Journal Samstag, 19. November 2016 – Fernsehüberraschung

Sonntag, 20. November 2016 um 8:27

In der Nacht hatte mich die Migräne geholt, niedergerungen von einer Dosis Triptan. Nach dem Ausschlafen saßen ihre Nachwehen im Hirn und zermatschten es.

Meine Schwimmpläne für den Samstag hatte ich bereits am Freitag begraben, als fast eine Woche zu früh die Regelblutung einsetzte. Schon meine Mutter musste an den ersten Menstruationstagen beim winterlichen Familienschwimmen am Sonntagvormittag passen, nostalgisiere ich das also zum Familienerbe. (Ich schreibe diese Frauendinge übrigens nicht aus übergroßem Mitteilungsbedürfnis auf, sondern um ein wenig transparent zu machen, welche Einschränkungen die Menstruation so mit sich bringen kann. Von wegen: “Aber dafür müssen Männer sich rasieren.”)

Gleichzeitig war das Wetter so ausnehmend greislich (dunkel, windig, durchgehender Regen), dass ich das Haus nicht zum Laufen verlassen wollte. Ich machte also den ganzen Tag keinen einzigen Schritt vor die Tür – für mich eine ausgesprochen seltene Ausnahme. Meinen Bewegungsdrang lebte ich auf dem Crosstrainer und mit einem halben Stündchen Krafttraining vor dem Fernseher aus. Machte beides Spaß.

Nach dem späten Frühstück legte ich mich zur Siesta wieder hin und schlief fast zwei Stunden tief.

Perfect malt loaf gebacken, der laut Rezept erst mal drei Tage durchziehen soll. Beim Backen daran gedacht, wie ich während meines Auslandsjahrs in Wales meine englischen Freundinnen beim Kuchenbacken gefragt hatte, wie denn “Teig” auf Englisch heiße. Und erst nach langem Hin und her lernte: Kommt drauf an. Hefeteig ist dough, sonstiger Knetteig pastry, Rührteig cake mixture (süß) oder batter (kann süß und salzig sein). Allerdings gelten nur pastry und batter auch nach dem Backen noch. Hihi.

Zum Abendessen bereitete ich Scheiterhaufen aus Ernteanteiläpfeln und servierte mit Vanillesoße. War gut, aber das Apfelaroma ließ mich bei jedem Bissen apple crumble erwarten – den ich dann doch lieber mag.

Nach der Tagesschau stieß ich im Fernsehen auf 3sat auf einen aktuellen österreichischen Fernsehfilm und blieb hängen:
Wenn Du wüsstest, wie schön es hier ist.

Da schau her, ein Fernsehfilm, der mir das Vertrauen in deutschsprachige Fernsehfilme zurückgibt. Das Drehbuch von Stefan Hafner und Thomas Weingartner ist großartig, Gerhard Liebmann in der Hauptrolle herzerreißend gut. Er spielt den Polizisten und Postenkommandanten Hannes Muck im österreichischen Hüttenberg: “Leichen kennt er bisher nur aus dem Fernsehen und seiner Zeit als junger Verkehrspolizist” heißt es in der offiziellen Inhaltsangabe, und genau deshalb wollte ich den Film sehen. Das klang nämlich schon mal ganz anders als die herkömmlichen Krimibeschreibungen, die im deutschsprachigen Fernsehen immer auf Serien angelegt scheinen. In diesem Hüttenberg wird ein junges Mädchen aus der Gemeinde tot aufgefunden, und Muck ist völlig erschüttert und überfordert. Zunächst versucht er die Ermittlungen seinem Bild der Heimatgemeinde anzupassen, doch bald hindert ihn ein externer Chefinspektor daran.

Herr Kaltmamsell war sehr an Twin Peaks erinnert (habe ich bis heute nicht gesehen, fiel in meine Fernseher-lose Zeit), und das Drehbuch schafft es selbst vor diesem seltsamen Bergarbeiter-, Wald- und Heimathintergrund Klamauk zu vermeiden – obwohl rücksichtslos und realistisch Dialekt gesprochen wird, selbst für mich Süddeutsche bis knapp an die Unverständlichkeit. Die Handlung bleibt fast durchgehend bei Muck, und wir sehen dabei zu, wie sein Bild der Dorfgemeinschaft, das ihm Halt gegeben hat, Stück für Stück bröckelt. Dabei ist diese Handlung nicht mal originell, sondern enthält oft verwendete Versatzstücke: Dorfpolizist wird vom Kollegen aus der Stadt herumgescheucht, Dorfgemeinschaft mauert, unerwartete Liebesaffären, Polizist wird vom Dienst suspendiert und ermittelt auf eigene Faust weiter. Doch es kommt halt immer darauf an, wie sie erzählt werden. Selbst Details, die ich zunächst ein wenig angestrengt fand (Vater des Polizisten ist Kampfbuddhist, Polizist hört im Auto immer Heimatchormusik), stellen sich als funktional heraus.

§

“Harte Arbeit, wenig Geld
‘Meine Mitarbeiter, meine Vollidioten'”

Murat Can ist der Boss von achtzig Sicherheitsleuten und Türstehern. Früher war er selbst einer. Heute verleiht er die Männer. Die Kunst aber ist, sie zum Arbeiten zu bringen – irgendwie. Ein Tag im tiefsten Niedriglohnsektor.

§

“George Takei: They interned my family. Don’t let them do it to Muslims”.

There is dangerous talk these days by those who have the ear of some at the highest levels of government. Earlier this week, Carl Higbie, an outspoken Trump surrogate and co-chair of Great America PAC, gave an interview with Megyn Kelly of Fox News. They were discussing the notion of a national Muslim registry, a controversial part of the Trump administration’s national security plans, when Higbie dropped a bombshell: “We did it during World War II with Japanese, which, you know, call it what you will,” he said. Was he really citing the Japanese American internment, Kelly wanted to know, as grounds for treating Muslims the same way today? Higbie responded that he wasn’t saying we should return to putting people in camps. But then he added, “There is precedent for it.”

§

“Anglo-German relations are defined by mutual incomprehension”.

The German establishment simply does not understand Britain’s island mentality, and the complex, post-imperial blend of arrogance and insecurity that defines its stance towards the outside world (which I discuss in my latest column, on the transatlantic relationship). Britons, meanwhile, struggle with Germany’s equally distinctive sense of belonging and duty as the linchpin of the European order. The gap is even borne out in the architectures of the two polities. Westminster is a festival of Victoriana, a neo-Gothic reminder of Britain’s past hegemony and Blitz-era defiance. Berlin’s government quarter around the Reichstag has mostly risen in the past twenty years; all buildings rebuilt from, or built on, the ruins of extremism. Its very streets are studded with Stolpersteine, or brass cobblestones marking the victims of Nazism at the addresses where they once lived.

die Kaltmamsell

2 Kommentare zu „Journal Samstag, 19. November 2016 – Fernsehüberraschung“

  1. berit meint:

    Der Niedriglohnartikel erinnert mich an ein Bild auf dem Andrea Nahles sagt “Wir haben viele tausende Jobs geschaffen”. Darunter ein Pizzabote: “Und ich hab drei davon.”

  2. Brigitte Novacek meint:

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    Gerne gelesen

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