Dankesschreiben an den Feminismus

Montag, 22. September 2008 um 9:52

Oh ja, auch da hat Courtney Recht: Es gibt mindestens zehn Dinge, für die dem Feminismus herzlich zu danken ist.

1. Ich habe ein eigenes Konto, über das ich verfügen kann, ohne meinen Ehemann zu fragen.

2. Ich darf nächsten Sonntag wählen.

3. Frauenhäuser.

4. Ich darf selbst entscheiden, ob ich ein Kind will.

5. Ich durfte eine höhere Schule besuchen und studieren, was ich wollte.

6. Ich muss niemanden um Erlaubnis bitten, wenn ich allein das Haus verlasse.

7. Ich kann mich scheiden lassen, ohne fortan als Freiwild zu gelten.

8. Ich habe eine Kollegin, die zehn Jahre lang als Schiffsmechanikerin zur See gefahren ist.

9. Mein Bruder hat daheim gelernt zu bügeln und zu putzen.

10. Mein Vater hat mir zum Auszug von zu Hause einen bestens bestückten Werkzeugkasten geschenkt.

Meine Damen, meine Herren: Wollen Sie mitdanken?

die Kaltmamsell

21 Kommentare zu „Dankesschreiben an den Feminismus“

  1. creezy meint:

    4. Ich darf selbst entscheiden, ob ich ein Kind will.

    Komisch nur, dass Du nicht alleine entscheiden darfst, ob Du ein Kind nicht willst.

    Ich weiß nicht, ich habe momentan das Gefühl, dass nach drei Jahren Bundeskanzlerin gelebte Emanzipation in Deutschland so etwas von runtergerockt wurde und am Boden liegt, wie in einer 1a durchgeführten Missionarstellung von 1955.

  2. Petra meint:

    Mein Bruder hat mir vor Jahren gezeigt, wie man mit einer Bohrmaschine umgeht.

  3. walküre meint:

    Ja, gerne. Ich bin dafür dankbar, dass ich als Frau einen Beruf ausüben kann, ohne die Genehmigung meines Ehemannes dazu einholen zu müssen bzw. ohne, dass dieser die Möglichkeit hat, hinter meinem Rücken und ohne meine Zustimmung für mich zu kündigen. Ich sehe jetzt einige Fragezeichen auftauchen – zu Erklärung sei gesagt: In Österreich war dieses Szenario noch bis in die 70er-Jahre hinein aktuell.

  4. die Kaltmamsell meint:

    Nicht nur in Österreich, walküre:
    “Vielfach vergessen wird heute, dass auch in der Bundesrepublik Deutschland bis 1977 Frauen ihre Ehemänner um Erlaubnis fragen mussten – zumindest theoretisch laut BGB –, wenn sie einer beruflichen Tätigkeit nachgehen wollten. Bis 1958 konnte ein Ehemann das Dienstverhältnis seiner Frau fristlos kündigen. (…) Erst seit 1977 gibt es keine gesetzlich vorgeschriebene Aufgabenteilung mehr in der Ehe.”
    http://de.wikipedia.org/wiki/Frauenrechte

  5. Tanja meint:

    Ich finde 4. wohl die grösste Errungenschaft, ich glaube, den Eisprung im Griff zu haben war der Ursprung von vielem. Ich bin auch noch dankbar für:

    – Weibliche Form in der Sprache
    – Sexuelle Freiheit(en)
    – Wenn auch kaum Quoten so wenigstens Alibifrauen in Kommissionen und Architekturwettbewerben…
    – Frauen-Netzwerke im Beruf
    – Frauen-Netzwerke in der Politik
    – Dass wir es uns zwischendurch leisten können, undankbar zu sein

  6. Barbara meint:

    Die meisten der obengenannten Dinge stehen auch auf meiner Liste (zehn Punkte reichen sowieso nicht). Ganz oben allerdings dies:
    Ich kann so leben, wie ich es tue, unverheiratet, kinderlos und finanziell unabhängig, mit den Menschen, die ich liebe, ohne die, die ich nicht liebe. Sicherlich ist das weder jedermann noch jederfrau sympathisch, aber es steinigt mich auch niemand, es fällt nicht einmal besonders auf.
    @Petra: Eine eigene Bohrmaschine zu kaufen war mir ein ganz besonderes Vergnügen.

  7. Henning meint:

    Tanja, bist Du dankbar für Sätze wie “Bei der Bewertung der Bachelorarbeit mit einer schlechteren Note als 4,0 durch die die Bachelorarbeit betreuende Hochschullehrerin oder den betreuenden Hochschullehrer, muss die Arbeit von einer zweiten Prüferin oder einem zweiten Prüfer, die oder der von der oder dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses bestellt wird, bewertet werden.”?

  8. Sebastian meint:

    Zu 9: Vom Vater?

  9. croco meint:

    -Ich darf Hosen tragen.
    -Ich durfte den Binnenschifferschein machen.
    -Ich hab ne Kanzlerin

  10. Remington meint:

    Komisch, dass sich keine hier bedankt, dass sie zur Armee darf…während der Freund muss…

    Dass es einen Frauengesundheitsbericht gibt…während er für Männer überflüssig scheint, obwohl die eher sterben…

    Dass Frauen ihre Kinder schlachten dürfen, ohne länger ins Gefängnis zu müssen als ein Mann für geringe Delikte…

    Dass eine Geschiedene dem Ex die Kinder entziehen kann, ohne Konsequenzen zu fürchten…

    Dass Frauen in Film, Fernsehen und vor allem in der Werbung auf Kerlen herumtrampeln können, während umgekehrte Veröffentlichungen einen Sturm der weiblichen Entrüstung verursachen würden…

    Dass es zum Glück immer noch keine Männer als “Gleichstellungsbeauftragte” gibt…

    Und ärgert es eigentlich keine Frau, dass so viele Jahre der Frauenförderung offenbar keine hinreichenden Ergebnisse zeitigten, denn gefördert wird ja nach wie vor und nicht wenig.

  11. Tanja meint:

    Henning, ich bin dankbar, dass mein Sohn weiss, dass es Ärztinnen, Architektinnen und Tierwärterinnen (eines seiner ersten Wörter, welches er heute als Teenager immer noch verwendet) gibt. Sprache schafft Wirklichkeit, auch wenn ich nicht abstreite, dass es ein holperiger Prozess ist.

    1989 konnte der Bundesrat über die Planung der sog. Diamant-Feier (50 Jahre Mobilmachung) an der Pressekonferenz so informieren: “Wir brauchen grosse Plätze, denn wenn alle die vielen Menschen kommen und dann womöglich noch ihre Frauen und Kinder mitbringen…” (O-Ton Bundesrat Villiger). Dass das heute nicht mehr unkommentiert bliebe, ja, sich wenigstens einige lustig machten darüber, dafür bin ich dankbar.

  12. KochSchlampe meint:

    Ich bin dankbar, dass ich alleine meine Beschäftigungsverhältnisse regeln und entscheiden kann. Mein Goßvater hat noch meiner Großmutter das Arbeiten außer Haus verboten. Und gleichzeitig seine Töchter darauf gedrängt, einen ordentlichen Beruf zu lernen, damit sie nie ausschließlich von ihren Ehemännern abhängig werden.

    Ich bin dankbar, dass es alleinerziehende Väter gibt.

    Und Väter, die die Elternzeit gerne nutzen.

    Ich finde es gut, dass inzwischen Männer den Nachnamen ihrer Gattin annehmen oder auch jeder seinen Namen behält. Namen sind wichtig.

  13. Hande meint:

    Ich verstehe, dass es für einige wichtig ist, dass es das Wort “Ärztin” gibt, aber… In der ersten Sprache, die ich gelernt habe (ich kann es nicht Muttersprache nennen) gibt es dieses Unterschied nicht. Z.B. Arzt bedeutet der Mensch, der diese Tätigkeit ausübt und hat weder männliche noch weibliche Form (überhaupt gibt es keine männliche und/oder weibliche Formen in dieser Sprache, ausser Anreden) und ich finde, dass es nicht nur das Leben leichter macht (siehe Hennings Beispiel Satz), sondern auch die Frage gar nicht in den Sinn kommt, ob es jetzt ein Mann oder eine Frau ist. Es kann beides sein, und basta. Für mich als quasi vom Rand-Blickender macht dieses Pochen auf den weiblichen Form es überhaupt erst zu einem Problem. Genauso wie das Pochen auf eine Quote usw. Bin als Frau wahrscheinlich ziemlich alleine mit dieser Meinung.

  14. die Kaltmamsell meint:

    Ein tatsächlich interessantes Thema: männnliche und weibliche Bezeichnungen. Englischsprachler waren da bislang fein raus (oder können damit spielen: Es gibt einen Krimi von Minette Walters, dessen ersten 50 Seiten davon leben, dass das Geschlecht eines/r “lawyer” offen bleibt) – US-Amerikaner müssen sich durch das verstärkte Eindringen von Spanisch allerdings immer mehr damit auseinander setzen. Spannend mitzuverfolgen.

  15. tx meint:

    Ganz frei ist das Englische auch nicht von solch geschlechtsspezifischen Berufsbezeichnungen (z.B. “actor” – “actress” u.a.).
    Lustig finde ich persönlich auch so Wortschöpfungen wie “die Beamtin”, wobei doch “die Beamte” schon völlig ausgereicht hätte (= “die/der Beamtete”) – und in vielen Bereichen hilfreich solche Gerundien wie z.B. “die/der Studierende” statt “Studentin””Student”.
    (Allerdings klingt es in vielen Bereichen auch gewollt bzw. blöd: “die/der Singende”???)
    Anderes Problem: ist die Ableitung auf “-in” in jedem Falle vorzuziehen – oder im Zweifelsfall eher abzulehnen? Also: “Friseurin” oder “Friseuse”? “Kaufmännin” oder “Kauffrau”?
    Und was ist mit “klassisch weiblichen” Berufen, die neuerdings auch von Männern ausgeübt werden? Ableitung auf “-erich” (wie bei “Ente” – “Enterich”)? Also “(Kranken-)Schwester” – “Schwesterich”? “Hebamme” – “Hebammerich”? Oder dann doch ganz neue Berufsbezeichnungen: “KrankenpflegerIn”, “GeburtshelferIn”?
    Ein heikles Thema, ein weites Feld…

  16. walküre meint:

    Krankenbruder.

  17. Tine meint:

    Oder die männlichen/weiblichen Bezeichnungen die nicht das Gleiche bedeuten. Ein Zimmermann ist nicht das gleiche wie eine Zimmerfrau oder ein Zimmermädchen…

  18. die Kaltmamsell meint:

    Ach, wenn’s nach mir ginge, wäre das ideale System bereits gefunden:
    Wenn die neue Abteilungsleite ihre Pressespreche anruft
    Aber im Großen und Ganzen geht’s halt nicht nach mir.

  19. Daniela meint:

    Dass ich meist doch selbstverständlich unter vielen Männern in einer Führungsposition arbeiten kann, in einer Branche, wo das selten ist. Nicht immer schaffe ich es, darüber gar nicht nachzudenken. Nicht immer schafft es meine Umwelt, das selbverständlich und unkommentiert zu sehen. Aber manchmal – bin ich einfach nur ich und mache meinen Job und bin zufällig auch ne Frau, und letzteres bleibt unkommentiert (positiv und negativ), und das ist toll.

  20. karamba meint:

    liebe/r remington
    kindesentziehung ist strafbar fuer alle beteiligten und wird in jeglichen faellen ernsthaft verfolgt, ich kenne einige beispiele wo die mutter die kinder entzog und es dann zur rueckfuehrung und strafverfahren kam, ich habe noch mehr verfahren erlebt in denen frauen mit kindern fluechten weil es zu gewalttaten von seiten des mannes kam

    die frauenförderung ist immer noch wichtig, da die besetzung in gewissen bereichen leider immer noch erheblich männerlastig ist und frauen bei der bewerbung kaum eine chance hätten (z.b. professorinnen an der uni, ärztinnen, in der wirtschaft etc.)

    ach und es gibt im strafrecht gerade auch die missliche situation dass der mann der seine frau erschlägt (weil er kraft hat) “nur” totschlag begeht oder vielleicht auch nur körperverletzung mit todesfolge, die frau aber die ihn einfach nicht erschlagen kann (nicht genug kraft) nimmt hilfsmittel was zu einem anderen delikt zB mord mit viel höherer straferwartung (lebenslänglich) führt

    wofür ich dem feminismus danke? das er derartige strukturen aufzeigte und in frage stellt

  21. Michael meint:

    @karamba
    > wofür ich dem feminismus danke? das er derartige strukturen aufzeigte und in frage stellt

    Genau. Und genau deshalb hat es Remington auf den Punkt gebracht.

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