Journal Samstag, 23. September 2023 – Oktoberfestflucht mit Jungbrunnen-Weg und Folgen unterlaufener Urlaubsgegenden

Sonntag, 24. September 2023 um 7:18

Gestern musste ich mich mehrfach daran erinnern, dass Samstag war – diesen Grad der Verurlaubung hatte ich seit vielen Jahren nicht mehr erreicht, ich weiß IMMER, welcher Wochentag ist.

Nacht wieder mit Mosquito-Unruhe, obwohl ich mich diesmal bereits vor dem Zu-Bett-Gehen flächendeckend mit Anti Brumm eingesprüht hatte. Und gestochen hat mich mindestens ein Vieh auch!

Ab sechs Angst und Sorgen (all die Details, die ich noch für den Berlin-Aufenthalt regeln musste!) (in Wirklichkeit genau ein Kontakt zur Ferienwohnungs-Vermieterin), ich stand lieber auf.

Für den Tag war trockenes Wetter angekündigt, allerdings ein paar Grad niedrigere Temperatur (einstellig) als in der mittelfristigen Vorhersage. Ich zog lieber zwei Shirts unter meine Wanderjacke, startete kurz vor zehn eine wieder längere Tour, nämlich den Jungbrunnen-Weg.

Er führte vor allem baumlose Höhen entlang, was immer wieder weite Ausblicke ermöglichte, allerings pfiff mir dabei auch ein unangenehm schneidender Wind um die Ohren. Die Wege waren schön und abwechslungsreich, ich kam durch Ortschaften mit samstäglicher Umtriebigkeit, wurde herzlich gegrüßt.

Überraschung: Schon zu meiner ersten geplanten Pause um zwölf hatte ich derart Hunger, dass ich mein erstes Pumpernickelbrot mit Frischkäse aß – gestern hatte ich zum Glück zwei dabei. Mein Körper spielte hervorragend mit, nicht mal der Nagel des linken kleinen Zehs, der am Vorabend vor Schmerzen getobt hatte (Ursache rätselhaft, in den Wanderschuhen hat er doch sogar besonders viel Platz), muckte auf.

Nach Pausen musste ich mich jeweils durch eine Weile zackiges Marschieren aufwärmen, erst gegen Ende des Wegs hatte die Sonne wirkliche Wärmkraft. Wirkung des kalten Winds: Zurück in der Wohnung glühte mein Gesicht noch Stunden nach. Na gut, ein bisschen bin ich bereit für Herbst.
(AUF DEM FELD
DIE KÜRBEN)

Viele Greifvögel gestern am Himmel, ich sah immer wieder Falken, einmal sogar drei gleichzeitig. Und ein paar Krähen auf einem kahlen Baum gegen den Himmel als Scherenschnitte – so gehört sich das. Außerdem wie schon in den Tagen davor: Schmetterlinge, ganz viele! (Vielleicht sogar ein Trauermantel.)

Aufbruch im Düsteren, Blick zurück auf Bad Steben.

Doch die ersten blauen Flecken zwischen den Wolken zeigten sich bald.

Auch gestern viel toter Wald. Wir können halt Romantik.

Im Hintergrund vor den Windrädern ein dominanter Solarpark.

Auf der Frankenwarte war ich ebenfalls schon vor vier Jahren gewesen.

Ich passierte aber auch lebendigen Fichtenwald.

Auf diesem Bankerl über Bobengrün (wenn die Grüns auch noch mit dir verwandt sind, Sabine, solltest du unbedingt mal vorbeischaun) machte ich um halb drei richtig Brotzeit mit Apfel und Pumpernickel. Auch hier schnitt der Wind unangenehm, ich zog zum Schutz die Kapuze hoch.

Brotzeitblick.

Auch gestern: SO VIELE ÄPFEL!

Herrlich federndes Moos unter den Stiefeln. Nach 21 Kilometern in gut sechs Stunden mit zwei Pausen war ich zurück in der Ferienwohnung – und kam zum ersten Mal nicht ins Kalte: Die Heizung hatte ich nur auf niedrigster Stufe angelassen, möglicherweise wärmten die umliegenden, ebenfalls geheizten Wohnungen? Diesmal hätte ich eine weitere Stunde Wandern gut geschafft – war dennoch froh ums Hinsetzen und Schuhe-Ausziehen.

Zum Abendessen brauchte ich Reste auf. Und lernte unter anderem, dass in Rührei mit Käse gar nicht beliebig viel Käse passt. Schwedenspeise freestyle erledigte restliche Milch, Joghurt, Frischkäse – na gut, Puddingpulver musste ich extra kaufen, irgendwas ist ja immer.

Abendunterhaltung: Sigrid Nunez, A Feather on the Breath of God ausgelesen (wunderbar geschrieben und etwas ganz Besonderes, dass ich unwillig über schon wieder unerwartet Autofiktion statt wirklich Erfundenes war, ist nun wirklich kein fachlicher Kritikpunkt), eine weitere Folge This is going to hurt (and hurt it did – ich identifiziere mich ungenehm mit Adams autodestruktivem Beziehungsverhalten). Im Bett begann ich neue Lektüre: Für Patrick deWitt, The Librarianist hatte ich mich in der Stadtbibliothek auf die Warteliste eingetragen, jetzt stand es zur Verfügung. Und jetzt aber wirklich völlig Ausgedachtes.

Fazit von vier Tagen Wandern um Bad Steben: Das hier ist eine wirklich schöne Gegend und für Wanderfreudige großartig. Auch am gestrigen Samstag (Wochenende!) begegnete ich keinen anderen Wandersleuten – wenn ich mal die kleine und die große Gruppe ganz am Anfang ausnehme, die aber andere Routen liefen. Das ist ein deutlicher Gegensatz zu den Wandergegenden südlich von München oder zum Bayerischen Wald, in denen ich zudem ständige Radler*innen ausweichen muss. Große Empfehlung für Menschen, die von überlaufenen Wandergebieten genervt sind. Zumal der gute Bahn-Anschluss weitere verlockende Gegenden in der Nähe auch ohne Autofahrten erschließt.

Allerdings haben diese Ruhe und dieses Für-sich-sein einen Preis (wie ich ihn auch vor fünf Jahren auf dem herrlich einsamen und wunderschönen Westerwaldsteig zahlte): Abwesenheit von Gastronomie, vor allem unterwegs. Am Wochenende mag man noch Glück haben, dass Gaststätten in durchwanderten Orten geöffnet sind, wenn überhaupt vorhanden. Doch an Werktagen keine Chance: Ausflugslokale lohnen sich halt erst ab einem gewissen Grad der Überlaufenheit. Wenn man in einem Kurort wie Bad Steben unterkommt, ist zumindest abends für anständiges Essen gesorgt, kulinarische Offenbarungen (oder auch nur saisonale, lokale Zutaten) sollte man aber nicht erwarten.

die Kaltmamsell

10 Kommentare zu „Journal Samstag, 23. September 2023 – Oktoberfestflucht mit Jungbrunnen-Weg und Folgen unterlaufener Urlaubsgegenden“

  1. Ilka meint:

    Danke für den Tipp und gute Heimreise. Die Abwesenheit von Gastronomie ist uns in Bayern, Region Sonnenwald auch aufgefallen. Unsere Wirtin hat uns immer ermahnt, wir sollten eine gescheite Brotzeit vom Frühstück einpacken.
    Ich muss jetzt nur denken, dass noch Duftdings- und Klostein-Tetris mit spitzen Fingern erledigt werden müssen.
    Viele Grüße
    Ilka

  2. Lempel meint:

    Ich habe das hier ja schon mal geschrieben. Die Harmonie im benachbarten Lichtenberg kocht absolut regional und hat sehr ambitionierte Küche. Das Restaurant wird in diesem Beitrag vorgestellt, der die Region um Bad Steben auch sonst auf sehr interessante Weise präsentiert:

    https://www.br.de/br-fernsehen/sendungen/unter-unserem-himmel/unter-unserem-himmel-im-oberfraenkischen-hoellental-100.html
    Die Adelskammer in Carlsgrün hat auch unter der Woche geöffnet, wenn auch nur mit leckeren, absolut empfehlenswerten Brotzeiten. Schade, dass Sie die beiden Gaststätten nicht aufgesucht haben, dann hätten Sie einen anderen Eindruck gewonnen.

  3. die Kaltmamsell meint:

    Lichtenberg ist eine Stunde Fußmarsch von meiner Unterkunft entfernt, Lempel, das Lokal in Carlsgrün war wochentags geschlossen (wenn ich die 40 Minuten Fußmarsch akzeptiert hätte).

  4. Neli meint:

    In den letzten Jahren hatten wir immer Glück mit den Ferienwohnungen, es gab Fliegengitter im Schlafzimmer und manchmal auch in anderen Räumen.

  5. Lempel meint:

    Bad Steben hat gerade einmal knapp über 3000 Einwohner. In einem solch kleinen Ort kann man ein Spitzenlokal nun nicht gerade erwarten. Es spricht für die Harmonie, dass sie sich mit ihrer gehobenen Küche im noch viel kleineren Lichtenberg überhaupt hält. Sie hat Gäste, die von weit her kommen.
    40 Minuten Weg finde ich jetzt nicht so viel und würden Sie wahrscheinlich sogar in München auf sich nehmen. Die Adelskammer hat dienstags und mittwochs Ruhetag. Das ist ein reiner Familienbetrieb und die haben halt auch mal frei. Wenn auch sonst unter der Woche geschlossen war, wäre das außergewöhnlich.

  6. Ina meint:

    Wo steht, dass sie es erwartet hat? Und reicht ihre Antwort nicht aus? Ihr Kommentar ist insgesamt wirklich unangenehm formuliert.

  7. Petra meint:

    Schön, dass Sie insgesamt so positive Erlebnisse und angenehme Erholung hatten. Wir waren kürzlich im gleichen Gebiet und noch weiter ins Thüringische unterwegs und von der weitläufigen, vollständigen Entwaldung ziemlich erschüttert. In dieser Region hätten wir dies so nicht erwartet, obwohl wir nicht sehr weit entfernt wohnen. Hinsichtlich der Gastronomie hatten wir gleiche Feststellungen, mussten mit es Bockwurst an einer Tankstelle vorlieb nehmen.
    Leider ist dies in letzter Zeit in ländlichen Regionen fast durchgängig so und hat sicher mehrere Ursachen, vor allem wirtschaftlicher Natur.
    Man muss sich halt drauf einrichten. Ihnen noch eine schöne Zeit!

  8. Frau Werwolf meint:

    Haben Sie schon mal Wanderurlaub gemacht? Ich jedenfalls gehe nach einer 20 km-Tour abends nicht nochmal eine Stunde hin, eine retour zum Essen, Sie?

  9. Hauptschulblues meint:

    Ach Ina … Wer kommentiert denn unangenehm?

    Wollte nur anmerken, dass Bad Steben keine AfD im Gemeinderat hat.

  10. Ina meint:

    “Ach” Hauptschulblues, das habe ich doch geschrieben, oder? Meinen Eindruck müssen Sie nicht teilen, akzeptieren ist völlig ausreichend.

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