Journal Samstag, 8. März 2025 – Gäste zu mallorquinischem Essen

Sonntag, 9. März 2025 um 9:02

Als ich mich nach Klogang kurz vor fünf wohlig ins Bett kuschelte, weil noch so viel schöner Schlaf vor mir lag, rechnete ich nicht damit, dass er mir einen besonders unangenehmen Traum bringen würde: Komplizierte Bahnreise in den Urlaub mit meiner Mutter, auf der ich schließlich beim Umsteigen meinen Tagesrucksack (darin Handy, Unterlagen, Geldbörse) mit einem anderen verwechselte, was ich erst bei einem weiteren, besonders komplizierten Umsteigen bemerkte (der Bahnhof bestand nur aus Baustelle, wir hetzten endlose Gleise bis in ein Gebäude entlang – wer braucht bitte journalistische Träume?). Erkenntnis, dass der Urlaub hiermit gestorben war. Ich wachte völlig entmutigt und erledigt auf.

Ein weiterer Sonnentag mit Wärme, früher als sonst radelte ich zum Olympiabad. Vor zehn brauchte ich schon noch Stirnband und Handschuhe. Das Schwimmbad war voller als erwartet, aber wir vertrugen uns. Leider fühlte ich mich eher steif und unfit, war diesmal wirklich stolz auf meine 3.000 Meter (und lobte mich innerlich immer wieder für das Erreichen von Zwischenzielen). Beim Heimradeln waren die Temperaturen spürbar gestiegen, ich sah immer mehr kurze Ärmel an den Menschen auf den Straßen.

Nochmal ein Einkaufsabstecher für die Abendeinladung mit mallorquinischem Essen. Herr Kaltmamsell und ich waren nach der langen Pause umgehend in unseren Gastgebemodus gefallen: Er hatte für die fünf Esser am Tisch beim Herrmannsdorfer ein halbes Schaf gekauft, mich plagte die Sorge, dass das Gemüse fürs Tumbet als Vorspeise nicht reichen könnte und ich besorgte zusätzliche Auberginen und rote Paprikaschoten.

Daheim aber erstmal Frühstück um halb zwei (nach Aufreißen der Balkontür, um Luft und Wärme hereinzulassen): Sandwichtoast mit Butter und Marmelade, Mango mit Sojajoghurt.

Den Nachmittag verbrachte ich in der Küche und mit Wohnungherrichten: Das Gemüse fürs Tumbet (ich verwendete neben Kartoffeln Auberginenscheiben und Paprikastreifen) wird vorgebraten, und ich hatte mich rechtzeitig daran erinnert, dass Paprikaschoten immer länger fürs Weichwerden brauchen, als man meint. Daraus schichtete ich mit Tomate frito aus dem Tetrapack das Tumbet in Einzelschüsselchen (gekauft über die Jahre als Büffeljoghurtbehälter im Süpermarket), die mit etwas gehacktem Knoblauch drüber bei Ankunft der Gäste noch eine Weile in den Ofen kamen.

Auf einem grauen Backblech fünf Tonschüsselchen gefüllt mit rotem Gmüse und roter Sauce, dahinter eine offene Balkontür ins Sonnige

Währenddessen duftete die Wohnung bereits nach Lammbraten: Herr Kaltmamsell hatte Teile seines Einkaufs für viele Stunden bei niedriger Temperatur in den Ofen geschoben.

Ich präparierte die Räume für Besuch und versteckte Papierstapel sowie Bügelwäsche (wir nennen es Aufräumen), deckte den Tisch, stellte Getränke bereit, bereitete alles für den Aperitif vor (Cocktail Rosita, dazu spanischen Chorizo, Käse vom adoptierten Crowdfarming-Schaf, gefüllte Oliven), zog mich um.

Vom Abend selbst leider keine Bilder, übers Gastgeben vergaß ich komplett zu fotografieren.
Die Gäste brachten wundervolle Frühlingsblumen, mallorquinischen Johannisbrotlikör (mit Mineralwasser und einer Scheibe Zitrone als Sommerdrink empfohlen), eingelegte Gurken aus Familienhand als Geschenke.

Der Tumbet geriet gut, Rezept gibt’s aber erst, wenn ich im Sommer die Originalversion mit frischen Tomaten ausprobiert habe. Die beiden Weine des Abends kamen vom selben, noch sehr jungen mallorquinischen Gut: Binigrau. Zur Vorspeise schenkte ich den weißen Nounat ein (Prensal Blanc und Chardonnay), später zum Lamm die rote Cuvée Eco negre aus Mantonegro- und Merlot-Trauben. Passten jeweils gut.

Ein gedeckter Tisch für fünf Personen mit grüner Tischdecke, in der Mitte eine tönerne Reine mit einem Stück Lammbraten am Knochen, das ein Gast gerade fotografiert, davor ein Korb mit Stücken Weißbrot

Eine von zwei Reinen voll Lamm, nur für Show im ganzen gezeigt, dann zerteilte Herr Kaltmamsell das Fleisch in der Küche in servierbare Stücke ohne Knochen (superzart) und brachte es wieder. Als Beilage hatte er Kichererbsen mit Spinat zubereitet: Das hatten wir bei unserem ersten gemeinsamen Mallorca-Urlaub im Winter dort kennengelernt.

Als Dessert hatte ich schon länger Orangen-Flammeri geplant und Freitagabend gekocht. Orangen passen ja zum malloquinischen Thema, da ich den Flammeri nie sturzfest hinbekomme, füllte ich ihn in kleine Glasschälchen. Ebenfalls am Freitagabend hatte ich dann dazu die Wedges of decadence gebacken, Pekanuss-Karamell-Happen. Dazu Espresso, Schnäpse, spanischer Brandy.

Ich genoss es, endlich mal wieder Gäste zu haben, wir saßen zu dritt (mit bravem Hund unterm Tisch) noch bis spät in die Nacht (ein Gast musste früher weg, Herr Kaltmamsell schnarchte auf dem Sofa). Nach allem Abschied nur noch wenig Speisensichern und Aufräumen, bis eine Ladung Geschirrpülmaschine eingeschaltet werden konnte, ich war zu müde. An den Resten des Abends werden wir noch viele Tage essen.

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Spannender Longread im El País: Die Redaktion steckte 15 gebrauchte Kleidungsstücke mit Airtags in Altkleider-Container in ganz Spanien und verfolgte ihren Weg über elf Monate hinweg.
“Where do the clothes go after we put them in a recycling bin? An 11-month investigation covering thousands of kilometers”.

(Für mich immer wieder erstaunlich: So schauen Überschriften in spanischen Zeitungen aus – kürzer wird’s nicht. Im Grunde kennt der spanische Journalismus keine wirklichen Schlagzeilen, die man also als Zeitungsjunge rufen könnte.)

Hier die spanische Version:
“¿A dónde va el pantalón que tiramos a un contenedor de ropa usada? Once meses de investigación y miles de kilómetros recorridos”.

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Sehr schöner Text im aktuellen Granta-Magazin von Clare Bucknell über “Real tennis”, also die Version, die vor “Lawn tennis” gespielt wurde, Letzteres Ende des 19. Jahrhunderts als Vereinfachung eingeführt, das auch Frauen ohne Verlust ihres Anstands spielen konnten. Und diese alte Form des Tennis (deren Schilderung und Bebilderung mich sofort an das spanische pelota erinnerte, doch Bucknell erwähnt das nicht) wird noch heute von einer kleinen Gruppe Nerds gepflegt, Spielfelder finden sich vor allem in alten Schlössern. Nur der Anfang kostenlos lesbar:
“Real tennis”.

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 7. März 2025 – Vor allem Beifang aus dem Internetz

Samstag, 8. März 2025 um 8:00

Guter Schlaf bis 4:44 Uhr, dann steigender Angstpegel. Als mir die Angst bis unters Kinn stand (gestern inneres Bild von Stehen in einem Angstsee), verließ ich das Bett, war eh nur wenige Minuten vor Weckerklingeln. Die Vögeln sind definitiv schon im Frühling angekommen, allseitiges Rumbrüllen.

Die Freitagsaussgabe der Süddeutschen wog überraschend leicht: Warnstreik in der Redaktion. Diesmal hätte ich das auch als Digitalleserin gemerkt, Meldung rechts oben auf der Titelseite: “Zudem sind die Online-Berichterstattung, Newsletter und Podcasts der SZ betroffen.”
Hintergrund waren die Tarifverhandlungen mit dem Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV).

Marsch in die Arbeit wieder durch sichtbaren Morgenfrost – ich hoffe, das hält die Obstbäume trotz der milden Tagestemperaturen von vorzeitigem Blühen ab.

Hochfahren des Arbeitsrechners und Öffnen des Postfachs ohne Schrecken

Geordnetes Wegarbeiten in der erwarteten und sehr angenehmen freitäglichen Menschenarmut. Aber ich stolperte darüber, dass offensichtlich nicht selbstverständlich ist: Ich möchte, dass aus Software-Fehlermeldungen hervorgeht, ob ich etwas falsch gemacht habe oder die Technik gerade nicht funktioniert.

Schräges Sonnenlicht auf einen Stehtisch in einem Cafeteria-Raum, das lange Schatten verursacht, auf dem Tisch eine Tasse Cappuccino und eine kleine blaue Glasvase in Trockenzweigen, im Hintergrund eine Glasfront, die mit gelber Folie abgeklebt ist

Mittagscappuccino bei Nachbars. Aus Schnell-noch-Briefmarken-holen wurde ein längerer Weg, weil der angepeilte Laden keine DHL-Station mehr ist (ich trauere immer noch um die Post-Filiale in dem bemerkenswerten Gebäude in der Bergmannstraße).

Weiterarbeit, dann zu Mittag ein Apfel sowie (gute!) Mango mit Sojajoghurt.

Geordneter Nachmittag, freitäglich pünktlicher Feierabend. Meine Pläne orientierten sich in erster Linie daran, dass wir am Samstagabend Essensgäste haben würden. Herr Kaltmamsell hatte die Einkaufsliste weitgehend abgearbeitet, ich holte den Rest auf dem Heimweg beim Vollcorner.

Zu Hause legte ich sofort los mit der Dessertzubereitung (Einzelheiten berichte ich nach Servieren), brauchte die Küche dazu ein wenig länger als geplant, hielt also Herrn Kaltmamsell vom Backofen fern, den er fürs Nachtmahl benötigte. Zudem vermisste ich jede Art von Gelassenheit, ich fühlte mich gereizt und erwartete geradezu Katastrophen. Die bis auf ein bisschen Rumkleckern nicht eintraten, dabei hätte ich so schöne Flüche parat gehabt (die meisten von meiner Mutter gelernt, wenn sie an der Nähmaschine saß).

Große Freude über Alkohol: Ich machte gleich mal den Wein auf, einen spritzigen Pinot Grigio, den ich mir gut zum Mac’n Cheese mit Ernteanteil-Süßkartoffel vorstellte.

Gedeckter Holztisch mit grünen Platzsets, aus einer gläsernen Auflaufform servieren zwei Arme gerade mit einer Plastik-Schöpfkelle orangen Auflauf

Passte tatsächlich gut. Nachtisch Schokolade.

Oktoberfestflucht 2025 gebucht, es werden sieben Tage Wandern in Südengland, anschließend eine Woche Brighton. Die Zugfahrt hin und zurück buche ich erst nach finaler Buchungsbestätigung der Wanderagentur, auch diesmal wird klimafreundlicher Urlaub eine besonders teure Angelegenheit. Billiger wäre natürlich Wandern in Deutschland oder Österreich, aber ich gab meiner England-Sehnsucht nach. Die App fürs Visum hatte ich bereits runtergeladen, das man seit neuestem als Folge des Brexit braucht, da mögen sie das noch so lang “Electronic travel authorisation” nennen. Wie hatten wir vor Bexit noch gelacht, dass James Bond ja dann für jeden Grenzübertritt ein Visum brauchen würde.

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GUTE NACHRICHTEN!

Es liegt nahe, über die Trump-Regierung vor allem dann zu berichten, wenn ihre Anweisungen in atemberaubernder Weise gegen die US-Verfassung und demokratische Grundsätze verstoßen. Dass sie bislang fast nichts davon umsetzen konnte, ist nicht so viel Aufmerksamkeit wert – sollte es aber für den Seelenfrieden und den Glauben an die Beeinflussbarkeit der Zukunft sein.

Sechs Wochen nach Start dieser Regierung fasst Rachel Maddow auf MSNBC zusammen, wie Trump mit fast allen Maßnahmen bisher gescheitert ist und welche Mittel des Widerstands ergriffen werden. Sie gibt zumindest mir ein Minimum an Glauben zurück, dass selbst die schräge und über die vergangenen Jahrzehnte gezielt geschwächte US-amerikanische Demokratie robust genug ist.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://www.youtube.com/watch?v=Te62RQTevgo

via @DonnerBella

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Endlich Zeit und Muße, die Kleider der diesjährigen Oscarverleihung durchzuklicken.

Mein Favorit bleibt auch nach Gesamtbetrachtung das von Halle Berry.

Auf dem zweiten Platz ist für mich dieses (von den mehreren des Abends) an Cynthia Erivo – ich mag es, wenn ein Kleid an niemandem so gut aussehen könnte wie an Trägerin/Träger.

Sonderpreis für das Kleid von Whoopi Goldberg wegen seines Materials.

(Seit der Trend mit wirklich durchsichtigen Kleidern begann, warte ich voll Sehnsucht darauf, dass er endet. Doch er wird nur immer schlimmer. Dieses Jahr konnten die GoFugs eine ganze, lange Slide-Show damit füllen, ein Beispiel schlimmer als das nächste – bis hin zur Erleichterung: “Puh, das ist nicht ganz entsetzlich.”)

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Seltene Filmaufnahmen der jährlichen Fahrradernte.

die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 6. März 2025 – Sonnenschein, Grabsteininspiration

Freitag, 7. März 2025 um 6:27

Eigentlich guter Schlaf, aber mit belastenden Träumen: Ich wachte traurig auf.

Wie angekündigt und für die ganze restliche Woche vorhergesagt schien die Sonne. Frostiger Weg in die Arbeit, auf Autoscheiben und dem Gras der Theresienwiese glitzerte Raureif.

Im Büro fiel mir die Arbeit schwer: Stubenfliegenhirn, das sekundenweise zu dieser, dann zu jener Aufgabe oder Information sprang. Außerdem war ich sehr, sehr müde.

Bei Laune hielt mich die Aussicht auf einen Mittagscappuccino im Westend.

Cafétischchen, darauf ein Cappuccino, dahinter unscharf Café-Gäste vor großen Fenstern, durch die man Sonnenschein sieht

Rückweg mit offenem Mantel.

Jetzt konnte ich mit hoher Konzentration bis zum Mittagessen arbeiten, das bestand aus Apfel, Quark mit Joghurt.

Umtriebiger Nachmittag mit viel Besprechung aber auch vielen gelaufenen Schritten. (Der Besinnungsaufsatz über eine Taxifahrt in einer Reiseabrechnung platzte: Es fiel die Entscheidung, die Angelegenheit durch Selberzahlen abzukürzen.) Ich fühlte mich so überdreht wie nach drei Tassen Espresso. Draußen war es mild genug, dass ich immer wieder das Fenster meines Büros gekippt lassen konnte.

Endlich Feierabend, ich hatte Pläne. Nämlich brauchte ich neue Trinkflaschen: Das Wasser aus den beiden Fitnessstudio-Plastikflaschen, die ich seit mindestens 15 Jahren verwendete, schmeckte seit einiger Zeit nach Plastik – sehr wahrscheinlich löste sich da was vom Material. Ich spazierte also in herrlicher Luft (nur mild, nicht gruslig warm, ich brauchte durchaus mein Halstuch) und Abendlicht zum Sport Schuster. Wo ich Ersatz bekam, der meine Anforderung erfüllte: durchsichtig (eine Sport-Wasserflasche, in die ich nicht reinschauen kann, füht sich komisch an), einhändig bedienbar (also kein abnehmbarer Schraubverschluss).

Dann noch Supermarkteinkäufe.

Zwei leicht durchsichtige Plastikflaschen mit einem Logo und Schriftzug "Body up Diva" daneben zwei schwarze Decken

Bye bye, vielen Dank für unzählige Sportstunden, Wanderungen und Reisen.

Wieder servierte Herr Kaltmamsell das Nachtmahl: Aus eben geholtem Ernteanteil-Lauch wurde mit Zwiebel, grüner Paprika und schwarzen Bohnen Chinesisches mit Reis. Sehr gut. Nachtisch Kauf-Desserts, weil ich die Glasschüsselchen für Samstag brauchte: Dessert für eine Einladung.

Früh ins Bett zum Lesen, neue Lektüre das aktuelle Granta 170, Winners. Laut Einleitung eine Ausgabe mit Sportliteratur (die ja eine lange Tradition hat, siehe Friedrich Torberg und Die Mannschaft, dennoch hmm, hmm).

Arbeitstage geben nichts recht her, ich krame nochmal was von der Dienstagswanderung hervor – Friedhöfe geben immer etwas her.

Alter Grabstein auf sonnigem Dorfriedhof, auf der schwarzglänzenden Steinplatte die Inschrift unten

Links direkt neben diesem Grabstein in Unterweilbach steht dieser Grabstein mit der Aufschrift:
“Hier ruhet die tugendsame Jungfrau
Theresia Bichler
Böglbauerstochter v. hier;
gest. 22. Oktb. 1898.
im 18. Lebensjahre.
Ihr folgte seine Erziehungs-
mutter. Frau.
Rosina Schmid.
gest. 19. Juli 1906 i. 91. Lebensjh.
Josef Bichler
geb. 13.8.1877 gest. 22.2.1959.”

Als erstes stolperte ich über “seine” – wessen? Die von Theresa, also ein bayerisches “ihr seine”?
“Erziehungsmutter” war mir fremd, ich finde keine Spur.

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“Betrugszentren”, “Scam-Fabriken”, WhatsApp-Sklaven – einem Drehbuch hätte ich das mal wieder kaum abgenommen, doch es geht um echte Menschen.
“Befreit aus den Scam-Fabriken Myanmars”.

In Myanmar sind in den vergangenen Wochen Tausende Menschen aus Zentren für Online-Betrug befreit worden. Doch dazu war brachialer Druck der Nachbarstaaten erforderlich. Und Hunderttausende werden weiter wie Sklaven gehalten.

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 5. März 2025 – Die Dementoren übernehmen / Rebecca F. Kuang, Yellowface

Donnerstag, 6. März 2025 um 6:35

Frostig-sonniger Morgen.

Auf einer weiten freien Fläche unter blauem Himmel in Morgensonne ein blaues Zirkuszelt

Der Zirkus Krone hat wieder sein Zelt (neu?) auf der Theresienwiese aufgeschlagen. Ich genoss den Marsch in die Arbeit, surfte weiter auf der Welle aus Energie, super-alerten Sensoren und Kreativität, die mich fröhlich durch die vier freien Tage getragen hatte, es sprossen Ideen.

Im Büro brach diese Welle schlagartig, beim Öffnen des Postfachs übernahmen die Arbeits-Dementoren und saugten alle Energie ab in Aufgabenerfüllung. (Das Verfassen eines Besinnungsaufsatzes zur Begründung einer Taxifahrt hebe ich mir aber für eine wieder kreativere Phase am Donnerstag auf.)

Das Draußen blieb wundervoll, ich riss mich los für einen Mittagscappuccino im Westend.

Zügiges Abarbeiten, dazwischen sah ich sowas wie Struktur. Hastiges Mittagessen ohne Pause, es gab Karottensalat (den es bis Ende der Lagersaison wohl noch ein paar Mal geben wird: Braucht viele Karotten auf und schmeckt).

Selfie einer Frau mit orangem Oberteil, die ein Glas voll Karottensalat hält

Aber farblich abgestimmt auf meine Kürbisbluse.

Nachmittags nochmal ordentlich was weggeschafft. Feierabend bei deutlichem Tageslicht, ich verließ das Bürohaus in milder Luft und erstem Frühlingsduft. Ausführliche Einkäufe zum Auffüllen der Süßigkeitenkiste.

Daheim der übliche Mix aus Häuslichkeiten, Brotzeitvorbereiten, Yoga-Gymnastik. Als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell Crowdfarming-Avocados als köstliche Guacamole zu gefüllten, überbackenen Weizen-Tortillas, ich machte nochmal eine Schüssel Endiviensalat, diesen mit Himbeeressig-Dressing. Nachtisch jetzt wieder viel Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen, Yellowface von Rebecca F. Kuang ausgelesen.

Ein satirirscher Thriller, der in der US-amerikanischen Literatur-/Verlagsszene spielt, das ist originell: Jung-, aber nicht mehr ganz Jungautorin June Hayward erlebt, wie ihre chinesisch-stämmige Freundin und Erfolgsautorin Athena Liu bei einem Unfall in ihrer Wohnung stirbt – und stiehlt von deren Schreibtisch das einzige Manuskript ihres nächsten Romans. June ist bislang mit ihren schriftstellerischen Ambitionen gescheitert und gibt jetzt, nach einer Überarbeitung, dieses Manuskript als ihr Werk aus, einen Roman über die chinesischen Arbeitskräfte an der Seite der Alliierten im Ersten Weltkrieg. Der Betrug funktioniert zunächst, June sonnt sich endlich in dem Ruhm der Literatur-Agenten, Bestsellerlisten, Feuilletons, Online-Literaturplattformen und Social Media, um den sie Athena immer beneidete – doch natürlich geht das nicht lang gut.

Das fand ich durchaus gut gemacht, vor allem die Erzählstimme wird gekonnt eingesetzt: Wir lesen die Geschichte aus der Ich-Perspektive von June, die sich als souveräne Heldin darstellen möchte, deren Handlungen im Grunde unausweichlich sind, deren kleinlicher, egoistischer und uneigenständiger Charakter aber genau dadurch offensichtlich wird. Die Verwicklungen, durch die sich June in immer weitere Schwierigkeiten bringt, sind schön in die derzeitigen literarischen und gesellschaftlichen Diskussionen eingebaut, wie stark sich biografischer Hintergrund und Recht auf Verwendung von Themen bedingen.

Insgesamt war mir die Handlung aber doch zu platt und vorhersehbar: Mir fehlte eine Dimension, die über diese satirische Behandlung von literarischen Karrieren in den USA und sogar von persönlichen Befindlichkeiten hinaus ging. Das machte den Roman für meinen Geschmack zu zeitgebunden und – eine weitere Schleife zu den vielen in der Handlung – zu sehr auf den jetzigen Buchmarkt ausgerichtet. (Eben entdeckte ich, dass die deutsche Übersetzung bei Bastei Lübbe erschienen ist – das passt.)

die Kaltmamsell

Journal Faschingsdienstag, 4. März 2025 – Freier Tag mit neuen Geräuschen und Wandern um Röhrmoos

Mittwoch, 5. März 2025 um 6:21

Herrlich und lang geschlafen, zu hellem Himmel aufgestanden. Für gestern hatte ich mit Herrn Kaltmamsell die erste Wanderung des Jahres geplant, zumal schon lang schönes und sogar mildes Wetter vorhergesagt wurde.

Auf der Suche nach einer Route hatte ich in dem Büchlein geblättert, das uns seinerzeit zum Wandern gebracht hatte: Wandern mit dem MVV von 1995, deutlich umfangreicher als die späteren Bände (wir besitzen auch die Ausgabe von 2015). Mir war durchaus bewusst, dass es veraltet ist und es nach 30 Jahren einige Wege nicht mehr geben mag, doch heutzutage findet man ja über GPS leicht Umgehungen und Alternativen. Ich präsentierte Herrn Kaltmamsell eine Auswahl, er entschied sich für einen Rundweg Röhrmoos-Schönbrunn.

Davor Fertigbloggen und Internetlesen an Milchkaffee, Wasser, Schwarztee mit Milch. Herr Kaltmamsell hatte am Wochenende endlich den höhenverstellbaren Schreibtisch bestellt, zu dem ich ihm seit Jahren rate und an dem er auch stehend arbeiten kann (seit auch er über Kreuzschmerzen klagt: viele Jahre gehörte er zu der Minderheit ohne jegliche Rückenschmerz-Erfahrungen), und zwar bei IKEA. Der war am Montag geliefert worden, und zu meiner großen Bewunderung hatte Herr Kaltmamsell ihn noch am selben Tag in aller Ruhe, ohne Fluchen und zu 95 Prozent erfolgreich aufgebaut (irgendwas ist ja immer). Nur bei drei Handgriffen hatte er um meine Unterstützung gebeten, und dann nur für das Wenden/Transportieren großer Teile. Eine Nebenwirkung des neuen Möbels: Es gibt ein neues Geräusch in der Wohnung, nämlich wenn Herr Kaltmamsell die Tischplatte hoch- oder runterfährt. Noch brauche ich ein paar Sekundenbruchteile zur Einordnung.

Was mich hierzu bringt: Im Film Conclave fiel mir zum ersten Mal auf, wie viel Informationen Geräusche transportieren können. Ich fand ohnehin die Erzähl-Ökonomie des Drehbuchs hervorragend, dazu nutzte es auch Töne. Zum Beispiel erfuhr ich nur durch das charakteristische Piepsen, dass die Zimmer der Unterkunft der Kardinäle, wohl im Vatikan, durch Zahlencode geöffnet wurden – es gab keinerlei Bild dazu.

Blick durch einen 50er-Türrahmen in ein Schlafzimmer, das von Sonnenlicht durchflutet wird, gegenüber durchs Fenster ein Park mit kahlen Bäumen

Sonne macht schön.

Aufbruch zur Wanderung nach kurzen Lebensmitteleinkäufen. Dieses Jahr war ich schlau genug, mir nicht bei der ersten Wanderung des Jahres auch gleich den ersten Sonnenbrand zu holen: Ich cremte mich gründlich ein.

Die S-Bahn-Fahrt nach Röhrmoos nutzte ich für Zeitungslektüre. Von Röhrmoos aus wanderten wir über einige Straßen, aber auch Feldwege, vor allem über freie Landschaft, mit manchen Ausblicken nach München, die Bewegung tat sehr gut. Zur GPS-Unterstützung mussten wir schon bald greifen: Die Bahngleise, die wir queren mussten, lagen inzwischen auf der anderen Seite des angegeben Orts und verliefen auf einer hohen Trasse auf Pfeilern. Und nach zwei Dritteln kamen wir an einer völlig anderen Stelle aus dem Wald als angekündigt: Die letzte Stunde improvisierten wir eine Schleife über Schönbrunn.

Blauer Himmel mit Kondensstreifen, darunter kahle Bäume, davor ein leeres Feld mit heller Erde

Blauer Himmel mit Kondensstreifen, darunter kahle Bäume, davor Feld mit breitem Feldweg, im Vordergrund gehrt gerade ein Mensch mit Hosen, blauer Wanderjacke und roter Kappe

Spätwinterlandschaft, auf vielen Feldern ein erster Hauch von Grün.

Vor blauem Himmel mit Kondensstreifen ein riesiger kahler Baum, darunter ein Wegmarterl mit Bank

In Unterweilbach fiel uns ein stattliches Gut auf, das Herrenhaus offensichtlich erst kürzlich saniert, die restliche Anlage vor nicht allzu langer Zeit. Um herauszufinden, wem das Gut gehört oder die längste Zeit gehört hat, kann man natürlich googlen. Oder man schaut im Friedhof der benachbarten Kirche vorbei.

Vor blauem Himmel rechts eine kleine Barockkirche mit Zwiebelturm, links davon eine Straße, davon lings angeschnitten Wirtschaftsgebäude eines alten Guts

An der Kirchenwand eine Tafel mit den Lebensdaten vieler Familienmitglieder von Spreti in alter Schrift

Die von Spretis also. Hier mehr historischer Hintergrund.

Die Grabsteine auf diesem Friedhof waren ohnehin besonders interessant:

Alter Grabstein mit einer glänzenden schwarzen Platte, darauf viele Mitglieder der Familie Pabst

Wir rätselten lang und ergebnislos über diese verwandtschaftlichen Verbindungen.

Auf einer Wiese vor blauem Himmel und bei einem Haufen Reisig in einem Gehege einige Hirsche

Hirsche am Purtlhof. Zudem bekamen wir zahlreiche Greivögel am Himmel geboten, am Boden auch einen mächtigen Feldhasen.

Erhöhter Blick auf landwirtschaftliche Landschaft, am Horizont die dunstige Silhouette einer Großstadt

Nach gut zwei Stunden Wandern setzten wir uns auf eine Bank für Brotzeit mit Blick auf das diesige München, ich aß Äpfel und Hüttenkäse. Hier wie auf der ganzen Wanderung war der Sound geprägt von den Passagierflugzeugen, die eher niedrig über uns flogen – nicht störend laut, aber ungewöhnlich geballt.

Sonniger Waldbiergarten, im Hintergrund eine alte Kapelle, links vorne ein Wanderer in blauer Jacke und roter Kappe

Mariabrunn ohne Biergartenbetrieb.

Sonnige Lichtung mit Bach in einem Wald

Auch in Röhrmoos kreuzten wir einen Friedhof. Ein Grabstein ließ mich verdutzt anhalten:

An einer Friedhofsmauer ein Grabmal mit rechts einem grauen Stein, darauf Sterbedaten eines Manns, links eine etwas unterlebensgroße Frauenfigur aus rosa Stein in Abendkleid mit hochgesteckten Haaren. Im Hintergrund sonnige Landschaft

Eine ausgesprochen weltliche Frauenfigur – da hängt doch eine Geschichte dran.

Es hat natürlich gute Gründe, dass das Büchlein Wandern mit dem MVV im Lauf der Jahrzehnte immer dünner wurde: Feldwege waren jetzt Straßen, Landstraßen mit wenig Motorverkehr, die man Wander*innen ruhigen Gewissens entlang schicken konnte, waren jetzt für Fußgänger*innen lebensgefährlich. Die Entwicklung konnten wir gestern sehr gut nachvollziehen.

Nach viereinhalb Stunden Wandern mit einer Pause waren wir beide so gut durchgesportelt, dass ich die Yoga-Einheit des Tages verschob.

Nach ereignisloser S-Bahn-Rückfahrt: Daheim Vorbereitungen des ersten Arbeitstags nach Faschingsferien, Brotzeitvorbereitung, Lesen mit einer großen Tasse Tee – und alles mit dem wohligen Glühen im Gesicht, das viele Stunden Bewegung in kühler Draußenluft hinterlassen.

Als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell die Gelben Bete aus Ernteanteil als Pasta-Gericht mit Feta, ich hatte Endiviensalat mit Tahini-Dressing vorbereitet.

Aufsicht auf einen gedeckten Tisch, darauf ein weißer tiefer Teller mit Spaghetti in weißer Sauce mit Stücken gelben Bete, dahinter ein Topf, rechts eine Glasschüssel mit Salat

Die Pasta schmeckte gut, aber wenig nach Bete. Nachtisch Schokolade – nicht viel, die Süßigkeitenkiste ist bedrohlich leicht geworden.

die Kaltmamsell

Journal Rosenmontag, 3. März 2025 – Freier Tag mit Freizeitspaß

Dienstag, 4. März 2025 um 8:06

Das klappte nach der Oscarnacht ganz gut mit echtem Schlaf bei heruntergelassenem Rollladen und mit Ohrstöpseln noch bis acht, als ich mich vom Wecker wachklingeln ließ. Aber insgesamt hatte ich das Gefühl, dass sich die Oscarnacht-Aktion nicht ausgezahlt hat: Die Zeiten sind wohl einfach vorbei, in denen mir das etwas gab – angefangen zu Studienzeiten, als ich mich mit Freunden bei dem einen traf, der Satellitenfernsehen hatte (und der dazu Snacks servierte, hier lernte ich Anfang der 1990er Guacamole kennen). Es sollte noch einige Jahre dauern, bis ein deutscher Sender die Show übertrug. Werde ich mich also in Zukunft nicht mehr grämen, wenn ich sie verpasse.

Über meinem Morgenmilchkaffee saß ich durchaus dumpfkopfig, das war halt kein normaler Nachtschlaf, und ich bin keine 30 mehr. Oder 40. Oder 50.

Wie angekündigt schien die Sonne, bestärkte mich in dem Plan einer Schwimmrunde unter freiem Himmel im Dantebad. Für die ich mich dann früher fertigmachte als geplant, weil Herr Putzmann nicht wie sonst immer montags um 12 Uhr kam, sondern bereits um 10 einsatzbereit im Flur stand (der Kunde vor uns hatte abgesagt). Ich begrüßte ihn im Morgengammel und erbat mir nach einem Plausch (wir hatten uns schon lange nicht mehr gesehen) eine halbe Stunde zum Fertigmachen. Herr Kaltmamsell hat Faschingsferien und verbrachte einen Arbeitstag zu Hause.

Zum Glück hatte mich Herr Putzmann vor der knackigen Kälte gewarnt (er ist immer mit dem Fahrrad unterwegs), so griff ich zu warmer Jacke, Stirnband und dicken Handschuhen für meinen Weg ins Dantebad: Die Sonner wärmte nämlich gar nicht so sehr, wie sie strahlte.

An der Kasse lud ich meine Stadtwerke-Bäderkarte für die nächsten Monate auf; ich hatte beim letzten Auschecken aus dem Schwimmbad gerade rechtzeitig gesehen, dass sie nur noch gut drei Euro geladen hatte. Die Schwimmbahnen waren rege genutzt, durch häufiges Überholen schwamm ich weniger gemütlich, als ich mir bei meiner Müdigkeit gegönnt hätte. Aber ich schwamm schmerzfrei und problemlos.

Beim Heimradeln hatte die Sonne ihre Frühlingsarbeit gemacht und die Luft gewärmt: Ich brauchte keine Handschuhe mehr. Abstecher zum Bäcker und zum Drogeriemarkt.

Frühstück um zwei: Körnersemmeln und Grapefruit.

Nach dem Frühstück war ich sehr müde und benommen, verkniff mir aber eine Siesta, um meinen Schlafrhythmus nicht komplett zu versauen.

Kleinere Tüchtigkeiten: Ich fettete das Leder meiner Zirkeltrainingtasche ein (hatte erst spät die Spielanleitung gelesen, nach der man das vor dem ersten Tragen tun sollte), putzte Schuhe. Zeitung- und Internetlesen im sonnigen Wohnzimmer.

Die Vogeltränke auf unserem Balkonsims wurde rege genutzt. Ich beobachtete, wie eine Jungamsel aufs Niedlichste am Baden in der kleinen Wasserschüssel scheiterte (Größe eher Meisenbad); sie hockte sich dann einfach rein und sah versonnen in die sonnige Gegend.

Yoga-Gymnastik in der letzten Dämmerung. Zum Nachtmahl servierte ich den altmodischen Geflügelsalat aus Suppenhuhnfleisch, Käse, Kimchi (von Herrn Kaltmamsell aus Schwarzrettich hergestellt, nach drei Wochen war er schön mild und dennoch würzig) mit selbstgebackenem Brot vom Samstag. Nachtisch Käsekuchen und Schokolade.

Früh ins Bett zu ein wenig Lesen, frühes Schlafen.

die Kaltmamsell

Oscarnacht 2025

Montag, 3. März 2025 um 0:57

Kurz vor eins (das hier startete früher doch ein bisschen später? jetzt Senioren-kompatibler), Pro7 ist noch am roten Teppich.

Ich erwische gerade Volker Bertelmann: Ausgerechnet die Musik von Conclave hatte mich enttäuscht – und die ist nominiert?

Eingangssongs der Hauptdarstellerinnen von Wicked, Ariana Grande und Cynthia Erivo – welche RÖHREN! Das Orchester dieses Jahr im Hintergrund der Bühne.

Gastgeber Conan O’Brien kommt in einem vorbereiteten Film aus dem Körper von Demi Moore im Film The Substance heraus, dann auch auf die Bühne. Bühnenbild wieder mit Jugendstil und Old Hollywood. Er thematisiert gleich mal die Uhrzeit: “Starts at 4 in the afternoon – everybody just had brunch!” Aha, also auch vor Ort seltsam. Spricht Ralph Fiennes korrekt aus: Reyf – erst beim Abendessen bekam ich einen Vortrag dazu von Herrn Kaltmamsell, dass das nämlich im britischen Englischen überhaupt die korrekte Aussprache ist. Flacher Amazon-Scherz (übernahm die 007-Rechte kürzlich), flacher Scherz über John Lithgow (auf ewig meine Roberta in The World According to Garp).

O’Brien wird ernst: “Any award show seems superfluous” angesichts des Leids, das Los Angeles erlitt (mit den Bränden) nun angesichts der Weltlage: Aber dieses Ritual zeige die Menschen, die im Filmbusiness sonst nicht im Rampenlicht stehen, wie Techniker*innen – und es werde bleiben.

Robert Downey Jr. präsentiert Actor in a Supporting Role – erster Blick auf Isabella Rossellini, die hinter dem nomnierten Guy Pearce sitzt! Es gewinnt Kieran Culkin, der einzige, den ich gesehen habe – und der in A Real Pain wirklich sehr gut spielte.

Oh Gott, in den Werbepausen quatschen die deutschen Moderatoren, das muss ich muten.

Der frühere Start der Awards Ceremony kommt mir durchaus entgegen: Ein paar Stunden vorgeschlafen, danach gehe ich nochmal ins Bett und habe dank des freien Rosenmontags auch wirklich Zeit für eine zweite Schlafrunde.

A Complete Unknown, einer der nominierten Flme, wird vorgestellt. Biopics interessieren mich halt praktisch nie.

Andrew Garfield und Goldie Hawn sind als nächstes dran. Goldie war sehr lang die am bewundernswertesten jung operierte Person in Hollywood – mittlerweile auch sie mit 79 Jahren weit jenseits der Grusligkeit. Animated Feature Film geht an Flow: Junger Mann dankt seinen “cats and dogs” – und weist darauf hin, dass das der erste lettische Film mit Nominierung ist. Garfield und Hawn präsentieren auch Animated Short Film: In the Shadow of the Cypress. Gewinner entschuldigt sich für sein schlechtes Englisch (iranischer Film) und dass er und die Dame neben ihm ablesen müssen: Bis zum Vortag hatten sie nicht mal ihre Visa und sind überwältigt.

Präsentation von Wicked als bester Film.

Conan O’Brien grüßt auf Spanisch, einer indischen Sprache, Scherz auf Chinesisch.

Fünf Präsentator*innen für bestes Kostüm – alle aus den nominierten Filmen: Sie sprechen über ihre Erfahrungen mit den Nominierten, das finde ich sehr schön. John Lithgow für Conclave! Wenig überraschend und auch von Lisy Christl prognostiziert: Wicked. Paul Tazewell weist beim Dank darauf hin, dass er der erste Mann of colour ist, der diesen Oscar bekommt.

Im Gegensatz zu meinen früheren Oscar-Nächten kein Bedürfnis nach Snacks, auf dem Tischchen neben dem Sofa steht nur eine Tasse Roibuschtee, die Kanne dazu auf dem Stövchen auf dem Esstisch. What you wearing? Grauen Samt, ganz edel! (Hausanzug von Tchibo.)

Nächste Film-Nominierung: Der aktuelle Dune-Film (habe den Überblick über all die Fortsetzungen von Filmen verloren). Man sieht mal den Mann zur Stimme, die die Hintergrundinfos zu den Gewinnern ansagt.

Beide Drehbuch-Oscars werden präsentiert von Amy Poehler (sie hätte mehr für sie typischen Text bekommen sollen). Original Screenplay für Anora, Sean Baker dankt auch der sexworker community, die ihm geholfen hat, nice.
Adapted Screenplay geht an Conclave – der einzige, den ich gesehen habe, der hatte aber wirklich ein gutes Drehbuch. Peter Straughan trägt am Revers die Farben der ukrainischen Flagge, widmet den Oscar seiner Tochter, die ihn blegleitet.

Janet Yang, Präsidentin der Academy of Motion Picture Arts and Sciences, wird kurz eingespielt – ist damit ihre Rede abgefeiert? Das wäre ein eleganter Weg, die langweiligen Formalien unterzubringen.

Kostümwechsel für Conan O’Brien, er trägt jetzt Blau. Scarlett Johansson und eine Dame, die ich nicht erkannte, die aber gute Punchlines hatte, präsentieren.
Oscar für Makeup and Hairstyling bekommt The Substance – leider interessiert mich der Film überhaupt nicht (und Horror kann ich eh nicht sehen). Drei echte Menschen weil wenig Star-aussehend auf der Bühne – und wir bekommen den pflichtgemäßen französischen Akzent!

Halle Berry in sensationellem Kleid, dem besten bisher besten: Berichtet die Governors Awards. Sie kündigt ein James Bond Tribute an. Nach einem Film-Zusammenschnitt eine Tanzszene auf der Bühne, hm, schräg. Wird zu einem Medley aus Bond-Titelsongs, schon besser, aber mit teilweise anatomisch erschreckenden Kleidern (es gibt DAFÜR kompatible Brüste?). Man sieht nochmal das Orchester im Bühnenhintergrund.

Conan O’Brien mimt einen Werbespot für eine ganz neue Art des Streamings (das mag das Wort für Nicht-live-Fernsehen sein, das sich durchsetzt): Kinos.

Daryl Hannah präsentiert Film Editing: Anora. Nochmal Sean Baker, nachdem er auch Regie geführt hat, kann er den Scherz machen: “I saved the film in editing! This director should never work again.”

Divine Joy Randolph kommt auf die Bühne für Actress in a Supporting Role. Den Oscar bekommt Zoe Saldaña – die ersten Tränen auf der Bühne, sie beginnt ihren Dank mit dem Ruf “MAMI!”. Das Kleid ist nicht nett zu ihren Brüsten, sie tun mir sehr leid. Saldaña betont unter Tränen ihre Herkunft als Kind dominikanischer Einwanderer, die sich hart hochgearbeitet haben.

Die Show bislang eher verhalten, möglicherweise vor den realen Hintergründen beabsichtigt.

Production Design wird präsentiert von Ben Stiller – gleich mal in einem fehlerhaften Bühnenbild, aus dem er erst hochklettern muss. Der Oscar geht an Wicked – eine auch für Laien offensichtliche Leistung an Bühnenbild. Lee Sandales dankt auch seinem Ehemann, das könnte eine Premiere gewesen sein.

Mick Jagger als Präsentator! Er macht Alterswitze! (Der Mann ist 81.) Original Song geht an “El Mal” aus Emilia Pérez. Beim Dank nochmal französischer Akzent. Und sie singen!

Samuel L. Jackson und Selena Gomez kommen auf die Bühne. Documentary Short Film geht an The Only Girl in the Orchestra. Gewagte Kleider beim Dank an Molly O’Brien und Lisa Remington, einmal Vorder-, einmal Rückenausschnitt. “Art is giving meaning to the chaos we are living through now” im Dank, schön formuliert.

Documentary Feature Film-Oscar für No other land. Der Dank kann nur politisch sein, beleuchtet das Leid der Palästinenser*innen und der israelischen Geiseln (Film von einem israelisch-palästinensischen Team).

Spendenaufruf für die Leidtragenden der Brände in Los Angeles. Es zieht sich. Und mit fast zweieinhalb Stunden bereits bis jetzt fürchte ich Überziehung.

LA-Feuerwehrleute auf der Bühne – stehende Ovationen. Und drei davon dürfen Witze performen, wie charmant.

Miles Teller und Miley Cyrus präsentieren Sound: Dune: Part Two. Von den drei Herren im Tux kommen nur zwei zum Danken, der dritte wird von der Bühne gespielt. (Sie wollen’s wohl auch nicht zu spät werden lassen).

Gal Gadot und Rachel IchkenndieDameleidernicht für Visual Effects: Geht ebenfalls an Dune: Part Two. Hahaha, jetzt auch Schwäbisch auf der Oscar-Bühne! Gerd Nefzer.

Oj, die beiden nächsten Präsentationsmenschen kenne ich nicht, ich bin einfach aus dem aktuellen Filmgeschehen raus. Live Action Short Film: I’m Not a Robot. Großartiges rotes Kleid an Victoria Warmerdam.

Morgan Freeman kündigt die In Memoriam-Sequenz an – den habe ich auch so lange schon nicht mehr gesehen, dass ich von seinem Altern überrascht werden kann. Er erinnert an den eben verstorbenen Gene Hackman.

Auch Cinematography wird von fünf Darsteller*innen aus den nominierten Filmen präsentiert: Es gewinnt nun auch mal The Brutalist. Oh, da freut sich jemand ganz besonders, Lol Crawley. Er liest von einem vielfach gefalteten Blatt ab.

Penelope Cruz (yay!) für International Feature Film, es gewinnt I’m Still Here, wahrscheinlich nicht nur für mich eine Überraschung, erster Oscar-Gewinn für Brasilien.

Mark Hamill kommt zum Star-Wars-Theme auf die Bühne, er präsentiert Music (Original Score): The Brutalist von Daniel Blumberg. Aww, ein ganz schüchterner, er dankt vor allem den Musiker*innen, schön. Hm, der Film wird immer interessanter.

Oprah Winfrey und Woopi Goldberg zusammen – und Woopi ist die mit dem großen Kleid, Überraschung! Sie kündigen eine Homage an Quincey Jones an: Es singt Queen Latifah.

Cillian Murphy verkündet Actor in a Leading Role: Adrien Brody! Ich hätte die Auszeichnung Ralph Fiennes sehr gegönnt. Diesmal ist Brody beherrschter als damals bei seinem ersten Oscar (das war 2003, ich tue mir jetzt doch die beiden Pro7-Moderatoren in den Werbepausen an, sie erwähnen unter anderem solche Details), er hält eine philosophische Rede über das Schauspielen. Er bekommt viel Zeit für viel Dank, an alle und jeden, jetzt sind wir gleich beim Großonkel, “and who else?” – jetzt spielen Sie ihn aber endlich von der Bühne. Nein, er fängt nochmal an, und zwar von vorne, jetzt nochmal philosophisch. Ich bin müde.

Quentin Tarantino kommt zu tosendem Applaus auf die Bühne. Oscar für Directing: Anora, der dritte heute Abend für Sean Baker. Gedankt hat er ja schon, jetzt liest er was vor: Er macht Werbung fürs Kinogehen. “Filmmakers: Keep making films for the big screen!”

In Los Angeles ist es halb acht (die Kamera kam hinter der Bühne an einer Uhr vorbei): Mit diesen Zeiten kommen die Leute ja zum Abendessen wieder heim!

Emma Stone präsentiert Actress in a Leading Role: Nochmal Anora, es gewinnt Mikey Madison. Sie liest von einem vorbereiteten Zettel – eine lange Reihe Namen, die konnte man sich wirklich nicht merken. Auch hier Dank an die sexworker community. Demi Moore nur mühsam beherrscht nicht zu enttäuscht.

Meg Ryan und Billy Christal präsentieren Best Picture! Wie wundervoll, sie beide zu sehen! (Er ist ja einen halben Kopf kleiner als Meg.) Mittlerweile sieht sie wieder erkennbar aus – bitte gebt ihr Rollen!
Anora gewinnt auch diesen fünften Oscar 2025. Diesmal aber mit mehr als einer Person auf der Bühne. Produzent plädiert für mehr Independent-Filme, seiner sei der Beweis, dass es sich lohne.

Bis zum Ende eher lahm. Jetzt aber nochmal ins Bett (zu original Vogelgezwitscher), ich gucke später nochmal nach Tippies.

die Kaltmamsell