Journal Donnerstag, 5. Juni 2025 – #WMDEDGT? mit einem Streetart-Memorial
Freitag, 6. Juni 2025 um 6:21Frau Brüllen fragt an jedem 5. im Monat: “Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?” -“WMDEDGT?” – und sammelt die Antworten diesmal hier.
Der sehr frühe Wecker rettete mich aus Angst mit schnell und hart schlagendem Herz: Erleichtert stand ich auf für Milchkaffee, Fertigbloggen, Zähneputzen, Katzenwäsche, Laufkleidung, Morgenkaffee für Herrn Kaltmamsell, Bankstütz. Und dann lief ich an die Isar.
Wie vorhergesagt, regnete es ein bisschen (die Unwetterwarnungen waren bereits vor Mitternacht aufgehoben worden). Doch da die Luft mild war, brauchte ich als Regenschutz lediglich meine Schirmmütze und ließ mich in hin und wieder von Regentropfen feuchtregnen.
München ist ordentlich.
Ich war oft an ihm vorbeigelaufen, der Herr hatte es sich in der Unterführung der Brudermühlbrücke mit viel Ausstattung häuslich gemacht. Doch irgendwann standen Kerzen am Ort der Häuslichkeit. Heute entdeckte ich, dass Streetart die Unterführung in ein Memorial für ihn verwandelt hat.
Das fand ich sehr rührend.
Die gut 70 Minuten Lauf waren genau richtig, ich fühlte mich gut durchbewegt und erfrischt.
Zackiges Duschen, Körperpflegen, Anziehen, gegen das regnerische Wetter schlüpfte ich für den Marsch in die Arbeit in meinen Kapuzenmantel.
Über den Vormittag regnete es vorm Bürofenster immer wieder kräftig, gut so. Ich schaute nach einem Friseurtermin, denn ich fühle mich bereits ziemlich eingewachsen. Doch Herr Friseur macht erstmal zwei Wochen Urlaub – mal sehen, ob ich durchhalte oder einfach irgenwohin gehe.
Zum Mittagscappuccino unter Kapuze, die musste aber lediglich Tröpfeln abhalten.
Emsigkeiten bis Mittagessen, dann gelbe Kiwi sowie Hüttenkäse mit ein wenig Leinsamenschrot.
Nachmittags unter anderem jemandem etwas beigebracht, vermutlich mit deutlich zu vielen Details für echtes Hängenbleiben. Na gut, war eh die erste Stufe: Zeigen und Zugucken. Die nächste Stufe Selbermachen, während ich zugucke – die kommt ja noch.
Ich bekam meinen zweiten Bildschirm und eine Einführung. Und stellte sehr schnell fest: Wie geil ist DAS denn!
Fürs Abendessen war ich zuständig. Ich nahm eine U-Bahn zum Marienplatz, um am Viktualienmarkt beim Tölzer Kasladen noch etwas zum geplanten Ernteanteil-Salat zu kaufen. Ich musste ein wenig in der Schlange warten, tat das aber zum einen gern, weil ich das flinke, aber immer aufmerksame und zugewandte Personal schätze, zum anderen weil mir das Zeit zum Umschauen gab. Als ich drankam, erfuhr ich auch Trauriges: Den Donauwörther Landkäse gab es derzeit nicht, weil die Käserei Opfer des schlimmen Hochwassers vor genau einem Jahr wurde und jetzt erst wieder aufgebaut wird.
Abstecher in den Eataly für italienische Nektarinen aus Direktimport. Daheim Yoga-Gymnastik, dann richtete ich das Nachtmahl an.
Es erwies sich, dass Nektarinen hervorragend zu Stilton passen. Das Abgefahrenste auf dem Käseteller war allerdings der noch unreife Graukäs, der aussah wie verschiedene zusammengepappte Käsebrösel. Nachtisch Schokolade.
Im Bett neue Lektüre: Dinçer Güçyeter, Unser Deutschlandmärchen – gleich mal von den poetischen Erzähltechniken überrascht worden.
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Nature writing hat in der englischsprachigen Literatur eine lange Tradition, immer wieder gibt es auch Ausgaben zu diesem Thema vom Literaturmagazin Granta. Meist geht es in irgendeiner Weise um die intensive Begegnung eines Menschen mit einem heimischen Tier, um die Auswirkungen dieser Begegnung auf die Einstellung des Menschen zu Natur und um die Reflexion dessen. Ich würde aber auch den Roman Watership Down ganz ohne Menschen in diese Kategorie einordnen. Warum gibt es wohl in dieser Ausprägung keine deutschsprachige Tradition? Tiergeschichten wie die von Felix Salten sind ganz anders.
Gleichzeitig kommen deutsche Übersetzungen von typischen Vertretern dieses nature writing in Deutschland sehr gut an, H is for Hawk von Helen Macdonald war auch als H wie Habicht ein Bestseller (Empfehlung, ist wirklich gut). Jetzt also Chloe Dalton, Raising Hare, deutsch Hase und ich (nein, mir fällt kein besserer Titel ein – schade, dass auch niemandem bei Klett-Cotta). Während der Corona-Einschränkungen lebt die beruflich sehr umtriebige Chloe in ihrem Haus auf dem Land. Sie stößt in dessen Nähe auf einen verwaisten Junghasen – und nimmt ihn nach einigem Zögern mit. Das Buch schildert, wie sie das Junge durchbringt, sehr bemüht darum, dem Wildtier das Wildsein zu lassen: Chloe gibt ihm keinen Namen, streichelt es nicht, fasst es nur notfalls an. Sie liest sich tief ins Hasentum ein, in historische Perspektiven, in seine Rolle im Ökosystem. Und sie schildert ihre Beobachtungen des Tiers – im Bewusstsein, dass sie ihm dafür so nahe kommt, wie es nur selten Menschen vergönnt wird. Natürlich macht das etwas mit Chloe, verändert sie durch Einsichten und Erlebnisse.
Das war für mich ungemein spannend und anrührend zu lesen, ich lernte viel. Lese-Empfehlung, auch wenn das letzte Kapitel überflüssig ist und den Haugout von Seitenschinden hat: Eine nochmalige Introspektion und die Predigt zu Achtsamkeit im Umgang mit der Natur hätte es aus meiner Sicht nicht gebraucht.
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“Ingolstadt erkennt Zeitungsverleger Reissmüller posthum die Ehrenbürgerwürde ab”.
Der frühere Herausgeber des “Donaukurier” hatte seine Rolle im NS-Staat bis zu seinem Tod vertuscht. Nun distanziert die Stadt sich von der einstigen Machtfigur, die Kritik rigoros unterdrückte.
Dieses Reissmüller-Ingolstadt ist auch das Ingolstadt, das man in Marieluise Fleißers Werken erleben kann. Und das, wie ich auf einer Beerdigung vor zwei Jahren feststellte, immer noch gelebt wird. (Es gibt auch andere Ingolstädte! Sonst würden sich nicht so viele wundervolle Menschen dort wohl fühlen!)
3 Kommentare zu „Journal Donnerstag, 5. Juni 2025 – #WMDEDGT? mit einem Streetart-Memorial“
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6. Juni 2025 um 6:50
Das Boandlkramer Graffiti finde ich auch sehr anrührend. Danke fürs teilen.
6. Juni 2025 um 9:13
Das Boandlkramer-Grafitti
Bei der Freude über den zweiten Bildschirm musste ich etwas lachen, da ich ebenfalls nicht mehr ohne sein möchte. Noch toller sind die leicht gebogenen überbreiten Bildschirme, da dort die Trennung in der Mitte entfällt. Gibt es in Ihrer Einrichtung bestimmt auch.
6. Juni 2025 um 11:42
Hier ebenfalls erst Team “2.Bildschirm-phhhh-kommt-mir-nicht-auf-den-Schreibtisch” und dann “Wie-GEIL-ist-das-denn!!” Und ich konnte nur mir die Schuld geben, das lange verpaßt zu haben, denn er wurde mir nicht verwehrt, sondern ich hatte ihn abgelehnt. Nun, man lernt immer dazu. :-)