Wieder bloß Tagebuchiges
Donnerstag, 26. Januar 2006 um 13:10Vorgestern Abend dann doch nicht mehr in die Muckibude gegangen, weil über eine Stunde auf dem Bahnhof der Arbeitsstadt festgesteckt: Streckensperrung wegen „Personen auf den Schienen“. Zynische Ränke geschmiedet, ob die Bahn nicht einen Suizid-Service anbieten sollte: „Bevor Sie sich selbstmörderisch auf unsere Schienen legen, melden Sie sich bei uns unter Tel. 030/XXXXX. Wir erschießen Sie diskret, schnell und zuverlässig.“ Damit wäre doch allen Beteiligten geholfen.
Gestern morgen zwischen den auditiven Belästigungen einer Musikhörerin zwei Sitzreihen weiter und des Teegeschlürfes der Businesslady mir gegenüber jeglicher Konzentration auf mein Buch verlustig gegangen. Mich in Gedanken von der Gegenüberfrau mit „Wiedersehen, Frau Schlürf“ verabschiedet, schließlich doch nur gelächelt.
Untertags ein Sie verloren. Doch wer will es sich schon mit dem Kantinenchef verscherzen, der mir unvermutet über seine Kantinenkasse hinweg die riesige Hand entgegenstreckte: „I bin dr Hans.“
In der Muckibude zum wiederholten Mal ein Probetraining beobachtet, bei dem der Probekunde die gebuchte Aufmerksamkeit des Trainers nutzte, alle Details seiner körperlichen Funktionen im Alltag zu erörtern, auch aus historischer Perspektive: „Früher habe ich morgens beim Aufstehen eher so den Sehnenansatz am linken äußeren Fußgelenk gespürt, jetzt merke ich das eher innen am Gelenk.“
Gestern Abend aufgrund dieser Erinnerung den Mitbewohner zum Öffnen eines Konserven-Haggis gezwungen. Er hatte nach meiner Anregung zu einem Miniatur-Burns-Supper zudem eigens Petersilienwurzeln und Chivas Regal (kann ich bis heute nicht aussprechen) besorgt. Doch zu meiner Beschämung fand ich den Dosen-Haggis greulich. Aß statt dessen Gurkensalat zu Abend.
die Kaltmamsell7 Kommentare zu „Wieder bloß Tagebuchiges“
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26. Januar 2006 um 14:08
Falls es Dich tröstet: Dosenhaggis haben wir vor vielen Jahren auch mal geschenkt bekommen. Der stank so penetrant nach Katzenfutter, dass wir ihn gar nicht erst warmgemacht, sondern gleich weggeworfen haben.
26. Januar 2006 um 14:21
Wunderbarer Vorschlag mit dem Suizid-Service ;-)
26. Januar 2006 um 15:00
Klasse Idee mit dem Service. :-)
(Und mit Sekretärinnen, Systemadministratoren, Hausmeistern, Wach- und Kantinenpersonal sollte man sich IMMER gut verstehen.)
26. Januar 2006 um 16:32
Das ist schon lästig, wenn man so aus der Welt geht, indem man anderen noch den Tag versaut. Es ist doch übel, wenn einer alles aufwischen muss.
Ich verstehe auch, warum viele in der Muckibude sich Musik auf die Ohren geben. Das Geschwätz hält man nicht aus.
26. Januar 2006 um 19:39
Das mit der Frau Schlürf ist mein Lächeln des Tages geworden.
Danke.
:o)
26. Januar 2006 um 23:58
Ja, dieser Service wäre auch für Attentäter sehr geeignet, liessen sie sich nur umstimmen! Da sich aber auch Suizidale etwas in den Kopf setzen und halt ums Verrecken “unter den Zug” möchten, würde ich vorschlagen, dafür ein Abstellgleis zu nutzen, das geht dann auch mit einer ausrangierte Lok und einem ebensolchen Lokführer. Und wenn sich das bewährt, kann die Bahn weiter diversifizieren und sich auch des Selbstmordattentäters annehmen. Vielleicht mit einem kleinen Seminar: “Selbstmörder ermorden Selbstmörder?” Sicher findet sich auch noch irgendwo ein toter Bahnhof zum Sprengen.
Solche Sachen denke ich mir auch aus, jedes Mal wenn die neuen Suizid-Statistiken herauskommen. Was für ein Potential! Und so viele Gebildete darunter! Wir könnten jedes öffentliche Verkehrsmittel der arabischen Welt in den Luft fliegen lassen.
Und dann sehe ich wieder einzelne, die schrecklich depressiv sind, oder Hinterbliebene, wie ich auch eine bin und der Zynismus vergeht mir (und kehrt wieder und vergeht mir).
27. Januar 2006 um 17:57
Tja, auch dafür sind Blogs gut.