Auszeitjournal Mittwoch, 24. April 2013 – Jahrezeitenwechsel

Donnerstag, 25. April 2013 um 9:33

130424_Kleidung

Ein wundervoll sonniger Frühlingstag, der mir genug Vertrauen in den Wechsel der Jahreszeiten gab, dass ich die Sommerkleidung aus dem Keller holte und die Winterkleidung dorthin verstaute.

Winter ade.

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Jetzt fehlen mir nur noch zwei bis drei lange Winterabende, um die Sommersachen aufzubügeln.

130424_Sommerkleidung

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Stricken ist eigenartigerweise meine letzte Print-Bastion: Noch blättere ich am liebsten in Zeitschriften nach Pullis und Jacken, die ich stricken könnte, noch schlage ich in alten Handarbeitsbüchern Muster nach.
Der Edelwollfirma Lana Grossa bin ich besonders verbunden: Sie hat ihren Sitz in Gaimersheim, also direkt bei meiner Geburtsstadt, und war für mich als junges Mädchen in den 80ern der Inbegriff von unerreichbarem Luxus: Die Garne und Wollen waren ausgefallen, prächtig, kreativ, verschwenderisch – nichts davon hatte ich bis dahin mit Handarbeit verbunden. Schon die mondäne Einrichtung des Lana-Grossa-Geschäfts in der Ingolstädter Fußgängerzone (war es die Schmalzingergasse oder die Ziegelbräustraße?) war mit seinen eleganten schwarzen Regalen und edlen Teppichen Universen entfernt von allen anderen Wollläden – die Begriffe mondän und elegant waren genau das Gegenteil von dem, woran man bis dahin bei Stricken gedacht hatte. Leisten konnte ich mir die Wollen und Garne nicht; um mit ihnen arbeiten zu können, strickte ich – nur gegen Erstattung der Materialkosten – für andere Leute (ah, die Jacke aus schwarzem Angora, das in kleinen 20-Gramm-Knäueln verkauft wurde …).
Die Firma existiert immer noch, sogar immer noch mit Sitz in Gaimersheim, und sie gibt unter anderem die Strickzeitschrift Filati heraus (lernen auch Sie den Ausdruck “Statement-Strick”). Darin hatte ich einen Pulli gefunden, den ich mir stricken möchte. Nachmittags radelte ich nach Schwabing und kaufte das Garn dafür.

Morgens war mein Plan noch gewesen, mir auf dem Rückweg das erste Ballabeni-Eis der Saison zu holen, doch ich hatte den ganzen Tag böses Bauchweh, das mir den Appetit nahm. So genoss ich lediglich den Anblick der Wiesen um die Museen, gesäumt von grünenden und blühenden Bäumen, bunt von Menschen, die sich darauf niedergelassen hatten.

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Auf dem sonnigen Balkon machte ich mich gleich an die Maschenprobe (ich stricke den Pulli mit Pfauenmuster einfarbig dunkelblau).

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Abends beehrte Stevan Paul nochmal München und las im Hukodi aus seinem Schlaraffenland. Das bedeutete diesmal nicht nur wundervolle Geschichten und viele herzerfrischende Begegnungen mit Münchner Foodbloggerinnen, sondern auch ein Menü, zubereitet von Hukodi-Wirt Sebastian Dickhaut. Die Räume waren knallvoll, doch der emsige Trupp hinter den Kulissen schaffte eine geordnete Versorgung aller Gäste.

Diesmal stellte Paulsen eine andere Geschichte ans Ende seiner Lesung, “Von der Kunst, ein Linsengericht zu kochen”. Der Anlass war ein trauriger: Stevan hatte am selben Tag erfahren, dass sein verehrter Lehrherr, “Monsieur” Albert Bouley, Held so vieler seiner Geschichten, am Dienstag verstorben war.

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Jakobsmuschel grün:
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Ochsenbackerl:
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Der abschießende Milchreis war ebenso köstlich, doch ihn ansehnlich zu fotografieren überstieg meine Künste weit.

Nachtrag: Die Perspektive des Kochs.

Heimspaziergang um Mitternacht in herrlichsten Frühlingsnachtdüften.

die Kaltmamsell

9 Kommentare zu „Auszeitjournal Mittwoch, 24. April 2013 – Jahrezeitenwechsel“

  1. lihabiboun meint:

    Ach Frau Kaltmamsell, da kann ich nun nachlesen was mir verwehrt blieb: Ich wollte so gerne zur Leseung kommen aber die Arbeit ….. Übrigens: Kennen Sie als so begeisterte Strickerin diese (http://katedaviesdesigns.com/) Website? Und so gut wie Ihr Englisch ist, können Sie vielleicht auch englische Strickanleitungen benützen ….

  2. Ariane meint:

    Das klingt nach einem sehr schönen Abend, zu gern wäre ich dabei gewesen! Aber bald wird ja ein ähnliches buntes Treffen stattfinden und ich fiebere diesem schon entgegen.
    Interessant, wie unterschiedlich die Gerichte aus Stevans Buch von den verschiedenen Köchen interpretiert werden. So sah unser Menü letzten Herbst aus: http://www.kulinarische-momentaufnahmen.de/in-vier-gangen-mit-stevan-paul-durchs-schlaraffenland/

  3. Trolleira meint:

    Liebe Kaltmamsell, da Du Wolle auch so unwiderstehlich findest, muss ich Dich unbedingt auf ein Wollgeschäft im Internet aufmerksam machen: http://www.die-wolllust.de Hab schon einiges dort gekauft und muss mich echt zurückhalten, bevor ich meinen Berg Vorrat an Wolle nicht vernadelt hab!

    Liebe Grüsse aus Brasilien

  4. mariong meint:

    (man muss nur jemanden kennen, der strickmuster aus englisch übersetzen kann: http://www.strickmasche.de/strickwoerterbuch-englisch-deutsch/)

  5. die Kaltmamsell meint:

    Ach, ich sehe, lihabiboun, die gibt es auch in Print! Vielleicht gibt’s bei ihr mal einen richtig authentischen Norwegerpulli, auf den hätte ich Lust.

    Komisch, Trolleira, Kleidung kaufe ich ja fast ausschließlich online, aber bei Wolle kann ich es mir nicht recht vorstellen: Foto und was ich dann in der Hand habe, unterscheiden sich doch sehr oft. Ich habe immer erst ein Strickstück vor Augen, das ich herstellen will, und suche dafür Garn/Wolle – bei Ihnen ist es wohl umgekehrt, dann ist Kaufen auf Vorrat sinnvoll.

  6. Sebastian meint:

    Danke für die guten Worte und schönen Bilder zu Stevans Abend, und das mit dme Milchreis liegt nicht an Deinen Künsten, der war mehr gut als schön.

    Auch weil bei uns auch auf dem Teller immer schön zusammengerückt wird, denn das Essen gibt’s auf die Hand statt am Tisch, @ariane

  7. juniwelt meint:

    Was für eine wundervolle Recamiere, ich bin verliebt! :-)

  8. Sabine meint:

    Etwas spät, aber dennoch: in welchem Laden in Schwabing erwerben Sie denn Ihre Wolle? Ich war jetzt ein paar Mail bei der Strickeria und fühlte mich dort immer ganz hervorragend beraten.

  9. die Kaltmamsell meint:

    Genau da, Sabine. (Wollläden hatten ja schon Friseurhumor, als die sich noch “Friseursalon Erika” nannten.)

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