Journal Samstag, 18. Mai 2024 – Hochfrühling beschwommen und beradelt, hilfloser Klimaschutz-Protest

Sonntag, 19. Mai 2024 um 8:25

Gut geschlafen, aber zu früh aufgewacht, auch noch mit Kopfweh (so viel Alkohol war das am Vorabend wirklich nicht, beim Zu-Bett-Gehen war ich fast wieder nüchtern gewesen). Ibu half.

Dann startete ich den Tag halt zu fast Arbeitstagzeiten. Bloggen und Mastodon-Lesen, eine Einkaufsrunde zum Vollcorner und zum Bäcker in Sonne unter gemischten Wolken.

Prächtige Altbau-Front aus sehr spitzem Winkel nach oben fotografiert, dahinter knallblauer Himmel

Erinnerung an die einstige Jahrhundertwende-Pracht des Viertels östlich der Theresienwiese.

Mir wurde unterwegs recht warm, fürs Radeln zum Dantebad ließ ich die Jacke dann schon daheim.

Ruhige Kraulbahnen im wenig beschwommenen und sonnenglitzernden Becken, die Wassertemperatur um wenige Grad auf Sommerbetrieb gesenkt und angenehm (im Winter ist sie selbst mir neuerdings Schwimmfrierein zu warm), ich hatte keine Probleme mit 300 zusätzlichen Metern zu meinen 3.000. Nur einmal gab es eine Krampf-Attacke im gesamten rechten Bein, Resultat Zickzack über alle Gelenke: Ich war über einen Tritt von der Nebenbahn heftig erschrocken. Wenn, wie ich inzwischen immer häufiger lese, Beinmuskelkrämpfe beim Sport nichts mit Magnesiumhaushalt zu tun haben, sondern es immer mehr Hinweise auf neurologische Ursachen gibt, passt das dazu: Das Muster Schreck->Krampf kenne ich vom Schwimmen.

In der vollen Damendusche verifizierte ich meinen Eindruck der vergangenen warmen Wochen von der aktuellen Zehennagellackmode: Man trägt heuer Rot- und Orange-Töne, die grauen und blauen Lacke der Vorjahre sind verschwunden.

Moderne Eingangshalle mit Blick ins sonnige Draußen

Eingangshalle des Dantebads.

Heimradeln über Espresseobohnenkauf im Delmocca (derzeit schmeckt mir deren Sorte El Presidente wieder am besten). Ich kam am Kieser-Studio in Schwabing vorbei, erinnerte mich angenehm an die Zeiten seiner Nutzung vor über zehn Jahren – und daran, wie viele Berühmtheiten ich dort beim Heben traf. Ich fragte mich, ob deren damalige Unbefangenheit heute noch möglich wäre.

Außerdem gedacht: Schwabing ist echt hübsch, allein schon die Clemensstraße, die ich fast gesamt durchradelte. Aber lieber wohne ich in meinem viel menschenbunteren Bahnhofsviertel – auch wenn es derzeit aussieht, als wollte man es abreißen.

Frühstück um halb zwei: Körnersemmeln mit Käse, Mango mit Sojajoghurt.

Sonniger Balkon vom WOhnzimmer aus fotografiert, darauf Pflanzen, Holztisch, Holzbank

Den Nachmittag verbrachte ich auf dem Balkon mit Zeitunglesen, genoss den Wechsel aus Sonne und Schatten, brauchte eine Strickjacke – dieses Jahr gibt’s echten Frühling! Die Wochenend-SZ fand ich diesmal interessant genug für mehrere Stunden Lektüre: Der Themenschwerpunkt zu 75 Jahren Grundgesetz wurde aus vielen spannenden Blickwinkeln beleuchtet.

Eine Runde Pilates mit australischem Akzent – die ersten vier von Nicoles Anfänger-Einheiten gleichen einander schon ziemlich, fühlt sich für mich eher langweilig an. Ich möchte mal andere Online-Pilates-Angebote probieren: Haben Sie Empfehlungen? Mein Anfängerinnen-Level bezieht sich dabei eher auf das Trainingssystem Pilates, weniger auf die Kraft.

Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell viele Stunden lang Rinderrippen bei niedrigerer Temperatur gegart – die damit verbundenen Düfte hatten mich sehr hungrig gemacht. Als Aperitif rührte ich uns Manhattan perfects, dann servierte Herr Kaltmamsell.

Gedeckter Tisch, darauf Glasteller mit dunklem Fleisch am Knochen, Kartoffelstampf, Erbsen Sauce, Gläser mit Rotwein

Dazu gab es Kartoffelstampf und Erbsen, im Glas der restliche Kochwein, ein Montepulciano d’Abruzzo. Nachtisch war erst mal die Freitag gekochte Crème Brûlée.

Weißes Schüsselchen auf grüner Tischdecke, darin eine gelbe greme mit Karamelkruste, der untere Teil ist bereits weggegessen mit einem darin liegenden Dessertlöffel

Ich hatte reichlich guten Safran verwendet, sodass sogar ich Safran-Blinde ihn schmeckte.

Schokolade ging auch noch.

§

Rico Grimm erklärt bei den Krautreportern nochmal:
“Es wird langsam wärmer, aber schneller schlimmer”.

Wir müssen uns auf eine unangenehme Wahrheit vorbereiten: Die Folgen der Klimakrise werden nicht langsam schlimmer werden. Sondern eher von heute auf morgen. So wie der Ketchup von jetzt auf gleich aus der Flasche spritzt.

Aber ich habe im Ohr, wie auch eigentlich schlaue Leute sagen: “Das hat’s früher auch gegeben.”

§

Ach, weil wir gerade dabei sind: Dass die Letzte Generation gestern den Flugverkehr am Münchner Flughafen behindert hat, haben Sie vielleicht mitbekommen. Ich fand sehr nachvollziehbar, was sie damit anprangerten.

Dass Menschen sich Flüge eher leisten können als Bahnfahrten ist absurd. Die Verantwortung dafür liegt bei der Regierung: sie subventioniert Flüge, während die Bahn kaputtgespart wird.

Hier mehr.

Ob die gestrige nun die wirkungsvolle Protestart ist, mag ich nicht beurteilen, denn inzwischen lese und höre ich bei jeder Art von Protest gegen fehlenden politischen Klimaschutz: “Protest ja. Aber doch nicht so!” Und dass die höchsten Gerichte der Republik der Regierung nachweisen, dass ihre Gesetzgebung nicht ausreicht, bewirkt ja auch nichts.

Die drei verkehrspolitischen Maßnahmen mit riesigem CO2-Einsparpotenzial, die vor allem die FDP bislang in der Regierung verhindert, sind nämlich:
– Abschaffung der Kerosin-Subvention
– Abschaffung Dienstwagen-Privileg
– Tempolimit auf Autobahnen
Einschränkung individueller Freiheit: Minimal.

Ich bin völlig hilflos, mit welcher Art Protest ich als Bürgerin diese schlicht vernünftigen Maßnahmen einfordern soll. Das wirkungsvollste individuelle Handeln: Keine Partei wählen, die Klimaschutz verhindert.

die Kaltmamsell

18 Kommentare zu „Journal Samstag, 18. Mai 2024 – Hochfrühling beschwommen und beradelt, hilfloser Klimaschutz-Protest“

  1. Beate meint:

    Ich bin auch schier am Verzweifeln ob der Weigerung, diese wirklich VERY LOW HANGING FRUIT “einzufordern”. Wenn unsere Gesellschaft das nicht schafft, was ist dann mit den richtig tiefgreifenden Einschränkungen, die kommen werden?

  2. roswitha meint:

    vor jahrzehnten las ich im bericht eines karlsruher professors, dass wir froh sein können, wenn wir auf kleinere katastrophen reagieren, ehe schlimmere kommen(ich finde das buch nicht mehr). ich habe den gedanken, dass eine änderung des verhaltens scheinbar nur zwangsweise geschieht.

  3. Bleistifterin meint:

    Das einzige, was hülfe, wäre, Parteien mit glaubwürdiger Klimaschutzpolitik zu wählen. – also Grün (oder VOLT, aber national sind sie zu klein).
    Aber leider sehen die meisten Parteien und Wählenden nicht, dass dies das alles entscheidende Thema sein muss. Ist halt “woke” , und immer noch zu abstrakt auch wenn der eigene Keller vollgelaufen ist

  4. kecks meint:

    Das große CO2-Einsparpotential ist die Schwerindustrie. Tempolimit und Co sind aufs Große gesehen meines Wissens ziemlich irrelevant. Damit kann man nur super demokratische Gesellschaften jahrzehntelang beschäftigen: Du musst mehr Radeln, dann darfst du auch mal fliegen, ich darf 180 fahren, ich kaufe nur Öko und bin Veganerin usw. Dabei ist das alles nur aus moralisch-ethischer Sicht wichtig, individuell fürs Gewissen, aber sonst ziemlich total egal, wenn es um Klimafolgen geht. Grüße vom Ökologischen Fußabdruck/Rucksack, wohl eine Erfindung von Shell. Die sind ziemlich (evil) genial da offenbar, Saat geht voll auf.

  5. Sandra meint:

    Habe von Magnesiummangel aufgrund neurologischer Ursachen noch nichts gehört. Wundert mich, dass dann Schwangere so oft von Muskelkrämpfen geplagt werden, die dann spätestens nach der Stillzeit auch wieder verschwinden. Das mag aber auch nur mein subjektiver Eindruck innerhalb der Muddi-Bubble sein.

    Eine Reportage zur Letzten Generation in den ÖffentlichRechtlichen fand ich ziemlich gruselig. Erinnerte mich an meine Vergangenheit in einer freikirchlichen Gemeinde. Wirkte etwas verblendet mit feuchten Augen. Dagegen bin ich allergisch. Ich kann die Sache verstehen, aber Demokratie ist für mich was anderes. Ich habe das Recht zu fliegen und es geht niemanden etwas an, warum ich das tue. Ich tue es sehr selten, aber solange es erlaubt ist, hat mich auch niemand daran zu hindern. Es geht nur über die Politik. Und ich sehe auch nicht, dass jemand in meinem Umfeld auch nur schief dafür angeguckt wird, wenn die 3-Jährige berichtet, dass sie „im Dubai“ fliegt. Ich mache dann meine Schublade für die Eltern auf und wieder zu, vielleicht machen das noch ein paar andere, aber praktisch hat das alles keine Auswirkung. Man muss sich für eine Woche Dubai offenbar nicht schämen.

  6. Beate meint:

    Sandra, ich denke eher, es ist ein Privileg, sich eine Flugreise leisten zu können. Ein Recht darauf gibt es nicht.

  7. Trulla meint:

    @Beate: das sehe ich anders.
    Ein Privileg ist es sicher, frei entscheiden zu können, überhaupt zu reisen und auch, wie und wohin. Wer dafür sein – evtl. schwer angespartes Geld – schon bezahlt hat, hat m.E. dann auch das Recht erworben, diese Reise anzutreten zu können, ohne von einer selbstgerechten und bevormundenden Handvoll Protestierer daran gehindert zu werden.
    Ich sehe in unserer parlamentarischen Demokratie andere Möglichkeiten, sich gesellschaftlich nützlich einzubringen und Mehrheiten für seine Ziele zu erreichen.

  8. Roland meint:

    Wenn engagierte Menschen sich nicht bewusst auch mal über geltende Gesetze hinweggesetzt hätten, hätten wir heute noch Sklaverei aber kein Frauenwahlrecht. Und vieles wäre noch wie im Feudalismus.
    Wenn es dann halt mal einen selbst trifft – dumm gelaufen, aber viel häufiger passiert das doch durch Streiks. Oder von inkompetenten Leuten verursachte Autobahnsperrungen.
    Ich halte die Klebeblockaden auch für unsinnig, aber halt weil sie wenig bewirken. Die einen versuchen sowieso schon, ein wenig vernünftiger und ökologischer zu leben, den andern ist das doch sowieso total egal.

  9. Beate meint:

    Es ist wirklich erschreckend, wie viele den Schuss noch nicht gehört haben. Wir werden uns alle noch wundern …

  10. Sandra meint:

    Aha, Beate (oben): Wenn ich mich entscheide, einen Flug zu unternehmen, ist das nicht mein Recht? Wen muss ich denn um Erlaubnis dafür fragen? Ich bin volljährig und mündig.
    Ich denke, wenn ich ein Ticket erwerbe und nichts dagegen spricht, mich zu befördern, darf ich damit rechnen, fliegen zu dürfen.

    Und Roland: Hm, so sah das die RAF wohl auch und die Truppe um Prinz von Reuss auch. Damit kann man ja beinahe alles rechtfertigen, was man selbst für die gute Sache hält. Oder?

  11. kecks meint:

    Und wieder diskutieren alle munter, wer was darf oder nicht oder schon, um den Planeten zu retten oder nicht oder schon. Daumen hoch von Shell.

    @Sandra Bitte informiere dich über den Unterschied zwischen zivilem Ungehorsam und Terrorismus.

  12. Sandra meint:

    Kecks: Die Grenzen sind fließend,so mein Gefühl. Aber das kann natürlich auch Unwissen sein. War die RAF eigentlich erst demonstrieren und dann Bomben zünden oder ging das mit den Bomben direkt los?

  13. Penelope meint:

    Probier’ doch mal Gabi Fastner aus. Ich turne schon seit Jahren nach ihren Videos und bin ihrer noch nicht überdrüssig geworden.

  14. die Kaltmamsell meint:

    Leider, Sandra, muss ich Sie schon aus rechtlichen Gründen als Verantwortliche der Inhalte auf dieser Website darauf hinweisen, dass Sie sich mit dem RAF- und Reichsbürger-Vergleich in die Nähe von Hetze bewegen: Die RAF hat Morde begangen, “die Truppe um Prinz von Reuss” plante mutmaßlich einen Regierungssturz. Die Letzte Generation damit gleichzusetzen, bedarf einiger Unwahrheiten.

    Die Letzte Generation hat das Ziel, die Regierung zur Einhaltung ihrer Versprechen und ihrer verfassungsmäßigen Pflicht zu zwingen – dass sie mit ihren Mitteln manchen Bürgerinnen und Bürgern den Alltag erschwert, kann man durchaus als belastend empfinden.

  15. Beate meint:

    Danke, Frau Kaltmamsell, für den Hinweis …

    Ich finde besorgniserregend, dass viele den Unterschied zwischen “Rechten” (ich habe das Recht, eine Flugreise zu buchen, indem ich einen Vertrag mit der Fluggesellschaft und/oder dem Reisebüro schließe) und “Privilegien” (ich habe das Privileg, reisen zu dürfen, mich frei bewegen zu dürfen, in einem Land zu leben, dass mir so viele Freiheiten gewährt etc etc) nicht mehr kennen (wollen).

    Und: Hat irgendjemand über die “Bauernproteste” geschimpft, die ganze Städte lahmgelegt haben mit ihren Traktoren? Da habe ich kaum etwas gehört.

  16. Lisa meint:

    Ich turne Pilates ganz gerne mit Lottie Murphy.

  17. Nadine meint:

    Lenas Health Lab

  18. Antje meint:

    Ich schliesse mich Penelope an and empfehle Gabi Fastner (youtube – Gabi Fastner Playlist Pilates, sorry ich kann das hier nicht hyperlinken). Ich habe natuerlich noch nicht alle Videos durchgeturnt, und manche ihrer Uebungen wiederholen sich, aber sie hat verschiedene Schwierigkeitsgrade und kurze bis laengere Videos.

Sie möchten gerne einen Kommentar hinterlassen, scheuen aber die Mühe einer Formulierung? Dann nutzen Sie doch den KOMMENTAROMAT! Ein Klick auf einen der Buttons unten trägt automatisch die gewählte Reaktion in das Kommentarfeld ein, Sternchen darüber und darunter kennzeichnen den Text als KOMMENTAROMAT-generiert. Sie müssen nur noch die Pflichtfelder "Name" und "E-Mail" ausfüllen und den Kommentar abschicken.