Ich bin ja keine grundsätzliche Freundin des Draußen; das Draußen muss mir schon ein wenig entgegenkommen, z.B. mit Wetter, Licht oder Landschaft.
Erster Schnee, die Matschflocken ließen sich fast nicht fotografieren.
An sich hatte ich mich auf die erste Laufrunde seit zwei Wochen gefreut, und an sich macht mir ein bisschen Regen nichts aus. Doch mittelstarker Schneeregen und Wind, die laut Prognose noch Stunden andauern würden, schreckten mich dann doch ab. Mit zornigem Seufzer stieg ich also nach Morgenkaffee und Bloggen auf den Crosstrainer.
Zumindest etwas Spannendes hören wollte ich. Ich folgte dem Tipp von Kommenatorin Eva und hörte eine Folge des Podcasts der Helmholtz-Gemeinschaft:
“Kognitionsforschung”.
Holger Klein interviewt darin Peter Weiss-Blankenhorn (wir bemerken: beim Helmholtz dürfen Forscher auch mal ohne “Prof. Dr.” genannt werden), den Leiter der Arbeitsgruppe Motorische Kognition am Institut für Neurowissenschaften und Medizin des Forschungszentrums Jülich. Hochinteressant und mit mehreren “Ach”-Momenten (einmal kam genau diese Reaktion auch von Holgi.) Unter anderen fühle ich mich jetzt gründlich gerüstet für einen eventuellen Schlaganfall. Unter noch anderem ging es auch um Synästhesie: Weiss-Blankenhorn merkte an, dass fast alle Menschen so dächten, eine kleine Gruppe halt sehr extrem. Als Beispiel führte er an, für sie sei die Vier blau. Völliger Blödsinn! Die Vier ist selbstverständlich gelb, Acht und Zwei rot, Drei ist grün, die Eins schwarz, die Sieben hingegen blau. Pft. (Nein, ich bin sicher keine Synästhetikerin, doch interessanterweise denkt selbst mein durchschnittliches Hirn so.)
Gleich beim Hören fand ich eine Anwendung für die Aussagen des Podcasts: Beim Bügeln werde ich von interessanten Podcasts immer völlig gefangen – die manuelle Tätigkeit scheint mein Gehirn neben dem Sprach-Input auszulasten. Gestern war das stupide Crosstrainer-Treten wohl nicht anspruchsvoll genug: Meine Gedanken versuchten gleichzeitig Kommentare und abgeleitete Ideen zum Podcast zu formulieren, doch das funktionierte nicht – ich verpasste sekundenweise das Interview. Mein Nebendenken beanspruchte wohl im Gegensatz zur Motorik des Bügelns denselben Gehirnbereich (Sprache?) wie das Zuhören.
Der Podcast war so klasse, dass ich mich auch fast gar nicht ärgerte, als noch während meiner Strampelei erst der Regen aufhörte und dann auch noch die Sonne rauskam.
Zum Frühstück kochte ich Porridge, aß ihn mit Honig und Granatapfelkernen.
Eigentlich hatte ich ja für den Nachmittag Stollenbacken geplant, aber nicht einkalkuliert, dass die Ente, die es zum Abendessen geben sollte, denselben Backofen brauchte. Und das zumindest zum Teil auch zur selben Zeit, wie die Abstimmung mit dem Entenbeauftragten Herrn Kaltmamsell ergab. Abendessen schlug Weihnachtsbäckerei, ich bereitete alles für Backen am Montagabend vor.
Ganz ausgesprochen freute ich mich, dass Sie meine Kanon-Idee aufgegriffen haben: Danke fürs Mitspielen!
Im gemischtwolkigen Abendrot drehte ich noch eine kurze Spazierrunde, um meinen Pokémon-Streak nicht abreißen zu lassen.
Die Ente zum Nachtmahl wurde gut – aber wir sahen noch Verbesserungsbedarf. Begleitung war Kartoffel-Sellerie-Püree (Ernteanteil) und ein israelischer Pinot noir.
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Spät besungene Heldinnen, zum Beispiel die Frau, die sich vor 50 Jahren auf Sizilien weigerte, ihren Vergewaltiger zu heiraten:
“1966-1968
Franca Viola says ‘No'”.
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Gerhard Polt veröffentlicht seit ein paar Wochen hin und wieder kleine Monologe (hinter der Website steht eine “Agentur Well”, Verantwortlicher laut Impressum ist Martin Polt – ein Familienunternehmen). Ganz besonders hat mir das aktuelle Filmchen gefallen:
“Der Schweigegeldempfänger”.
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Wozu Blogs der Sorte “Everybody has a voice” auch taugen: Zur Selbstversicherung, dass man nicht allein ist mit seinen Exzentriken und Idiosynchrasien (was Letzteres bedeutet, habe ich sogar irgendwann in einem Blog gelernt). Es erleichtert mich sehr, dass es Menschen gibt, die einen ähnlichen Realitätsbezug haben wie ich.
“Containern”.
Kurz überlegte ich auch, ob wir möglicherweise insgesamt in Gefahr wären, gruselige Monster, die aus der Dunkelheit hervorbrechen, Zombies oder Außerirdische oder Moorleichen oder so etwas. Horrofilme fangen aber immer mit heiler Welt an, nie damit, dass drei Frauen nachts um eins zu Fuß Elektroschrott entsorgen, weil sie in ihrem normalen Alltag keine Zeit dazu finden. So etwas habe ich noch nie gelesen oder davon auch nur gehört. Wir waren also in absoluter Sicherheit.