Kaltblut und Oktobergold im Chiemgau
Sonntag, 20. Oktober 2013 um 18:23Gestern folgte ich mit dem Mitbewohner1 dem Tipp von Kommentatorin Mareike und wanderte den “Obst- und Kulturweg Ratzinger Höhe” – welch ein Genuss! Wir schwelgten in Farben, Obstbäumen und Sonnenschein, die kleinteiligen 17 Kilometer brauchten tatsächlich nur wenige Hinweise und eine gute Karte fürs Nachvollziehen. Auch wenn ein großer Teil der Strecke auf geteerten Wegen verlief, begegneten wir kaum einem Auto oder Motorrad, ebenso wenigen anderen Wanderern. Nur im Mittelteil wurden wir ein paar Mal von Sportradlern aufgescheucht. Wie zu erwarten sahen wir an den (sorgfältig beschilderten) Bäumen Äpfel in unglaublich vielen Farben und Formen, auch zahlreiche Birnen. Noch keine Früchte trugen die vielen (sorgfältig beschilderten) Bäume, die offensichtlich erst vor wenigen Jahren gepflanzt worden waren – ich kann es kaum erwarten, welche Pracht dort im Oktober in zehn Jahren zu sehen ist. Auf jeden Fall aber will ich die Wanderung noch einmal zur Obstblüte machen, das müsste atemberaubend sein.
Viecher bekamen wir eine Menge zu sehen: Viele, viele Kühe, von schwarzbunt bis Charolais, dazu Ponys und Pferde. Der Chiemgau scheint hauptsächlich Weideland zu sein, soweit das Auge reichte, wurde gerade Heu gemacht. Außerdem sahen wir einen rot leuchtenden Turmfalken und beobachteten bei Letten, wie Krähen einen Thermik-segelnden Bussard vertrieben: Erst eine Krähe, die ihn immer wieder nervend anflog, dann eine zweite, und als eine dritte ihm immer wieder in die Bahn flog, zog er – weiterhin majestätisch segelnd – ab.
Die große Überraschung war gleich hinter Prien eine Pferdeschau. Heute las ich nach, dass wir an die “Stuten-Prämierung für Süddeutsches Kaltblut bei der Pferdezuchtgenossenschaft in Prien” geraten waren. Die beteiligten Menschen und Tiere hatten ganz offensichtlich eine Gaudi, und so ein gekämmtes und gestriegeltes Kaltblut macht wirklich mords was her.
Am Ortsrand von Prien:
Süddeutsches Kaltblut:
Hinter Krinning:
Dirnsberg mit Moarhof, schwer tragenden Birnbäumen und Äpfeln in vielen Farben:
Der Chiemsee von oben (und jetzt alle: *THE HILLS ARE ALIVE …*):
Gattern:
Simssee:
Alle Obstbäume liebevoll beschildert (das mit dem Pfannenkuchen habe ich dann aber doch nicht geglaubt):
Hitzing (wo wir auch zum ersten Mal eine Leiter an einem Apfelbaum sahen):
Stockwiesen vor Zacking:
Die Munzinger Linde:
Arbing:
Die Prien:
Nebenbei: Vor einer Woche hatte ich die Moves-App auf meinem Smartphone installiert; eine Menge Leute scheinen ja Spaß daran zu haben, ihre täglichen Fußgeh- und Radlkilometer mitzählen zu lassen. Ich fand also heraus, dass die App Crosstrainer-Bewegung wie normales Gehen zählt, mein Radeln manchmal für “transportation” hält (?), und vor allem, dass sie erstaunlich viel Strom verbraucht. Da ich wissen wollte, wie das Programm die gestrige Wanderung verarbeitet, verkniff ich mir also Twittern sowie Instagram und schaltete das Display nicht mal ein, um auf die Uhr zu sehen. Dennoch pfiff der Akku, der bei meinem Normalbetrieb 48 Stunden durchhält, nach sechs Stunden aus dem letzten Loch, nämlich als ich im Wirtshaus nachsah (Semmelknödelsalat als fleischlose Alternative zum Wurstsalat werde ich mir merken, schmeckte mir ganz ausgezeichnet). Den Fußweg vom Münchner Bahnhof nach Hause erfasste die App schon nicht mehr.
Nun frage ich mich, ob diese App vielleicht nur als spielerische Motivation für ganz Bewegungsunlustige gedacht ist. Die sich damit einen Ruck geben, hin und wieder Treppen zu steigen statt den Aufzug zu nehmen und Rad statt Auto zu fahren (gute Idee! machen!). Denn wir komischen Bewegungsfreudigen befinden uns dann doch regelmäßig für einige Stunden am Stück im Steckdosen-losen Draußen. Lange werde ich dieses Moves nicht mehr laufen haben.
- Ganz erstaunlich und hocherfreulich, dass er das mitmacht – an frischer Luft und Draußen genügt ihm ja sonst, was er durchs geöffnete Fenster bekommt. [↩]
12 Kommentare zu „Kaltblut und Oktobergold im Chiemgau“
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20. Oktober 2013 um 18:54
Oh Gott, ist das schön. Der selbstsichere Stolz, den alle Chiemgauer mit sich herumzutragen scheinen, ist eben wirklich gerechtfertigt.
Der Sohn und ich haben das Wochenende auf der Hochkopfhütte verbracht. Die Wanderung dorthin geht steil bergauf, ist aber ein ausnehmend lieblicher Waldweg entlang von Gumpen und Wasserfällen, der schließlich auf der Terrasse der unbewirtschafteten Hütte mit Blick auf den Wetterstein belohnt wird. Aber vielleicht zu viel des Steigens
Normale Smartphones sind von ständiger GPS-Nutzung einfach batteriell überfordert – sie müssen ja suchen, suchen und nochmal suchen, da macht der stärkste Akku schlapp. Vielleicht gibt es ja Solarladegeräte zum Mitnehmen?
Vielleicht ist es ja an Allerheiligen auch noch so schön, dann werde ich diese Wanderung gleich vorschlagen.
20. Oktober 2013 um 20:28
Ich habe Moves seit ein paar Wochen im Einsatz, ich finde es ganz interessant (“Was, ich war nur 10 Minuten in dem Laden?!”). Der Akku-Verbrauch hängt wahrscheinlich ganz massiv vom Gerät und/oder der eingesetzten Android-Version ab, auf meinem Galaxy Nexus mit Android 4.3 hielt sich die Mehrbelastung in engeren Grenzen. 24h komme ich locker noch hin, auch wenn ich ein paar Stunden unterwegs bin.
21. Oktober 2013 um 8:22
Herrlich. Ist der Herbst nicht wunderbar? Ich habe heute eine Liebeserklärung an Herbst-Läufe gepostet, weil ich den Oktober gar nicht genug bejubeln kann. Nur leider war es Sonntag deutlich trüber als am Samstag, wo wir ähnliches Wetter hatten wie Sie im Chiemgau.
Jede App, die Sie permanent ortet, braucht viel Leistung. Deshalb (und aus anderen Gründen) schalte ich die Ortungsfunktion auch grundsätzlich aus – außer natürlich, wenn ich sie wirklich benötige. Ich könnte mir aber vorstellen, dass sich das Problem mit den nächsten Smartphone-Generationen erledigt…
21. Oktober 2013 um 9:45
Mei, ist das schön im Chiemgau. Vielen Dank fürs Mitnehmen.
21. Oktober 2013 um 9:51
Der Hauptzweck der neumodischen Schrittzähler ist wahrscheinlich tatsächlich die Motivation für Couch Potatoes. Ich selbst habe Moves genau zu dem Zweck genutzt und es vor kurzem durch so ein fitbit-Armband ersetzt. Auf meinem (ja schon etwas in die Jahre gekommenen) iPhone 4 zog Moves nämlich auch so viel Akku, dass ich mit einer Ladung nur noch knapp durch den Tag kam.
Aber der grundsätzliche Trend scheint an den Telefonherstellern nicht vorbeigegangen zu sein, und so hat das neueste iPhone einen eigenen Coprozessor, der — ohne das Hauptsystem aufzuwecken — ständig Bewegungsdaten auswerten kann. Andere Hersteller werden da sicher bald nachziehen, und so könnte eine entsprechend angepasste Version von Moves (oder ein Nachfolger) irgendwann im nächsten Jahr tatsächlich nützlich werden.
21. Oktober 2013 um 11:01
Hallo
sehr schöne Bilder, das macht richtig Freude die zu sehen und man kann den Tag schön nachvollziehen. Übrigens gibts den Apfel wirklich. Eine alte Streuobstsorte und heißt wirklich “Altländer Pfannkuchenapfel”.
21. Oktober 2013 um 12:59
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Gerne gelesen
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21. Oktober 2013 um 14:03
Das ist aber ein toller Ausflugstipp. Kommt gleich ins Notizheftchen. Ist ja fast um die Ecke.
21. Oktober 2013 um 15:09
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Gerne gelesen
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21. Oktober 2013 um 21:03
Ich möchte jetzt gerne dahin. Sofort.
2. November 2013 um 0:49
Wir waren heute dort und ich kann bestätigen, dass es sich an der Ratzinger Höhe ausnehmend lieblich wandert, auch wenn die Sonne schwer mit dem Nebel zu kämpfen hatte und wir erst vom gar nicht empfehlenswerten Gasthaus Weingarten ein anständiges Panorama zu sehen bekommen haben. Ein einmalig guter Tipp. Beim Fremdenverkehrsamt Prien gibt es übrigens ein Faltblatt zum Weg.
25. Mai 2014 um 16:09
Wir waren heute dort, absolut kitschig-idyllisch. Wir haben das spontan zu unserem neuen Lieblingsspaziergang erkoren, besten Dank für den Tipp!