Journal Dienstag, 23. April 2024 – Bitte erstmal keine Katastrophen

Mittwoch, 24. April 2024 um 6:34

Eine eher gute Nacht, in einer leichteren Schlafphase konnte ich wieder beobachten, wie unabhängig von Inhalten der Angst-Mechanismus funktioniert: Im Traum war ich gerade in Italien, dort in weitläufigen Markthallen mit wundervollen barocken Fresken-Decken. Besonders interessant fand ich die Stände, an denen live süßes Kleingebäck hergestellt wurde – ich freute mich, es ging mir gut. Gerade als ich alle gesehen hatte und zu dem attraktivsten zurückkehren wollte (er stellte Hefetaschen her, die mit einer schaumigen Creme gefüllt wurden), kroch die Angst in meine freudigen Gefühle. Ich war wach genug, um mich darüber lustig zu machen: Echt jetzt? Hier?

Das Draußen weiter nass und saukalt, auf meinem Marsch in die Arbeit (Wintermantel, Mütze, Ski-Fäustlinge) schneenieselte es.

Auf der Theresienwiese sah ich wie am Vormorgen hübsche Streifengänse beim Grasen. Die gehören eigentlich nach Indien und sind hierzulande “Gefangenschaftsflüchtlinge”; ich sehe sie seit mindestens zehn Jahren an Donau, Isar, im Englischen Garten. Diese Vokelkunde-Website spricht von 5-20 Brutpaaren in Deutschland – die müsste ich dann alle schonmal gesehen haben.

Mittags schreckte mich die Kälte ab, ich ging für meinen Mittagscappuccino nur bis zum Heimeranplatz selbst.

Mittagessen: Selbstgebackenes Brot mit Butter, Orange.

Wieder ein Tag des großen Frierens: Obwohl ich eh schon einen dicken Wollpulli überm Shirt trug, hatte ich bis zum Nachmittag kalte Hände und Nase. Dann hatte jemand wohl mein Zähneklappern gehört und Erbarmen, das Büro wurde wärmer.

Nach Feierabend in Kälte aber ohne Niederschläge nach Hause, unterwegs Einkäufe bei Aldi, Drogeriemarkt, Vollcorner. Daheim nur kurz ausgepackt: Unser Olivenöl aus Solidarischer Landwirtschaft auf Lesbos war angekommen, ich ging mit Herrn Kaltmamsell den halben Kilometer zur Abholstation, gemeinsam trugen wir unsere drei Kanister nach Hause.

Dort eine sportliche Einheit Yoga-Gymnastik.

Aus der großen Sellerieknolle aus Ernteanteil machte Herr Kaltmamsell zum Nachtmahl Sellerie-Lasagne – wunderbar sahnig und wärmend. Nachtisch Schokolade.

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Eine Folge Planet Wissen zu
“Kritische Infrastruktur – Wie sie in Deutschland geschützt wird”.

Sehenswert, nicht nur weil die hinreißende Berufs(Rang-)bezeichnung Oberfeldapotheker darin vorkommt.

Einer der Vorschläge zur Steigerung der Resilienz: Die Bevölkerung müsse mehr wissen über Verhalten und Gefahren im Katastrophenfall welcher Ursache auch immer. Das konkrete Beispiel, weil es bei der Flut im Ahrtal zu Toten geführt hatte: Bei Flut NICHT in die Tiefgarage gehen, um das Auto zu retten.

Aber es kam auch der Fall zur Sprache, dass alle Kommunikation ausfällt, dass es zum Beispiel wie bei der Flut im Ahrtal weder Internet, noch Mobilfunk, Telefon oder andere Kommunikationsmöglichkeiten gibt. Die Bevölkerung, so hieß es, müsse vorher wissen, wohin sie sich in diesem Fall für Informationen wendet. Meine innere Streberin ließ mich also gleich mal recherchieren, welche Stelle das für mich wäre. Doch die Webseite “Bevölkerungsschutz” der Stadt München kennt nichts dergleichen. Zumindest weiß ich jetzt, dass die 16 Schutzanlagen im Stadtgebiet, “darunter befinden sich Großschutzräume für bis zu 3.000 Personen” – 2007 aufgegeben wurden.
Ich bitte also darum, eine ernsthafte Katastrophe in München vorerst zu verschieben.

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Wie funktioniert eigentlich das internationale Bücherproduktions- und Verkaufsgeschäft?

Denn: Gestern war Tag des Buches, und alle Verweise darauf meinten offensichtlich gedruckte Papierbücher. Muss es wirklich Papier und gedruckt sein, um gefeiert zu werden? Entfernen sich Papierbuchbesitz und Bücherlesen nicht seit vielen Jahren voneinander? Ich bin eine Leseratte, seit ich lesen kann, und feiere das Lesen – aber bitte zwingt mich nicht, dafür in meiner Wohnung Papierbücher anzuhäufen! (Oder auch nur das Ding Buch irgendwo abzuholen und zurückzubringen.) Ich bin sicher, dass es noch lange Papierbücher geben wird, schätze ja selbst besonders schöne Druck- und Bindearbeiten. Doch es ist Zeit, das Rühmen und Fördern des Bücherlesens an heutige Medienformen anzupassen.

Spannender Hintergrund: Als 2022 Penguin Random House den Verlag Simon & Schuster kaufen wollte, gab es ein kartellrechtliches Verfahren, das diese Übernahme letztendlich verbot, weil sie zu einem Monopol geführt hätte. In diesem Verfahren kamen sehr viele Zahlen und Fakten an die Öffentlichkeit, die Elle Griffin für diese Zusammenfassung über den Stand des Geschäfts mit Büchern nutzte:
“No one buys books”.

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Noch ein Foto mit englischen Schauspieler*innen, dieses aus den 1990ern.

die Kaltmamsell

4 Kommentare zu „Journal Dienstag, 23. April 2024 – Bitte erstmal keine Katastrophen“

  1. Jojo meint:

    Was die Rangbezeichnung Oberfeldapotheker anbelangt: in meiner Wehrdienstzeit als Sanitäter hatte ich sogar einen Oberfeldveterinär als Vorgesetzten. Aber er wollte nicht, dass ich mal meine Katze mitbringe.

  2. Chris Kurbjuhn meint:

    “Großschutzräume” – hier in Berlin unter dem Kudamm-Karree gibt es einen Atombunker für ca. 4000 Menschen, den konnte man früher besichtigen, aktuell geht das wohl nicht. Wenn man sich den angeschaut hat, möchte man auf keinen Fall zu den Überlebenden gehören: https://www.road-traveller.de/atomschutzbunker-berlin/

  3. Susann meint:

    Zum Thema “Zusammenbruch aller Kommunikation”:
    Für Sie getestet: begeben Sie sich mit Tausenden anderen vor ein beliebiges Stadium, in dem soeben der Anpfiff für das Spiel um den deutschen Meistertitel im Männerfußball erfolgt. Die Tausenden anderen zücken alle ihre Handies, um das Spiel zu verfolgen.
    Nach 3 min bricht das Handynetz zusammen.
    Es erfolgt ein Rückfall in archaische Verhaltensmuster, man bildet spontan kleine Grüppchen, die Gerüchte austauschen, und schließlich schart sich alles um den schlauen Menschen, der ein Transistorradio mitbrachte.
    Es ist befremdlich, und im Notfall braucht so eine Situation genau gar niemand, weil innerhalb kürzester Zeit wildeste Gerüchte die Runde machen.

  4. southpark meint:

    Oh ja, so einen Atomschutzbunker in einer Berliner U-Bahn in der Station Pankstraße habe ich auch mal besichtigt. Es war faszinierend wie die präzise die Planungen waren und komplett furchterregend.

    Ich erinnere mich, dass der Mensch, der die Außentüren schließt, diese nicht sehen kann – sonst müsste er die ganzen Leute sehen, die draußen warten und eventuell von der Türschließmechanik verletzt werden.

    Fazit: Im Falle eines Atomkriegs lieber mit lieben Menschen in den Park als in einen solchen Bunker.

Beifall spenden: (Unterlassen Sie bitte Gesundheitstipps. Ich werde sonst sehr böse.)

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