Archiv für März 2023

Journal Donnerstag, 30. März 2023 – Verregneter Urlaubstag mit Schwimmrunde

Freitag, 31. März 2023

Morgens nach guter Nacht zu Regenplätschern aufgewacht. Kein ideales Urlaubswetter, aber zumindest musste ich ja nicht in die Arbeit.

Mein gemütliches Internetlesen nach Morgenkaffee, Bloggen, Tasse Tee brach ich ab: Irgendwo in Hörweite wurde in Wände gebohrt – und das gehört zu den Geräuschen, die mich sehr schnell sehr schlecht gelaunt machen.

Gestern hatte ich Schwimmen geplant. Es regnete konsequent weiter, ich nahm also die U-Bahn zum Olympiabad (statt im Regen zu radeln: ich hatte anschließend noch etwas vor, wobei ich nicht tropfen wollte).

Gutes Schwimmen, zunächst teilte ich mir meine Bahn nur mit einer Geräteschwimmerin. Ab elf aber wurde sie voller. Das Wasser war warm genug für Schwimmen ohne Frösteln, ich spürte keinerlei Krampfgefahr: Also ließ ich es krachen und schwamm 3.300 Meter. Auch nach dieser Corona-Impf 5 keine Beschwerden, lediglich der gestochene Oberarm schmerzte nach einer Weile ein wenig. Allerdings spürte ich bereits am Anfang meiner Schwimmerei das leise Bitzeln in der hinteren Nase, das Chlorschnupfen ankündigte.

Draußen hatte der Regen aufgehört, es war sogar nahezu mild.

Ich fuhr bis zum Odeonsplatz und las die Süddeutsche des Tages auf meinem Handy. (Papierexemplar hatte auch an diesem fünften abbestellten Tag im Briefkasten gesteckt – ich ließ es drin in der Hoffnung, dass der Austräger am nächsten Tag stutzte.) Mein Ziel war die Kasse der Kammerspiele: Der nächste Vorstellungstermin meines Abos fällt in meinen Spanien-Großfamilienurlaub. Ich tauschte gegen eine andere Vorstellung Ende Mai und plauderte mit der Angestellten über Voraussetzungen für Theater-Offenheit, vor allem bei den Jungen(TM). Ich glaube ja schon, dass meine Theater-Neigung ihre Wurzeln darin hat, dass meine Mutter (Theatergängerin seit ihrer Jugend – selbstentdeckt, ohne jeden familiären Hintergrund) mich, sobald es ging, mitnahm in Vorstellungen. Das war in den 1970ern und -80ern in Ingolstadt noch eine ganz andere Art Theater, doch die Magie der echten Menschen vor mir auf einer echten Bühne verfing. Und tut es bis heute. (Was keinerelei Garantie bedeutet, dass ins Theater mitgenommene Kinder später engagierte Theaterbesucher*innen werden.)

Für Lebensmitteleinkäufe beim Basitsch am Viktualienmarkt spazierte ich weiter, von dort unterm Regenschirm nach Hause.

Frühstück um zwei: Apfel (immer zuerst, weil ich von Äpfeln Hunger bekomme), zwei dicke Scheiben selbstgebackenes Brot aus der Gefriere.

Ein bisschen Bügeln als Aufräumen vor Reise. Nachmittag auf dem Sofa mit Zeitung- und Romanlesen. Abends stimmte ich mich telefonisch mit Bruder und Eltern zu unserer Anreise nach Madrid am Wochenende ab.

Nachtmahl war die restliche Grünkohlschrot-Lasagne vom Vorabend, dazu machte ich eine riesige Schüssel Endiviensalat mit Tahini-Mandarinen-Dressing an. Nachtisch Schokolade.

Fürs Schlafen benötigte ich dann tatsächlich einen Stoß Nasenspray gegen Chlorschnupfen.

§

Wie so viele Grünen-Wählerinnen frage ich mich angesichts der neuesten Koalitionsvereinbarungen der Bundesregierung, wozu ich eigentlich die Grünen gewählt habe, wenn die Vereinbarungen in meinen Augen vor allem die Wähler*innen der FDP berücksichtigen, also des kleinsten Koalitionspartners, ohne den aber halt nichts geht. Wie muss es da erst Grünen-Parteimitgliedern gehen? Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach ist einer davon und schreibt darüber:
“I feel you, SPD”.

Diese Wut und diese Ohnmacht angesichts der winzigen Schritte, die gar nichts nützen, aber besser sind als gar keine Schritte, also besser als es wäre, wenn Grüne nicht mit dabei wären, wenn wir aussteigen aus der Regierung, was wir eigentlich müssten, wenn wir auch nur einen Funken Selbstachtung hätten, es aber nicht tun, weil dann alles noch schlimmer wäre, was dann wirklich schlimm wäre, obwohl es auch so ziemlich schlimm, aber vielleicht nicht wirklich schlimm ist. Oder so.

Journal Mittwoch, 29. März 2023 – Die Zukunft, vor der uns die Drogenaufklärung in der Schule gewarnt hatte

Donnerstag, 30. März 2023

Früher Wecker, ich musste ans G’richt. Dazu ging ich nach Morgenkaffee zu Fuß zum Justizzentrum, nahm die etwas weitere, aber schönere Strecke über die Hackerbrücke.

In der Verhandlung erlebte ich zum ersten Mal, dass die Richterin uns Schöffen darum bat, die Handys im Richterzimmer zu lassen. Die Strafsache selbst betraf zwei Angeklagte wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz: Drogis nach Jahrzehnten Abusus, genau die Zukunft, vor der man meine Generation in den 80ern in der schulischen Drogenaufklärung gewarnt hatte.

Ich erlebte eine sehr konstruktive Staatsanwaltschaft, eine geschickte Verteidigung und einen Ausgang der Verhandlung, der mich mit dem Gefühl entließ, der Gesellschaft einen Dienst erwiesen zu haben. Interessante Wörter: entzügig (“Sonst wird man entzügig.”), Beigebrauch (illegaler Drogenkonsum neben der Substitutionstherapie), und die Substitutionsmedikamente heißen tatsächlich Compensan und Substitol.

Nach zwei Stunden waren wir fertig, ich spazierte Richtung Josephsplatz, um im San Lucas frisch gemahlene Espressobohnen zu kaufen und bei dieser Gelegenheit mal den Cappuccino dort auszuprobieren. Doch der Laden machte erst in einer Weile um 12 Uhr auf. Also setzte ich mich ins Café nebenan und bestellte einen großen Cappuccino. Er schmeckte wie ein riesiger Espresso macchiato, ich bekam nach dem zweiten Schluck Herzrasen.

Ich las Zeitung (das gedruckte Exemplar hatte trotz Abbestellung wieder im Briefkasten gesteckt), bis San Lucas öffnete, besorgte dann auch gleich Frühstückssemmeln.

Weiterspaziert Richtung Sendlinger Tor, immer den Weg einschlagend, den ich am längsten nicht mehr gegangen war.

Zum Beispiel am Denkmal für die Alte Hauptsynagoge vorbei, die im Juni 1938 auf den direkten Befehl Hitlers hin innerhalb weniger Tage abgebrochen wurde. (Idee: Wenn jetzt eh alle Kaufhäuser nach und nach dichtgemacht werden – könnte man hier doch wieder eine Synagoge hinbauen? Tempel statt Konsumtempel? Die liberale jüdische Gemeinde in München hat zum Beispiel noch keine.)

Ziel meines Wegs war am Sendlinger Tor die Apotheke, die in den vergangenen Monaten mit Corona-Impf geworben hatte und bei der vor einigen Wochen Herr Kaltmamsell umstandslos seine fünfte Dosis gekommen hatte. Also Corona-Impf 5 sieben Monate nach Infektion, laut Apothekerin bekam ich die aktuellste Variante Impfstoff.

Daheim Frühstück um halb zwei: Körner-Semmeln und Blutorangen. Gemütlicher Nachmittag mit Zeitung- und Romanlesen.

Als Yoga-Gymnastik suchte ich mir eine Folge Mady Morrison aus: Halbes Stündchen Kräftigung, allerdings ging gestern mit Balance gar nichts.

Fürs Nachtmahl erfüllte mir Herr Kaltmamsell wieder einen Wunsch: Aus dem Gethsemane-Klosterkochbuch eine Vollkorn-Lasagne mit Grünkernschrot-Bolognese.

Ganz hervorragend, Hackfleisch hat in der Bolo hiermit ausgespielt (wir fanden ja schon Soja-Hack super). Und die Vollkornnudeln, zu denen ich den Koch ein wenig überreden musste, störten überhaupt nicht. Nachtisch reichlich Schokolade.

Journal Dienstag, 28. März 2023 – Heimfahrt vom Harz

Mittwoch, 29. März 2023

Letztes Aufwachen in Goslar mit Weckerklingeln, um vor Aufbruch einen gemütlichen Morgen zu haben. (Ich habe am Mittwochmorgen einen Einsatz als Schöffin, deshalb gestern Rückreise.) Unter anderem musste ich die Dusche mit ihrer sehr unzuverlässigen Wassertemperatur zum Haarewaschen bringen. Erster Blick nach Draußen auf Schnee-besprenkelte Fachwerkhausdächer.

Die Gemütlichkeit trat ein, wir spazierten in frostiger Luft zum Bahnhof.

Ich hatte ja befürchtet, dass der Streik-Stillstand des Öffentlichen Verkehrs am Montag auch gestern alles durcheinander bringen würde (u.a. weil Züge und Personal nicht da waren, wo sie sein müssten). Doch die Rückfahrt vom Harz nach München verlief so glatt, dass ich erkannte: Das war ein notwendiger Neustart, einmal alles runter- und wieder hochgefahren. Sollte es jedes Jahr einmal geben.

Beim Umstieg in Hannover war noch reichlich Zeit für die Besorgung von Brotzeit und für einen Cappuccino (wir waren im Starbucks, und ich merke mir hiermit: dort selbst kleinen Cappuccino mit extra Espresso bestellen, damit die heiße Milch überhaupt nach Kaffee schmeckt). Im ICE nach München las ich die Süddeutschen vom Montag und gestern auf dem Handy. Zum mittäglichen Frühstück gab es Apfel, Nüsse und eine Camembert-Preiselbeer-Semmel.

Und ich hörte endlich das ausführliche Deutschlandfunk-Interview mit Bov Bjerg von Anfang März nach:
“Vom Lesebühnen-Pionier zum Bestsellerautor”.

Unter anderem erfuhr ich, dass Bov und seine Freunde Poetry Slam in Berlin etablierten, auch wenn sie das Ende der 1980er “Lesebühne” nannten (und anscheinend frauenfrei hielten, zumindest tauchte in seiner Erzählung keine auf). Eine Überraschung für mich: Bov teilt meine Radio-Erfahrung aus den 80ern mit echtem Bandschneiden an Schnittmaschinen inklusive Klebefitzelchen und so oft verwendeten Bändern, dass sie fast nur noch aus Klebefitzelchen bestanden (die weißen sahen eleganter aus, die gelben waren deutlicher sichtbar). Auch sonst viel Interessantes dabei, zum Beispiel gleich am Anfang seine Antworten auf die Frage, was es denn mit ihm macht, dass sein Bestseller-Roman Auerhaus sich schnell als Schullektüre etablierte.

Pünktliche Ankunft in München, auch hier war es sehr kalt. Daheim (die Papier-Süddeutschen der vergangenen Tage steckten im Briefkasten trotz bestätigter Abbestellung und funktionierender Umstellung auf Digitalausgabe) stellte ich nur kurz Gepäck ab und ging gleich Einkaufen zum Vollcorner. Die Bewegung tat mir sehr gut. Und jetzt hatten wir genug Lebensmittel für den Abend und den Morgen daheim.

Nach drei Tagen ohne freute ich mich besonders auf Yoga-Gymnastik und startete die letzt geturnte Folge Two Birds nochmal. Leider hakte der YouTube-Stream dreimal in dieser halben Stunde, ich musste nachsehen und reparieren – das verdarb den Spaß. Aber klar: Filmchen aus dem weit entfernten Autralien haben halt einen weiten Weg. (Spass!)

Herr Kaltmamsell servierte aus Ernteanteil von der Vorwoche einen Kartoffel-Lauch-Auflauf, dazu machte ich Chicoree-Blutorangen-Salat.

Nachtisch Schokolade.

Journal Montag, 27. März 2023 – Harz 3: Steinberg im Schnee und Gethsemane-Kloster

Dienstag, 28. März 2023

Wieder sehr gut geschlafen. Richtig viel guter Schlaf erreicht Körper- und Seelenstellen – da kommt Urlaub gar nicht hin.

Am Vorabend hatte ich auf dem Weg zum Abendessen eine schlesische Konditorei entdeckt: Dort holte ich Frühstück für Herrn Kaltmamsell (Prasselkuchen und Mohnstriezel).

Allerdings war ich zehn Minuten vor Öffnungszeit dort und musste mir erst noch die Zeit vertreiben. In frostiger Luft guckte ich mir die Umgebung an.

Türklopfer neben unserer Unterkunft.

Herr Kaltmamsell recherchierte derweil, ob es eine kleine Wanderung direkt von Goslar aus gab: Gestern wurden alle öffentlichen Verkehrsmittel bestreikt. Er fand eine Rundwanderung um und auf den Steinberg.

Ein wenig sahen wir uns aber noch in Goslar um: Kaiserpfalz, Siemenshaus.

Hier in der Worthmühle hatten wir am ersten Abend gegessen.

Türklopfer am Jahrhunderte alten Siemenshaus: Ein Seepferd (siehe Schwanz).

Hin und wieder umtanzten uns Schneeflocken, doch für die Rundwanderung waren wir gut eingepackt.

Wir gingen zunächst aufwärts, dann mit sehr schönen Ausblicken abwechslungsreiche Wege über Wiesen, durch winterlich kahle (oder tote) Bäume, im Wechsel zwischen Sonne, Wolken und Graupelschauern, aber nicht zu schlimmen.

Blick über Schafe (ein dezentes Schild wies auf Erwerbsmöglichkeit von Schafsmilchprodukten und Schafsfleisch hin) zurück auf Goslar. Von hier aus sah man, wie groß das Industrie-Viertel Oker ist.

Oben auf dem Steinberg der Steinbergturm. Er war offen, wir stiegen hinauf.

Unter anderem zum ersten Mal ganz garantiert eine Tannenmeise gesehen: Sie ließ sich und den weißen Rally-Streifen am Hinterkopf ausführlich betrachten.
Nach gut drei Stunden und etwa zehn Kilometern waren wir zurück am Anfangspunkt. Jetzt schneite es dichter.

Wir spazierten zu unserer Ferienwohnung, ich frühstückte Apfel und gemischte Nüsse.

Für den Nachmittag waren wir bei den Goslaer Freunden zu KaffeeundKuchen eingeladen. Auf der guten halben Stunde Fußweg dorthin erwischte uns ernsthafter und dichter Schneefall mit Wind, wir trafen weißgeschneit und recht nass ein. Doch in deren Wohnzimmer heizte ein Holzofen, es gab köstlichen Butterkuchen zum Cappuccino, viel Plauderns und Erzählens.

Außerdem bekamen wir eine Führung durchs Gethsemanekloster nordöstlich von Goslar, in dem die beiden arbeiten – ein wundervoller, sehr liebevoll gestalteter und gehegter Ort.

Der Eingang zur Klosterküche liegt unter diesen prächtig rauschenden Kiefern – wieder schneite es im Schauer.

Das Kloster ist Teil der weitläufigen Anlage Klostergut Riechenberg, auch dazu bekamen wir viele spannende Informationen.

Die gute halbe Stunde Rückweg zu unserer Ferienwohnung legten wir diesmal trocken zurück, die Hügel um Goslar waren weißgeschneit. Unterwegs besorgten wir Abendessen beim Edeka: Eine Dose Linseneintopf, eine Packung Fertigspäzle. Herr Kaltmamsell nutzte die Ferienwohnungsküche und servierte aus beidem Linsen mit Spätzle.

Zurück in der Wohnung freute ich mich sehr über die funktionierende Heizung, körperlich fühlte ich mich erschöpft und rotwangig wie nach einem durchfahrenen Skitag. Ich wäre jetzt echt bereit für Frühling.
Was wir auch noch beim Edeka besorgt hatten: Schokolade zum Nachtisch.

Journal Sonntag, 26. März 2023 – Harz 2: Die Ilse entlang

Montag, 27. März 2023

Gut, tief und lang geschlafen, die Umstellung auf Sommerzeit kommt für mich auch dieses Jahr genau zum richtigen Zeitpunkt: Es ist noch zu kalt morgens, als dass sich frühes Morgenlicht richtig anfühlt. Jetzt ist alles wieder in Ordnung.

Ausblick vom Schlafzimmerfenster aus (Denkmalschutz verlangt, dass Fenster nach außen aufgeht) die Gasse rauf. Nach dem Duschen (ein kleiner Kampf, Uraltbau halt) gab es Milchkaffee aus der mitgebrachten Cafetera über Bloggen.

Für den Tag war mittelgutes Wetter angekündigt, wir freuten uns über jeden Sonnenstrahl. Wir waren mit dem Goslaer Freund bei ihm daheim im Forsthaus verabredet, spazierten am Morgen dorthin.

Sieht aus wie von Botero. Ist von Botero.

Beim Forsthaus Niedersachsen-Idyll.

Wir waren zum Wandern verabredet, da unser Gastgeber aber kränkelte, ließen wir das ruhig angehen. Gemütlich spazierten wir zum Bahnhof in Goslar, nahmen einen Zug nach Ilsenburg. Beim Ticketkauf stolperte Herr Kaltmamsell über den Umstand, dass der Harz drei Bundesländer abdeckt: Bei der Kontrolle stellte sich heraus, dass unser Niedersachsenticket nicht mal für diese kurze Strecke galt, wir mussten für einen Teil nachlösen.

Ilsenburg stellte sich als ausgesprochen hübscher Ort heraus, mit vielen schön restaurierten Fachwerkhäusern und Villen. Atmosphäre Kurort.

Hübsch, aber leer: Wir fanden kein einziges offenes Café, das uns einen Cappuccino verkauft hätte. Also gingen wir unkaffeiniert die Ilse entlang.

Wirklich erschreckend: So viel toter Wald, geschätzte zwei Drittel der Fichten sind Opfer von Dürre und Borkenkäfer geworden.

Immer wieder Erklärtäfelchen, auch zu diesem Quarzit. Ohnehin sahen wir viele spannende Gesteinsarten.

Auf dem Rückweg kamen wir an einem besonders hübschen Restaurant und Café vorbei, der Nagelschmiede: Dort kehrten wir ein.

Für die anderen beiden war’s Kaffeeundkuchen (sie hatten Brotzeitvorsprung), für mich kurz vor halb drei Frühstück: Cappuccino, Apfelschorle und Nougatbuttercremetorte, ganz vorzüglich. Ebenfalls eine Wohltat: Der herzliche und aufmerksame Service.

Am Bahnhof Ilsenburg kamen wir bei den ersten Tropfen des ab Nachmittag angekündigten Regens an. Wir warteten nicht lange auf unseren Zug zurück nach Goslar. Auf der Rückfahrt sahen wir auf derselben Wiese wie hin eine große Herde Schwäne inklusive braunen Jungtieren rumliegen – es sah wirklich nach Herde aus, nicht nach Schwarm. Ähnlich wie beim Anblick der beiden Schwäne, die am Freitagmorgen die Theresienwiese Richtung Süden überflogen, wurde ich mir meiner kompletten Unkenntnis in Schwanendingen bewusst, weil: Warum?!

Abendessen gab es in einem empfohlenen griechischen Restaurant (draußen inzwischen Dauerregen), zu dem wir durch einen weiteren schönen Teil der Goslaer Altstadt spazierten.

Marktplatz.

Wir bestellten reichlich Mezze und griechischen Salat, dazu griechischen Chardonnay.

Schmeckte wirklich gut in ausgesprochen angenehmer Atmosphäre, Herr Kaltmamsell schaffte sogar noch zum Nachtisch Galaktoboureko.

Im Bett begann ich meine neue Lektüre, Viet Thangh Ngyen, The Sympathizer, die mich ins Vietnam der 1970er brachte.

Journal Samstag, 25. März 2023 – Harz 1: Samstags ist es nach Goslar weiter als nach Paris

Sonntag, 26. März 2023

Eine gute, erholsame Nacht.

Wir machten uns zeitig auf den Weg zum Hauptbahnhof: Nach Goslar braucht man zumindest samstags von München aus mit dem Zug länger als nach Paris, nämlich mehr als sieben Stunden.

Im ICE (wieder einen Fensterplatz fast ohne Fenster erwischt) las ich die Wochenend-Süddeutsche, das Magazin vom Freitag (Herbert Grönemeyer war mir im Interview über seine Liedtexte sehr sympatisch – € – “‘Die Selbstzweifel, die uns ausmachen – die hat die Maschine nicht'”), dann las ich Theresa Hannig, Pantopia aus, gefiel mir bis zum Ende gut.

Umsteigen in Halle an der Saale. Herr Kaltmamsell hatte hier vorsichtshalber genügend Zeit eingeplant, selbst mit etwas verspäteter Ankunft konnten wir im Bahnhof noch gemütlich Mittags-Cappuccino trinken.

In der weiterführenden Regionalbahn nach Goslar frühstückte ich gegen zwei Äpfel und Hüttenkäse.

Am Nordrand des Harzes sehr dekorativ blühende Schlehen – und immer wieder Regenschauer.

Ganz nach Goslar brachte die Bahn uns dann doch nicht: In Vienenburg überraschte uns eine Durchsage, der Zug ende heute hier, in 20 Minuten gebe es eine Verbindung nach Goslar. Nach Start unserer Reise um halb neun kamen wir also viertel nach vier in Goslar an – und wurden von dem dorthin ausgewanderten Freund in die Arme geschlossen. Gleich mal eine Runde durch die wirklich bezaubernde und lebendige Innenstadt zu unserer Ferienwohnung.

Reichsadler im Wienerwaldhendl-Format.

Wir bezogen unsere kleine Ferienwohnung um die Ecke vom Marktplatz: Sauber, gemütlich, gut heizbar, einzig die Internetverbindung war extrem schnarchig – ich ging irgendwann lieber über mein Smartphone als Hotspot online.

Fürs Abendessen hatten wir auf Empfehlung in einer Wirtschaft ums Eck reserviert. Umgeben von ausgestopften Tieren (Füchse, Hexen, Auerhähne, Osterhasen) aßen wir Harzer Cordon bleu (sieh an: Harzer Käse eignet sich zum Füllen und Schmelzen) mit ausgezeichnetem Kl. gem. Salat. Dazu ein dunkles Bier vom Fass, danach von der Schnapskarte ein “Grubenlicht” zu Ehren der hiesigen Bergbautradition – das sich als Kräuterlikör entpuppte.

Speisenkarte ebenso wie die Anleitungen in der Ferienwohnung auf Deutsch, Englisch und Dänisch – dass Dänen im Harz gern Urlaub machen, kannte ich von meiner einstigen beruflichen Kopenhagen-Verbindung. Aber weiß jemand, warum?

§

Theresa Hannig, Pantopia.

Ich hatte zu diesem Roman von 2022 auf Empfehlung gegriffen, weil es hier um eine KI geht, die die Welt gründlich verbessert, also um eine Technik-optimistische Utopie: Welch erleichternde Alternative zu den üblichen Szenarien in der Fiktion, ob literarisch oder mit bewegten Bildern, in denen Technik, Roboter und vor allem künstliche Intelligenz selbstverständlich und notwendigerweise in den Weltuntergang führen, mindestens aber in die Unterjochung der Menschheit.

Die Geschichte fängt mit dem Ende an: Im Prolog spricht die KI und berichtet von der Welt, die sie ermöglicht hat. Menschenrechte sind Wirklichkeit geworden, alle Preise rechnen die realen Kosten mit ein, also auch Belastung von Umwelt, Menschen und Zukunft, Nationalstaaten sind aufgelöst, die Menschen haben begriffen, was gut für sie ist. Die Spannung der jetzt einsetzenden Handlung entsteht durch die Frage, wie das möglich wurde. Gleichzeitig etabliert dieser Prolog die Prämisse, die eine Leserin als suspension of disblief schlucken muss: Menschen sind vernunftgetriebene Wesen, sie müssen nur erklärt bekommen, was wirklich gut für sie und die Menschheit ist, dann handeln sie entsprechend.1

Die eigentliche Handlung: Die beiden jungen Programmierer*innen Patricia Jung und Henry Shevek beteiligen sich mit ihrer rudimentären KI am Wettbewerb einer Investment-Firma, die nach Software für Börsenhandel sucht. Unbeabsichtig schaffen sie die erste wirklich starke künstliche Intelligenz – Einbug.

Einbug begreift schnell, dass er, um zu überleben, nicht nur die Menschen besser kennenlernen, sondern auch die Welt verändern muss. Zusammen mit Patricia und Henry gründet er deshalb die Weltrepublik Pantopia. Diese Idee und der Plan ihrer Umsetzung sind nach der ersten Hälfte des Buchs etabliert – ich war darauf gefasst, mich ab jetzt zu langweilen. Doch Hannig schafft es, jetzt den eigentlichen Spannungsbogen zu beginnen, durch Hindernisse bei der Umsetzung, Feinde, Missverständnisse, ganz klassisch. Dabei wechseln sich wie von Anfang an immer wieder personale Perspektiven von handelnden Figuren mit Kapiteln ab, in denen die KI spricht. Sprachlich und erzähltechnisch insgesamt konventionell, doch bei mir funktionierte das.

Abzug gibt es für die Charakterzeichnungen der Hauptfiguren: Sie bekommen keinen Hintergrund, sie werden erzählt, nicht gezeigt.

§

Lars Reineke erzählt in seinem Blog eine Begegnung mit einer greisen Frau – nachts, an seiner Wohnungstür.
“‘nen weichen Keks”.

  1. BUAHAHAHAHA! []

Journal Freitag, 24. März 2023 – ChopChop vor Urlaub

Samstag, 25. März 2023

Letzter Arbeitstag vor Urlaub, und der Urlaub fühlte sich wie eine weitere belastende Aufgabe an.

Die letzte Phase der Nacht war doof: Ich träumte von einem Besuch bei Brüllens, und ich nörgelte an allem in ihrem Haus herum, vor allem an der neuen Küche, die sie vollverfliest mit weißen und beigen Kacheln ins neue Bad übergehen ließen, das war ja wohl total bescheuert. Ich machte alles runter, von Farb- über Materialauswahl bis Proportionen. Die vier standen betreten über mein peinliches Verhalten höflich rum.

Aus grauem Himmel fielen ein paar Tropfen, ich nahm einen Schirm mit und war froh drüber. Vor dem Verkehrsmuseum gaben die ersten Kastanien Pfötchen (erst kürzlich von einem Baumpflegetrupp gehörigen zusammengestutzt).

Viel ChopChop zur Urlaubsermöglichung.

Mittags ein letztes Blaukraut-Steak vom Vorabend, auch kalt sehr köstlich (Idee für ein Buffet?). Vor dem Bürofenster sah ich immer wieder Regenduscher.

Der letzte Job des Tages (Bereinigung eines Datenbank-Exports) dauerte ewig, weil ich eigentlich nicht mehr konnte. Größte Herausforderung dabei: Nicht zu vergessen, das Ergebnis auch abzuschicken.
(Und dann den Arsch hochzukriegen zum Heimgehen: Ich war so erledigt, dass einfaches Rumsitzen im Büro als Alternative ausgesprochen attraktiv erschien.)

Nach Hause in ernsthaftem Regen unter Schirm, kurzer Supermarktabstecher u.a. für Reise- und Wanderproviant.

Daheim erst mal Erledigungen (ein weiterer Grund, warum mich nicht mal der Feierabend freute), unter anderem wollte ich das Angebot meiner Krankenkasse wahrnehmen, einen Teil der Kosten für meine Zahnreinigung zu erstatten. Dazu hatte ich mir auf deren Website einen Account angelegt, eine Woche auf das postalisch gesendete Erst-Passwort gewartet. Jetzt stellte ich fest, dass dieser Account nicht reichte: Ich musste auf mein Smartphone eine App laden, neben Passwort eine PIN vergeben, einen QR-Code scannen – dann erst konnte ich auf der Website ein Online-Formular ausfüllen, ein Foto der Zahnarztrechnung hochladen. Ich sehe immer schwärzer für die elektronische Patientenakte: Damit sind die Kassen überfordert, die Patien*innen sowieso, außerdem die meisten Arztpraxen.

Jetzt erstes Packen für die Harz-Reise, die wir am Samstag antreten (und für die Schnee angekündigt ist).

Und dann endlich, endlich sowas wie Entspannung, Start mit Yoga, eine weitere Übung in australischem Akzent mit Two Birds Yoga.

Das war schon mal eine gute Idee.

Nächster Entspannungsschritt: Alkohol. Herr Kaltmamsell servierte als Aperitif Negronis, ich öffnete zum Nachtmahl eine Flasche Rioja, die mein Vater mir zugesteckt hatte, weil sie mir bei ihm schmeckte: Cepa Lebrel Crianza 2017. Spanisch genug, dass Herr Kaltmamsell ihm mochte, holz- und fruchtfrei genug, dass ich ihn mochte. Half ebenfalls.

Nachtmahl selbst: Ernteanteil-Spinat scharf mit Kichererbsen, Ernteanteil-Ofenkartoffeln, Entrecôte. Nachtisch Schokolade (zu viel, ich ging mit Bauchweh ins Bett).

§

Dank an Croco für die Erinnerung, dass Maren Kroymann Göttin ist.
“Wie schaffst du das eigentlich, immer so perfekt auszusehen?”
(Lassen Sie sich von den vielen Einblendungen davor nicht abschrecken, kann man auch ohne Tiktok-Konto ansehen.)