Die Wahrheit über Lola Montez

Mittwoch, 15. Juni 2011 um 15:36

Ich nutzte meine Mittagspause, um in den Kammerspielen Theaterkarten umzutauschen. Auf dem Weg von der U-Bahn-Station Odeonsplatz (Radeln hätte länger gedauert) zu den Kammerspielen und zurück, also auf insgesamt etwa 900 Metern, durchquerte ich sechs Stadtführungen: Drei davon auf Amerikanisch und auf lustig gemachten Fahrrädern, zwei davon auf Italienisch und über Mikrophon- / Kopfhöreranlage, eine auf Deutsch ohne Hilfsmittel. Zwei der amerikanischen Führungen wurden gerade gleichzeitig auf dem Max-Joseph-Platz gehalten, die jungen Männer versuchten einander zu übertönen. So bekam ich en passant mit, dass einer davon im typischen Fremdenführer-Singsang rief, Lola Montez sei „a Spanish belly dancer“ gewesen. Äh… nein.

Doch vielleicht hätte ich ja stehenbleiben sollen und ihm länger zuhören. Denn vielleicht hatte er ja einen Schabernack umgesetzt, von dem ich schon lange träume: Stadtführungen, in denen ausschließlich und konsequent hanebüchener Blödsinn vermittelt wird. Vielleicht hatte ja derselbe junge Mann kurz zuvor auf dem Marienplatz die Tänzer des Glockenspiels mit dem Zu-Bett-Geh-Ritual der Familie von Trapp begründet? Oder hatte seine Truppe dazu gebracht, auf dem Viktualienmarkt rohe Chillis mit süßem Senf zu essen, das sei etwas ganz typisch Münchnerisches?

die Kaltmamsell

10 Kommentare zu „Die Wahrheit über Lola Montez“

  1. Alicja meint:

    Interessanter Gedanke. Aber das würde wohl kein sehr ethisches handeln sein. Da der Guide das Vertrauen seiner Zuhörer/Kunden mißbraucht.

  2. Ms K meint:

    Ich hab mir auch schon mal überlegt, meinen Schülern irgendeinen Unsinn einzureden, um zu schauen, ob sie alles glauben oder vielleicht doch auch mal hinterfragen (werde es aber vermutlich nie tun)
    Einmal wurde ein Scherz falsch verstanden: ein 11jähriger Schüler, der es aber eigentlich wissen müsste, fragte mich, was ein Teenager sei. Er sprach es deutsch aus, wie Tee und Nager. Ich sagte im Scherz (nachdem ich es aber korrekt ausgesprochen hatte und dachte, der Schüler wüsste es nun), das sei eine kleine Maus, die sie von Teegebäck ernährt.
    Er glaubte mir. Ups.
    (ich hab ihn gleich aufgeklärt)

  3. kid37 meint:

    Hm. Ist es nicht das, was Touristenführer sowieso machen? Nicht? Blöde Zeiten für die Big Fishs unter den Geschichtenerzählern – mit diesen Smartphones läßt sich alles gleich im Internet nachschlagen.

  4. iv meint:

    Aus eigener Erfahrung: Die unterhaltsamsten Führungen waren die mit bisschen Poetic Licence. Groben Unfug soll man natürlich nicht erzählen.
    In München habe ich auch einmal einen dieser Amerikaner vor der “damn yellow church” zu seiner Gruppe sagen hören: “to make things easier for you guys, let’s simply call it Tina-Turner-church”. Das ist dann vielleicht des Guten zuviel.
    Selbst habe ich einmal nach mehrjähriger Tourguide-Erfahrung spontan improvisierend durch Bonn geführt, ohne zuvor jemals dort gewesen zu sein. Allerdings wussten das die Zuhörenden. War ein großer Spaß.

  5. Susanne meint:

    Vielleicht sind die sehr kreativen Stadtführungen von Sven Amtsberg etwas für Sie (wenn es Sie mal in den Norden verschlägt)? Er führt durch Hamburger Viertel und erzählt dazu ziemlich wilde Geschichten (http://www.literaturveranstaltungen.com).

  6. Julia meint:

    Ach, ich nenne das einfach gerne “bluffen”, wenn mich freunde, die zu besuch in münchen sind, nach einem gebäude o.ä. fragen und ich mir fix eine nette geschichte ausdenke. meist kläre ich sie aber hinterher auf. manchmal kommt dann ein “schade, das hat sich so nett angehört…” :)

  7. Julia meint:

    oh, zu schnell abgeschickt: in den vatikanmuseen habe ich mal meine nicht-latein-sprechenden jahrgangsmitschüler auf klassenfahrt mordsmäßig damit beeindruckt, dass ich die lateinischen inschriften scheinbar schnell und mühelos übersetzen konnte. da es alles französisch-sprachler waren, fühlten sie sich in rom doch etwas ausgegrenzt… ;-)

  8. akbwl meint:

    Hat er wirklich belly-dancer gesagt? Oder doch eher ballet dancer? Was nicht wirklich falsch ist.

  9. die Kaltmamsell meint:

    Könnte sein, akbwl, dass ich mich in dem kurzen E verhört habe. Dann hätte nur die erste Hälfte nicht gestimmt.

  10. Sabine meint:

    Vielleicht war er auch Australier (sind die Mitarbeiter jener Firma oft) und nahm es entsprechend mit den Vokalen nicht so genau.

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