Archiv für März 2005

Mini-Bloggertreffen, unilateral

Donnerstag, 10. März 2005

Gestern war ich auf der Lesung von Else Buschheuer im Münchner Literaturhaus. Sie sah ein wenig müde aus, wirkte aber entspannt, aufmerksam, freundlich. Frau Buschheuer las aus ihrem neuen Roman Venus, den ich nicht kannte und dessen Kauf ich davon abhängig machte, ob mir das Vorgelesene gefallen würde. Tat es, unter anderem weil Frau Buschheuer darin sehr schöne Sachen mit der auktorialen Erzählperspektive macht. Auffallend und überraschend: Sie las zunächst strikt gegen den Text, also genau anders als man mir in der Schule „gutes“ Vorlesen beigebracht hatte. Mit diesem Trick schaffte sie es, die ganze Aufmerksamkeit auf die Wörter zu lenken, weg von sich als Vorleserin.
Und sie hat ein wunderschönes Profil.

Ich bin ja immer noch ein wenig verdutzt, dass jemand, den ich vor über einem Jahr als New-York-Bloggerin lesen gelernt hatte, sich als öffentliche Person herausstellte. Mangels Fernsehbildung oder Interesse an deutschsprachiger Literatur sagte mir der Name Else Buschheuer nichts; erst nach und nach erschloss sich mir ihr Hintergrund – wie das beim Bloglesen halt so ist.

Masserberg habe ich gelesen, hat mir gefallen. Doch weder dieser Roman noch das Bild, das ich mir von Frau Buschheuer durch ihr Blog machte, wollte zu den Attributen passen, mit denen die Presse jetzt ihre Lesereise ankündigt: „Enfant terrible“? „Skandalautorin“? Viel interessanter fand ich gestern die Gelegenheit, Elses „einziges Paar Schuhe“ zu sehen und linste forschend unter den Tisch. Ergebnis: robuste braune Damenstiefel.

Mitsprecher

Mittwoch, 9. März 2005

Diese Menschen, die in Unterhaltungen ständig versuchen, Wörter oder Sätze des Gesprächspartners mitzusprechen. Da sie im seltensten Fall wissen können, welchen Verlauf der Satz nehmen wird, haspeln sie nickend und lächelnd, den Kopf vorgestreckt, halblaut vor sich hin, spiegeln dabei gerne sogar die Mimik des Gegenübers. Es ist, als wollten sie einen Text von den Lippen lesen und gleichzeitig mitsprechen.

Derzeit habe ich berufsalltäglich sogar mit zweien von diesen Menschen zu tun.

Gibt’s das als wissenschaftliche Beschreibung? Irgendwas mit -„syndrom“?

Kommen Sie?

Mittwoch, 9. März 2005

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Mittwoch, 9. März 2005

Guck mal: Es schneit!

Winter? DAS war ein Winter!

Sonntag, 6. März 2005

1962 erlebte ein 20-jähriger Elektriker aus Madrid, der mein Vater werden sollte, seinen ersten bayerischen Winter in der Stadt, in der ich auf die Welt kommen sollte. Es war so kalt, dass die Donau zufror. Mein Vater erzählt, dass seine Arbeitskollegen ihm den Tipp gaben, sich gegen die Kälte unter Mantel und Hose mit Zeitungspapier zu umwickeln. Das habe tatsächlich gut gewärmt, meint mein Vater. Was Wunder, die Herren Kollegen hatten mit dieser Methode schließlich den Krieg überlebt.
Ich verzeichne das als ersten intensiven Kontakt zwischen meiner Familie und der Lokalzeitung, für die ich später arbeiten sollte. (Wheels within wheels!)

Bücher? Verleihnix.

Samstag, 5. März 2005

Wer Bücher stiehlt oder ausgeliehene Bücher zurückbehält, in dessen Hand soll sich das Buch in eine reissende Schlange verwandeln. Der Schlagfluss soll ihn treffen und all seine Glieder lähmen. Laut schreiend soll er um Gnade winseln, und seine Qualen sollen nicht gelindert werden, bis er in Verwesung übergeht. Bücherwürmer sollen in seinen Eingeweiden nagen wie der Totenwurm, der niemals stirbt. Und wenn er die letzte Strafe antritt, soll ihn das Höllenfeuer verzehren auf immer.
NZZ via Zeitgenossen

Ich verleihe keine Bücher. Während ich mit meinem sonstigen Besitz freigebig umgehe und Kleidungsstücke, Schmuck oder Werkzeug sogar denjenigen leihe, die bislang noch jedes Teil beschädigt oder beschmutzt zurückbrachten, bin ich bei meinen Büchern schon seit vielen Jahren rigoros.
„Kann ich mir das leihen?“, fragen sie meist rhetorisch, das Buch schon halb eingesteckt.
„Nein, tut mir leid: Ich verleihe keine Bücher.“ Fest und ohne heischenden Unterton.

Eine französische Idee:
Dort wurde 1911 ein Verein mit dem Namen «Liga gegen das Verleihen von Büchern» gegründet. Seine Mitglieder waren fein heraus: Wenn sie um ein Buch angegangen wurden, brauchten sie keine Ausreden zu erfinden, sondern nur darauf hinzuweisen, dass sie ihrer Liga im Wort seien.
(ebd.)

Ich brauche nicht mal die Ausrede einer Vereinigung. Seit ich Geld verdiene, kaufe ich jedes Buch, das ich lesen möchte. Damit fing es an: dass ich mir selbst keine Bücher mehr auslieh. Und dann genügte es, dass ich ein paar Mal meine verliehenen Bücher nicht mehr zurückbekam, einmal die Leserin eines meiner Bücher beim Brechen des Taschenbuchrückens beobachtete, und es war Schluss mit dem Verleihen, ein für allemal. Im Grunde empfinde ich bereits die Frage danach anmaßend. Man müsste meiner Bibliothek schließlich ansehen, welchen Stellenwert Bücher für mich haben.

Allerdings verschenke ich sehr oft Bücher, sogar die Exemplare, die jemand zu leihen erbittet. Wenn es sich um eine leicht erhältliche Ausgabe handelt, folgt dem Hinweis auf mein Verleihnix normalerweise: „Aber ich schenke es dir.“
Auch meine Lese-Empfehlungen haben meist die Form eines Geschenks. Deswegen stehen in der gemeinsamen Bibliothek von Mitbewohner und mir viele Bücher doppelt: Bevor wir zusammenzogen, kaufte ich ihm jedes Buch, das ich ihm ans Herz legen wollte.

Sofort verschenkt werden inzwischen auch Bücher, die mir nicht gefallen; in diesem Fall natürlich nur auf Wunsch.

Früher waren die Winter irgendwie anders?

Donnerstag, 3. März 2005

„Früher waren die Winter irgendwie anders“, scherzt Meister typ.o, und mir fällt ein, dass ich dieser Tage in der Süddeutschen einen Meteorologen sagen las, dieser Winter sei lediglich nach 19 Jahren Ausnahmen wieder ein ganz normaler. Ich wunderte mich, wie er ausgerechnet auf 19 Jahre kam und rechnete nach, bis ich beim Winter 1986/87 angelangte.

Oh ja, das war ein Höllenwinter. In meinem C-Kadett funktionierte die Heizung nicht, weswegen ich auf der Fahrt in die Dorfredaktion alle paar Kilometer anhalten musste, um den gefrorenen Atem von der Innenseite der Windschutzscheibe zu kratzen. Eine Nierenentzündung holte ich mir bei dieser Gelegenheit auch gleich.

Eine Folge von Temperaturen unter -20 Grad über viele Tage: Als ich nach einem Wochenende bei meinen Eltern in meine Dachkammer auf dem Dorf kam, war der Orangensaft im Küchenschrank zum Block gefroren. Ich stellte ihn in den Kühlschrank zum Auftauen.