Kekse und Brot aus der Pfanne – walisische Küche

Montag, 16. Juni 2008 um 11:50

Cockles und laverbread wurden mir immer als erste Spezialitäten genannt, wenn ich während meines Studienjahrs in Swansea nach typischen Speisen fragte. Vielleicht ist es ja ein kulturübergreifender Reflex, dass die Einheimischen gerne auf die gewöhnungsbedürfigsten Nahrungsmittel der Region am stolzesten sind – selbst wenn diese auch unter den Einheimischen wenige Fans haben (vgl. Bayern und Weißwürste, Hamburg und Labskaus).

Als ich 1991/92 ein Jahr in Südwales verbrachte, erkundete ich die heimische Küche also mit der mir angeborenen Verfressenheit und Neugier selbst. Geld hatte ich allerdings keines dafür. Was mir damals ein Ärgernis erschien, hat mich womöglich auf die richtige Fährte gebracht: Das typische Essen der Region ist Arme-Leute-Essen. Im Winter entdeckte ich in den Gemüsekisten des Eckladens billige Rüben, die ich noch nicht kannte: suedes, parsnips, turnips (Steckrüben, Pastinaken, Herbstrüben?). Aus diesen (gibt es seit einigen Jahren auch wieder auf bayerischen Märkten) kochte ich mir zusammen mit Karotten und Kartoffeln Eintopf.

Regelmäßig trieb ich mich auf dem Swansea Market herum, wo es für ein paar Pence ein besonders köstliches und seltsam aussehendes Weizenbrot gab: eine Scheibe von 20 Zentimetern Durchmesser, die Seiten auffallend hell, der Teig sehr dicht, saftig, schwer. Ich fand heraus, dass es sich um das typische Bakestone Bread handelte, das nicht im Ofen gebacken wird, sondern auf einer gusseisernen Pfanne. Triebmittel ist statt Hefe bicarbonate of soda.

Ebenfalls vom Bakestone (im Bild unten links) kamen die Welsh Cakes, die ich mir auf dem Markt holte. Die Rezepte dafür fand ich diesem Heftchen, aus dem ich auch das Foto oben habe (please don’t sue me).

Zu gerne hätte ich mir am Ende meines Studienjahres solch einen gusseisernen Bakestone nach Hause genommen – aber die Originale waren viel zu teuer für mich. Ich begnügte mich mit einem modernen Nachbau, der sich allerdings nach einigen Anwendungen verzog und jetzt nicht mehr flach auf der Herdplatte liegt.

Gestern testete ich, ob ich Welsh Cakes auch mit einer normalen, schweren Pfanne backen kann. Ja, geht. Ich hatte schon ganz vergessen, wir wundervoll diese Kekse schmecken, allein schon durch die typische Würzung mit Muskatnuss. Hier geht’s zum Rezept. Als Nächstes backe ich mal wieder Bakestone Bread.

Cockles und Laverbread habe ich übrigens doch noch probiert. Als mich am Ende meines Studienjahres eine ebenfalls verfressene Freundin besuchte, kratzten wir unser Geld zusammen und aßen zu Mittag im damals ersten Lokal am Platz, Number One Wind Street. Deren Konzept basierte (schon damals) auf der kreativen Verarbeitung traditioneller Zutaten. Die Cockles schmeckten halt nach Muscheln, das Laverbread sah nach Neugeborenenkacke aus und schmeckte erwartungsgemäß algig. Dieses Mahl ist lange her, aber ich glaube, ich bevorzuge die japanische Verarbeitung von Algen.

die Kaltmamsell

4 Kommentare zu „Kekse und Brot aus der Pfanne – walisische Küche“

  1. Lila meint:

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    Gerne gelesen

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  2. Laura meint:

    Endlich weiss ich, was parsnips und suede auf Deutsch sind! Danke!

  3. Georg meint:

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    Ebenfalls gerne gelesen

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    Allerdings: Weißwürste haben unter den bayerischen Einheimischen wenige Fans? Für meine Heimatregion im Grenzgebiet zwischen Ober- und Niederbayern möchte ich das doch bezweifeln.

  4. Sebastian meint:

    „Vielleicht ist es ja ein kulturübergreifender Reflex, dass die Einheimischen gerne auf die gewöhnungsbedürfigsten Nahrungsmittel der Region am stolzesten sind” – interessante Theorie, die sich auch am Beispiel „Handkäs und Apfelwein/Frankfurt” oder „Vegemite/Australien” bestätigt. Vielleicht hat man früher damit getestet, ob einer zur Sippe gehört oder nicht – bei Kotzen köpfen.

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