Fehlende Zahlen zur Integration

Donnerstag, 9. September 2010 um 9:07

Mich würden ja die Vergleichszahlen interessieren: Wie hoch ist der Anteil integrationsunwilliger gebürtiger Deutscher? Das setzte allerdings eine Definition von „deutsche Gesellschaft“ voraus.

Gelten ein katholischer Eremit und ein bayrischer Rastafarian als integrationsunwillig? Vielleicht ein strenger Veganer? Zumindest ein arbeitsunwilliger seit 40 Jahren Sozialhilfebezieher?

Kann man die Kriterien, anhand derer man die Integrationswilligkeit und den Integrationsgrad von Einwanderern bestimmt hat (wie lauten die eigentlich?) vielleicht nicht auch auf Geburtsdeutsche anwenden?

Die Frage, wer sich in unsere Gesellschaft integrieren muss, wie sie sich in den bundesdeutschen Grenzen bis heute entwicklet hat, scheint rein über Geburtspass und Blut definiert zu sein. Das mag ja historische Gründe haben, sollte sich aber schön langsam rauswachsen.

(Ich finde das Thema Einwanderung immer eine Diskussion wert. Nehme mir aber heraus, den aktuellen Auslöser wegen Unverhältnismäßigkeit zu ignorieren.)

die Kaltmamsell

19 Kommentare zu „Fehlende Zahlen zur Integration“

  1. Brigitte Diek meint:

    ******************KOMMENTAROMAT**********************

    Genau!

    *******************************************************

  2. Cecily meint:

    Sehr gute Überlegung. In ähnlicher Weise frage ich mich bei Artikeln über die magelnden Karrierechancen von Frauen immer, wieviele Männer es denn eigentlich gibt, die auch keine Karriere machen.

  3. ilse meint:

    ganz zu schweigen von den deutschen Rentnern in Mallorca oder an der Costa del Sol….von denen sprechen wohl die wenigsten Spanisch!

  4. Flo meint:

    Habe eben einen längeren Kommentar wieder gelöscht. Man kann es kurz machen. Integration bedeutet vor allem und hauptsächlich Sprache. Ohne Sprachekenntnisse ist eine Integration in eine andrere Gesellschaft auf lange Sicht nur sehr schwer Möglich. Alles andere frei (Meinung, Religion, etc.).
    Das gleiche Problem haben auch Unterschichten Kinder, die durch Verwahrlosung kein korrektes Deutsch sprechen können. Diese können sich auch nur schwer eingliedern, da Sie z.B. keine Arbeit bekommen. DAS ist aber ein anderes Thema, da diese Personen es sich nicht ausgesucht haben in Deutschland zu leben.

  5. pia meint:

    Genau so sehe ich es auch: wohinein soll man sich denn integrieren?
    “Die deutsche Gesellschaft” lässt sich noch nicht einmal von Siedlung zu Siedlung, von Dorf zu Dorf dingfest machen… das sind mitunter soziologische Zeitreisen, die man auf einer Strecke von 50 Kilometern quer durch Deutschland zurücklegen kann.

  6. kittykoma meint:

    mit blut hat das, glaube ich, nichts mehr zu tun. mit paß nur insofern, daß jemand der als bürger einer nation anerkannt ist, auch bereit ist (sein sollte), sich unter ihre gebräuche und gesetze zu stellen. (und bereit ist, diese mit zu gestalten)
    integration bedeutet die bereitschaft, chancen zu nutzen, die eine gesellschaft und ihre kultur bieten. – und anderen eine chance geben, das heißt bereit sein, der gesellschaft etwas zurückzugeben.
    insofern ist der eremit nicht ingegriert (beim rastafari weiß ich es nicht) und damit integrationsunwillig. sogar als gutes beispiel für inegrationsunwilligkeit, wenn die behauptung stimmt, daß eremiten vor den städten wohnten, damit sie keine steuern zahlen müssen.
    mit einem einfachen blick auf die chancen der frauen, sich zu integrieren, läßt sich die diskussion abkürzen. wer seine selbstbestimmung gegebenenfalls mit dem leben bezahlen muß, lebt in einemin die deutsche (europäische) kultur nicht integrierten umfeld.

  7. Bolliskitchen meint:

    Integration geht nur über Sprache! Alles andere ist Schmarrn.

    Ich lebe seit 18 Jahren in Frankreich und spreche die Sprache fliessend und kann somit Land & Leute verstehen, habe aber eine dt. Freundin, die in Griechenland lebt und seit nun mehr 10 Jahren gerade mal Hallo auf griech. sagen kann, das finde ich peinlich und dumm dreist.

    Ob ich mich nun in die dt. Gesellschaft als Ausländer integrieren möchte, nein danke…..

  8. die Kaltmamsell meint:

    Ich bezweifle, dass Sprachkenntnisse Integration garantieren – auch wenn ich sie für eine Voraussetzung für die selbstbestimmte Beteiligung am gesellschaftlichen Leben halte.

  9. kittykoma meint:

    eine neue spache schafft zugang zu neuen netzwerken. sprache transportiert information. kommunikation strukturiert denken.
    doch, sprachkenntnisse sind die basis der integration. (und wenn es das passiv mitgehörte gespräch im bus ist oder das im vorbeigehen gelesene plakat)
    nicht umsonst versuchen totalitäre gesellschaften informationsbarrieren zu schaffen.

  10. die Kaltmamsell meint:

    Hat nicht England bewiesen, kittykoma, dass die Beherrschung der Landessprache keineswegs Integration garantiert? Die ultrareligiösen U-Bahn-Bomber in London waren sogar Muttersprachler.
    Ich bin überzeugt, dass es auch eine Vielzahl gebürtiger Deutscher samt Sprachkenntnissen gibt, die nicht im Geringsten gesellschaftlich integriert sind und das auch gar nicht wollen.

  11. croco meint:

    Die Hälfte meines Lebens habe ich schon im Exil verbracht.
    Wir können alles, außer Hochdeutsch, Sie wissen schon.
    Ein Jahr hat es gedauert und ich konnte es.
    Ein Akzent bleibt, der mich dann zur Österreicherin macht.
    (Hier nimmt man das nicht so ganz genau.)
    Was ich , genau genommen, rein landsmannschaftlich vor zweihundert Jahren auch gewesen wäre.
    An das Essen hier werde ich mich nie gewöhnen, an die Schützenfeste auch nicht.
    So gesehen bin ich intergrationsunfähig.

  12. Cecily meint:

    “Integriert”, wie es in der aktuellen Diskussion verwendet wird, heißt doch wohl: “nicht unangenehm auffallend”. Durch religiös motivierte Kleidung, Schulunlust, kriminelles Verhalten, merkwürdige Ansichten … Das machen geborene Deutsche auch alles, aber von denen verlangt keiner, sich zu integrieren.

  13. Hilka meint:

    Ist “Deutschland” nicht seit 140 Jahren eine Idee, ein Wunsch von einem Staat, in dem wir uns integrieren? Und in dem wir in einer Sprache versuchen, ein Heimatland zu entwickeln? Auch wenn es viele Dialekte gibt – und in meiner Heimat ZWEISPRACHIGE Ortsschilder – der gemeine Ostfriese fühlt sich als Deutscher… Integration bedeutet doch eben auch Identität mit Bürgerideen. Und um die austauschen zu können brauchen wir eine Sprache als Basis.

  14. Schlosswiler meint:

    Integration geht eben leider genau nicht über Sprache. Vielleicht ist die Sprache eine notwendige Bedingung, aber definitiv nicht die hinreichende. Oder wollen wir ab sofort alle US-Amerikaner als Engländer bezeichnen? Und Dänen, Norweger und Schweden als “das gleiche Volk” bezeichnen, nur weil sie die gleiche Sprache sprechen? Der Schweiz und Österreich die Nation absprechen? Nein! Integration bedingt eine Wertegemeinschaft, und hier unterscheiden (oder unterschieden sich bis zum Jahr 1 vor Tony Blair) die Engländer und die US-Amerikaner…!
    Französische und griechische Royalisten sind von der Gesellschaft “ihres” Staates mindestens gleich weit entfernt wie fundamentalistische texanische Koran-Verbrenner und wirre jordanische Terroristen. Es ist leider nicht so einfach, nicht jeder, der Deutsch spricht, teilt deutsche Werte. Das wäre DIE interessante Diskussion, was deutsche Werte sind! Ob Juden oder Schweizer oder Österrreicher andere Gene haben ist a) uninteressant und b) gemäss aktuellem Stand der (Spiegel-)Wissenschaften irrelevant! und c) wahrscheinlich einfach falsch, weil die Gesellschaften in der Vergangenheit viel offener waren, als sie heute sind!

  15. kulinaria katastrophalia meint:

    Passend zur Diskussion ein Beitrag von Klaus P. Hansen aus der SZ vor einigen Jahren: Das Ghetto im Kopf; genaues Datum leider nicht mehr gefunden.

  16. die Kaltmamsell meint:

    Ganz dicken Dank, kulinaria katastrophalia: Der Artikel strukturiert und benennt genau die Ungereimtheiten, die mich umtreiben, und erklärt sie.
    – “Bei Deutschen sprechen wir nicht von Integration oder Ghetto. Würden statt der Professoren Türken in die Siedlung einziehen, fielen diese Begriffe sofort. Dabei sind sie für das hier vorgetragene Beispiel ebenso relevant, schließlich stoßen ja ebenfalls zwei Kollektive aufeinander, die einander unähnlich sind.”
    – “Bis heute ist Nationalität eine dominante Wahrnehmungskategorie. Sie geht von zwei Prämissen aus: 1. dass der Mensch durch seine nationale Herkunt stark geprägt wird und 2. dass Nationen grundverschieden sind. Wenn ich als Sohn eines katholischen Grundschullehrers in einem bayerischen Dorf aufwachse, müssten mich nach der 1. Prämisse diese konkreten Gegebenheiten weniger formen als mein abstraktes Deutschtum“
    Das bekomme ich selbst immer wieder angetragen, wenn ich bei neuen Bekanntschaften meinen spanischen Namen erkläre: Meine Persönlichkeit wird fortan mit spanischen Vorfahren erklärt und nicht etwa mit meiner Herkunft aus der bayerischen Provinz oder gar meiner temperamentvollen polnischstämmigen Mutter.

  17. Seewolf meint:

    Bei der ganzen Diskussion wird imho immer noch Integration mit Assimilation durcheinandergeworfen. Ein Aufgehen, Verschmelzen ist für viele Immigranten gar nicht möglich (Hautfarbe, Religion), eine Integration besteht zunächst mal aus Teilhabe an und Gestaltung von Kultur, Politik und Wirtschaft auf dem Boden des Grundgesetzes. Das jede Menge Deutsche nicht auf dem Grundgesetz stehen, steht dieser Forderung nicht im Wege, da Immigration zunächst eine Auswahl eines aufnehmenden Landes vorausgeht. Wenn unser Land ausgewählt wurde, ist das Grundgesetz, dass z.B. auch die soziale Absicherung vorschreibt, komplett zu akzeptieren. Das muss das Recht des aufnehmenden Landes bleiben, um unter anderem aufnahmefähig zu bleiben.
    D.h. die Unverletzlichkeit des Individuums, Demokratie, Selbstbestimmung, Pressefreiheit usw. sind für Immigranten keine Optionen, sondern zu akzeptieren. Durch politische Teilhabe kann der integrierte Immigrant genauso wie der Deutsche an Details, die ihm nicht gefallen, vielleicht rumändern, allerdings nur nach den Spielregeln der Demokratie (so sie die Mehrheit nicht abschafft).
    Passt dem Deutschen wie dem Immigranten das alles nicht und unterwirft er sich nich den Gesetzen des Landes, kann der Staat zum Schutz der Leistungsfähigkeit und im Interesse der Mehrheit, immer auf dem Boden des Grundgesetzes natürlich, Massnahmen ergreifen, die den Einzelnen zur Einhaltung der Gesetze zwingen bzw. mit Zwangsmassnahmen agieren.

  18. kulinaria katastrophalia meint:

    @Seewolf

    Schon die Grundannahme dieses „Beitrags“, die MigrantInnen per se Demokratiefeindlichkeit unterstellt, ist eine der Freizügigkeiten, die sich anständige Deutsche, die selbstredend nur die Sorge um die Überfüllung Deutschland umtreibt, gerne mal herausnehmen, selbstredend unter Einschluss von sich nicht ganz dem Erbe ihrer Vorväter unterordnenenden Volksdeutschen, vermutlich jenen, die sich nicht mal abschrecken lassen mit dunkelhäutigen oder nicht christlichen Glaubensrichtungen anhängigen Menschen zu vermischen.

    Es ist auch nicht besonders schlau auf Rechte der Mehrheit (kennt das deutsche Recht im Übrigen nicht) und die Leistungsfähigkeit des Staates bei der Legitimierung einer Sondergesetzgebung, die mit der Ausländer- und Asylgesetzgebung längst traurige Realität ist, zu setzen, das entlarvt den modernen Rassismus so leicht, vielleicht doch huschhusch noch mal die Junge Freiheit zur Hand nehmen und noch mal üben, nur so wegen Pressefreiheit für rechtsradikale Propaganda.

  19. Sabine meint:

    Ich find schon die Integration als Nordlicht (und selbst das ist schon Ansichtssache, aus hiesiger Sicht aber zutreffend) hier in Bayern sehr schwierig, wobei ich zumindest insoweit der Sprache mächtig bin, als daß ich ihr zu folgen vermag (was umgekehrt übrigens nicht immer der Fall ist). Woraus ich schließe, daß nicht nur der Zugroaste integrationswillig sein muß, sondern auch die Gesellschaft, in die es sich zu integrieren gilt.

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