Journal Sonntag, 20. November 2016 – Vielfalt in Redaktionen

Montag, 21. November 2016 um 6:41

Munter aufgewacht, beim Bloggen den langsam aufziehenden Muskelkater vom ungewohnten Trainingsprogramm gespürt. Dass diese konkreten walk down push-ups Folgen haben würden, hatte ich schon während der Übung geahnt, und siehe da: Muskelkater in den Achseln!

Das Wetter hatte umgeschlagen und war sonnig mit wenigen Wolken, ich spazierte zum Sportstudio am Ostbahnhof für eine Runde Crosstrainer-Strampeln und Stepaerobics (die neue Vorturnerin folgt den Studiovorgaben genau und macht nach 40 Minuten Hüpfen 20 Minuten Gymnastik). Zurückspaziergang in milder Sonne, unterwegs besorgte ich Semmeln zum Frühstück.

Nachmittags Zeitunglesen, frische und alte, laut aufgelacht beim Bericht eines Vaters, der mit seinem Zwölfjährigen Computerspiele spielt:
“Wir zwei gegen den Rest der Welt”.

Eine der Hauptaufgaben von Eltern mit Kindern ab dem Grundschulalter ist heute, diese Kinder auf dem Weg in die digitale Welt zu begleiten, also: ihnen auf diesem Weg so gut es geht hinterherzuhecheln. Diese Aufgabe fällt in meiner Familie mir zu, weshalb ich mir von der achtjährigen Tochter oft »Do it your- self Inspiration«-Videos auf Youtube zeigen lasse, so oft, dass ich mitunter meine eigenen Alltagshandlungen innerlich mit Sätzen untermale wie: »Ich zeige euch heute mal, wie man ein müdes Mittvierziger-Gesicht rasiert, das ist supereinfach.«

Ein wenig zu Musik gebügelt. Während ich anschließend Internet las, ließ ich die Musik weiterlaufen und stellte wieder einmal fest, dass ich sie beim Lesen nicht höre. Ein Grund, warum bei mir so selten Musik läuft.

Herr Kaltmamsell servierte zum Nachtmahl Sauerkraut mit Geselchtem und Kartoffelbrei, genau das Richtige für den früh dunklen Abend.

§

Nicht zum ersten Mal, hier aus den USA: Warum die traditionellen Medien von gemischteren Redaktionen profitieren würden.
“Let the Interlopers In”.

Als ich 1986 mein Volontariat in einer Provinzzeitung antrat, hatte geschätzt die Mehrheit der Redakteurinnen und Redakteure keinen Hochschulabschluss. Das Zeitungsvolontariat wurde als Ausbildung angesehen, als Lehrberuf alternativ zum Studium. Einige Kolleginnen und Kollegen hatten auch kein Abitur – und von denen lernte ich durchaus am meisten (winkt Richtung Anne und Herrn Schmideder). Bis heute bin ich überzeugt, dass viel am Journalismus pures Handwerk ist, das man lernen kann.

Diese Journalistinnen und Journalisten ohne Hochschulabschluss brachten mir durchaus auch bei, an die Leserinnen und Leser zu denken, vor allem im Lokalen (Nähe, Bezug zur Lebenswirklichkeit etc.). Aber sie waren in Auswahl und Tiefe der Themen in erster Linie davon geleitet, was die Leute unbedingt wissen sollten, was in die Öffentlichkeit gehörte: “Des is doch a Sauerei, des muaß ma doch schreibm!” Doch sie waren nicht hauptsächlich davon geleitet, was die Leute am liebsten lesen würden. War das schon die Arroganz der Gatekeeper, die die jetzigen Zustände (einerseits sinkendes Vertrauen in die offiziellen Medien, andererseits rücksichtslose Effekthascherei vieler Medien) erst ermöglichte?

Doch ich erlebte auch das Ende dieser Ära. Schon während meiner Urlaubsvertretungen, mit denen ich bis 1995 mein Studium finanzierte, gab es mit wenigen Ausnahmen (Beziehungen halt) nur noch Hochschulabsolventinnen und -absolventen im Volontariat. Hier, vor allem aber im erstarkenden Privatradio und -fernsehen hörte ich von der Akademia in den Redaktionen immer häufiger das Kriterium “Das verkauft sich besser” für Themenauswahl und -tiefe. Insgesamt stieg der durchschnittliche Bildungshintergrund in den Redaktionen im selben Maß, wie das Niveau in der dortigen Berichterstattung sank. Kann es sein, dass die Vielfalt in den Redaktionen deutschsprachiger Medien in den vergangenen Jahrzehnten sogar eher gesunken ist?

die Kaltmamsell

3 Kommentare zu „Journal Sonntag, 20. November 2016 – Vielfalt in Redaktionen“

  1. Madame Graphisme meint:

    Beim Lesen des Overwatch-Artikels erfüllt mich die unangenehm elitäre Zufriedenheit in einem sozialen Teich zu schwimmen, in dem für Mittvierziger Computerspiele und Youtube zum Alltag gehören.
    Und Verwunderung – weil ich bis dato geglaubt hatte, dergleichen sei in dieser Generation mittlerweile normal.

  2. Thea meint:

    Zum Nachtmahl ein Tipp: Ich hatte noch ordentlich Reste von einem badischen Schäufele (also gekocht, nicht gebraten) übrig. Gekochtes Sauerkraut ebenfalls.
    Seit Jahren schon bewährt und köstlich: Ofen auf 180°C vorheizen (keine Umluft bitte). Eine Auflaufform großzügig ausbuttern. Sauerkraut darin verteilen (etwa 2-3 cm). In Würfel(chen) geschnittenes Schäufele darauf platzieren – Menge ganz nach Gusto. Das Ganze mit frischem Kartoffelpüree bedecken (3-4 cm). Butterflöckchen darauf verteilen – großzügig.
    Nun ab in den Ofen und eine halbe Stunde brutzeln lassen bzw. bis alles leicht brodelt und goldbraun ist.
    Dazu esse ich sehr gerne Endiviensalat.
    Statt der Schäufelereste gehen auch sehr gut: kalter Braten, Schinken- oder Salamistreifen, Blut- oder Leberwurst.
    Dies ist eines meiner Lieblingsrezepte des Gespanns Meuth/Neuner-Duttenhofer, die einzigen TV-Köche, bei und von denen ich immer noch gerne lerne.

  3. arboretum meint:

    Da las ich doch glatt Sauerkraut mit Gesichtern und machte mir sofort Gedanken, wie die wohl aussehen.

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