblieben. Deutlich sichtbar enthielten sie nämlich eine Sammlung von etwa 20 Perry Mason Romanen.
Wir kamen mit fast ebenso vielen Büchern zurück, wie wir eben gejätet hatten.

Damals hatte ich gerade eine Reihe noirester Krimis hinter mir und war leichte Beute des einfachen Blümchenoptimismus’ in Erle Stanley Gardners Perry-Mason-Reihe. Ich war hingerissen von dem ewig männlich-herben, nicht mehr ganz jungen Perry, von seiner immer jugendlich-frischen und überaus schlauen Assistentin Della Street. Zumal jedesmal und verlässlich das Gute am Ende siegte. Da mein Mitbewohner ein geborener Sammler ist, ruhte er nicht eher, bis wir alle Krimis der Reihe besaßen, so um die gut 90.

Die Konsequenzen:
– Ich kenne mich im kalifornischen Rechtssystem der 40er bis 70er Jahre besser aus als im heutigen deutschen (inklusive spezifischem Vokabular).
– Ich fühle mich darin bestätigt, dass Populärliteratur ein echterer, weil impliziter Spiegel von Zeitgeschichte ist als so mancher Intellektuellenroman, der Zeitgeschichte zum Thema hat.
– Ich habe ein Faible für alte billige Paperback-Titelillustrationen.

Die schönsten Titelseiten unserer Perry-Mason-Sammlung hat mein Mitbewohner sauber gescannt, einige davon zieren als Ausdrucke unsere Wände.

Da ich dieses Vergnügen gerne teilen möchte, werde ich sie in unregelmäßiger Folge auf die Vorspeisenplatte stellen. They don’t make them like that anymore…

Duschen durch Deutschland

Freitag, 5. Dezember 2003

Eine hilflose kleine Zwangshamburgerin ist Opfer ihrer agressiven Dusche geworden. Gerade in der Vorweihnachtszeit kennt die Hilfsbereitschaft keine Grenzen, und so rief die selbstlose Bloggerwelt die Aktion “Duschen durch Deutschland” aus. Hier in München biete ich zahnbelagfarbene Kacheln und einen Kronleuchter. Bitteschön, jederzeit.

DuscheKaltmamsell (28k image)

(Vor dem Dusch-Besuch würde ich natürlich die Glühbirnen des Leuchters komplettieren, hüstel.)

Engelchen

Donnerstag, 4. Dezember 2003

Und dann kommt der Moment, in dem Quizilla mich DOCH noch überrascht.

ang
You are Form 2, Angel: The Pure.

“And The Angel rose as holy protector for
all that was created. She fought with honor
and valor to serve the good of the world. But
the coming of the mankind was her downfall; and
end to purity.”

Some examples of the Angel Form are Michael
(Christian) and Hercules (Greek).
The Angel is associated with the concept of virtue,
the number 2, and the element of wind.
Her sign is the zenith sun.

As a member of Form 2, you are a person of your
word. You generally keep your promises and
give everything you do your best. Although
some people see you as overbearing sometimes,
you know that you have to stay true to yourself
and do what’s right. Angels are the best
friends to have because they are brutally
honest.

Which Mythological Form Are You?
brought to you by Quizilla

Und als “best friend” kann ich mich nun wirklich nicht empfehlen, siehe unten.

Ex-Freunde

Donnerstag, 4. Dezember 2003

A. hat es ein weiteres Mal versucht: Gestern fand ich eine Mail von ihr im Posteingang. Wie es mir denn gehe. Und dass sie mich sehr gerne mal wieder sehen möchte.
Wie macht man mit Freunden Schluss? Ich wiederum will sie nämlich nicht sehen. Nicht in dem Maß, dass ich eine Begegnung absichtlich verhindern würde. Aber für mich ist diese Freundschaft bereits seit vielen Monaten beendet. Wie die Freundschaft zu U., L., und G. Ich habe genau genommen mit einem ganzen Freundeskreis Schluss gemacht.
Eigentlich hatte ich gehofft, das würde sich dadurch erledigen, dass ich an keinem Treffen mehr teilnehme und auch sonst einfach von der Bildfläche verschwinde. Das hätte möglicherweise auch geklappt, wenn nicht mein Mitbewohner ein Teil dieses Freundeskreises wäre. Er versteht sich mit den Vieren weiterhin sehr gut und trifft sich regelmäßig mit ihnen. Dadurch bin ich wohl indirekt immer noch präsent.

Es handelt sich ja auch keineswegs um ein Zerwürfnis. Ich habe mich lediglich von diesen Menschen weg gelebt. Angefangen haben die Freundschaften zu Studienzeiten. Da war der Kreis auch erheblich größer – und nicht wirklich ein Kreis. Die Leute waren jeweils mit allen anderen einzeln befreundet. Wir trafen uns fast ausschließlich zu zweit oder zu dritt. Im ganzen Jahr gab es vielleicht drei bis vier Gelegenheiten, zu denen alle an einer Stelle versammelt waren: Partys, große Gelage, Grillen am See.

Der Großteil dieses Freundeskreises verstreute sich nach dem Studium naturgemäß über die Republik, auf andere Kontinente, in Familiengründung. Eine Folge war, dass sich der Rest eher zu offiziellen Gesamttreffen verabredete. Das spontane Bierchen starb aus. Diese Gesamttreffen langweilten mich aber immer mehr: Wie Familientreffen liefen sie nach dem immer gleichen Muster ab, bis in die Gesprächsthemen hinein.
Dazu kam, dass sich mein Leben in den vergangenen Jahren sehr verändert hat. Für dieses veränderte Leben fühlte ich mich immer mehr angefeindet. Als ich mir dessen bewusst wurde, erschreckte mich am meisten, dass mir diese Ablehnung egal war: Die Leute waren mir egal geworden. Also beschloss ich auszusteigen – auch wenn ich wusste, dass ich dadurch meinen Mitbewohner in eine unangenehme Situation bringen würde.

Aber dazu gehe ich doch nicht hin und sage: „Übrigens, ich bin ab jetzt nicht mehr Eure Freundin.“ Das macht man zur Beendung von Beziehungen. Die basieren ja meist auf einer gewissen Ausschließlichkeit und bedürfen der klaren Definition „wir sind ein Paar“ oder eben „wir sind als Paarteil verfügbar“. Freundschaften laufen halt aus. Ich will doch auch niemanden verletzen. Und ich habe überhaupt gar keine Lust auf eine Diskussion, auf Rechtfertigungen oder Erklärungen.

Das heißt ja dann wohl, dass ich die Mail von A. einfach unbeantwortet lösche, oder?