Auszeitjournal Wochenende 20./21. April 2013 – im Nest
Montag, 22. April 2013 um 8:12Das Wochenende war kalt, zum Teil nass und ungemütlich. Ich ließ das Draußen weitgehend draußen sein.
Als es Samstagvormittag zu regnen aufhörte, schaute ich auf dem Theresienwiesenflohmarkt zumindest vorbei. Die Reihen waren deutlich gelichtet, wir marschierten im kalten Wind nur einmal quer übers Gelände.
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Nachmittags zum Sport. Zusätzliche Übung bei Hot Iron: Augenrollen. Weil die Vorturnerin zwar sehr sorgfältig erklärte und korrigierte, auch neueste Erkenntnisse über Haltungen einbrachte, aber dann doch wieder den Blödsinn mit “der Sommer kommt bestimmt”, “Bikinifigur”, “eine der drei weiblichen Problemzonen bekämpfen, schlaffe Oberarme”, “eine schlanke Taille” bekommen und “Kalorien verbrennen” als Motivationsversuche verwendete. Zumal sie selbst die für Vorturnerinnen typische Kombination ist: Superfit, ausdauernd, kräftig, inklusive ordentlicher und kerniger Speckschicht mit ordentlichem Bauch. Wer sich von dreimal Sport in der Woche eine Veränderung seiner angeborenen Figur erhofft, kann doch nur enttäuscht werden.
Aber ich hatte auch Spaß: Gerade in dieser Stunde gucke ich mich gerne um, weil fast alle weiblichen Körperformen zusammenkommen – außer sehr dick, aber die sehe ich im Sportstudio leider eh nicht. (Die gesamte Kommunikation der Studiokette macht ja auch deutlich, dass die nicht gemeint sind.)
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Vergangenes Jahr verfolgte ich lediglich die Berichterstattung über die Kalakotkas auf Twitter und in Blogs, heute schaue ich selbst rein – in den Horst zweier Fischadler in Estland. Mich begeistern allein schon die Geräusche der hervorragenden Live-Übertragung: Die estnische Amsel klingt wie ihre Schwester vor meinem Wohnzimmer. Gestern hat sich das Adlerpaar wohl gepaart.
Nachtrag 18 Uhr: Die Kalakotka-Cam ist verrutscht, muss erst wieder geradegerückt werden.
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Dass die deutsche Küche ein ganz eigenes Profil hat, ist mir durchaus klar. Doch es brauchte The Wednesday Chef Luisa Weiss, um mir bewusst zu machen, dass auch das deutsche Frühstück etwas ist, was im nicht-deutschsprachigen Raum exotisch wirkt. Die wundervollen Frühstücke mit Freunden in meiner Studienzeit, die bis in den Abend reichten, funktionieren tatsächlich nur mit dem vielfältig gedeckten Tisch, an dem diese Mahlzeit nicht, wie sonst auf der Welt, nur aus einem Gericht besteht.
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Alison Bechdels Fun Home gelesen, große Empfehlung. Hier ein sehr erleuchtender Guardian-Artikel von 2008 über das Buch, die Autorin, über die Auswirkungen der Veröffentlichung und von autobiografischem Schreiben allgemein (für mich als Autorin eines persönlichen Blogs besonders interessant und etwas erschreckend).
Dadurch endlich genug Interesse für meine eigenen frühesten Tagebuchaufzeichnungen aufgebracht, aus den Jahren 1979 bis 1983, als ich 12 bis 15 Jahre alt war; bislang hatte ich mich vor der Peinlichkeit des Wiederlesens gefürchtet. Ja, ein wenig peinlich fand ich sie schon, gleichzeitig sehr interessant, obwohl Themen (Schulnoten, wechselnde Gefühle gegenüber Freundinnen, guckt er oder guckt er nicht) und Aussagen (Mama ist ja so doof) erwartbar waren. Unter anderem: Ja, der Druck, den meine Mutter auf meine Schulleistungen ausübte, war tatsächlich so groß wie in meiner Erinnerung. Untern anderem bekam ich in der 6. Klasse nach einer 4 in Latein Fernsehverbot “bis zu einer guten Lateinnote” (im Tagebuch Verzweiflung, weil ich in der nächsten Ex = Stegreifaufgabe wieder nur eine 4 hatte – “Jetzt werde ich noch ein Verbot bekommen. Wahrscheinlich Stubenarrest.”).
die Kaltmamsell8 Kommentare zu „Auszeitjournal Wochenende 20./21. April 2013 – im Nest“
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22. April 2013 um 14:47
Schade um den Frohmarkt – da hat das Wetter wie bei unserem Pflanzenmarkt am Sonntag einen Strich durch gemacht…
Ich habe auch Tagebuch geschrieben, in der Grundschule bereits angefangen… Irgendwann waren es dann eine Bananenkiste voller Tagebücher. Und an einem Winterabend vor 2, 3 Jahren habe ich sie nacheinander in den Holzofen geschmissen…
Davor hatte ich nochmals ein bißerl quer gelesen. Mein Highlight war die abgeblätterte Kruste, kaum Größer als ein Stecknadelskopf, die ich mit Tesa ins Tagebuch geklebt hatte – sie stammte von einer kleinen Bißwunde, die mir seelisch verletztem Turboteenie mein Nachbarpferd (ebenfalls Teenie/ 2jähriger Hengst) zugefügt hatte. Tssss….
Manche Erinnerungen habe ich dennoch nicht verbrannt bekommen…
22. April 2013 um 14:55
Sehr dick darf nicht, in der Regel aus versicherungstechnischen Gründen, so weit ich weiß (diese meine Info ist ein paar Jahre alt, damals war ich nicht zu schwer fürs Studio und hatte als mögliche Hinderungsgründe nur eine einzelne Essgestörte Modell “Gym Rat” mit offen mobbenden Versuchen am Hals, die diese arme Frau dann irgendwann einstellte, als ich mich nicht vertreiben ließ).
Ggf beinahe noch nachvollziehbar: Man stelle sich einen Infarkt bei einer schweren Person vor (wenn ich an den Herzbruchschen Schwertransporter-Eintrag erinnern darf, die Umstände sind dann nicht ohne).
22. April 2013 um 22:24
AmAdlerhorst gab es heute großes Drama. Das vermisst geglaubte Weibchen vom letzten Jahr /Transponder funkte seit drei Wochen aus Nildelta, ein paar hundert Meter entfernt von der Stelle, an der vor vier Wochen ein anderes Adlerweibchen in einem Hochspannungsmast vereendet war/, kehrte zurück (gegen 16:48).
Das fremde junge Weibchen, das seit ein paar Tagen versuchte hatte, sich dem Nestinhaber attraktiv zu machen, was bis auf den ein oder anderen Fisch nicht so recht gelingen wollte, musste gehen. Vorher kurzer Kampf. Die Cam unterlag. Soll aber morgen neu aufgestellt werden. Vielleicht schon noch heute nacht.
23. April 2013 um 9:21
Liebe Kaltmamsell,
auch wenn ein jüngerer Jahrgang – die Erwähnung der “Ex” hat nostalgisch-wabbernde Gefühle ausgelöst. Meine Achillesferse war jedoch Mathematik.(passenderweise dazu der eher brachiale Kommentar einer Freundin bei der Diskussion über das Thema: Exen erwecken bei mir eher spontane Brechreflexe….)
Vielen Dank für jeden Tag erfreuliche Dinge und interessante Einblicke!
23. April 2013 um 11:01
Ja, leider wird man dazu “erzogen” die Teilnehmer mit Schlagworten wie “Fettverbrennung” und “Bikini” zu motivieren :-(
Ich versuche denen immer die “stolze aufrechte Haltung” oder “starke Arme, die beim Shoppen mehr Taschen tragen können” schmackhaft zu machen. Nicht einfach. :-/
23. April 2013 um 11:28
Kurzer Trainerinnenerfahrungscheck meinerseits – die Bodystylingtrainerinnen sind superathletisch, nix Bauchansatz. Die Zumbaherumspringerinnen sind superathletisch überall sonst, jedoch mit Bäuchlein. D. h. meines Erachtens, dem Bauchansatz muss man sich offensiv und intensiv extra widmen, das Cardio allein bringt in dem Bereich nicht viel? Was in meinem Studio sehr sympathisch ist – ich habe das Wort “Bikinifigur” noch nicht gehört und bodybeurteilungsmäßig halten sie sich sehr zurück. Wir haben wirklich alle Körpertypen bis hin zu ziemlich dick und das Gewicht wird einfach nicht kommentiert, weder positiv noch negativ. Wer da ist, ist da, hat Anspruch auf Fitnesstraining e basta.
Im Wilden Leben abseits des Fitnessstudios erfahre ich die vielen begeisterten Fleischbeschau-Kommentare von Mitfrauen jeglichen Alters als viel lästiger: “Uiiiii, hast du abgenommen! Man merkt es deutlich! Kreiiisch! Wie machst du das bloß?!?”
Also ehrlich. Im Umkehrschluss heißt das ja nur – sollte ich 10 kg zunehmen, denken sich alle “Ist DIE fett. So wenig Selbstdisziplin. Ist ja ekelig!”, sind aber höflich genug, mir das nicht ins Gesicht zu sagen. Und das Gewicht ist offenbar wirklich ein wichtiges Beurteilungskriterium einer Person. Mir hat noch kein Mensch zu meinen schönen blauen Augen gratuliert oder zu meiner Intelligenz oder meinem warmherzigen Wesen. Nix. Aber 10 kg weniger, das muss ausführlich besprochen und gefeiert werden.
23. April 2013 um 23:05
Ich habe mich ja nach der Lektüre von “Ich glaube, ich bin jetzt mit Nils zusammen: Das Beste aus wieder ausgegrabenen Jugend-Tagebüchern”, entstanden aus dem Diary Slam, sehr mit meinen Teenietagebüchern versöhnt und dann sogar angefangen, die äußerst peinlichen Briefbücher, die ich mit Freundinnen geschrieben habe, zu lesen. Sie blieben peinlich.
1. Mai 2013 um 0:50
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Gerne gelesen
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