Archiv für Juni 2005

Kochlöffel

Freitag, 17. Juni 2005

aufgefangen von Zorra

1. Was fällt dir zu deinem ersten Koch- oder Backversuch ein?
Bereits der Kleinstkind-Kaltmamsell brachten meine Eltern bei, selbst Kakao zu machen: mit kalter Milch und No-Name-Kaba in einem dunkelroten Plastikbecher. Damit verhinderten sie erfolgreich, dass ich am Wochenende gleich nach dem Aufwachen ihr Schlafzimmer stürmte und nach Frühstück verlangte.
Nachtrag: Erst durch die Lektüre von typ.os Kocherei erinnere ich mich daran, dass ich als Kind einen Spielzeugherd hatte. Zwei Kochplatten, die richtig heiß wurden und auf denen ich mit meiner Schulfreundin Doris Brotkrumen in Butter röstete und Schokolade schmolz. Gummibärchen haben wir auch mal geschmolzen und waren vom Ergebnis sehr enttäuscht, denn in flüssigem Zustand war das heißer Zucker und damit zu heiß zum Essen, abgekühlt einfach eine harte Schicht auf dem Topfboden.

2. Wer hatte den größten Einfluss auf deinen Kochstil?
Meist die Gesamt-Atmosphäre, in der ich ein bestimmtes Gericht kennengelernt habe. Sehr viele Speisen bereite ich höchst unflexibel in einer ganz bestimmten Art und Weise zu – allerdings nicht, weil sie so am besten schmecken, sondern weil sie so und nicht anders GEHÖREN. Zum Beispiel englisches Trifle. Selbstverständlich ist das kulinarischer mit frischem Obst und selbstgemachter Eiercreme. Aber dann ist es nicht richtig. Das Trifle-Machen hat mir eine Engländerin aus der Arbeiterschicht beigebracht, also MUSS es mit Fruchtcocktail aus der Dose und Pudding aus Pulver hergestellt werden. Wenn vorhanden, streue ich sogar Zuckerperlen drüber, obwohl ich die gar nicht mag.
Ich fürchte, an dieser einen Stelle habe ich das Potenzial zur Zwanghaftigkeit.

3. Gibt es ein altes Foto als Beweis für frühes Interesse an der kulinarischen Welt? Traust du dich, es uns vorzustellen?
Nein, da gibt es nicht mal was zu verbergen. Zum einen ist die Anzahl meiner Kinderfotos recht übersichtlich (ein Fotoapparat gehörte in den frühen 70-ern nicht zur Standardausstattung jedes Haushalts), zum anderen wurde ich erst als Teenager richtig aktiv in der Küche (zunächst Kuchen und Torten).
Aber ich schau am Wochenende nochmal nach.
Nachtrag: Frühkindliches Kochen habe ich nicht gefunden, aber ein Essbild. In der Wohnung von Freunden meiner Eltern (diesen Einrichtungsstil hätte meine Mutter nur über ihre Leiche geduldet) beim Essen von Pommes Frites.

4. Leidest du an irgendeiner Art von kulinarischer Phobie? Gibt es ein Essen, dessen Zubereitung dich zum Schwitzen bringt?
– An Sachertorte bin ich oft gescheitert (viele Rezepte getestet. Ergebnis war entweder staubtrocken oder fiel nach dem Backen sulzig zusammen). Habe beschlossen, diese künftig nur noch in Konditoreien zu essen.
– Kurz gebratenes Fleisch kannte ich nur zäh und konnte gar nicht verstehen, was an Steaks so toll sein soll. Bis ich meinen heutigen Mitbewohner kennen lernte, der zarte und saftige Steaks zuzubereiten versteht. Seither habe ich nie wieder selbst gebraten.
– Ein Gang, zu dem verschiedene Speisen gehören, die alle gleichzeitig fertig sein sollen. Zum Beispiel klassisch Braten, Spätzle, Gemüse. Bereitet mir Höllenstress, deswegen gibt es bei mir tendenziell kalte Beilagen.

5. Welches technische Hilfsmittel in der Küche schätzt du am meisten und/oder was war der größte Reinfall?
Immer das richtige Messer (wobei „richtig“ sehr individuell ist und oft der Lehrmeinung zuwider läuft) – das schätze ich sehr.
Der größte Reinfall war ein elektrischer Zerhäcksler. Ich hatte noch die Zick-Zick-Zillis-Werbung meiner Kindheit vor Augen und dachte, dass ich mir damit das Zerkleinern von Zwiebeln erleichtern könnte. Doch die Stücke werden sehr ungleich groß, und das Schneidemesser bleibt oft stecken.

6. Nenne einige seltsame oder verrückte Essenszusammenstellungen, die du wirklich magst – und wahrscheinlich niemand sonst!
– In mein Chili con Carne kommen drei gehäufte Esslöffel Rohkakao-Pulver – aber es hat sich noch kein Esser darüber beschwert.
– Käsebrot mit Marmelade. Zwar kenne ich einige Leute, die das ebenfalls schätzen, doch bin ich dafür schon oft sehr scheel angeschaut worden.
– Honigmelone mit frisch gemahlenem Pfeffer. Habe ich bei Schwiegerelterns kennen gelernt, stehe also auch damit nicht allein.

6.(Warum gibt es die Nummer zweimal?) Auf welche drei Zutaten oder Gerichte kannst du einfach nicht verzichten?
Ich liebe frisches Brot (derzeitiger Liebling: Engadiner der Augsburger Bäckerei Wolf, das scheint ein Weizen-Sauerteigbrot zu sein, kommt im großen Laib, ist schwer und saftig, hält sich mehrere Tage). Und Schokolade (immer noch Favorit: Hachez). Auf Gemüse möchte ich ebenfalls nicht verzichten, eher noch auf Fleisch oder Obst.

7. Gibt es eine Frage, die du hier vermisst, die du gerne beantworten würdest? Wenn ja, füge sie einfach hinzu!
Welche Kochbücher nutzt du am häufigsten?
Schon immer Bayerisches Kochbuch und Delia Smiths Complete Cookery Course. Seit etwa einem Jahr sehr gerne alles von Jamie Oliver (lasst mich in Ruhe, ich kenne den Mann nicht, habe ihn noch nie im Fernsehen gesehen, was der mit seinem Leben macht, ist mir komplett einerlei – ich mag seine Kochbücher).

Und noch drei Fragen auf die Schnelle:
8. Dein Lieblingseis…

Eiskugeln: Schokolade ist eigentlich immer dabei. Daheim: Häagen-Dazs Strawberry Cheesecake oder Ben & Jerry Cherry Garcia.

9. Du wirst wahrscheinlich nie essen…
Heuschrecken.

10. Dein Spezialgericht…
Schweinkram: Eine orange-farbene, herzhafte Crème, die auf Brot oder zu Grillfleisch gegessen werden kann und der Star jedes Party-Buffets ist. Die eigentliche Besonderheit: Schweinkram (nein, es gibt keinen anderen Namen dafür) taucht nur auf diesem Buffet auf, wenn ich eingeladen bin, denn das Rezept ist ein Familiengeheimnis.

Ich lass den Kochlöffel einfach hier rumliegen: Aufheben kann ihn jeder, der möchte.

Kindheitsträume

Donnerstag, 16. Juni 2005

Sie waren schon länger nicht mehr in der Allee der Spackonauten? Heute wäre eine wunderbare Gelegenheit für einen Besuch:

In meiner Jugend hatte ich noch Träume. Ganz oben auf der Traumliste stand ein Besuch in der Bahlsen Probierstube. Dicht darauf folgte der Wunsch, mit meiner Schulklasse Kandidat bei 1, 2 oder 3 zu sein. Weiter unten stand der Wunsch, mal in den fahrenden Kisten bei Lemmy und die Schmöker mitzufahren.

Mode marginal (5)

Mittwoch, 15. Juni 2005

Warum sollten nur Zelebritäten öffentlich konstrunktives Feedback auf ihren Kleidungsstil bekommen?

Die USA sind demokratisch genug, auch anderen Bevölkerungsgruppen stilistisch unter die Arme zu greifen: Fashion Highs and Lows of the Westboro Baptist Church.
Don’t skip the comments.

(via Search for Love)

Eiliger Einkaufstipp: Aprikosen

Mittwoch, 15. Juni 2005

Erst gestern jammerte ich einer Bekannten vor, wie schwer es ist, gutes und aromatisches Obst zu bekommen. Mich könnte jeder Spitzenkoch glücklich machen, wenn er mir im edlen Restaurant als Nachspeise nicht ausgefeilt gefertigte Dessert-Kompositionen anböte, sondern eine wirklich leckere Birne, eine duftende, reife Melone, einen vor Saftigkeit nur mit Besteck essbaren Pfirsich.
Das hat weniger mit Bio oder nicht zu tun, sondern hauptsächlich mit dem Aussterben der aromatischen aber schlecht haltbaren oder transportablen Obstsorten. Und natürlich mit der Tatsache, dass die Konsumenten hierzulande alles möglichst billig haben wollen.

Deshalb kaufte ich gestern die französischen Aprikosen im Laden an der Ecke auch ohne große Erwartungen, zumal sie sich recht hart anfühlten. Doch eben stelle ich fest: Sie sind saftig! Sie sind süß! Sie schmecken volle Wucht nach Aprikose und Aprikosenbaum!

Sagt es also schnell weiter: In Augsburg, in der Frauentorstraße, in dem Wein- und Obstladen kurz vorm Fischertor links, da gibt es zumindest heute noch richtig gute Aprikosen!

Sonntagsbäckerei

Sonntag, 12. Juni 2005

Mal wieder Bagels gemacht und einige gleich mal ganz frisch mit Frischkäse und getrockneten, eingelegten Tomaten gegessen.

Bei dieser Gelegenheit die Herstellung fotografiert. Mein Bagel-Rezept ist jetzt illustriert.

Marketing in Zeiten knapper Budgets

Samstag, 11. Juni 2005

Ach komm, diese Agenturen sind doch alle nur auf Abzocke aus. Ein Pressetext für 600 Euro? Also, Entschuldigung, ich hatte AUCH Deutsch Leistungskurs, das mach ich dann lieber selber.
„Erstellung Presseverteiler“ 1000 Euro? Sehr komisch, so blöd müsste ich auch nur fünf Minuten sein. Frau Müller, die Adressen von den Zeitungen holen Sie einfach aus dem Internet. Die Leute da sind ja froh, wenn die mal was geliefert bekommen und nicht selber schreiben müssen, die werden das dann schon an den zuständigen Journalisten weiterleiten.
Marktstudie? Kundenzufriedenheit? Da kann ich ja nur lachen: Produkte, die Probleme lösen, die es ohne sie gar nicht gäbe, hohoho. Entschuldigung, aber ich bin nicht umsonst seit 20 Jahren im Geschäft: Ich werde ja wohl wissen, was sich in meinen Märkten tut und ob meine Kunden zufrieden sind.
Das ist nicht quantifizierbar? Kundenbefragung samt Auswertung 6000 Euro? Ich fall gleich vor Lachen vom Stuhl! Passen Sie mal auf, ich mach Ihnen vor, wie das viel billiger geht.

Genau. Genau so muss der Geschäftsführer drauf gekommen sein.
Und so schob mir gestern die freundliche Solariumsangestellte ein Blatt Papier über den Tresen entgegen: „Wir machen da grade eine Aktion zur Kundenzufriedenheit. Wenn Sie finden, dass Service und Sauberkeit bei uns o.k. sind, dann unterschreiben Sie auf dieser Liste.“ Weißes Blatt Papier, oben zwei Zeilen Text in Arial 10 Punkt, mittig:
„Hiermit erkläre ich, dass ich mit der Freundlichkeit des Personals und der Sauberkeit der Filiale zufrieden bin.“
Darunter etwa 15 Unterschriften in blauem Kuli, zweispaltig. Während ich noch hysterisch kichere, unterschreibe ich so unleserlich wie möglich.

Single-Auskopplung: The Hitchiker’s Guide to the Galaxy

Freitag, 10. Juni 2005

Ich hatte ja schon befürchtet, in Deutschland sei The Hitchiker’s Guide to the Galaxy ohne Aufheben sofort wieder aus den Kinos verschwunden – dabei war er einfach noch nicht angelaufen.

Das ursprüngliche BBC-Hörspiel kaufte ich mir 1992 als Kassetten-Kassette gegen Ende meines Studienjahres in Wales. Von meinem extrem mageren Lehrstuhl-Stipendium hätte ich mir das nie leisten können (ach ja, diese Woche, in der ich nur von Toast mit Margarine, Süßstoff und Tee lebte, weil der Scheck meiner Heimat-Uni sich verspätete…), aber der Job als Bedienung im Pub (da gibt’s auch noch mal die eine oder andere Geschichte) ermöglichte mir eine Spar-Strategie.
Und so bedeutete Sommer in Swansea für mich eine tägliche Wanderung an eine der entzückenden Buchten der Gower Peninsula, wo ich mich im Bikini auf den Strand setzte (es war ein durchwegs sonniger Sommer), Briefe schrieb und über Walkman andächtig eine Folge The Hitchiker’s Guide to the Galaxy hörte. Ahh, ich muss nur kurz daran denken, und schon habe ich die Titelmelodie im Ohr.

Im Reisebericht Brighton hatte ich schon kurz über den Film geschrieben, aber das findet ja keiner. Deswegen hier als Single-Auskopplung die Maxi-Version.

Mir war nicht so recht klar, an wen sich der Film richtet – an die eingefleischten Fans nicht, dafür nimmt er sich zu viel Freiheit; doch welcher Hitchhiker-Neuling würde da rein gehen? Das Genre ist nur für Leute interessant, die etwas mit Science Fiction im weitesten Sinn anfangen können. Und welcher Mensch, der etwas mit Science Fiction im weitesten Sinn anfangen kann, kennt die Hitchhiker-Geschichte nicht?

Ich habe mich gut unterhalten, freute mich allein schon daran, einige spektakuläre Settings und Passagen der Bücher / Hörspiele mal tatsächlich und aufwendig umgesetzt zu sehen. Zum Beispiel die Heart of Gold in vielen Einzelheiten. Ähnlich wie ich damals beim ersten Star-Trek-Kinofilm begeistert und ohne Langeweile erst mal 20 Minuten mit der Kamera um die USS Enterprise herumgefahren bin, hätte man mir gerne noch viel mehr Details der wahnwitzigen Ausstattung in der Heart of Gold zeigen können. Oder Earth II fast fertig gebaut. Dazu passte Bill Nighy so perfekt als Slartibartfast, als hätte Adams genau ihn beim Erfinden der Figur im Kopf gehabt.

Genau dieser ständige Aufpasser im Kopf („hätte Douglas Adams das so gewollt?“) kann zum spaßverderbenden Filter beim Filmgucken werden. Sollte es aber nicht. Zum Beispiel gibt es Belege, dass Adams sich Marvin ursprünglich und eigentlich genaus so kugelig wie im Film vorgestellt hat. Ist mir egal: Ein depressiver Android hat für mich gefälligst verhärmt auszusehen. (Alan Rickman als Marvins Stimme durfte mal wieder ausführlich näseln und nöhlen – hatte er ja schon in Galaxy Quest geübt.)

Auch Zaphod war mit Sam Rockwell genial besetzt. Jedesmal, wenn in seinem Zahnpasta-Lächeln mal wieder eine Jacket-Krone aufblitzte, war ich kurz vorm Juchzen. Die ekligen Vogonen hatten sich bei mir sofort als das Hässlichste, was das Universum zu bieten hat, festgesetzt: Als ich am Abend darauf The True History of the Tragic Life and Triumphant Death of Julia Pastrana, the Ugliest Woman in the World im Dunkeln sah, stellte ich mir die Dame sofort als Vogonin vor.

Plot? Welcher Plot? Brauchte es auch gar nicht: Der Film fand eine Möglichkeit, den Oberkörper von John Malkovich auftreten zu lassen, mit unzähligen winzigen Messingbeinen unten dran! Und Deep Thought schaut TV-Cartoons zum Zeitvertreib!