Journal Montag, 12. November 2018 – Bonbonschwein

Dienstag, 13. November 2018 um 6:43

Seit Tagen höre ich Amselkrawall, auch schon morgens um 4 Uhr. Beim ersten Mal dachte ich noch an Greifvogelbesuch, denn dieses Amselgezeter kannte ich nur als Warnlaut. Am zweiten Frühestmorgen spekulierte ich eher über Katzenbesuch. Doch gestern beim Aufenthalt in Ingolstadt hörte ich auch nachmittags Amselalarm – als praktisch einzige Vogelrufe. Was ist denn da los?

Ruhiges, mildes, meist sonniges Wetter, ganz und gar nicht novembrig.

Es wurde ein langer Arbeitstag.

Auf dem Heimweg warf ich einen vielleicht schicksalhaften Brief bei der Hausverwaltung ein (nur ein paar Häuser von der Arbeit entfernt) und kaufte ein wenig Brotzeit für Dienstag und Mittwoch ein (Paprika, Gurken).

Kürzlich hatte ich Herrn Kaltmamsell den Link zu diesem Candy Pork geschickt, gestern setzte er das Rezept um. Ich machte uns aus Restsahne Cocktails zur letzten Kochphase: Brandy Alexander.

Das süß-scharfe Schwein (frische Chilis aus Ernteanteil) schmeckte ausgezeichnet. Herr Kaltmamsell servierte es mit peruanischem Riesenmais (maiz mote), den er unbedingt mal ausprobieren wollte – auch der schmeckte großartig.

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Vor 100 Jahren endete der Erste Weltkrieg, der alles änderte. Große Bögen kann man spannen zu Gesellschaft, Kultur, Kunst – und doch besteht Geschicht ja aus einzelnen Menschen. Zum Beispiel aus Crocos Großvater.
“Hundert Jahre”.

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100 Jahre Frauenwahlrecht. Es fällt mir schwer, das zu feiern, weil

Aber es ist großartig, dass jetzt so viel über die Frauen berichtet wird, die das ermöglichten, zum Beispiel über eben diese Marie Juchacz:
“Die Uroma der Demokratie”.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war noch viel zu tun: Interview mit der CDU-Politikerin Roswitha Verhülsdonk, 91, über Heiner Geißlers Taschentücher, Helmut Kohls Parteitagsglocke und den Gatten von Marianne Strauß.
“‘Was wollen denn die Mädchen hier im Bauausschuss?'”

Was wollten Sie denn im Bauausschuss?

Zum Beispiel dagegen angehen, dass im sozialen Wohnungsbau maximal 80 Quadratmeter gebaut wurden, nur weil der Bund nicht mehr bezuschusste. Eine Familie mit drei, vier Kindern auf so engem Raum? Nach dem Krieg musste man zusammenrücken, aber jetzt waren wir auf dem Weg in die 70er! Da wollten wir Schwung hineinbringen.

Wie haben Sie sich Gehör verschafft?

Wir trugen unsere Themen vor und stellten Anträge. Die Männer zweifelten. Wir haben gesagt: Dann redet mal zuhause mit euren Frauen darüber, ob das vernünftig ist oder nicht. Und die Ehefrauen haben natürlich gesagt, ja, die Forderung ist richtig. Wir hatten unsere eigenen Wege, die Programmatik der Partei mit unseren Themen anzureichern. Zum Beispiel habe ich mehrfach Marianne Strauß angerufen, wenn wir ihrem Mann etwas beibringen wollten, das er nicht einsehen wollte. Ich kannte sie gut, weil ihre Schwester in Bacharach am Rhein Bürgermeisterin war.

(…)

Franz Josef Strauß und Sie saßen sechs Jahre zusammen im Bundestag. Wie war das?

Ich habe nur ein einziges Mal geheult in meiner Zeit als Politikerin. Das war, als die Unionsfraktion 1980 beschloss, den Strauß als Kanzlerkandidaten zu akzeptieren. Ich bin dann raus aus dem Saal, Heiner Geißler kam hinterher und reichte mir sein Taschentuch. Ich konnte mir nicht vorstellen, jemanden wie Strauß meinen Wählern zu vermitteln.

Er hat sich damals in der Bundestagsfraktion genauso verhalten wie heute Seehofer in der Koalition. Hatte keinen guten Stil, hat immer gedroht.

§

Die schönste Berlinliebe ist die von @katjaberlin, weil sie sich nie rechtfertigt. Nur wer die flächendeckenden Berlin-Hater-Texte kennt (die von innen wie die von außen), kann ihre Besonderheit erkennen.
“Bürgertum, Bohème, Brüder
Das wahre Berlin gibt es nur in der U-Bahn”.

Seit vielen Jahren wohne ich an der U8. Sie ist Berlins Lebensader und einer der wenigen Orte, an denen es ein bisschen nach Weltstadt aussieht. Und riecht. Vielleicht noch nicht an der Lindauer Allee, aber spätestens ab Gesundbrunnen in Richtung Süden. Wenn ich hier einsteige, fühlt es sich an, als würde ich in eine Hochzeitsparty platzen. Die Gäste kommen aus aller Herren Länder, viele haben schon ein bisschen Alkohol intus, und ich bin im Zweifel overdressed.

(…)

Die U8 bietet den perfekten Querschnitt der Stadt mit Reinickendorfer Ur-Berlinern, Gesundbrunnens Diversität, Mitte-Bürgertum, Kreuzberger Bohème sowie Neuköllner Brudis und Schwestis. Eigentlich fehlen nur noch ein paar Zehlendorfer Villenbesitzer, aber dafür liegen zu wenige Tennisplätze an der Strecke.

§

OH! MY! GOD!

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https://youtu.be/zmPkCM1seug

Wie soll ich das bis nächsten Sommer aushalten?!

die Kaltmamsell

6 Kommentare zu „Journal Montag, 12. November 2018 – Bonbonschwein“

  1. Miss Navigator meint:

    Gestern morgen auch hier, Regensburger Donauinsel: Lauter Amselgesang. Ich habe sofort das Fenster aufgerissen, um nachzusehen, ob irgendwas nicht in Ordnung ist (jaja, Leben mit Vogelfeinden nervt). Aber alles gut, einfach Trällern vom Dachgiebel. Jetzt, wo Sie das auch schreiben, frage ich mich aber …

  2. Hauptschulblues meint:

    Ihr Revier grenzen Amseln durch ihren Gesang ab.
    Amselgezeter gibt es nur, wenn (Freß-)Feinde unterwegs sind. Und da gibt es viele: Krähen, Marder, Eichhörnchen, Füchse, Katzen. Die ersten drei fressen die Brut. Gezetert wird aber das ganze Jahr über, wenn sie gesehen werden.

  3. streckenweise meint:

    Zum Text über die U8 in Berlin: Ich mag Katja Berlin eigentlich, aber daß sie den Ostteil der Stadt komplett ausblendet (weder tauchen Ostberliner im “perfekten Querschnitt der Stadt” auf, noch erwähnt sie die U5), das finde ich schon merkwürdig.

  4. Joël meint:

    Indeed!
    OH!MY!GOD!
    Wenn der Film so gut ist wie der Trailer, wird das ein Knaller.

  5. Croco meint:

    Es tut mir gut, dass die furchtbaren Erlebnisse meines Opas doch noch einen Widerhall haben. Nach so viele Jahren. Ich war zwölf als er starb, und ich konnte ihn nichts mehr fragen.
    Danke für’s Verlinken.

  6. Eliandhra meint:

    Du lieber Himmel. Das Pantimos. Die Bisasams im Fluss … ich freu mich!

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