Archiv für November 2004

Berufsperspektiven

Dienstag, 30. November 2004

Von Wolf Schneider gelobt worden.

Sollte die Textchefin des SZ-Magazins, Susanne Schneider, mal Lust auf was anderes haben, übernehme ich ihren Posten gerne. Ich würde sogar Abstriche beim Gehalt hinnehmen.

Der Wolf Schneider hört sich übrigens an wie Dieter Hildebrandt ohne „Äh“.

Yes, Minister in Berlin?

Montag, 29. November 2004

Erst stubst mich IT&W auf das Blog eines Bundestagsabgeordneten. Kommt mir seltsam vor, das ist doch ein Fake. Schaun wir also mal nach, ob es diesen Mierscheid überhaupt im Bundestag gibt. Ja, gibt es – und damit wohl den großartigsten elaborate joke seit der Steinlaus im Pschyrembel!

1. Advent 2004

Montag, 29. November 2004

– Der Münchener Christkindlsmarkt bietet heuer „Katzenweihnacht“.

– Die Fresspalette wird immer bunter, dieses Jahr wird sogar Flammkuchen zur Weihnachtsspezialität erklärt. Ich wiederum habe als Marktlücke Weihnachtssushi entdeckt. Mag vielleicht nächstes Jahr jemand? Sushi rot-grün?

– Ich habe zwischen den Christkindlsmarkt-Buden mehr Schwäbisch und Sächsisch gehört als Anfang November in Berlin Mitte. Gruslig.

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Wie von Muttern

Sonntag, 28. November 2004

Plätzchenbacken, das hat mir tatsächlich meine Mutter beigebracht. Ich bin mal im Geiste durchgegangen, welche Fertigkeiten, welches Wissen ich von meiner Familie gelernt habe. Und wurde sehr traurig, wie wenig das ist. Mir fiel die Kommilitonin ein, die ich immer beneidete, weil sie Kräuter und Pflanzen auf der Wiese vor der Uni-Mensa benennen konnte, sogar die Fische in den Teichen des Campus. Das wusste sie alles von ihrem Apotheker-Opa.

Aber als ich gestern Dukatenplätzchen backte (die Blockade scheint überwunden), wurde mir klar, dass ich nicht nur dieses Rezept, sondern auch die meisten Kniffe des Plätzchenbackens von meiner Mutter habe.

Sonst war sie viel zu ungeduldig und aufbrausend, als dass sie mir etwas beigebracht hätte. Jedes Mithelfen in der Küche endete in Streit und meinem bockigen Rückzug, weil ich ihr die Zwiebeln nicht schnell genug oder in beleidigender Weise umständlich schnitt. Die Nähkünste meiner Mutter waren schon deshalb als Lerninhalte nicht attraktiv, weil sie jede Arbeit an der Nähmaschine mit einem Strom bayerischer Flüche begleitete, unterbrochen nur vom Geschepper eines handgreiflichen Wutausbruchs, wenn die Nähmaschine sich ihrer Meinung nach mal wieder besonders renitent verhielt.

Na gut, ein wenig lernten mein Bruder und ich Putzen und Bügeln (z.B. dass eine Toilettenschüssel nicht nur ein Oben und Innen hat, sondern auch ein Außen und Drumherum / dass Bad- und Küchenarmaturen durch Nachbehandlung mit Essig glänzen (mache ich heute nie) / beim Saugen nicht die Ecken vergessen / beim Hemdenbügeln mit Kragen und Knopfleiste anfangen, dann Ärmel, dann den Rest – solche Sachen halt).

Aber im Advent gehörte zu Mutters in Stein gemeißelter Vorstellung einer richtigen Familie, dass mit den Kindern Plätzchen gebacken wurden. Das fiel in die Kategorie Freude (nicht Pflicht), vermutlich hatte meine Mutter deswegen genug Geduld. Sie zeigt mir, wie Mürbteig mit dem Handballen geknetet wird, wie man die Arbeitsfläche mit Mehl bestäubt, dass man das Nudelholz beim Ausrollen nicht zu fest ausfdrückt, dass man beim Verkneten von Teigresten meist ein wenig Butter untermischt, dass man die Schneidefläche der Plätzchenförmchen immer wieder im Ausroll-Mehl benetzt (außer beim Ausstechen von Zimtsternen, da stippt man das Förmchen in Puderzucker), dass man Spritzgebäck mit dem Fleischwolf macht und zum Nutzen des letzten Teigrestes darin einen Brotkanten nachschiebt. Zudem habe ich von meiner Mutter das Rezept für die idealen Vanillekipferl, für Schokoladenbrot, für Walnusskringel.

(Andererseits war für meine Mutter auch das Plätzchenbacken ein Konkurrenzkampf. Nach jedem der zahlreichen Adventskaffeekränzchen lästerte sie ausgiebig über die Freundinnen, die ihrem Urteil nach zu große / zu mehlige / zu lange gebackene / zu wenige Sorten serviert hatten.)

Da ich im Gegensatz zu meiner Mutter mit wissenschaftlichem Forscherdrang auf die Welt gekommen bin, führte meine Freude am Backen schnell zu ausgiebigen Recherchen. Ich sog jeden Tipp in Frauenzeitschriften oder in Backbüchern auf, probierte, analysierte, tauschte mich mit Freundinnen und Freunden aus. Bereits im Alter von 15 hatte ich die Weihnachtsbäckerei komplett an mich gerissen. Ich sorgte für die Anschaffung eines Backbretts, eines Mehlsiebs, verschiedener Teigräder, für den Tausch von „schokoladenhaltiger Fettglasur“ gegen echte Kuvertüre. Meine Mutter räumte anerkennend das Feld und ruft mich noch heute Rat suchend an, wenn sie am Backen ist.

Heute ist meine Mutter übrigens ganz anders, viel lässiger und gelassener. Nur damit sich niemand fürchtet, wenn er zufällig mal vor Mutter Kaltmamsell steht.

Firefox-Fragen

Samstag, 27. November 2004

Alles was nicht MS ist, ist gut, so viel habe ich verstanden. Davon wiederum am besten ist derzeit Firefox, auch kapiert.

Ich gehöre zu den reinen Benutzern von Computer-Anwendungen und habe keinerlei Interesse am Schrauben, Basteln, Einstellen – nennen wir diese meine User-Kategorie „dressierte Affen“. Und ich dressierte Äffin stelle fest, dass Firefox
– mir bei Bildern keinen Text anzeigt, den ich sonst im IE in einem neuen Kästchen neben dem Cursor gesehen habe, wenn die Mouse über dem Bild war (wie heißt das eigentlich?)
– manche Bilder gar nicht anzeigt, die ich im IE sehe (z.B. hier).

Wo liegt wohl der Fehler in meiner Dressur?

Dass ich in Firefox den Seiten beim pixelweisen Aufbauen zuschauen muss, stört mich nur aus ästhetischen Gründen, das ist Geschmackssache.

Sprache möglicherweise

Freitag, 26. November 2004

“Büke der Bäcker sein Brot mit mehr Gefühl, verdürbe es nicht so schnell”, sagt Henry. “Spönnest du weniger, so stürbe ich nicht gleich vor Lachen!”, entgegne ich. “Hübe jeder seinen Müll auf, gewönne die Stadt an Lebenswert”, kontert Henry. “Gnade!”, rufe ich, “das ist ja nicht mehr auszuhalten! Hübe heißt es ganz bestimmt nicht!” – “Das ist veraltet”, sagt Henry, “aber was alt ist, muss nicht gleich falsch sein. Kennte ich noch mehr alte Konjunktive, so würfe ich sie liebend gerne ins Gespräch ein!”

Im Spon: Der traurige Konjunktiv
via Haltungsturner

Als aufrechte Konjunktiv-Poserin fand ich meinen Meister während des Studiums, nämlich einen Kommilitonen, der sich mit steigendem Alkoholpegel immer mehr in Möglichkeiten artikulierte: „Wenn ich dich nun fragte, ob mir noch mehr Jack Daniels die Chancen bei dem kleinen rothaarigen Mädchen endgültig verdürbe – hieltest du es wider mich?“ Dieser Mann brachte mir auch Hüschs Hagenbuch nahe, dessen Fehlen in der Konjunktiv-Kolumne mich überrascht.

(Sehr schön auch die bayerischen Varianten, z.B. „wenn er käme“ auf Oberbayerisch „wanna kammert“.)

Gefühlspolizei

Freitag, 26. November 2004

Darf ich spüren, wie es mein Herz schier zerreißt, wenn ich Bilder der brennenden Anna-Amalia-Bibliothek sehe? Auch wenn es „doch nur Bücher“ sind, kein Mensch zu Schaden gekommen ist und es doch viel schlimmer ist, wenn zur gleichen Zeit in Bochum hunderte Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren?

Darf ich ganz traurig sein, weil der Mitbewohner aus Versehen die Pralinen gegessen hat, die ich von einem geschätzten Arbeitskollegen sehr nachträglich zum Geburtstag bekommen habe? Wo es doch nur Allerwelts-Supermarkt-Pralinen waren?

Darf ich immer noch weinen um einen Freund, den ich sehr geliebt habe, bloß weil er seit vielen Jahren in einer Welt und an einem Ort glücklich und zufrieden ist, mit denen ich überhaupt nichts zu tun habe? Auch wenn das alles eine ganz natürliche Entwicklung ist, er in meiner Welt sehr unglücklich war und wir uns auch ohne seine Emigration vermutlich auseinander gelebt hätten?

Und wie lange dauert es noch, bis mich diese Fragen nicht mehr würgen?