Mini-Bloggertreffen, unilateral

Donnerstag, 10. März 2005 um 10:29

Gestern war ich auf der Lesung von Else Buschheuer im Münchner Literaturhaus. Sie sah ein wenig müde aus, wirkte aber entspannt, aufmerksam, freundlich. Frau Buschheuer las aus ihrem neuen Roman Venus, den ich nicht kannte und dessen Kauf ich davon abhängig machte, ob mir das Vorgelesene gefallen würde. Tat es, unter anderem weil Frau Buschheuer darin sehr schöne Sachen mit der auktorialen Erzählperspektive macht. Auffallend und überraschend: Sie las zunächst strikt gegen den Text, also genau anders als man mir in der Schule „gutes“ Vorlesen beigebracht hatte. Mit diesem Trick schaffte sie es, die ganze Aufmerksamkeit auf die Wörter zu lenken, weg von sich als Vorleserin.
Und sie hat ein wunderschönes Profil.

Ich bin ja immer noch ein wenig verdutzt, dass jemand, den ich vor über einem Jahr als New-York-Bloggerin lesen gelernt hatte, sich als öffentliche Person herausstellte. Mangels Fernsehbildung oder Interesse an deutschsprachiger Literatur sagte mir der Name Else Buschheuer nichts; erst nach und nach erschloss sich mir ihr Hintergrund – wie das beim Bloglesen halt so ist.

Masserberg habe ich gelesen, hat mir gefallen. Doch weder dieser Roman noch das Bild, das ich mir von Frau Buschheuer durch ihr Blog machte, wollte zu den Attributen passen, mit denen die Presse jetzt ihre Lesereise ankündigt: „Enfant terrible“? „Skandalautorin“? Viel interessanter fand ich gestern die Gelegenheit, Elses „einziges Paar Schuhe“ zu sehen und linste forschend unter den Tisch. Ergebnis: robuste braune Damenstiefel.

die Kaltmamsell

3 Kommentare zu „Mini-Bloggertreffen, unilateral“

  1. blue sky meint:

    Siehe auch den Fotobericht von Frau Lichtblick.

  2. Tanja meint:

    Ich kannte Else Buschheuer vor dem Weblog, sie war von Anfang an bei “kult” dabei, einer mit Werbung vollbepackten Gratis-Zeitschrift, in der Foto- und Schreibmenschen die Welt erklären und wirklich ein wenig Avantgarde hervorbringen. Vor allem aus der In-der-DDR-zur-Schule-gegangen-Community, die sich irgendwie in Zürich und Umgebung zu finden scheint.

    Ich schätzte Elses Schlagfertigkeit überaus, sie ist eine Art Prä-Bloggerin. Die Qualität kommt bei ihr (Venus habe ich noch nicht gelesen) aber vom Brechen der Lanzen und vom Experimentieren mit der Alltagssprache. Aufbau und Aussagekraft fehlen mir aber, die Literatur, die bleibt mir nicht.

    Manchmal denke ich auch, dass einfach zu wenig Lektorat drin steckt. Früher – als alles noch besser war, jaja – wurden ja Autorinnen und Autoren oft gelobt für das, was das Lektorat vollbracht hatte.

    Ich selber kann nicht recht sagen, ob Else den Bogen wirklich zu spannen vermag über einer ganzen Geschichte. Bei mir kommt sie eher fransig an, und im Bloggersinne ist das durchaus positiv.

    Ich wünschte mir aber, die deutschsprachigen Weiber würden endlich den Walsers, Grasses und Muschgs ganz richtig Terrain abjagen. Vielleicht haben sie einfach keine Lust.

  3. Christian meint:

    wir hatten mutig einem Freund die Lesung in Köln zum geburtstag geschenkt – also die Karte, nicht die Lesung – einem Freund, der Else gar nicht kannte.
    Je mehr wir ihm beim vorher-Essen-Gehen erzählten (Wetterfee, New York, Tagebuch, Trommeln, Ruf mich an!, Cookies, Mutter Theresa…) desto skeptischer schaute er.
    Dann: Je mehr sie sagte, desto begeisterter war er.
    Glück gehabt. Und selber auch viel Spass gehabt…
    Und auch ein komisches Publikum

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