Journal Montag, 26. Mai – Berlin Tag 3: re:publica-Start

Dienstag, 27. Mai 2025 um 8:59

Wieder sehr gut geschlafen, aber vom Wecker geweckt, weil ich ja vor Aufbruch zur re:publica in der Station Berlin noch bloggen wollte.

Sehr erhöhter Blick auf eine große Großstadt-Straßenkreuzung in Sonne unter gemischtwolkigem Himmel, umgeben von hohen, sachlichen Gebäuden

Es kam sogar ein wenig Sonne heraus. Kalt sollte es auch nicht werden, ich musste mich nicht einpacken.

Im Foyer des Hotels traf ich mich mit einer re:publica-Erstbesucherin. Ich durfte die Rolle des Menschen einnehmen, den jede Erstling der Digitalkonferenz haben sollte: Die der erfahrenen Teilnehmerin, an die man sich erstmal dranhängen kann, die einer erste örtliche Orientierung gibt, irrelevante Anekdoten von früheren re:publicas erzählt, eine mit alten Bekannten zusammenbringt.

Eine U-Bahn brachte uns direkt von Alexanderplatz zum Gleisdreieck, das Einchecken ging dank flinker und hervorragend gelaunter Helfermenschen flott.

Leere Bühne, auf der Leinwand-Rückseite bunt projiziert die Buchstaben x y z

Im Düsteren vor einer Betonwand interviewt ein Mann einen anderen, ihre Schatten erscheinen bunt auf der Wand, darüber die Buchstaben x y z, links daneben "#rp25"

Das Motto der diesjährigen re:publica: Generation XYZ. Gestalterisch umgesetzt wurde das unter anderem durch Licht in Farben, das die drei Buchstaben in verschiedlichen Formen übereinanderlegte. Die Wand oben, an der gerade einer der vier Gründer*innen der Konferenz interviewt wird, Markus Beckedahl, war mit seinem Schatten-Effekt sofort der beliebteste Selfie-Ort.

In der ersten Reihe der größten Stage 1 trafen wir wie gewohnt Joël: Wer zuerst dort ist, besetzt den anderen Plätze.

Auf einer beleuchteten Bühne zeigt der Hintegrund "re:publica 25", davor drei Männer, einer im dunklen Anzug und mit Krawatte spricht gerade in ein Mikrofon

Eröffnung mit dreien der Gründer*innen; Johnny Haeusler (spricht gerade), Markus Beckedahl, Andreas Gebhard (die vierte, Tanja Häusler, steht einfach sehr ungern auf Bühnen), Johnny appellierte an alle, das Internet nicht den Tech-Milliardären und der Manipulation zu überlassen.

Ich blieb gleich sitzen für die Keynote: “Generative KI und die Zukunft der Intelligenz”.

Auf einer Bühne rechts ein Mann in heller Gose und hellem Hemd, links neben ihm auf der Leinwand Zeitungsausschnitte

Vom Referenten Björn Ommer, Professor und Head of Computer Vision & Learning Group an der Münchner LMU, hatte ich neueste Erkenntnisse und Einblicke erwartet, doch leider hörte ich einen generischen Vortrag über den Nutzen von KI heute (genau so wenig differenziert) ohne irgendwas Neues. Aber ich hatte eh vorgehabt, den Saal vor Ende der Session zu verlassen, weil sich eine spannende andere Podiumsdiskussion damit überschnitt.

Die ich dann aber nicht sehen konnte: Die Stage 5 war die mit viel Spitzenpolitik, höchstem Security-Level, eigener Garderobe – die Schlange davor über 50 Meter lang. Ich hatte keine Chance, rechtzeitig in den Saal zu kommen.

Auf Estrichboden ein einfacher Holztisch, dahinter zwei Menschen im Gespräch, davor ein Plakat "ARD zumachen! Change my mind"

In allen Ecken spanndende Ideen. Die durchwegs erfreulichen Begegnungen mit lang bekannten und neuen Internetkontakten auf Wegen und beim Warten auf Session-Beginn müssen Sie sich bitte eigenständig dazudenken.

Ich holte mir meinen Mittagscappuccino, profitierte dann davon, dass ich mir eine parallele Session notiert hatte.

Konferenzbühne dahinter Bildschirm mit „re:publica25“, darauf sitzen zwei Menschen, links auf einem hochformatigen Bildschirm eine Person in rosa Oberteil

“Am I Not Human? Data workers behind our AI systems and social media platforms speak out”. Ich lernte von Joan Kinyua, zugeschaltet links auf dem Bildschirm (Technik ist toll!), wie sie und ihre Kolleg*innen in Kenia das ermöglichen, was als “KI” verkauft wird. Sehen Sie sich die Dame (Uni-Abschluss in Betriebswirtschaft) ruhig genauer an: Sie hat Ihrem Roomba möglicherweise beigebracht, was Möbel sind und was nicht. Joan Kinyua gehört zu Gründer*innen einer Organisation, die sich vor Ort für die Rechte von data annotators und Content Moderator*innen einsetzt. Ebenfalls interessanter Gesprächspartner von Moderatorin Rim Melake: Andreas Hänisch vom TikTok-Betriebsrat.

Blick von rechts auf eine Bühne, darauf rechts der Referenz in grauem Anzug vor Stehpult aus weißen Plastikboxen, hinter ihm auf der Leinwand drei Personen nah fotografiert, wie sie gerade telefonieren

Die alljährliche Zusammenfassung der aktuellen bundesdeutschen und europäischen Digitalpolitik von Markus Beckedahl – der diesmal mit einem historischen Abriss von Digitalminister*innen einstieg und den aktuellen Koalitionsvertrag mit seiner Verteilung des Themas auf drei Ministerien aufdröselte. Auch diesmal wohl begründete Darlegung, welche politischen Maßnahmen und Schritte derzeit helfen, welche ergriffen werden sollten – und Appell an eigenes Engagement, zum Beispiel im Zentrum für Digitalreche und Demokratie, das Markus kürzlich ins Leben gerufen hat. Mal wieder kam ich optimistischer aus der Session raus, als ich reingegangen war.

Schnell dazwischen Brotzeit: Ich hatte zwei mittlerweile hutzlige Äpfel dabei und einen Becher Hüttenkäse. Die re:publica hat mittlerweile aufgegeben, genug Catering für alle Teilnehmenden anzubieten (der Platz, auf dem es zweimal eine richtige Kantine gab, wird für drei Bühnen genutzt), muss ja auch nicht sein, eigene Brotzeit ist ratsam.

Entfernter Blick über Publikumsköpfe hinweg auf eine Bühne, auf der sich fünf Menschen im Sitzen unterhalten, auf der Leinwand hinter ihnen "re:publica25"

Ja mei, mehr habe ich auch nicht gesehen.

In “Lost in Translation? Die ARD zwischen TikTok, Townhall und Tagesschau” holte ich mir Überlegungen von Öffentlich Rechtlichen und Top-Soziologin Jutta Almendinger, wie man die nachwachsenden Generationen mit seriösen Nachrichten erreichen kann. YouTuber Alexander Prinz forderte unter anderem Umschwenken auf “Parasoziale Beziehung”: Nachrichtensprecherinnen sollten als Person für die Belastbarkeit der Nachrichten stehen, weil die jungen Leute Personen vertrauten, nicht Inhalten. Grusliger Begriff in meinen Augen und grusliges Konzept. Aber ich bin ja auch nicht die Zukunft. Meiner Meinung nach beharrte Yvette Gerner, die Intendantin von Radio Bremen zu Recht darauf, dass bei ÖR die Verlässlichkeit von Nachrichten vor Geschwindigkeit geht. Wenn Menschen sich bereits vorher mit unfundierten Spekulationen auf Tiktok ein Bild der Geschehnisse gemacht haben, muss man an anderer Stelle ansetzen.

Vor zwei großen Altbau-Sprossenfenstern, durch Tageslicht fällt, setehen zwei Männer mit Mikrofonen vor einem Stehtisch

In die nächste Session hatte ich mich zwingen lassen: Thomas Knüwer (rechts) hatte mich morgens dafür shanghait – aber ich freute mich ja tatsächlich, ihn und Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach, einen meiner ältesten Kontakte aus dem Internet, zu sehen. Ihr Vortrag: “Churchaissance – Neue Kirchen ohne Gott verändern die Welt”, daran aufgehängt, dass Wolfgang gläubiger Theologe ist und Thomas Atheist, aber leidenschaftlicher Fußballfan. Verhalf mir zu einigen interessanten Perspektiven.

Ausschnitt eines Stuhlkreises in einer großen Halle mit Holzwänden, man sieht sechs Personen, in der Mitte spricht eine in ein Mikrofon, die rechte sitzt erhöht auf einem Barhocker

Die Menschen tragen alle Kopfhörer, weil die meisten Sessions nur direkt in einem Online-Kanal zu hören waren – funktionierte mal besser, mal schlechter.

Mein Abschluss des Konferenztags: “Das Bloggertreffen der Generationen”, in dem ich wie erwartet Blog-Senior*innen traf, aber – und darum ging es – auch Nachwuchs. Zumindest vereinzelt (Anton Hartmann, rechts unten sitzend) gibt es Menschen, die auch heute noch einfach ins Web schreiben wollen, auf eigener Domain, und die Plattformen vor allem für die Bekanntmachung ihres Blogs nutzen.

Jetzt aber Treffen mit der re:publica Newbie, U-Bahn-Fahrt zur Abendessen-Verabredung mit einer Berlinerin aus dem Internet, aber außerhalb der Konferenz.

Blick der Esserin auf einen Restauranttisch, vor ihr ein großer Teller mit Antipasti, dahinter einer mit Pommes und Club-Sandwich, daneben Gläser, gegenüber sitzt ein Mensch mit rotem Oberteil

Gutes Essen, ein Glas Grauburgunder, vor allem aber bereichernde Gespräche an der Gneisenaustraße.

Heimkommen mit der U-Bahn, mit mehrfachem Umsteigen und nicht komplett sportlicher Geh-Fitness wäre anstrengend und umständlich gewesen – wir hatten das Glück, dass die Berlinerin mit dem Auto da war und uns beiden ins Hotel fuhr.

Direkt ins Bett ohne weitere Vergnügungen – erschöpft obwohl unterbewegt.

die Kaltmamsell

2 Kommentare zu „Journal Montag, 26. Mai – Berlin Tag 3: re:publica-Start“

  1. Wibke meint:

    Fast so gut wie selbst vor Ort zu sein. In diesem Moment bedaure ich dann doch, inzwischen nicht mehr zur re:publica zu fahren. Erinnere mich auch nach wie vor gern an den einen Tag, als wir uns dort begegneten.

  2. Sanníe meint:

    ******************KOMMENTAROMAT**********************

    Gerne gelesen

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