Warum ich froh bin, dass mein Vater aus Spanien ausgewandert bin ist

Dienstag, 27. Februar 2007 um 10:46

Wo bleibt eigentlich der insistente und ungeheuer berechtigte Protest von Frauenrechtlerinnen gegen spanische Frauennamen?

Dass in Spanien die meisten weiblichen Babys Maria genannt werden, wirkt nur auf den ersten Blick harmlos. Um all diese Marias auseinanderzuhalten (Spaniens Religion unterscheidet sich nur im Ritus von der Polens), werden ihren Namenspatroninnen spezielle Assoziationsgebiete zugewiesen, die sich meist von einer bestimmten Art der Mariendarstellung ableiten. Da gibt es dann zum Beispiel eine Maria de las Nieves, die Schneemarie. Eine so benamste Frau wird „Nieves“ gerufen, Schneefälle. Sie meinen, das sei ein schweres Los? Abwarten. Stellen Sie sich vor, aus dem Fenster eines Wohnblocks beugte sich eine Frau und riefe hinunter zu den spielenden Kindern: „Unbefleckte! Himmelfahrt! Essen ist fertig!“ Nicht lachen, in Spanien würde sich niemand umdrehen – außer den armen kleinen Mädchen, die María Inmaculada und María de la Asunción getauft wurden, und die landläufig Inmaculada und Asunción abgekürzt werden.

Weitere traurige Schicksale haben die Frauen namens María de la Esperanza (Hoffnung), María de la Salud (Gesundheit), Mari Paz (Frieden, dieser Name wird allerdings ganz ausgesprochen), María de las Rosas (Rosen), María de las Mercedes (Gnaden), Marí Angeles (Engel, ebenfalls ganz ausgesprochen), María de la Concepción (Empfängnis), Mari Mar (Meer, immer mit Mari zusammen gesprochen).

Wäre mein Vater in Spanien geblieben, wäre aus mir möglicherweise keine Kaltmamsell geworden, sondern eine Gnadenreiche.

die Kaltmamsell

9 Kommentare zu „Warum ich froh bin, dass mein Vater aus Spanien ausgewandert bin ist“

  1. landfrau meint:

    …ausgewandert ist (tut sonst weh)!

  2. mek meint:

    Das führte bei mir sogar so weit, dass ich mich in jener Zeit in der ich in Madrid wohnte, gar nicht mehr wunderte, warum sich beinahe jede Frau beim Händeschütteln mit “Encantada” vorstellte.

    (Später wurde es peinlich, weil ich sie natürlich auch mit Encantada ansprach)

  3. creezy meint:

    Zum Glück übersetzen hier soviele ja Maria gar nicht, aber so oder so: Gnadenreich geht gar nicht. Das missfällt unserem Emanzipationsprinzip. ;-)

  4. die Kaltmamsell meint:

    Überschrift korrigiert, ich entschuldige mich für die Hudelei zwischen zwei Sitzungen.

    Ha, mek, ich erzähle lieber nicht von der scheinbaren Erkenntnis, dass der Name Pronto in Italien genauso verbreitet sein muss wie in Deutschland Maier.

  5. albertsen meint:

    In punkto Nachnamen finde das spanische System allerdings fortschrittlicher und weitaus logischer als das deutsche. Immerhin steht gar nicht erst zur Debatte, dass die Frau den Namen des Mannes annimmt. Sie behält einfach ihren eigenen.

    Und dass die Kinder als ersten Nachnamen den ersten Nachnamen des Vaters bekommen, na gut. Aber immerhin dürfen sie die Reihenfolge später umdrehen.

  6. Ms K meint:

    Interessant.
    Stammt daher der Name “Maricelis”? Kannte jemanden (aus Puerto Rico), die so hiess. Kommt das etwas von Mari Celis (Himmel? Kann leider wenig Spanisch, nur Italienisch und latein)
    Ad Pronto:
    Andere Laender, andere Sitten. In meiner WG Zeit (3 Oesterreicherinnen in NYC) meldeten wir uns (da meist Oesterreicher anriefen) brav mit Vornamen. Ein Amerikaner erzaehlte dann mal bei einer anderen gelegenheit stolz, dass er nun wuesste, wie man auf Deutsch “Hallo” sagt, naemlich “Bibiane”. *augenroll*

  7. Anna meint:

    Ich find diese Namensgebung wunderschön. :)

  8. croco meint:

    Mein zweiter Name lautet auch Maria. Er wurde immer laut ausgesprochen und an den anderen Vornamen angehängt, wenn es ernst wurde, sehr ernst. So kann ich ihn mir nicht geflüstert vorstellen.
    Er hat auch Tradition in der Familie, so habe ich zwei “Tante Maria” und zwei Cousinen mit Maria Anna und Maria Luise. Und die nächste Genaration macht weiter mit Marie.

  9. 2nd, female meint:

    Sehr interessant. Wenn du wüsstest, weshalb ich mal eine Blogbeitrag über meine mangelnde Integrationmöglichkeit in den spanischen Club NICHT geschrieben habe…

    Weil ich es dann doch blöd fand, mich darüber auszulassen, dass die Spanier samt Spanierinnen alle gleich heissen. In jeder Generation. 5 Namen auf 50 Nasen und ich blick nie durch und kann mir nix merken und sie helfen mir auch nicht dabei. Nein! Sie sehen mich mit aufgerissenen Augen verständnislos an und sagen: “Das ist doch Raquel!” “Und das ist doch Raquel!” “Und das ist die kleine Raqui! Mit ihrem süssen Bruder, dem Juanito! Mit ihrem lieben Onkel Juan!” (Verzeihung, ich kann die Akzente nicht.)

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