Was mit Frauen 2

Donnerstag, 30. Juni 2011 um 21:15

Nun gut, nach 24 Stunden Gewöhnungsphase war ich fast in der Lage, über das Dummweibchen- und Marketing-Chichi hinwegzuschauen und mich ganz auf die Vorträge und Podiumsdiskussionen zu konzentrieren. Vermutlich half, dass es heute in Strömen regnete und kalt geworden war.

Der tiefste Eindruck: Zwei Tage umgeben zu sein von ein paar hundert richtig mächtigen Frauen. Sehr verschiedenen Frauen, aber alle entschlossen, machtbewusst, brillant. Könnte man doch jedem kleinen Mädchen zumindest für einige Tage dieses Erlebnis ermöglichen – damit sie vielleicht die Möglichkeit, selbst mal Macht auszuüben und große Verantwortung zu übernehmen, als selbstverständlich annimmt. Selbst wenn sie sich später dagegen entscheidet. Aber solange mächtige Frauen eine bemerkenswerte Ausnahme sind, erfordert es Anstrengung und Überwindung, sich das als kleines Mädchen vorzustellen.

Da gab es unter anderem leidenschaftliche Politikerinnen, gewinnorientierte Unternehmschefinnen, idealistische Investorinnen, abgehobene Künstlerinnen, Heißluft plaudernde Unternehmensberaterinnen, Bestsellerautorinnen, opportunistische Politikerinnen, technikverliebte Nerdinnen, erfolgsversessene Produktmanagerinnen, abgeklärte Patriarchinnen [sic!].

Besondere Augenblicke heute:

Caroline Drucker, die mir über der Morgenbrezel von ihrer Firma Soundcloud erzählte, die für Geräusche und Klänge das ist, was flickr für Bilder ist (ihre Erklärung) und wie sie mittlerweile von Reisen immer auch Aufnahmen mitbringt, wie es sich dort angehört hat – zum Beispiel in einer Unterführung in Moskau.

Die Podiumsdiskussion zu Violence against Women, in der Somaly Mam über ihre Kindheit als versklavte Prostituierte und ihre Rettungsprojekte berichtete und beim Erzählen einer schlimmen jüngsten Begebenheit zu weinen begann, über ihre Tränen hinweg aber an uns Zuhörerinnen gerichtet betonte: „I am strong. I am strong.“

Yonca Brunini und ihre Aufzählung von “Technology for Good”, die erzählt, wie es kam, dass Google seine StreetView-Technik auch für Museen nutzte: Eine Mitarbeiterin in Madrid war es leid, mit Besuch immer ins Museo del Prado gehen zu müssen. Zwar gibt es in der Folge Kunstwerke aus 17 Museen detaillierter zu sehen, als man das bei einem physischen Besuch sähe, doch die Kalkulation der Mitarbeiterin ging nicht auf: Das Google Art Project bringt sogar mehr Menschen in die Museen.

Ich habe noch nie eine Frau sachlicher und gleichzeitig liebevoller über Sex sprechen hören als Cindy Gallop.

Den Witz und die Gelassenheit von Laura Liswood sollte man auf Flaschen ziehen können: Immer wenn ich vor lauter Wut und Ärger über Geschlechterstereotype in der Arbeitswelt nicht mehr nützlich argumentieren kann, würde ich einen Schluck nehmen: “There is no glass ceiling for women (in the corporate world), just a thick layer of men.”

Und dann war sie endlich da, selbst und persönlich: Susie Orbach. Leider viel zu kurz, aber so charismatisch und klug. Dass sie bei der Aufzählung der Nutznießer des weiblichen Selbsthasses neben Marketing und Diätindustrie nicht auf Frauenzeitschriften hinwies, war vermutlich einfach gutes Benehmen als Gast.

Die Referentin, die auftrat wie eine republikanische Präsidentengattin, doch ihren Kurzvortrag zu „Doing the impossible“ begann: „I made my first transistor radio when I was six.“ Heute baut Candace Johnson Satellitensysteme, ist die Chefin diverser Firmen und investiert in global funktionierende Geschäftsideen.

Die Erfinderin von BlogHer, Elisa Camahort Page, die das Spannungsfeld reiner Frauenveranstaltungen zwischen separatism und solidarity ansprach. Aber dass sie und die Miterfinderin mit dem ersten BlogHer alle Themen besetzten, die man bei einer Internetkonferenz erwartet, nur halt mit Frauen – um damit die Behauptung sonstiger Internetveranstaltungen zu widerlegen, dass man für die Themen halt keine Referentinnen bekomme.

die Kaltmamsell

10 Kommentare zu „Was mit Frauen 2“

  1. walküre meint:

    Ok, mein Tag ist gerettet. Bei soviel interessanter Substanz kann man auch gerne über die zunächst geposteten Bilder hinwegsehen.

  2. MonikaZH meint:

    ganz ehrlich: heisser Neid! Gestern schon, beim Verfolgen Ihrer Tweets – wobei ich mich über einige wirklich königlich amüsiert habe weil schon ahnbar war dass da neben Blahniks, Nagellack und heisser Luft sehr viel mehr sein muss, sonst würde die Frau Kaltmamsell die ich zu kennen meine nicht bleiben – und heute, nach ein wenig Recherche, weiteren Tweets und Ihrem Bericht erst recht. Sehr liebevoll gegönnter Neid, notabene…

  3. Conny meint:

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  4. lihabiboun meint:

    Schließe mich Frau Walküre an. Das Drumherum aus Blahnik+Nagellack+Goldwasser war wohl mehr dem Veranstalter geschuldet als etwas auszusagen über die Referentinnen.

  5. Annkari meint:

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  6. Anke meint:

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  7. nosch oko meint:

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  8. Mareike meint:

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  9. Tina meint:

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  10. Modeste meint:

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