Journal Samstag, 19. November 2023 – Schweizer Besuch mit Altem Peter und Zuloaga

Sonntag, 19. November 2023 um 10:06

Abschnittsweises Aufstehen gestern Morgen: Erst setzten sich Herr Kaltmamsell und ich zu unseren Morgenmilchkaffees, dann kam der Schweizer Besuch aus dem Schlafzimmer.

Gemütliche erste Stunden, niemand von uns Vieren frühstückt so richtig, die mit überhaupt Appetit knabberten ein wenig trocken Brot.

Zu meiner erfreuten Überraschung hellte sich das Regenwetter auf: Der Himmel wurde immer bunter, zeigte nach und nach Flecken von Blau, angekündigt war sogar Sonne. Der eine wirkliche Programmpunkt des Tages war ein Besuch der Zuloaga-Ausstellung in der Kunsthalle; ich hatte uns für eine VHS-Führung um eins angemeldet.

Bis wir alle geduscht waren, Herr Kaltmamsell den Key Lime Pie als abendlichen Nachtisch gebacken hatte, war es kurz vor Zwölf-Uhr-Läuten. Weil Besuch von außerhalb ja die Pflicht hat, Einheimische zu Sehenswürdigkeiten zu bringen, hatte er den Wunsch nach Besteigung des Alten Peters geäußert – da oben waren weder Herr Kaltmamsell noch ich je gewesen.

Die Schlange am Kassenhäuschen ( FÜNF Euro?!) war übersichtlich und bewegte sich rasch.

Schon auf dem Weg nach oben begannen wir allerdings an der Koordiniertheit des Angebots zu zweifeln. An einigen Stellen mussten sich Auf- und Absteigende umständlich absprechen, um auf den sehr schmalen Treppen überhaupt aneinander vorbei zu kommen, mal mussten die einen ein paar Absätze hoch, die anderen ein paar Absätze hinab zurückgehen, um irgendeine Form von Nische fürs Passieren zu finden. Eine absteigende Besucherin empfahl uns ohnehin zu warten, oben sei kein Platz mehr.

Der Ein-Personen-schmale Aussichtsumgang selbst war tatsächlich knackvoll (keine Überraschung an einem trockenen Samstagmittag), darauf bewegte sich nichts (ein Schild gab zwar eine Richtung des Rundwegs vor, wurde aber ignoriert), alle paar Minuten schaffte jemand einen Schritt. Dafür wurde gern mit Blick aufs Handy telefoniert. Ich sah keine Chance, rechtzeitig vor unserem Termin in der Ausstellung den Turm zu umrunden und gab nach der Hälfte (es gab zwei Türen nach draußen) auf.

Mit etwas weniger Mühe schafften wir es wieder runter, verabredeten uns für einen weiteren Versuch an einem noch unbestimmten Wochentag.

In der Kunsthalle sammelten wir uns am angegeben Punkt für Gruppenführungen und ließen uns eine gute Stunde lang von einer Kunsthistorikerin Konzept und Inhalte der Ausstellung erklären, Bilder, Entwicklungen und warum der einst auch in Deutschland berühmte und anerkannte Maler Zuloaga heute hierzulande nahezu unbekannt ist. Ich gebe hier nichts davon wieder, denn im Dezember werde ich die Ausstellung nochmal mit meiner Familie als Adventspaziergang besuchen, und die liest hier mit. Für eine sachliche Beurteilung der Ausstellung fehlt mir ohnehin die emotionale Distanz.

Für Einkehr zum Kaffeetrinken ging ich einem Tipp nach, den ich schon oft bekommen hatte: Vom Kaufhausrestaurant des Kaufhofs am Marienplatz habe man eine wunderbare Aussicht über den Platz und darüber hinaus. Doch die konnten wir nicht finden, die Fensterplätze, die wir sahen, lagen an schrägen Dachfenstern und ging auf Straßen hinaus. Wir tranken trotzdem hier Cappuccino/Schorle/Bier, ratschten.

Weiterspazieren um die Residenz. Als ich einen anderen Tipp weitergab, nämlich Einkehren in der uncoolen Pfälzer Weinstube, schlug der Besuch vor, das doch jetzt gleich zu tun. Und so verbrachten wir Zeit über Weinen und Gesprächen in diesen wirklich schönen Räumen und hobensenkten den Altersschnitt deutlich.

Gemütlicher Spaziergang mit Sight-Seeing- und Shopping-Umwegen.

Zurück daheim stürzten wir uns in die abendliche Kulinarik: Als Aperitif gab’s Whiskey Sour mit Saft von Meyer Lemons und Nüsschen, der fabelhafte Herr Kaltmamsell, der sich dafür bereits früher aus der Weinstube verabschiedet hatte, sorgte für den Rest.

Zu Kürbis-Champignon-Apfel-Salat als Vorspeise öffnete ich einen südenglischen Wein vom Albourne Estate, den wir aus Brighton mitgebracht hatten: Spritzig und pfurztrocken, im Mittelteil fand ich ihn allerdings ein wenig leer.

Hauptspeise ohne Abbildung: Herr Kaltmamsell hatte einen hervorragenden Steak&Kidney Pie nach Delia Smith zubereitet, dazu gab’s einen Württemberger Lemberger/Merlot.

Der Key Lime Pie zum Nachtisch sah leider nur im Ganzen so präsentabel aus: Die Füllung hatte unter dem Tausch von süßer Kondensmilch gegen süße Kokoskondensmilch gelitten und war nicht fest geworden. Schmeckte aber sehr gut.

die Kaltmamsell

5 Kommentare zu „Journal Samstag, 19. November 2023 – Schweizer Besuch mit Altem Peter und Zuloaga“

  1. Sabine meint:

    Die Pfälzer Weinprobierstube ist so transzendent uncool, dass es ein kleines Wunder ist. Wir marschieren da nach jedem Theaterbesuch mit den Freunden ohne weitere Absprache hin, bestellen immer exakt den gleichen Wein, den schon die Vorväter bestellt haben (den 8er) und freuen uns, dass sich da nie was verändert.

  2. Ina meint:

    Ein Phänomen, dass man in der eigenen Stadt kaum Sehenswürdigkeiten besucht. Auch damals in elf Jahren Nürnberg war ich weder in der Burg, noch in den Lochgefängnissen oder sonst wo und um den Tiergarten bin ich nur täglich mit dem Hund außerhalb um den Zaun spaziert. Danke für den schönen Tagesbericht! Fünf Euro ist wirklich sportlich.

  3. mareibianke meint:

    Auf dem Alten Peter war ich vor ungefähr 32 Jahren, damals schwanger mit Kind 1. Es war ein strahlend klarer knackig kalter Wintertag, ich machte viele tolle Fotos mit meiner Spiegelreflexkamera. Stellte im Lauf des Tages dann fest, dass kein Film eingelegt war… Unvergessen!

  4. Maria meint:

    Ich hatte den Artikel schon bis nach der Ausstellung durchgelesen, als ich verstand, dass Zuloaga nicht die schweizerische Transliteration von “zuschauen” ist, die ich auf Grund der Herkunft des Besuches sofort angenommen hatte. Dieses Gehirn macht manchmal Sachen. Jetzt geh ich den Künstler googeln, der Name ist mir gänzlich unbekannt *trottetbeschämtab*.

  5. Poupou meint:

    @Maria: mir ging es ganz genauso!

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