Journal Freitag/Samstag, 8./9. Mai 2015 – angegrillt

Sonntag, 10. Mai 2015 um 10:33

Für Freitagmorgen hatte ich mir den Wecker gestellt, war aber trotz später Heimkehr in der Nacht zuvor deutlich vorher aufgewacht. Ich hatte nämlich mit Apple zu telefonieren, Erklärung im Techniktagebuch.

Mit Bloggen, Kofferauspacken, Wäschewaschen und Kaffeetrinken war es dann aber doch schon 11 Uhr, bis ich zum dringend benötigten Isarlauf kam: Zum einen werde ich nach einer Woche ohne Sport schon sehr wepsig, zum anderen musste ich irgendwie anfangen, all die Eindrücke und inneren Bewegungen der Berlinwoche zu verarbeiten (wegen letzterem ließ ich sogar den Fotoapparat daheim).

Es war dann auch ein wunderschöner Radweg nach und Lauf von Thalkirchen bis Pullach und zurück in Maiensonne und -wärme, zwischen blühenden Kastanien und Fliederbüschen. Auf einem liegenden Baumstamm sah ich eine ganz lange Blindschleiche beim Sonnenbaden, als ich mich zur genaueren Betrachtung vorsichtig näherte, verzog sie sich allerdings Richtung Isar.

Einkaufsrunde nach Duschen, sommerliche Temperaturen.

Die erratische Twitterbenachrichtigung bei Direct Messages hätte fast zu einem Ehekrach geführt. Herr Kaltmamsell war zu meiner Überraschung abends aushäusig verabredet, und ich hatte per Twitter-DM meine Beleidigung darob geäußert (wo ich doch von der Woche so viel zu erzählen hatte!). Dass Herr Kaltmamsell sofort umplante und mich darüber per DM informierte, signalisierte Twitter aber in keiner Form – ich hatte den Eindruck, mein Protest sei ihm egal. Und war noch beleidigter. Entsprechend trat ich ihm entgegen, als er von der Arbeit kam. Es brauchte einige Anstrengung des Herrn, mich da wieder rauszuholen.

Aber dann radelten wir auf ein kurzes Abendessen in die Eclipse Grill-Bar, erzählten einander unsere Wochen.

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Samstag hatten meine Eltern uns zum Angrillen und Fliederriechen eingeladen. Dummerweise war das Wetter regnerisch, aber dann stand halt nur der Grill draußen unterm Vordach der Terrasse, wir aßen innen. Es gab Röstbrot, Gambas, Calamari, Tomaten, Lammsteaks, Auberginen, Schweinehals vom Grill.

Ich fragte meine Mutter nochmal nach meiner polnischen Großmutter aus, der ehemaligen Zwangsarbeiterin, erwähnte zum wiederholten Mal die Kassetten mit dem Interview von vor 20 Jahren. Da ließ sie fallen, dass sie noch nicht nachgesehen habe, ob sie sich vielleicht unter den Kassetten über der alten Stereoanlage befanden. Ich sah gleich mal selbst nach, und hatte sie nach zwei Griffen in der Hand. Während ich bei allen möglichen Kontakten aus verschiedenen früheren Berufsleben nachgefragt hatte, hatte die Aufnahme das Haus nie verlassen. Jetzt erst mal digitalisieren, dann transkribieren.

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Auf dem Heimweg mit der Bahn 45 Minuten Verzögerung, für die die streikende GDL überhaupt nichts konnte: “Personen im Gleisbereich”.

Die Nachrichten von der Berufsfront werden immer erfreulicher (Details, wenn alles 100-prozentig ist).

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Hintergrund eines der berühmtesten Filmchens der Musikgeschichte:
“Exactly 50 years ago Bob Dylan was stood in a London alleyway”.

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Traci Mann, eine Psychologiedozentin an der University of Minnesota, erforscht seit 20 Jahren Ernährungsgewohnheiten, Selbstbeherrschung und Diäten. Roberto A. Ferdman hat sie für die Washington Post interviewt.

“Why diets don’t actually work, according to a researcher who has studied them for decades”.

It all starts with something that suddenly struck me a while back, and that’s that nobody has willpower. Everyone is blaming dieters for regaining weight they lose, and that’s just wrong – it’s not their fault they regain weight, and it’s not about willpower, or any lack thereof.

(…)

What people tend to think is that if only Joe had self-control then he could succeed on his diet forever. And that’s not accurate, as it turns out. That’s not true.

After you diet, so many biological changes happen in your body that it becomes practically impossible to keep weight off. It’s not about someone’s self-control or strength of will.

(…)

But there’s an entire industry that profits from convincing people that just the opposite is true. How do you reconcile that?

Well, the first thing is that you can’t believe anything that they say. And that’s by definition, because their job isn’t to tell you the truth – it’s to make money. And they’re allowed to lie.

These companies make money off failure, not success. They need you to fail, so you’ll pay them again. One-time customers are not the sort of thing that keep these diet companies in business.

(…)

An idea that I want to float, if I might, is that willpower is actually a very different thing when you talk about eating. Willpower can be extremely useful in certain parts of people’s lives. But when it comes to eating, it’s just not the problem. It’s not the fix.

(…)

Let’s say you’re in a meeting, and someone brings in a box of doughnuts. If your’re dieting, now you need to resist a doughnut. That is going to take many, many acts of self-control. You don’t just resist it when it comes into the room – you resist it when you look up and notice it, and that might happen 19 times, or 90 times. But if you eat it on the 20th time, it doesn’t matter how good your willpower was. If you end up eating it, you don’t get credit for having resisted it all those times. In virtually any other arena, that would be an A+, but in eating that’s an F.

Der letzte Punkt ist eine sehr nützliche Beobachtung, ich übersetze ihn mal:

Wenn es um Essen geht, ist Willenskraft etwas ganz anderes. Ein starker Wille kann in bestimmten Lebensbereichen ausgesprochen nützlich sein. Aber beim Essen ist er nicht das Problem, auch nicht die Lösung.

(…)

Nehmen wir an, Sie sind in einer Besprechung und jemand bringt Doughnuts mit. Wenn Sie gerade eine Diät machen, müssen Sie jetzt dem Doughnut widerstehen. Dazu sind viele, viele Momente der Selbstbeherrschung nötig. Sie müssen nicht nur widerstehen, wenn die Doughnuts auf den Tisch gestellt werden – Sie müssen sich jedesmal beherrschen, wenn Sie den Teller sehen und den Doughnut bemerken; das mögen 19 Mal sein oder 90. Doch wenn Sie ihn beim 20. Mal essen, zählt all ihre vorherige Beherrschung nichts mehr. Wenn Sie ihn dann doch essen, lobt sie niemand dafür, wie stark ihr Wille vorher gewesen ist. In jedem anderen Bereich hätten Sie Bestnoten für Ihre Willenskraft bekommen, doch beim Essen sind Sie damit durchgefallen.

die Kaltmamsell

7 Kommentare zu „Journal Freitag/Samstag, 8./9. Mai 2015 – angegrillt“

  1. Hildegard meint:

    Wie toll! Nun bange ich schon als stille Mitleserin seit geraumer Zeit mit und freue mich sehr über die “Breaking News” an der Berufsfront. Jippieh!

  2. engl meint:

    YES! (ein hoch auch auf heimstättische privatarchive!)

  3. Julia meint:

    ich drücke und drücke und drücke die Daumen!!!

  4. Berit meint:

    Huuiuiuii ich drücke auch noch weiter fleißig mit. Was für ein Krimi!

  5. Susann meint:

    Ein vorsichtiges leises YAY kombiniert mit weiterem intensiven Daumendrücken!
    Und willkommen Zuhause! :-)

  6. antje meint:

    freu’ mich für Sie!!!

  7. Sabine meint:

    Vielen Dank für den Hinweis auf den Artikel zum Essverhalten! Und auch von mir: gedrückte Daumen.

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