Journal Montag, 19. Februar 2024 – Jeff Noon, Vurt

Dienstag, 20. Februar 2024 um 6:24

Schlecht eingeschlafen, mehrfach aufgewacht, beim Weckerklingeln fühlte ich mich unausgeschlafen. Und dann hörte ich draußen auch noch deutlich Regen.

Wenigstens hatte ich damit eine Entschuldigung für meine schlechte Laune und Gereiztheit – die sich auch noch genau daran aufhängte, wie viele Mitmenschen ihre schlechte Laune und Gereiztheit ungefiltert auf ihre Umwelt abladen. Marsch in die Arbeit unter Regenschirm gegen das ernste Getröpfel, Blick dabei meist auf dem Boden, Schirm in den Wind gestemmt.

Emsiger Vormittag mit Abarbeiten und Online-Besprechungen. Mittagscappuccino bei Nachbars, es war Februar-angemessen kühl.

Zu Mittag gab es den sonntags zubereiteten Karottensalat mit ganz viel Koriander, ein Genuss.

Das Draußen mittlerweile mittelfreundlich; nach Feierabend ging ich erst unter den Hauptbahnhof und machte ein Automatenfoto für mein Projekt (diesmal problemlos).

Unterm Stachus ernsthafter Hamsterkauf beim Bodyshop: Zwar hoffe ich darauf, dass Bodyshop Deutschland irgendwie existierend aus diesem Insolvenzverfahren rauskommt, doch die Avocado-Körperlotion und die Olivenöl-Körperbutter verwende ich schon so lange, dass ich wirklich nicht weiß, wodurch ich diese beiden Produkte ersetzen sollte, wenn die Firma es nicht schafft.

Zu Hause nochmal die Yoga-Gymnastik vom Sonntag, dann kümmerte ich mich um die Kiste Crowdfarming-Orangen, die nachmittags eingetroffen war: Ich checkte jede Frucht auf weiche Stellen. Drei davon bereitete ich als Brotzeit für Dienstag vor. Beim Naschen davon stellte ich fest, dass sie wunderbar und süß schmeckte, ich schälte und teilte eine für Herrn Kaltmamsell.

Dieser wärmte die restliche Kalbsbrust vom Sonntag auf, die gab es als Abendessen. Nachtisch Schokolade.

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Der phantastische Roman Vurt, erschienen 1993, von Jeff Noon ist ein Höllenritt – aber meiner Meinung nach ein richtig, richtig guter. Ich las ihn zum ersten Mal 2007 auf Empfehlung einer geschätzten Kollegin, hatte noch nie etwas Vergleichbares gelesen, und war angetan genug davon, dass ich das Buch behielt (mag auch an dem Cover-Design dieser Ausgabe gelegen haben, das ich besonders mochte). Jetzt wollte ich wissen, wie er sich gehalten hatte – und konnte mich zum Glück an fast kein Detail mehr erinnern.

Vurt wurde immer schon vor allem von der Science-Fiction-Community rezipiert, doch dieses Genre ist sicher nicht das erste, an das ich bei der Lektüre dachte, auch wenn er in einer alternativen Welt spielt (und für eine Dystopie ist sie meiner Meinung nach zu wenig strukturiert dargestellt). In dieser Welt ist Vurt eine Substanz, die Energie enthält, aber auch eine durch Drogen erreichte Parallelwelt. In der anderen Welt kann man dauerhaft verloren gehen, dann tauchen zum Ausgleich Artefakte oder Aliens in der eigentlichen (?) Realität auf. Drogen gibt es in verschiedenster Materializität, am abgefahrensten in Form von Federn: Unterschiedliche Farben der Federn führen in unterschiedliche Handlungen, die man allein oder als Gruppe erleben kann. Es gibt sogar einen Newsletter, der diese Federn bespricht und bewertet wie Computerspiele.

Wir folgen in Vurt der Ich-Stimme von Scribble, der die Geschichte aus späterer Sicht aufschreibt. Der junge Mann gehört zu einer Gruppe von Desperados in Manchester, den Stash Riders, und hat seine große Liebe in der Handlung einer gelben Feder verloren. Der Plot des Romans dreht sich hauptsächlich um seine Versuche, sie zurückzubekommen. Dabei geht es um Heldentum und Feigheit, um Sex und verschiedene Lebensformen wie virtuelle und echte Polizei, Hundemenschen oder Nano-Maschinchen zur Haarreinigung, was echt ehrlich auf einer recht irren Ebene alles Sinn ergibt. Ich schrieb ja schon: Höllenritt, auch bei der zweiten Lektüre. (Keine der Rezensionen, die ich gefunden habe, kann die Handlung zusammenzufassen.) Und mal wieder haut mich um, was schlichte Buchstaben erschaffen können.

Wer etwas für sehr nicht-realistisches Erzählen übrig hat: Empfehlung.

2013 schreibt Sam Leith im Guardian anlässlich einer Neu-Auflage über den Roman und seinen Autor:
“Jeff Noon: a life in writing”.

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Adam Roberts macht sich Gedanken, wie man das Thema Feigheit untersuchen könnte, und holt dabei historisch/literarisch aus:
“Who’s Afraid of Cowardice?”

We’re brain-fried on superhero fistfights. It’s time to learn from heroes who run away.

via @daszeiserl

Heroism is romance, but cowardice is realism.

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@dasnuf hat wieder ein Buch geschrieben! Und macht dafür die beste Buchwerbung ever.

die Kaltmamsell

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