Archiv für September 2003

Patent aufs Ausschalten

Donnerstag, 25. September 2003

Unter den Europäischen Software-Patenten gibt es viel Neues aus Schilda. Zum Beispiel:
“Um ein Intranet besser gegen Eindringversuche zu wappnen, wird der Schutzwallrechner (firewall) abwechselnd mal von der einen und dann von der anderen Seite physisch abgetrennt. Die Patentinhaberin behauptet, hierdurch werde ein wesentlicher Fortschritt in der Netzwerksicherheit erzielt. Tatsache ist, dass jeder, der diese naheliegende Funktionalität wirklich zum Funktionieren bringen möchte, bei Fraunhofer um Erlaubnis bitten muss.”

(Dank für den Tipp an Andreas H.!)

Die deutsche Jugend entdeckt die Sprache

Mittwoch, 24. September 2003

– „Du hast meine Schultasche rüde angefasst.“
– „Rüde?“
– „Rüde.“
– „’Rüde’ ist cool.“

Hormone

Dienstag, 23. September 2003

Das hier gehört eindeutig zu den merkwürdigsten Liebeserklärungen, die ich je gelesen habe.

Mysterium Oktoberfest

Montag, 22. September 2003

Das mit dem Oktoberfest werde ich meiner Lebtag nicht kapieren. Dieselben coolen Münchner, die beim Stichwort „Fasching“ Ausschlag bekommen, kostümieren sich jedes Jahr in Lederhose und Dirndlartigem, um sich auf die Theresienwiese zu stürzen, wenn sie für drei Wochen das Bierzentrum der Welt ist.

Dort ringen sie um einen Sitzplatz in einem der zahlreichen und allesamt überfüllten Bierzelte und betrinken sich. Auf dem Weg zur nahen Alkoholvergiftung sind diese Menschen bereit, Musik zu ertragen, gegen die sie sonst Umwege einschlagen, wenn sie ihnen auch nur aus Autos entgegen schallt. Und dann ertragen sie diese Musik nicht nur, sie tanzen auch noch dazu! Steigen auf ihre Bänke, bewegen sich rhythmisch, singen mit! Das allerallerallerseltsamste: Niemand scheint das seltsam zu finden!

Am häufigsten höre ich begeisterte Oktoberfest-Geschichten allerdings von Besuchern von außerhalb. Spanier, Engländer, Dänen, Kaiserslauterer berichten alles das gleiche, fast bis in den Wortlaut. Wie sie von ihren Münchner Geschäftspartnern auf das Oktoberfest eingeladen wurden, viel Bier tranken, australischen Touristen beim alkoholisierten Entgleisen zusahen, wie dann ihr eigener Banknachbar ebenso entgleiste, wie sie es fast nicht mehr bis aufs überfüllte Klo und später zurück ins Hotel geschafft hätten, wie am Morgen zwei Drittel der Kollegen nicht zum Frühstück erschienen. Beim Erzählen haben sie alle dieses Leuchten wirklicher Begeisterung in den Augen, lachen sich noch bei der Erinnerung schier scheckig. Ich habe den berechtigten Verdacht, dass sich so manches ausländische Unternehmen nur deshalb einen Geschäftspartner in München sucht, um aufs Oktoberfest eingeladen zu werden. Oder wie ist es sonst zu erklären, dass ich noch nie erlebt habe, dass eine Einladung zu einem Oktoberfest-Event im Ausland abgelehnt worden wäre?!

Allein schon die enthusiastischen Beschreibungen der Alkoholisierung auf dem Oktoberfest… Ben Elton, britischer stand-up Comedian, hat das in einer seiner frühen Shows schön zusammengefasst: “I couldn’t walk!!! I couldn’t talk!!!!
I couldn’t remember me own name!!!!” Elton empfiehlt darauf hin: “Well, next time throw yourself in front of a bus: same effect, and it lasts FOREVER!!!”

Ich gestehe, dass mein Eindruck davon beeinflusst ist, dass ich direkt in der Einflugschneise zum Oktoberfest wohne. Dadurch komme ich zwar bei entsprechender Windrichtung in den Genuss aller Wohlgerüche des Oktoberfests, also Zuckerwatte, gebrannte Mandeln, Bratwurst, Steckerlfisch. Aber ich sehe halt auch die Oktoberfest-Besucher in Scharen vorbeiziehen. Auf dem Hinweg ein netter Anblick, auf ihrem Heimweg eher gewöhnungsbedürftig. Gerade wenn sie, wie vergangenes Jahr, ihre gute Laune an meinem Auto auslassen. Das hieß konkret: ein zertretener Scheinwerfer, zwei zerstochene Reifen.
Wir haben sehr gelacht.

Neu auf der Blogroll

Sonntag, 21. September 2003

Während ich halt nur Wörter kann, können andere Leute Kunst. Zum Beispiel Flaccus, der ein elektronisches Skizzenbuch veröffentlicht. Weil er darauf postet, was ihm durch sein Künstlerhirn geht, steht das ab heute unter meinen hoch geschätzten Blogs. Auch wenn es streng technisch genommen kein Blog ist.

Provinz München

Sonntag, 21. September 2003

Ein ganz normaler Donnerstag im September. Auf der Rolltreppe eines Münchner Kaufhauses unterhalten sich zwei Frauen Mitte 40 von der eher hausbackenen Sorte. Im Gespräch greift die blondere der beiden in ihre Handtasche und zieht eine kleine runde Dose heraus. Ohne hinzuschauen streut sie sich etwas vom Inhalt des Döschens auf die Daumenseite des Handrückens. Das wiederum führt sie zur Nase und schnauft es ruckartig ein: Schnupftabak, hierzulande „Schmalzler“ genannt.

Wegen solcher Erlebnisse liebe ich München. All die Erscheinungen, die viele Bewohner dieser Stadt regelmässig zu gehässigen Ausfällen bewegen, gehören für mich genau zu den Dingen, die meine Liebe nur verstärken.

Allein schon mal die elitären und schicken Zirkel. Ich habe ja den Verdacht, dass nur diejenigen über Schicki-Mickis schimpfen, die dazu gehören oder gehörten. Leute wie ich erkennen die einfach nicht: Es kam schon oft genug vor, dass ich Kolleginnen von Restaurant-Entdeckungen vorschwärmte – nur um mich abkanzeln zu lassen „Ach neee, da sitzen doch nur so Schickis rum!“. Ich hatte nur gut gekleidete und wohlerzogene Gäste um mich herum wahrgenommen.

Und wenn Leute wie ich die Schickis erkennen, freue ich mich eher daran. Zum Beispiel an dem Paar in der Feinkost-Abteilung des Kaufhofs am Marienplatz. Er in feinstem Tuch und mit Seidekrawatte, handgenähte Schuhe, regelmäßig geschnittene Haare. Sie zierlich am Rande der Anorexie, streng hochgestecktes Blondhaar, im Edelkostümchen (ich tippe auf Escada), passende Prada-Slingpumps, darauf abgestimmtes Täschchen, dezenter Goldschmuck. Und genau dieses Paar lieferte sich zwischen dem Regal mit Olivenölen und der Fischtheke eine Beziehungsschlacht. Leider konnte ich nicht mithören, was der Streitpunkt war, denn das Paar war wohlerzogen genug sich nicht anzubrüllen, sondern auf schneidenden Flüsterton zu schalten. Aber Körpersprache und Blicke ließen keinen Zweifel daran, dass früher oder später einer von beiden erzürntest den Laden verlassen würde. Welch Schauspiel!

Ich genieße den Anblick aufgestylter Menschen um mich herum. Auch frühmorgens um 8.30 Uhr in der U-Bahn (in München beginnen Bürozeiten im Durchschnitt eine Stunde nach denen in Düsseldorf) ist jede sorgsam hergerichtet – nicht immer mit Erfolg, aber ich sehe, dass Überlegung hinter der Abstimmung von Ohrringen und Haarklammer steht.

Das Nachtleben Münchens kenne ich nur aus Erzählungen – als Queen of Uncool gehe ich eigentlich nur aus, um mich in angenehmer Umgebung mit Menschen zu unterhalten, die ich schon kenne. Aber ich bin Expertin im Frühstücksleben Münchens! Und genieße es, dass ich Sonntags bis spät in den Abend kreative Frühstückskarten vorgesetzt bekomme, dass ich auch um 14 Uhr noch einen Tisch reservieren muss, wenn ich mit mehr als zwei Personen in einem Café aufkreuze. Bis in den Nachmittag sitze ich dann zwischen schönen Menschen in schicker Kleidung, Familien und Studienanfängern.

Die häufigste Klage über München lautet, hier herrsche Provinz. Ach? Da bin ich nun wirklich eine Koryphäe: Ich bin in der Provinz geboren und aufgewachsen, habe in einer weiteren Provinz meine Ausbildung gemacht, in einer dritten Provinz ging ich zur Uni, jetzt habe ich einen Arbeitsplatz in einer weiteren Provinz. Wenn das hier in München Provinz ist, dann ist es eben meine Lieblingsprovinz.

Können wir uns darauf einigen?

Weblog-Umzug

Sonntag, 21. September 2003

Mein Blog-Heinzelmännchen springt aufgeregt zwischen unseren beiden Rechnern hin und her, er vollendet die letzten Schritte im Umzug der Vorspeisenplatte. Ich bin ihm dankbar und schwer beeindruckt, auch wenn er im Bademantel nicht ganz die kompetente Ausstrahlung hat, die ich von einem professionellen IT-Gott gewohnt bin.

Ab jetzt gibt es hier eine Kommentar-Funktion, zudem sind die Rezepte übersichtlicher gestaltet.

Die alten Einträge sind links unter „Speisen (die Anfänge)“ verstaut.

Eine direkte E-Mail an mich ist weiterhin durch Anklicken des Autorennamens „die Kaltmamsell“ möglich.