Alternative einzeln

Montag, 21. Juli 2008 um 9:41

Lese in einem Blog, das ich eigentlich seit Jahren lesen müsste. Doch immer, wenn ich eine Zeit lang regelmäßig vorbeischaute, gab es gerade wochenlang keinen neuen Eintrag. Hole ich halt ein paar Jahre am Stück nach.

Immer wieder meine Ratlosigkeit angesichts von Partnersuchreigen und Liebesstürmen. Also von genau dem Stoff, mit dem sich Fernsehserien und Gazetten an Frauen verkaufen: Die inneren Checklisten. Die Lagebesprechungen mit Freundinnen. Die Sehnsucht nach dem „Jemand“. Die durchfeierten Nächte. Das Warten am Telefon. Nein, ich glaube nicht, dass das nur an meinem eigenen geborgenen und seit Jahren ruhigen Liebesleben liegt. Ich war einfach nie auf Partnersuche – das mag damit zusammenhängen, dass ich mir nie eine Familie gewünscht habe. Liebesstürme kenne ich schon auch, aber ich bin eine solch romantikfreie Dörrpflaume, dass ich schon mit Anfang 20 genug klaren Kopf hatte zu erkennen: Der lieber nicht, das gäbe in erster Linie Ärger. Von dann an behandelte ich meine Verliebtheit wie einen lästigen Infekt, den es auszukurieren galt – auch wenn es dazu zwei Mal das eine oder andere Jahr brauchte. Für Affären erwies ich mich ohnehin früh als frigide und verschob deren Ausführung lieber in meine Phantasie. Es dauerte eine Weile, bis ich so weit war, und ich habe noch heute das Bedürfnis, mich bei den Herren zu entschuldigen, die ich im letzten Moment fast buchstäblich von der Bettkante schubste. Ich war halt der Vorstellung aufgesessen, dass das so zu sein hat: Ich finde einen Mann sehr anziehend, er scheint auch von mir angezogen, also muss daraus ein physischer Kontakt werden. War ich froh, als ich mich davon losmachte! Ich war gerne einzeln; solange ich Freunde hatte, fehlte mir nichts, fast fünf Jahre lang. Bis ein ganz besonderer Herr sich in mein Leben warf und mich davon überzeugte, dass ein Leben mit ihm noch besser ist als Einzelnsein.

Müßig natürlich, mich nach 15 Jahren Partnerschaft zu fragen, wie es mir heutzutage einzeln ginge. Heute, wo das paarweise Leben unter meinen Altersgenossen die Norm ist, überwiegend inklusive Nachwuchs. Wo sich viele Freunde in ihren Kosmos von Nestbau und Brutpflege zurückgezogen haben. Wäre ich nicht doch einsam? Würde mir dann doch einen „Jemand“ wünschen? Auf Partnervermittlungsveranstaltungen gehen? Mir Katzen zulegen? Oder hätte ich lediglich die Energie, die ins partnerschaftliche Kuscheln fließt, anders eingesetzt? Hätte eine akademische Karriere in Kanada angepackt oder ein Unternehmen gegründet? Daneben Fallschirmspringen angefangen? Und wäre derzeit dabei, in die Kommunalpolitik einzusteigen?

die Kaltmamsell

15 Kommentare zu „Alternative einzeln“

  1. Kerstin meint:

    Sehr geehrte Frau Kaltmamsell,

    schon einige Zeit lese ich regelmäßig in Ihrem Blog und habe mich sogar bis zu Ihrem Start vor- bzw. in diesem Fall richtigerweise zurückgearbeitet. Häufig bin ich nicht einer Meinung mit Ihnen, bieten mir Ihre Beiträge Reibungspotenzial. Immer regen Sie mich mit Ihren Betrachtungen zum Nachdenken an – auch über Themen, mit denen ich mich sonst vielleicht gar nicht beschäftigt hätte. Jetzt finde ich es an der Zeit, mich dafür mal ganz herzlich zu bedanken.

    Warum gerade heute? Weil dieser Beitrag mir so richtig aus der Seele spricht. Uneingeschränkte Zustimmung, genau so empfinde ich auch.

    Weiterhin alles Gute
    Kerstin

  2. croco meint:

    Auf dem freien Markt wäre ich völlig aufgeschmissen. Ich weiß nicht, wie man sucht, noch wie das ganze Tralala darum auszusehen hat. An meinen partiell ungebundenen Kolleginnen erlebe ich es und staune täglich. Mir wäre das ganze Auf und Ab viel zu anstrengend.
    Das denke ich oft, wenn ich ihn nicht hätte, säße ich bestimmt in Peru.

  3. Lila meint:

    Wenn ich ihn nicht hätte, chas-ve-chalila, wäre ich Single für den Rest meines Lebens. Er meint übrigens dasselbe, “noch mal mit ner anderen Frau anfangen? die ganzen Geschichten noch mal erzählen, noch mal anhören? ach neee… und dann will sie am Ende noch Kinder.”

    Ich hab auch nie einen Partner gesucht. Ich war verheiratet, bevor ich einen Mangel spüren konnte ;-)

  4. walküre meint:

    Auf Partnersuche im klassischen Sinn war auch ich nie, dazu habe ich immer schon viel zu wenig den gängigen Schönheitsidealen entsprochen und wäre darüber hinaus den meisten Männern meiner jeweiligen Altersstufe auf Dauer zu unbequem gewesen (Sie wissen schon, denken und so.). Affären ? ICH ? Mir sieht man schon an, wenn ich zwei Stationen mit der U-Bahn schwarzfahre, weil der Ticketautomat bei der Einstiegsstation defekt ist ! Eine der seltsamsten Begebenheiten meines Lebens ist die Tatsache, dass der beste aller Ehemänner ausgerechnet in jenem Moment am Horizont erschienen ist, als ich mich klar und deutlich dazu entschieden hatte, auf Partnerschaften in Hinkunft zu verzichten.

    Wenn ich ihn nicht kennengelernt hätte, wäre ich mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls weggezogen, vermutlich sogar nach Wien, wohin ich schon berufliche und auch ein paar private Kontakte hatte.

    Die akademische Karriere könnte ich mir bei Ihnen gut vorstellen, allerdings eher in Großbritannien; in Ihrer Freizeit würden sie kleine, kultivierte Gesellschaften geben, die auf einem hübschen, nicht allzu großen, alten Landsitz in der Nähe von London stattfänden. Sie wären mit den Jahren zum Zentrum Ihres handverlesenen Freundeskreises geworden, einer Gemeinschaft, in welcher sich Intelligenz, Kunstsinn und Herzlichkeit vereinen. Neben Ihrer hauptberuflichen Tätigkeit widmeten Sie sich Ihrer umfangreichen Bibliothek und schrieben auch selber gelegentlich Bücher, unter anderem kurze, pointierte Betrachtungen über die Briten, aus denen jedoch stets herauszulesen wäre, dass Sie Land und Leute Ihrer Wahlheimat trotz mancher Verschrobenheit sehr schätzen und die Entscheidung, dort zu leben, nie bereut haben. Statt der Katze schlage ich allerdings einen Hund vor: Entweder den von Ihnen bereits angedeuteten Pudel oder einen kleineren Terrier.

  5. agentin meint:

    @walküre:
    Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, all dies in ein Buch zu fassen? Wäre jedenfalls Ihr größter Fan. Ich könnte mir das bei der Miss (!) Kaltmamsell auch sehr gut vorstellen.

  6. walküre meint:

    Nein, habe ich nicht. Schauen Sie mal, wieviele Biografien und biografisch angehauchte Romane auf dem Buchmarkt (scheußliches Wort, übrigens) herumschwirren – ich denke nicht, dass man dort auf mich wartet.

  7. Modeste meint:

    Beneidenswert. Und völlig fremd. Ich habe lebenslang den Kick geliebt, wenn ich ehrlich bin: Mehr als jeden Mann.

  8. fragmente meint:

    Mich würde der Link zu diesem Blog interessieren.

  9. Sigourney meint:

    ******************KOMMENTAROMAT**********************

    Gerne gelesen

    *******************************************************

  10. rip meint:

    Mich würde interessieren, was “fragmente” meint.
    Abgesehen davon: Das Gedankenspiel plus Rückblende habe ich gern gelesen – und bin überzeugt, dass irgendwann jeder mal solche Alternativ-Biographien entwirft (mehr oder weniger intensiv).
    Bei Walküres Gedankenspiel hat mich verwundert, dass die Passage mit dem “handverlesenen Freundeskreis” und der nebenberuflichen (rezeptiven und produktiven) Beschäftigung mit Büchern dort vorkommt. Das kann ich mir für Frau Kaltmamsell auch in ihrem aktuellen Leben durchaus vorstellen (so wenig ich davon auch kenne).

  11. Ms K meint:

    War auch nie auf Partnersuche – hat sich immer ergeben bzw war ich frueher auch immer gerne und gut alleine. Jetzt, mit 35 und der Gewissheit, dass meine jetzige Partnerschaft demnaechst beendet sein wird, fuehlt sich das ganz anders an, denn tatsaechlich sind fast alle meine Bekannten mittlerweile Teil eines Paares.
    Das macht mir ehrlich gesagt Angst, denn auch wenn ich nachwievor gut alleine sein kann, moechte ich es nicht mehr.
    Kinder will ich ziemlich sicher keine – also von dem her besteht keine Eile, einen Mann zu finden, aber ich mag nicht wieder nur fuer mich kochen, das Wochenende alleine sein und an Urlaube will ich gar nicht denken. Brr.
    Partnersuche? Also ich kann das auch nicht. Aber falls ich’s doch tun werde, berichte ich sicher darueber.

  12. Thomas meint:

    Gebt Ruhe, ihr Guten! Haltet still.
    Jahre binden, auch wenn man nicht will.
    Das ist schwer: ein Leben zu zwein.
    Nur eins ist noch schwerer: einsam sein. (jaja, kennt jeder. Tucholsky)

    Warum überhaupt solche Gedankenspiele? Würde man nicht während des Kaffeeklatschs auf dem Landsitz immer wieder die Augen gen Fenster richten, dem Gequake der anderen müde und sich denken…

    vielleicht wäre ich jetzt in München, hätt nen Kerl der zu mir passt und könnte mir diese Gehirnfurzerei hier sparen…

    Halt dich an deiner Liebe fest. Mach Kinder oder keine. Mach Familie oder nicht. Aber lass die Gedanken nicht zu sehr strawanzen, sie wollen ja doch immer in die andere Richtung.

    Es grüßt der mit den bunten Bettlaken.

  13. kid37 meint:

    Ich finde mit zunehmenden Alter das Alleinsein schwerer.

  14. Sebastian meint:

    So kann es aber auch kommen:

    „Träumst vom Glück. Und lebst im Leid.
    Einsam bist du sehr alleine –
    und am schlimmsten ist die Einsamkeit zu zweit.”

    Erich Kästner, Kleines Solo

  15. kittykoma meint:

    doch, ich habe immer wieder gesucht oder mich finden lassen.
    die einsamkeit und ich können so gut miteinander, daß ich auf die dauer nicht mehr gesellschaftsfähig wäre. (komischerweise ist für mich das wort einsamkeit positiv besetzt, das wort allein ist es nicht, wenn ich mich allein fühle, geht es mir schlecht)
    als ich zu hause ausgezogen war, hatte ich eine berufliche auszeit von vier wochen. nach drei wochen merkte ich, daß ich mit niemandem mehr gesprochen und das haus nur zum einkaufen verlassen hatte und selbst das empfand ich als lästig.
    und so ist – da ich lange brauche, um freunde zu finden und mich auf meine familie nicht einlassen möchte, ein partner eine wichtige verbindung nach “draußen” und wahrscheinlich auch zu mir selbst. so gaga es klingt.

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