Archiv für November 2006

Nie wieder 20

Montag, 6. November 2006

Fotograf Martin Harms hat 1984 vom Menschen Potraits gemacht, die er 20 Jahre später nochmal fotografiert hat. Das Ergebnis fasziniert mich sehr.

Manche scheinen völlig andere Menschen geworden zu sein, einige waren mit 20 physisch eindeutig noch under construction, die wenigsten hätte man auf der Straße sofort wiedererkannt. Aber fast alle sind schöner geworden.

von Charming Quark

Nächstes Jahr werde ich 40; nehme mir hiermit vor, bis dahin möglichst viele Fotos von mir zu finden, die mich als 20-Jährige zeigen. Zu meinem Geburtstag am 22. August gibt’s dann auch hier eine Ausstellung zwanzig – vierzig. (Außer ich überleg’s mir anders.)

Die Hose mit den Ohren

Sonntag, 5. November 2006

Der Mitbewohner und ich, wir sind seit etwa 13 Jahren ein Paar. Daran ist besonders schön, dass ich ihn in vielerlei Hinsicht kenne und einschätzen kann. Daran ist aber auch schön, dass ich ihn in manch anderer Hinsicht nie verstehen werde, sondern nur liebevoll kopfschüttelnd damit lebe. Zum Beispiel wenn es darum geht, welche Kleidungsstücke er besonders an mir mag.

Abends und an den Wochenendmorgen vor dem Duschen trage ich, was ich aus historischen Gründen „Schlumpfklamotten“ nenne (weil man darin schön „rumschlumpfen“ kann, ein Ausdruck aus den 80ern) (oder?). Das ist Kleidung aus weichem, warmem Material, tendenziell mit Gummibund statt Knöpfen / Reißverschluss. Darin sieht der Mitbewohner mich gerne, wie er mir kürzlich eröffnete. Nun gut, meine Schlumpfklamotten sind ja durchaus edel genug, dass ich damit zum Briefkasten gehen kann und keine Begegnung mit Nachbarn oder der Postbotin fürchte.

Doch dann druckste er herum und meinte: „Aber am liebsten mochte ich immer die Hose mit den Ohren.“ Es stellte ich heraus, dass er so das Unterteil eines grünen Hausanzugs bezeichnete, den ich manchmal zu unserer Kennenlernzeit trug, der schon damals lediglich in Waschnotphasen als letzte Reserve zum Einsatz kam, der schon damals nicht mehr alle Knöpfe hatte, dafür ein paar geplatzte Nähte, dessen Gummis allesamt ausgeleiert waren. Und bei dem ich, weil er ja eher ein Lumpen war, nach dem Waschen die Hosentaschen nicht mehr einstülpte, sondern einfach nach außen hängen ließ. Wie Schlappohren, fand der Mitbewohner.

Ich konnte ihm sogar die Freude tun, das Teil aus dem hintersten Winkel meines Kleiderschranks hervorzuziehen und heute Morgen zu tragen. Aber seit diesem Bekenntnis frage ich mich schon, ob der Mitbewohner wohl weitere perverse Neigungen hat.

Foto angucken auf eigene Gefahr:
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Einkaufsglück

Samstag, 4. November 2006

Ich muss an der kurzen Fleischtheke schlangestehen und warten. Das ist mir ganz recht, so kann ich mir in Ruhe die Ware ansehen: Ein wenig Lamm, dicke Hühnerbrüste, viel schönes Rind. Der junge, kräftige Metzger trägt blonden Schnauzer und auf dem fast kahlen Kopf einen lustig ausrasierten Haarstreifen. Er berät die beiden alten Damen vor mir gewissenhaft und kundig.

Als ich drankomme, schiebt er die Messer auf der Arbeitstheke zur Seite, stützt sich mit beiden Händen darauf und lächelt mich an. Schaut mich einfach sehr zugewandt und ohne Erwartung an. Ich lächle zurück.
Dann fragt er: „Und, wie geht’s heut?“
Der verwechselt mich, denke ich, der glaubt, er kennt mich.
Sagen tue ich: „Eigentlich ganz gut. Und wie läuft’s bei Ihnen?“
„Jetz is endlich a bissl ruhiger geworden. Heut is zuaganga, der Wahnsinn. Hab i mir heut früh scho denkt, dass heut viel Umsatz is. Aber glei so! Vielleicht is dann morgen net so viel.“
Wir lächeln uns wieder an. Vielleicht ist der einfach so.
Er schnauft einmal ordentlich durch, schaut ins Rund auf die Ware vor ihm. „Was kann ich Ihnen heute Gutes tun?“

Und so lasse ich mir von ihm Suppenfleisch empfehlen, das sowohl eine gute Suppe als auch schönes Tellerfleisch ergibt (wir einigen uns auf Brustkern und ein Stück Zwerchrippe).
Ich bitte zudem um ein paar Suppenknochen. „A Hand voll?“ Ich beuge mich über die Glastheke und schaue nach: „Wenn’s Ihre Hand ist, wird eine Hand voll reichen, danke.“
Das war’s, vielen Dank, schönes Wochenende.

Als er mir den Bon für die Kasse am Ausgang hinüberreicht, schaut er mich nochmal fröhlich und fest an: „Wissen’S, es sind Kundinnen wie sie, die den ganzen Tag schön machen.“
Ich lache, werde rot – und gehe so herzgewärmt über den abenddämmrigen Viktualienmarkt, dass ich mit jedem weiteren Verkäufer (Suppengrün hier, Stadtwurst da) ein kuschliges Schwätzchen halte.

Süß und lustig

Freitag, 3. November 2006

Ist ja nicht so, dass ich eine bis ins Mark kalte und gefühllose Person wäre, bloß weil ich Babys und Kinder nicht süß finde – es gibt durchaus zahlreiche Lebewesen, die mich zum Gurren und Fiepen eines “SÜÜÜÜÜÜSS” bringen. Ein wunderbares Beispiel sind diese Bilder bei Frau dooce: Das kleine Mädchen überscrolle ich gelangweilt (zumal ich die Geschichten ihrer täglichen trantrums kenne), aber der Hund Chuck ist jedesmal wieder einen Quietscher wert.

Erster Schnee der Saison 2006

Freitag, 3. November 2006

Vor sechs Tagen noch Spätsommerwandern, heute ists weiß. Letztes Jahr war die Heckenbuche beim ersten Schnee wenigstens schon braun, dieses Jahr ist sie noch grün. Nebenan holt eine Gartenbaufirma das Laubräumen unter den kranken Kastanien nach (Miniermotte), muss mit den Blättern ordentlich Schnee saugen.

erster-schnee-2006.jpg
(Mit Blitz, damit man die Schneeflocken sieht.)

Am 19.11. wird in München wieder gelesen

Donnerstag, 2. November 2006

weibergschichtn_mittel.jpg(Design swissmiss)

Es war wieder die rührige Frau Klugscheißer, die es nicht beim „wir müssten mal wieder” beließ. Und nun wird in München wieder bloggelesen:
Am Sonntag, 19. November, im McMüller (liegt zwar deutlich in der Müllerstraße, hat trotzdem die Adresse Fraunhoferstraße 2). Ab 18 Uhr gibt’s Weibergschichtn von Frau Klugscheißer, Miss M., Martina Kink und von mir. Kostet drei Euro Eintritt und wird viel Spaß.

Also Lindenstraße und Tatort aufnehmen, später schauen, kommet zuhauf!

Zwischenkulinarik, stöckchenweise

Mittwoch, 1. November 2006

(geholt bei Frau creezy)

Welche Gerichte verbindest Du mit folgenden Situationen:

Freibad?
Gewellte Pommfritz (bitte auf der ersten Silbe betonen). Zwar könnte ich mich nicht erinnern, dass ich je welche bekommen hätte, aber oben im Freibad-Restaurant (mein heimatliches Freibad lag in einem ehemaligen Militär-Graben), wo ich hin und wieder ein Eis kaufen durfte, roch es unglaublich verlockend danach. Und andere Kinder kamen mit solchen Pommfritz in blau-weiß gestreiften Tüten, teils schon vom Ketchup durchweicht, aus dem Restaurantbereich.

Skihütte?
Germknödel von der Selbstbedienungstheke, die stundenlang in einer Glasvitrine auf Dampf gelagert waren. Einmal stellte sich die übliche gelbe Lache Butter auf dem Teller als flüssige Margarine heraus. Es schüttelt mich noch heute bei der Erinnerung

Urlaub?
Coca Cola. Das bekam ich als Kind wegen des Koffeins eigentlich nie, Spanienurlaube waren die große Ausnahme. So bringt mich der Geruch beim Trinken des ersten Schlucks echte Coca Cola aus einem Glas immer in Kindheitsurlaube zurück.

Bei den Eltern?
Vor allem Kalorienarmes. Da meine Mutter mich Zeit meines Daheim-Lebens auf Diät gesetzt hatte (und das heute sehr bereut), kommt es mir heute immer wieder seltsam vor, wenn sie nicht nur ohne Rücksicht auf Kaloriengehalt für mich kocht, sondern mich sogar zum Nachfassen auffordert.

Bei Krankheit?
Tee. Wenn ich krank bin, habe ich keinen Appetit. Umgekehrt ist echte Appetitlosigkeit bei mir das deutlichste Krankheitsymptom.

Bei Liebeskummer?
Alles und nichts, denn dann registriere ich kaum, was ich esse. Nahrung kann mich zwar sehr, sehr erfreuen und mir sinnlichen Genuss bereiten; Kummer vertreibt sie nie.

Beim Ausgehen?
Will also heißen: Nicht Restaurantbesuch? Dann am ehesten Southern Fried Chicken nach einem englischen Pub-Crawl (beim so genannten chip stop).

Als Kind?
Reiberdatschi, Pfannkuchen, Zwetschgenknödel – seltsamerweise die Gerichte, die es freitags nach der Schule gab, wenn mein Vater Spätschicht hatte, also nicht mit zu Mittag aß und auch nicht protestieren konnte, weil es nichts „Gescheits“ (= Fleischgericht) gab.

Niemals?
Insekten, Spinnen, Würmer, Maden.

Immer wieder?
Alles andere.

Überraschend gut?
Trüffel. Nach jahrelangem Üben komme ich langsam auf den Geschmack.

Überraschend schlecht?
Dieses mexikanische Gericht, das mich einen halben Tag Arbeit kostete, davor eine lange Jagd nach den ausgefallenen Zutaten (muss erst nachschauen): Mancha Mantel.

Für immer mein absolutes Lieblingsessen?
Essen. Welches mein Favorit ist, kommt jeweils sehr auf Umgebung, Jahreszeit, Umstände, Davor und Danach an.

Das beste Restaurant, in dem ich je war?
August in Augsburg (Frauentorstraße 27, Tel. 0821-35279). Das letzte Mal gab es allein schon als „Grüße aus der Küche“, „Einstimmung“, „Zwischengang“, „weitere Einstimmung“ zwischen den sieben Gängen des Menüs, jeweils auf einem Löffel:
– Joghurtkeks mit Trüffel
– ausnahmsweise auf Tellerchen: Schweinebauch, Blutwurstkeks, Stockfischpüree, Grünkohl in Traubenblase
– 3 Varianten von von der Kirschtomate: als Pulver / gestockter Saft / vom Strauch (gehäutet)
– Erbsen-Erdnuss-Meersalz
– Selleriepraline mit Himbeerfüllung und Bohnenkraut
– Tempura: Feige, Salbei, Roquefort
– Einstimmung aufs Desert: Passionsfrucht mit Petersilienwurzel-Karamel
– Patisserie zum Espresso: Himbeerpulver / Hibiskusgelee mit Meersalz / Crème brulée mit Lorbeer / Paprikalakritz / Milchreis auf Himbeermus
Der Koch, Christian Grünwald, schaute immer wieder vorsichtig vorbei, ob seine Ideen auch ankamen (taten sie). Und zum Abschied bekamen wir das Menü handgeschrieben auf feinem Papier, als Rolle mit rotem Band zusammengefasst zum Mitnehmen.
Ganz dicke Empfehlung, für das August lohnt sich ein eigener Ausflug nach Augsburg.