Archiv für Januar 2009

Die Stattkatze ist zurück

Montag, 5. Januar 2009

Die Woche fängt gut an, nämlich mit der Entdeckung, dass das Internet die mit Schmerzen vermisste Frau Stattkatze zurück hat:
http://schriftstellwerk.de/logbuch
Genüsse, Einblicke, Gedanken, Bilder, Krähen – und der unverwechselbare Textrhythmus einer Pavane.
(frohe Kunde aus dem Hotel Mama)

Warum ein deutscher Obama nicht möglich ist

Sonntag, 4. Januar 2009

Evelyn Roll gehört zu dem Besten, was die Süddeutsche Zeitung zu bieten hat. Das beweist sie mit ihrem Text, der die aktuelle Wochenendbeilage aufmacht und der sauber darlegt, warum das deutsche Regierungssystem mit seinem Verhältniswahlrecht charismatische Führungsfiguren wie Barack Obama nicht ermöglicht, im Gegenteil sogar gezielt verhindert. Und warum das Absicht ist. Aber auch, dass „die zur Mediokratie verkommene Mediendemokratie“ das völlig anders erscheinen lässt.

Schon das – von der SPD in den Willy-Brandt-Wahlkämpfen erfundene – Wort „Kanzlerkandidat“ suggeriert ihnen (den Bürgern), dass man sich zwischen zwei Personen entscheiden kann. Die Enttäuschung beginnt für viele Erstwähler dann, wenn sie auf dem Wahlzettel nicht Merkel oder Steinmeier finden, sondern die Namen von Menschen, die sie noch nie bei Anne Will gesehen haben sowie eine obskure „Landesliste“.

Für ihre Plog (Printlog)-Postings „Berlin, Französische Straße“ in der SZ-Wochenendbeilage, könnte ich Frau Roll eh wöchentlich knutschen.

Dass die SZ nichts davon online stellt, belegt vermutlich, dass der Zeitung dieses Material für Gratisleser zu kostbar ist.

Nachtrag am 7.1.: jetzt.de hat sich des Artikels abgenommen und ihn online gestellt! Vielen Dank an Kommentatorin lülü.

Schwimmenlernen im Internet

Sonntag, 4. Januar 2009

Ich weiß jetzt, was meine alte Schwimmbrille so ideal gemacht hat: Sie ist eine Wettkampfbrille. Allerdings war es nicht einfach, an diese Information zu kommen. Zum Kauf eines Ersatzes suchte ich nämlich ein gewisses kürzlich renoviertes Sportgeschäft gleich am Marienplatz auf. Und dort werde ich vom Personal regelmäßig ignoriert. Mag ja sein, dass ich kolossal unsportlich und eh zu alt aussehe, und dass die dort angestellten Naturburschen deshalb davon ausgehen, ich hätte mich auf der Suche nach einem Paar Mephisto-Schuhen verirrt. Doch selbst dann ist es keine Art, erst gelangweilt durch mich hindurch zu schauen und dann meine Fragen einsilbig und verweigernd zu beantworten.

Am Regal mit den Schwimmbrillen hingen Musterexemplare zum Ausprobieren. Da ich nur nach den allerkleinsten Modellen griff, fand ich schnell mein Ideal, das ebenso knapp und sicher in den Augenhöhlen saß wie sein sich verabschiedender Vorgänger. Nur konnte ich nicht ausmachen, in welcher Verpackung sich dieses Modell zum Kauf befand; ich musste den an der Wand lehnenden Verkäuferburschen leider aus seinen Träumen reißen. Der führte mich zwar zur gesuchten Verpackung, schien aber unwillig, sie mir auszuhändigen: „Des is aber eine Wettkampfbrille.“ Ah so, na ja, andere halten mir aber das Wasser nicht von den Augen fern. „Die darf man immer nur kurz aufsetzen.“ Oh. Sonst? „Die drücken sich so in die Augenhöhle, dass man nach längerer Zeit so Eulenaugen mit Abdrücken bekommt.“ Ich nehme meine Brille ab und deute auf mein Gesicht: „So wie die, die man jetzt noch von meinem Morgensport sehen müsste? Nehme ich.“

Wäre ich geistesgegenwärtiger gewesen, hätte ich den Herrn anschließend nach Badehauben mit Plastikblumen drauf gefragt. Um seine Vorurteilswelt wieder in Ordnung zu bringen.

Ihren gestrigen Praxistext bestand die neue Schwimmbrille tadellos.

Durch ein Posting auf den Scienceblogs stieß ich darauf, dass sich die Lehrmeinung zu Schwimmtechnik in den letzten Jahrzehnten massiv verändert hat. Hintergrund sind neue Erkenntnisse aus der Biomechanik. Gerade das Wettkampfschwimmen sieht deshalb heute ganz anders aus als vor 30 Jahren. So werden die Finger heute zum Beispiel leicht gespreizt. Die Körperbewegung des Brustschwimmens ist für Wettkämpfer inzwischen das Undulieren – allerdings wohl wirklich nur für Wettkämpfer, denn es ist sehr anstrengend. Ich musste sofort an Patrick Duffy als Mann aus Atlantis denken: Dessen Schlangengleiten durchs Wasser versuchte ich seinerzeit mit Mitschülerinnen im Schwimmunterricht zu imitieren (dieselben Mädchen, mit denen ich dort Szenen aus Esther-Williams-Filmen nachstellte). Wir gaben schnell auf, weil unsere Kraft für nicht mehr als drei Schläge reichte. Meiner Erinnerung nach wurde auch Herr Duffy nie mit mehr als drei Schlägen gezeigt, bevor ihn ein Schnitt erlöste.

Vieles weist darauf hin, dass im Wettkampfschwimmen das Ideal des eleganten, schmalen Gleitens durch kraftbasierte Techniken abgelöst wurde. Ich gebe zu, dass ich mir jetzt wünsche, ich hätte im August olympisches Schwimmen geguckt.

Mir als Breitenschwimmerin hingegen darf es weiterhin darum gehen, mit möglichst wenig Kraftaufwand zügig und elegant die Wogen zu durchschneiden. Meine Vorstellung von optimaler Wasserlage sehe ich hier bestätigt. Mein Brustschwimmstil passt wohl noch: Hier eine schöne Beschreibung, hier eine Animation dazu. Da es für meine lädierte Lendenwirbelsäule besser ist, versuche ich aber, so viel wie möglich zu kraulen. Zwar bin ich meinem Ziel des gemütlichen Kraulens über lange Strecken näher gekommen (hier eine Animation, hier Details zum Armschlag mit Videoclips); derzeit wechsle ich zwei Bahnen Brust mit zwei Bahnen Kraul ab. Doch nachdem ich mich auf der Suche nach Technikverbesserungen im Internet-Dschungel der Schwimmerforen und Triathlontipps schnell verheddert habe, sollte ich mir dafür wohl mal eine Trainerstunde leisten.

Schlimme Verluste

Freitag, 2. Januar 2009

„Übrigens, Mama, ich hab festgestellt, dass ich dein altes Schachenmayr Strick- und Häkelmusterbuch gar nicht habe. Das hab doch eh immer nur ich genutzt, das nehm ich das nächste Mal mit.“

„Oh mei, des is ja noch aus meiner Schulzeit!“

„Mir ist eingefallen, dass ich mir daraus seinerzeit die wildesten Muster geholt habe. Zum Beispiel das Pfauenmuster, das gäbe einen schönen Mohairschal. Und dieses abgewandelte Patentmuster weiß ich auch nicht mehr auswendig.“

„Ja, naa, des hab ich nicht mehr.“

„Wie bitte?“

„Der Keller war so voll, mir ham doch vor ein paar Jahren endlich richtig ausgemistet, und da sind solche Sache alle weggekommen.“

„Weggekommen?! Was heißt das – verschenkt?“

„Naa, halt weggeschmissen.“

„Du hast. Das. Schachenmayr-Buch. Weg. Geschmissen.“

„Ah, hm, äh, ich frag die Ute oder die Anette, ob die vielleicht auch noch ihre alten Musterbücher haben. Oder die Gisela. Na wart, vielleicht die Traudl. Ich ruf dich an.“

(WEGGESCHMISSEN?!)

Kino 2008

Freitag, 2. Januar 2009

Ziemlich mager, die Kinobilanz im mittlerweile vergangenen Jahr.

kino2008_1
kino2008_2

Der Film an Silvester war Frost/Nixon: Ganz nett, aber mit enormen Längen im Mittelteil. Außerdem hätte mich die behauptete Fernseh-Expertise des David Frost genauer interessiert, sie wurde aber nie belegt. Andererseits weiß ich jetzt, welchen talk show host Monty Python immer imitiert hat.

Das Christbaummassaker von Hellabrunn

Donnerstag, 1. Januar 2009

Es war vor genau zwei Jahren, als ich beim Neujahrsjoggen am Tierpark Hellabrunn vorbeikam und über den Zaun im Alpaka-Gehege Fürchterliches beobachtete: Die lateinamerikanischen Wollproduzenten verzehrten bedächtig und systematisch drei wunderschöne, wenn auch ungeschmückte Christbäume! Dass es sich um ursprünglich zur Weihnachtszier vorgesehene Tännchen handelte, belegte ein ganzer Hügel Nachschub in einer Ecke des Geheges: Sie stapelten sich ins typische Netz gewickelt.

Schlagartig wurde mir klar, was mit all den Christbäumen passiert, die nicht das Glück haben, von Menschen wie mir noch schnell am 24.12. ins Wohnzimmer getragen zu werden. Sie werden VERFÜTTERT. (Sie kennen die Friends-Folge, in der Phoebe beim Christbaumkauf Ähnliches aufgeht?)

Kurz vor Weihnachten machte auch die Süddeutsche Zeitung auf dieses besondere Baumschicksal aufmerksam – leider nur auf Papier: Die Elefanten des Münchner Tierparks, so hieß es, freuten sich besonders über die unverkauften Christbäume, die die Verkäufer ab Heilig Abend abgäben. Solange die Bäume frisch seien.

Am Dienstag machte ich mich auf Recherche nach dem Verbleib der Zoochristbäume. Überraschung: Die Alpakas und Elefanten hatten ihre Ration anscheinend bereits vertilgt; dafür tauchten Futterchristbäume fast überall sonst im Tierpark auf.

Bei Gemsen ist das ja noch zu erwarten.

christbaum_gemse

Aber auch den Giraffen werden Christbäume zum Fraß vorgeworfen. Vorgehängt.

christbaum_giraffe

Gleich daneben tun sich Pinselohrschweine am angeblichen König der deutschen Weihnacht gütlich.

christbaum_pinselohrschwein

Ein echter Futterrenner scheinen Christbäume bei den Halbaffen und den Affen zu sein. Als Vari-Mahlzeit,

christbaum_vari

zur Katta-Unterhaltung,

christbaum_katta

als Brotzeit für kleine Orang-Utans.

christbaum_orangutan

Und jetzt versuchen Sie bitte nicht, mich mit Sprüchen zu trösten, die auf den ewigen Kreislauf der Natur verweisen, auf Fressen und Gefressenwerden – ich bleibe erschüttert.

(Gemsen, Pinselohrschwein, Katta fotografiert vom Zoobegleiter.)